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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den aufgrund des Beschlusses des zuständigen Unterausschusses des Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 20. Mai 1994, Zl. IVb/7022/7100B, 920/4877-190267, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 30. Dezember 1993 (für die Zeit ab 1. Jänner 1994) beim Arbeitsamt Angestellte (Wien) die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er sei vom 5. Juni 1990 bis 31. Dezember 1993 bei der Firma W Ges.m.b.H. in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Das Beschäftigungsverhältnis sei durch Kündigung durch den Dienstgeber mit 31. Dezember 1993 aufgelöst worden. Seit Oktober 1993 sei er ordentlicher Hörer der Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien.
Mit Bescheid vom 4. Februar 1994 wies das Arbeitsamt Versicherungsdienste (Wien) den Antrag gemäß § 7 Z. 1 i.V.m.
§ 12 AlVG mangels Arbeitslosigkeit ab. In der Begründung wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer seit Oktober 1993 an der Universität Wien studiere.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, daß er das Studium bereits während des letzten Dienstverhältnisses begonnen habe. Das Studium habe er zum frühestmöglichen Termin (Oktober 1993) begonnen, weil er erst im Juni 1993 die Voraussetzung dafür - die Matura - erlangt habe. Diese habe er in drei Jahren Abendschule für Berufstätige neben seiner Beschäftigung und seiner Familie unter vollem Verzicht auf seine Freizeit erarbeitet.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Nach Zitierung der angewendeten Gesetzesbestimmungen und Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer vor Eintritt der Arbeitslosigkeit zuletzt vom 4. Mai 1990 bis 31. Dezember 1993 in einem Dienstverhältnis gestanden sei. Seit Oktober 1993 sei er ordentlicher Hörer der Universität Wien. Gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG liege daher Arbeitslosigkeit grundsätzlich nicht vor. Gemäß § 12 Abs. 4 AlVG sei u.a. zu prüfen, ob der Beschwerdeführer dem Studium bereits während des letzten Dienstverhältnisses, das der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangegangen sei, durch längere Zeit hindurch oblegen sei. Nach Ansicht der belangten Behörde müsse eine Parallelität von Beschäftigung und Studium von zumindest einem Semester gegeben sein. Im gegebenen Fall liege eine Parallelität von Beschäftigung und Studium lediglich für die Zeit von Oktober 1993 bis Dezember 1993, also für die Dauer von drei Monaten vor. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung seien daher nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie übersehe, daß er schon neben seiner beruflichen Tätigkeit den Aufbaulehrgang für Berufstätige im Technologischen Gewerbemuseum in Wien XX besucht habe, der Voraussetzung für das Universitätsstudium sei. Der Schulbesuch im Schuljahr 1992/1993 und das anschließende Universitätsstudium könnten daher nicht völlig losgelöst voneinander beurteilt werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat u.a. in diesem Beschwerdeverfahren mit Beschluß vom 16. Mai 1995, Zl. A 35/95, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, näher angeführte Satzteile des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG in der Stammfassung BGBl. Nr. 609/1977, und des § 12 Abs. 4 AlVG in der ab 1. Jänner 1994 geltenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 - aus den im Beschluß vom 25. April 1995, Zl. A 19/95 (94/08/0259), ausführlich dargelegten Gründen - als verfassungswidrig aufzuheben.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 7. März 1996, Zlen. G 72/95 u.a., diesen Bedenken nicht angeschlossen und demgemäß u.a. den gegenständlichen Antrag abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125 - unter Einbeziehung der Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes, aufgrund derer er die verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes nicht geteilt hat - ausführlich mit der Interpretation des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG in der Stammfassung und des § 12 Abs. 4 leg. cit. i.d.F.
BGBl. Nr. 817/1993 befaßt und ist dabei (insbesondere) zum Ergebnis gelangt, daß - bezogen auf einen dem "Studium" im Sinne des § 12 Abs. 4 AlVG obliegenden Arbeitslosen - für die Dauer seines Studiums die (nicht im Ermessen der Behörde stehende) Zulassung einer Ausnahme (vom Ausschluß des Arbeitslosengeldes nach § 12 Abs. 3 lit. f AlVG) gemäß § 12 Abs. 4 leg. cit. die Parallelität von Studium und arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung von mehr als einem Semester - wobei unter einem Semester 18 Wochen zu verstehen sind - im letzten Jahr vor Eintritt der Arbeitslosigkeit voraussetzt. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses des § 12 Abs. 3 lit. f und Abs. 4 AlVG ist - entgegen dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen - die Nichtzulassung einer Ausnahme nach § 12 Abs. 4 leg. cit. durch die belangte Behörde im Ergebnis schon deshalb nicht rechtswidrig, weil der vom Beschwerdeführer bis 25. Juni 1993 besuchte Aufbaulehrgang für Berufstätige der höheren Lehranstalt für Maschinenbau-Betriebstechnik im Technologischen Gewerbemuseum Wien XX keinen Lehrgang im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG und demgemäß auch kein Studium im Sinne des § 12 Abs. 4 leg. cit darstellt und der Beschwerdeführer deshalb im letzten Jahr vor Eintritt der Arbeitslosigkeit mit Ablauf des 31. Dezember 1993 kein Werkstudium von mehr als 18 Wochen absolviert hat (vgl. auch hiezu das Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, Zl. 96/08/0125).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996080133.X00Im RIS seit
18.10.2001