TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/19 W119 2145003-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.08.2021
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Entscheidungsdatum

19.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W119 2145003-3/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs – und Unterstützungsleistungen GmbH - BBU, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.2.2021, Zl. 1049430208/210093661, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 68 Abs. 1 AVG, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG, § 9, BFA-VG und §§ 52 Abs. 2 und Abs. 9, und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

II.) Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Mongolei, reiste am 3.1.2015 im Familienverband mit seiner Gattin und den gemeinsamen - damals minderjährigen - beiden Kindern illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt oder belangte Behörde) vom 7.12.2016, Zl. 1049430208-150004904, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers – ebenso wie die Anträge seiner Familienangehörigen – hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Mit Erkenntnis vom 23.7.2020, GZ W152 2145003-1/44E (bezüglich der Angehörigen des Beschwerdeführers gleichzeitig unter GZ W152 2145005-1/18E, GZ W152 2145007-1/14E und GZ W152 2145010-1/15E), wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2, 52 Abs. 9 und 46 FPG als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 55 Abs. 2 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.).

Bezüglich des Beschwerdeführers wurde hierbei im Wesentlichen festgestellt, dass er Angehöriger der Volksgruppe der Khalkh-Mongolen sei und mit seiner Gattin und den beiden Kindern in Ulaanbaatar (Ulan Bator) in der Mongolei gelebt habe. Zudem sei er Buddhist und habe im Bundesgebiet Kontakt zu einer Baptistengemeinde.

Die Angaben zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers hätten der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit jedoch nicht zugrunde gelegt werden können. Die bloßen Kontakte zur Baptistengemeinde seien nicht als Asylgrund releviert worden und wiesen auch keine Asylrelevanz auf.

Der Beschwerdeführer habe keine schwerwiegende lebensbedrohliche Krankheit, die ständiger ärztlicher Behandlung bedürfe und – vor dem Hintergrund der gesicherten medizinischen Versorgung in der Mongolei – nicht in der Mongolei behandelt werden könne, releviert.

Der Beschwerdeführer verfüge großteils nur über rudimentäre Deutschkenntnisse, die keine direkte Kommunikation zuließen. So habe er weder die Integrationsprüfung erfolgreich absolvieren noch ein Sprachzertifikat erwerben können und nicht einmal einen Sprachkurs zur Gänze besucht. Er sei, wie auch seine Familienangehörigen, durchgehend Leistungsbezieher im Rahmen der Grundversorgung und werde hiebei auch nicht als erwerbstätig angeführt. Er habe immer wieder gemeinnützige Tätigkeiten, so insbesondere mit Senioren, vorgenommen.

Es bestehe auch noch eine enge Bindung an die Mongolei. So habe der Beschwerdeführer mit seinen beiden in der Mongolei lebenden Schwestern Kontakt.

Der Beschwerdeführer sei weiters in Österreich bereits vielfach strafgerichtlich verurteilt, wozu konkret ausgeführt wurde:

„So wurde der Erstbeschwerdeführer bereits mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX zu XXXX – somit bereits sechs Monate nach seiner Einreise – , rechtskräftig am 21.08.2015, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen á € 4,00 verurteilt, wobei 25 Tagessätze á € 4,00 unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 19.01.2016, rechtskräftig am 23.01.2016, wurde der Erstbeschwerdeführer wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und des versuchten Diebstahls nach §§ 15 Abs. 1, 127 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 01.03.2016, rechtskräftig am 01.03.2016, wurde der Erstbeschwerdeführer wegen der Vergehen des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs. 1 StGB und des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 und 130 Abs. 1 1. Fall StGB – wobei auch eine präparierte Tasche zur Umgehung der Diebstahlssicherung benützt wurde und im Urteil ein hoher Handlungsunwert aufgrund der mit erheblicher Intensität ausgeführten Tatbegehensweise festgehalten wurde – zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 01.06.2017, rechtskräftig am 07.06.2017, wurde der Erstbeschwerdeführer abermals wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15 Abs. 1, 127 StGB zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je € 4,00 verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX als Berufungsgericht zu XXXX vom 22.06.2018 wurde der Erstbeschwerdeführer wegen des Vergehens des Diebstahls nach §§ 15 Abs. 1, 127 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 04.07.2018, rechtskräftig am 10.07.2018, wurde der Erstbeschwerdeführer zuletzt wiederum wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15 Abs. 1, 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Wochen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.“

Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers führte das Bundesverwaltungsgericht beweiswürdigend im Wesentlichen folgendes aus:

„Der Erstbeschwerdeführer brachte – zu seinen Fluchtgründen befragt – in der Verhandlung im Wesentlichen vor, dass während seiner Tätigkeit als Kranführer ein Seil gerissen sei, wodurch ein Arbeitskollege von einem Container getroffen worden und verstorben sei. Er sei dann deshalb fünf Monate in Untersuchungshaft gewesen, weil man ihm vorgeworfen habe, diesen Arbeitskollegen vorsätzlich getötet zu haben. Dieser Vorwurf sei von der Eigentümerin des Unternehmens und gleichzeitigen Chefin ausgegangen, um von den mangelnden Sicherheitsvorkehrungen abzulenken. Als der Erstbeschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen aufgrund eines ärztlichen Attestes aus der Untersuchungshaft entlassen worden sei, sei er mit seiner Familie aus der Mongolei ausgereist.

Das vom Erstbeschwerdeführer erstattete Vorbringen ist jedoch mit mangelnder Glaubwürdigkeit behaftet.

Zuerst ist vorauszuschicken, dass der Erstbeschwerdeführer weder eine Arbeitsbestätigung jener Firma, wo er als Kranführer gearbeitet haben will, noch eine Bestätigung über die relevierte Untersuchungshaft vorlegen konnte. Ebenso wenig konnte er das ärztliche Attest, das die Entlassung aus der Untersuchungshaft bewirkt haben solle, in Vorlage bringen.

Zunächst fällt auf, dass der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Verhandlung hinsichtlich seiner Fluchtgeschichte ein Vorbringen erstattete, das bloß neun Zeilen der Verhandlungsschrift einnimmt und völlig detaillos ist, obwohl er aufgefordert wurde, seine Fluchtgeschichte – ohne Unterbrechung – mit möglichst vielen Details vorzutragen. Dies deutet bereits auf eine konstruierte Fluchtgeschichte hin, die nicht aus eigenem Erleben geschöpft wurde.

Weiters war der Erstbeschwerdeführer nicht in der Lage, widerspruchsfrei das Datum des in Rede stehenden Unfalles zu nennen. So nannte er diesbezüglich im Rahmen der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem Bundesamt den 07.06.2014 (vgl. S. 9 bzw. S. 177 des Verwaltungsaktes des Bundesamtes), wobei er im Rahmen der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich jedoch nunmehr den 04.06.2014 anführte (vgl. S. 15 der Verhandlungsschrift). Das Datum des relevierten Unfalles, der sein Leben und jenes seiner Familie so nachhaltig beeinflusst haben soll, müsste jedoch aber derart einprägsam sein, dass davon auszugehen ist, dass dieses widerspruchsfrei genannt werden könne.

Hinsichtlich der relevierten Chefin, die ja dem Erstbeschwerdeführer einen Mord unterstellen wolle und deshalb die Polizei mittels Bestechung in diese Richtung instruiere, ist auszuführen, dass der Erstbeschwerdeführer nicht einmal in der Lage war, den Nachnamen dieser Chefin in der Verhandlung zu nennen (vgl. S. 17 der Verhandlungsschrift). Auch im Hinblick auf die Behauptung des Erstbeschwerdeführers, dass die Chefin die Polizeihandlungen zu seinem Nachteil steuern könne, wobei sogar der Gutachter für seine Chefin arbeite, blieben die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers, inwiefern seine Chefin dazu in der Lage sei, völlig abstrakt (vgl. S. 21 der Verhandlungsschrift). Auch die vom Erstbeschwerdeführer aufgestellte Behauptung, dass ihm alle seine Unterlagen im Untersuchungsgefängnis abgenommen worden seien, erweist sich als unrichtig, weil er über einen am 01.08.2012 ausgestellten mongolischen Personalausweis verfügt („Citizen Identity Card of Mongolia“). Damit konfrontiert, stellte der Erstbeschwerdeführer wiederum die Behauptung auf, sein Personalausweis habe sich bei seiner älteren Schwester befunden (vgl. S. 19 der Verhandlungsschrift), was jedoch jeder Glaubwürdigkeit entbehrt. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass im Falle der Absicht der Polizei, den Erstbeschwerdeführer des Mordes zu beschuldigen, es völlig unnachvollziehbar bleibt, den Erstbeschwerdeführer aufgrund eines ärztlichen Attestes dann aus der Untersuchungshaft zu entlassen. In diesem Zusammenhang bleibt es dann auch unverständlich, dass seine Chefin, die ja den mongolischen Polizeiapparat oder auch Gutachter beeinflussen können soll, nicht Einfluss auf die Erstellung des ärztlichen Attestes genommen hat, um die Entlassung zu verhindern.

Aus der Gesamtschau der obigen Ausführungen ergibt sich, dass das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich seiner Fluchtgründe somit als unglaubwürdig zu bewerten ist.“

Am 21.1.2021 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Diesen begründete er im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.1.2021 im Wesentlichen damit, dass er wegen fehlender Beweisunterlagen für seine Flucht einen negativen Bescheid bekommen und in weiterer Folge seine Verwandten in der Mongolei kontaktiert habe, welche ihm geraten hätten, auf keinen Fall in die Mongolei zurückzukehren, weil mittlerweile ein Fahndungsschreiben und zwei Ladungen der Polizei gegen ihn vorlägen. Die letzte Ladung sei von 2020 und es werde seit 2015 nach dem Beschwerdeführer gefahndet. Die Verwandten hätten ihm die Originale der Schreiben zusenden wollen, es gebe noch eine Bestätigung über die Haft des Beschwerdeführers. Damals sei der Beschwerdeführer durch die Bürgschaft seiner beiden Verwandten aus der Haft entlassen worden und ins Ausland geflüchtet. Deswegen hätten die Verwandten sehr viel Geld an Strafe bezahlt und dürften nicht aus der Mongolei ausreisen. Auch diese Bestätigung wolle er im Original bekommen und den hiesigen Behörden vorlegen. Momentan bestünden wegen des Regierungswechsels Unruhen in der Mongolei, es gebe keine Flugverbindungen und erst nach der neuen Regierung würde er diese Möglichkeit erhalten. Deshalb brauche er etwas Zeit und bitte um internationalen Schutz. Dies sei der Grund für seinen Folgeantrag.

In der Gerichtsverhandlung in Österreich wäre ihm vom Richter gesagt worden, dass er sehr gut integriert sei. Er habe die Sprache gelernt und auch geringfügig gearbeitet, Steuern bezahlt und sei freiwillig im Pflegeheim tätig gewesen. Es fehlten nur Beweisunterlagen für seinen Fluchtgrund. Zudem wolle er anmerken, dass er mit seiner Frau 1000 Gesichtsmasken gegen die Corona Pandemie selbst genäht und gespendet habe.

Im Falle einer Rückkehr habe er Angst, weil ein Strafverfahren gegen ihn noch immer aktuell sei. Er würde höchstwahrscheinlich zu lebenslanger Haft verurteilt. Es handle sich um einen Mordfall, wobei er nicht schuldig sei. Bei einer Rückkehr würde er sicher verurteilt, weil er vor dem Verfahren geflüchtet und fast sechs Jahre im Ausland gewesen sei.

Die neuen Gründe habe er erst nach dem negativen Bescheid erfahren.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 18.2.2021 begründete der Beschwerdeführer seinen Folgeantrag im Wesentlichen damit, dass er nach negativem Abschluss seines ersten Antrags versucht habe, eine Berufung zu machen und es trotzdem rechtskräftig negativ geworden sei. Daraufhin habe er mit seinem Bruder und seiner Schwester in der Mongolei Kontakt aufgenommen, die ihm mitgeteilt hätten, die Sache von damals wäre noch nicht abgeschlossen. Deshalb habe er den neuen Asylantrag gestellt. Beim ersten Antrag habe er alles angegeben und werde noch immer von der Polizei gesucht. Er sei Kranführer gewesen und damals habe es einen Arbeitsunfall mit einem heruntergefallenen Container gegeben, bei dem sein Kollege sofort tot gewesen sei. Sein Vorgesetzter habe behauptet, der Beschwerdeführer hätte dies absichtlich gemacht, es sei zu einer Mordanklage gekommen und der Beschwerdeführer sei sechs Monate in Untersuchungshaft gesessen. Während dieser Zeit wäre er immer bedroht worden, dass er die Sache auf sich nehmen solle, sei dann krank geworden und man habe ihn nur bedingt bestraft. Sein Bruder und seine Schwester hätten ihn unter ihrer Verantwortung aus der Haft frei bekommen und zwar am 24.11.2014. Ab diesem Zeitpunkt habe er sich täglich bei der Polizei melden müssen. Dann hätte ihm sein Kumpel den Reisepass besorgt, er habe selber das Foto einkleben müssen und am 25.12.2014 das Land Richtung Russland verlassen. Die Familienmitglieder, welche ihn damals herausgenommen hätten, würden heute noch von der Polizei verfolgt, dürften nicht ins Ausland reisen und hätten eine hohe Geldstrafe erhalten. Der Beschwerdeführer habe hier das Schreiben, dass er zur Polizei kommen solle, er habe zwei Briefe mit. Dies hätte er beim ersten Antrag zwar angegeben, aber eingetroffen seien die Briefe erst jetzt. Er habe sie auch mit Google übersetzt.

Weiters vorgelegt wurden Integrationsunterlagen. Der Beschwerdeführer habe letztes Jahr mit seiner Familie 1000 Masken genäht und an Beamte und Leute verteilt. Beim AMS habe er immer eine Arbeitsbewilligung beantragt und von zwei Firmen eine Arbeitszusage.

Österreich habe er nicht verlassen und in den letzten zwei bis drei Jahren Freiwilligenjobs gemacht, v.a. in der Altenpflege und er sei auch Turnierleiter im Sportverein. Einen Fußballverein für Kinder hätten sie auch, das Projekt laufe seit drei Jahren.

Seit dem Vorverfahren habe sich sein Privat- und Familienleben geändert, der Gesundheitszustand seiner Frau habe sich sehr verschlechtert und sie beinahe vor einer Scheidung stünden. Seine Kinder könnten auch nicht mehr weiter die Schule besuchen.

Mit gegenständlich bekämpftem Bescheid des Bundesamtes vom 22.2.2021 wurde der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG hinsichtlich des Status des Asylberichtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt V.) und weiters festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist zur freiwilligen Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.).

Begründend stellte die belangte Behörde im Wesentlichen fest, der Beschwerdeführer sei mongolischer Staatsbürger, volljährig und voll handlungsfähig. Er leide an keinen Immunschwächeerkrankungen und sei keiner Risikogruppe betreffend Corona zuzurechnen.

Den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz habe der Beschwerdeführer auf das selbe Vorbringen wie in seinem rechtskräftig abgeschlossenen vorangegangenen Verfahren gestützt, nämlich Probleme im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall im Jahr 2014. Weitere asylrelevante Gründe habe er nicht genannt und es habe sich daher kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben.

Dazu wurde weiters ausgeführt, dass kein neuer Sachverhalt vorliegen könne, weil der Beschwerdeführer sein Vorbringen im gegenständlichen Asylverfahren auf ein bereits rechtskräftig als negativ qualifiziertes Vorbringen gestützt habe. Jeder Sachverhalt, welcher auf dieses bzw. auf ein mit diesem im Zusammenhang stehendes Vorbringen aufbaue sei nach den Denkgesetzen der Logik ebenfalls als negativ zu bewerten.

Dagegen wurde Beschwerde in vollem Umfang erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung angeregt.

Der Beschwerdeführer habe seinen gegenständlichen Folgeantrag damit begründet, dass sein Strafverfahren noch anhängig sei und er gegenwärtig in der Heimat noch von der Polizei gesucht werde. Dazu habe er in Kopie zwei Ladungen der Polizei vorgelegt, aus denen ersichtlich sei, dass er namentlich zur Polizei geladen worden wäre. Diese Kopien habe er erst nach der rechtskräftigen letzten Entscheidung erhalten, die Originale würden bald folgen und er werde sie dem Gericht vorlegen.

Zudem habe er nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im August 2020 die ÖIF A 2 Prüfung absolviert und eine Arbeitsplatzzusage erhalten. Auch diese Unterlagen habe er dem Bundesamt vorgelegt.

Mit Beschluss vom 11.3.2020, GZ W119 2145003-3/2Z, erkannte das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zu.

Am 23.3.2021 langte beim Bundesverwaltungsgericht die Verständigung einer weiteren rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers ein, konkret sei gegen ihn wegen § 15 StGB § 84 (4) StGB zu XXXX wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen ein rechtskräftiges Urteil ergangen.

Am 9.7.2021 folgte eine Verständigung, wonach sich der Beschwerdeführer seit 8.7.2021 in Strafhaft in einer Justizanstalt befinde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage sämtlicher Asylanträge des Beschwerdeführers, der Einvernahmen vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamts sowie der mündlichen Verhandlung vor dem Bundeesverwaltungsgericht am 27.5.2020, der bislang ergangenen Entscheidungen der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, der im Verfahren vorgelegten Schriftsätze sowie der Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten, das österreichische Strafregister sowie das Grundversorgungsinformationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Mongolei, lebte von 2001 bis zur Ausreise in Ulan Bator und gehört der Voksgruppe der Kalkh-Mongolen sowie dem buddhistischen Glauben an.

Er reiste am 3.1.2015 im Familienverband mit seiner Gattin und den beiden gemeinsamen - damals minderjährigen - Kindern illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.7.2020, GZ W152 2145003-1/44E (bezüglich der Angehörigen des Beschwerdeführers gleichzeitig unter GZ W152 2145005-1/18E, GZ W152 2145007-1/14E und GZ W152 2145010-1/15E) wurde dieser Antrag gemäß §§ 3 und 8 AsylG rechtskräftig abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung in die Mongolei erlassen.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über die Kernfamilie hinaus über keine Familienangehörigen, seine Kinder sind mittlerweile volljährig.

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers kann ebensowenig festgestellt werden, wie eine maßgebliche Änderung der vom Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren vorgebrachten Fluchtgründe.

Seit dem Abschluss des Vorverfahrens sind keine Umstände eingetreten, wonach dem Beschwerdeführer allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in der Mongolei aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder ihm im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und gehört keiner Covid 19-Risikogruppe an. In der Mongolei halten sich zumindest noch Geschwister auf, zu denen der Beschwerdeführer in Kontakt steht. In der Heimat schloss der Beschwerdeführer die zehnjährige Mittelschule ab, besuchte anschließend das Lehramtscollege, wo er sich als Lehrer für Leibesübungen ausbildete, ging nach dem Abschluss zum Militär und übte zuletzt den Beruf eines Kranführers aus.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Festgestellt wird, dass sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.7.2021 die Integration des Beschwerdeführers nicht entscheidungswesentlich verfestigt hat. Der Beschwerdeführer absolvierte am 1.8.2020 die ÖIF-Integrationsprüfung A2 und löste von August bis Oktober 2020 Dienstleistungsschecks im Wert von insgesamt € 155.- ein. Abgesehen davon ist der Beschwerdeführer im Bundesgebiet nie legal erwerbstätig gewesen und besuchte keine weiteren Bildungsmaßnahmen. Die bereits am 18.5.2020 erteilte Arbeitszusage eines Gastronomiebetriebs wurde am 15.2.2021 lediglich nochmals bekräftigt.

Bereits vor Erlassung des Vorerkenntnisses absolvierte der Beschwerdeführer diverse Freiwilligentätigkeiten und erwarb eine Anzahl von Unterstützungserklärungen, zudem nähte er Covid-Schutzmasken.

Der Beschwerdeführer ist im Bundesgebiet vielfach gerichtlich vorbestraft, seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.7.2020 kam noch eine weitere rechtskräftige Verurteilung nach § 15 StGB § 84 (4) StGB zu XXXX , wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen, die zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten führte, hinzu.

Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der Landespolizeidirektion Wien - scheinen insgesamt folgende Verurteilungen auf:

01) XXXX vom 24.06.2015 RK 21.08.2015

§ 125 StGB

Geldstrafe von 50 Tags zu je 4,00 EUR (200,00 EUR) im NEF 24 Tage 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, davon

Geldstrafe von 25 Tags zu je 4,00 EUR (100,00 EUR) im NEF 12 Tage 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt,

Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 28.12.2018

zu XXXX RK 21.08.2015

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

XXXX vom 01.03.2016

zu XXXX RK 21.08.2015

Unbedingter Teil der Geldstrafe vollzogen am 16.01.2017

XXXX vom 17.01.2017

zu XXXX RK 21.08.2015

Der bedingt nachgesehene Teil der Geldstrafe wird widerrufen

XXXX vom 22.06.2018

02) XXXX vom 19.01.2016 RK 23.01.2016

§ 107 (1) StGB

§ 15 StGB § 127 StGB

Freiheitsstrafe 1 Monat

03) XXXX vom 01.03.2016 RK 01.03.2016

§ 231 (1) StGB

§§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB

Freiheitsstrafe 5 Monate

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf XXXX RK 23.01.2016

zu XXXX RK 01.03.2016

zu XXXX RK 23.01.2016

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 18.04.2016, bedingt, Probezeit 3 Jahre

XXXX vom 14.03.2016

zu XXXX RK 01.03.2016

zu XXXX RK 23.01.2016

Probezeit der bedingten Entlassung verlängert auf insgesamt 5 Jahre

XXXX vom 22.06.2018

XXXX vom 01.06.2017 RK 07.06.2017

§ 15 StGB § 127 StGB

Geldstrafe von 90 Tags zu je 4,00 EUR (360,00 EUR) im NEF 45 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 22.11.2017

05) XXXX vom 05.12.2017 RK 22.06.2018

§ 15 StGB § 127 StGB

Freiheitsstrafe 6 Wochen

Vollzugsdatum 17.12.2018

06) XXXX vom 04.07.2018 RK 10.07.2018

§ 15 StGB § 127 StGB

Freiheitsstrafe 6 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

07) XXXX vom 09.06.2020 RK 25.02.2021

§ 15 StGB § 84 (4) StGB

Freiheitsstrafe 10 Monate

Derzeit befindet sich der Beschwerdeführer in Strafhaft.

Im Übrigen werden die Ausführungen im Verfahrensgang der Entscheidung zugrunde gelegt.

Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Zur Situation im Herkunftsland wird von den zutreffenden Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid ausgegangen. Die Situation im Herkunftsland hat sich weder seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens noch dem Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in den gegenständlich relevanten Punkten entscheidungswesentlich verändert, sodass ein neuerlicher Vorhalt im Beschwerdeverfahren unterbleiben konnte.

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 20.10.2020:

COVID-19

Die Mongolei ist seit dem 9. Januar 2020 mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 konfrontiert. Im Land wurden sehr schnell strenge Sicherheitsmaßnahmen ergriffen (LIP 7.2020d). Kaum ein anderes Land hat so früh und so diszipliniert auf die Bedrohung reagiert wie die bitterarme und wirtschaftlich fast völlig von China abhängige Mongolei (DS 5.6.2020).

Nach wie vor bewegen sich die Fallzahlen im niedrigen dreistelligen Bereich. Dabei handelt es sich ausschließlich um aus dem Ausland importierte Fälle im staatlichen Quarantänesystem (AA 14.10.2020). Ende März 2020 hat die Regierung ein Paket von Hilfsmaßnahmen eingebracht, das insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Bewältigung der Coronakrise helfen soll (GTAI 10.8.2020).

Der bei den Parlamentswahlen Ende Juni im Amt bestätigte Premierminister Ukhnaagiin Khurelsukh bezifferte den Umfang des Unterstützungspakets auf umgerechnet rund 1,8 Milliarden US-Dollar (USD). Ein Anfang August 2020 im Parlament eingebrachter Nachtragshaushalt ermöglicht, dass mehrere der ursprünglich auf drei oder sechs Monate befristeten Maßnahmen länger gelten werden (GTAI 10.8.2020).

Aufgrund der Verbreitung des Coronavirus (COVID-19) sind vorläufig alle Flugverbindungen in das Ausland eingestellt. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht mehr möglich (BMEIA 8.5.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (14.10.2020): Mongolei: Reise- und Sicherheitshinweise, Aktuell, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/mongoleisicherheit/222842, Zugriff 19.10.2020

-        BMEIA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (19.10.2020): Mongolei (Mongolei), Aktuelle Hinweise, Stand 19.10.2020 (Unverändert gültig seit: 09.05.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 19.10.2020

-        DS – Der Standard (5.6.2020): Warum die Mongolei inmitten der Corona-Krise Schafe nach China schickte, https://www.derstandard.at/story/2000117887198/warum-die-mongolei-inmitten-der-corona-krise-schafe-nach-china, Zugriff 19.10.2020

-        GTAI – German Trade & Invest (10.8.2020): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/mongolei/covid-19-massnahmen-der-regierung-238750, Zugriff 19.10.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020d): Mongolei, Alltag, https://www.liportal.de/mongolei/ueberblick/#c57158, Zugriff 25.9.2020

-        

Politische Lage

Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen Russland und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von 3,2 Mio. Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Mio. Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (20187.2020) ca. 1,5 Mio. Menschen (CIA 10.9.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich (BMZ o.D.). In den vergangenen 20-30 Jahren wurden in der Mongolei 16 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahl (USDOS 19. 6.2020). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2019; vgl. AA 9.2020a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2019). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammerparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2019). Die 76 Abgeordneten werden für vier Jahre gewählt (ÖB 12.2019).

Nach der Revolution im Jahr 1990 hat sich in der Mongolei insgesamt eine stabile Demokratie mit einem Mehrparteiensystem, freien Wahlen und Gewaltenteilung etabliert. Geprägt wurde diese positive Entwicklung jedoch auch durch extrem häufige Regierungswechsel. Skandale um Korruption in Politik und Wirtschaft haben in den vergangenen Jahren immer wieder das Land erschüttert. Laut Meinung von Experten werden Wahlen in dem Land mittlerweile vor allem dazu genutzt, „aus Frustration über die nicht erfüllten Versprechen“ jene Partei abzuwählen, „die derzeit das Parlament kontrolliert“. In den vergangenen Jahrzehnten spielten insbesondere zwei Parteien eine wesentliche Rolle in der mongolischen Politik: Die ehemals kommunistische Staatspartei, die Mongolische Volkspartei (MVP), sowie die aus unterschiedlichen Oppositionsgruppen hervorgegangene Demokratische Partei (DP) (KAS 6.2020).

Bei der Parlamentswahl vom 24. Juni 2020 erhielt die Regierungspartei Mongolische Volkspartei (MVP) von Premierminister Ukhnaa Khurelsukh 62 der 76 Parlamentssitze (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020, GW 25.8.2020). Die oppositionelle Demokratische Partei erzielte elf Sitze. Damit wurde erstmals seit der ersten Mehrparteien-Parlamentswahl 1990 eine Regierungspartei wiedergewählt. Unter den neu gewählten Abgeordneten befinden sich 13 Frauen (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020). Die Wahlbeteiligung betrug 73% (BAMF 29.6.2020).

Die Parlamentswahl fand wegen COVID-19 unter Einhaltung von entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen, wie Abstandsregeln und Messung der Körpertemperatur statt (BAMF 29.6.2020).

Der alte und neue Premierminister der im Juli 2020 gebildeten Regierung heißt Ukhnaagiin Khurelsukh. Nachdem er in den Parteigremien mit 100% Zustimmung für das Amt nominiert worden war, stimmte am 2.7.2020 auch die große Mehrheit der Staatsversammlung dem Vorschlag zu. Der Regierung Khurelsukh gehören drei Frauen an (LIP 7.2020a).

Noch profitiert die MVP-Regierung von ihrer strikten und frühzeitigen Präventionspolitik (KAS 4.5.2020). Doch steigt in Folge der COVID-19-Krise auch der Druck auf die Regierung (GW 25.8.2020). Durch frühzeitige Restriktionen konnte eine unkontrollierte Verbreitung bislang verhindert werden. Die beschlossenen Maßnahmen führten in den vergangenen Monaten in der Konsequenz allerdings zu einem massiven Einbruch der mongolischen Wirtschaft (KAS 6.2020; vgl. GW 25.8.2020). Ein Beibehalten der Restriktionen würde die wirtschaftliche Krise verstärken, die gerade den ärmsten Teil der Bevölkerung trifft. Andererseits würde ein Aufheben der Maßnahmen die Mongolei dem Risiko einer sprunghaften Ausbreitung und damit einer angesichts des unterentwickelten Gesundheitssystems unabwendbaren Katastrophe aussetzen. Noch hat es die Regierung durch umfangreiche Hilfspakete geschafft, öffentliche Kritik an ihrem Vorgehen abzuwenden (KAS 6.2020).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (9.2020a): Mongolei – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 21.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (29.6.2020): Briefing Notes 29. Juni 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033951/briefingnotes-kw27-2020.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        CIA – Central Intelligence Agency (10.9.2020): The World Factbook – Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 25.9.2020

-        GW – Gardaworld) (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (4.5.2020): Corona-Krise in der Mongolei, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/corona-krise-in-der-mongolei, Zugriff 22.9.2020

-        KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Sicherheitslage

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, von der sie bis dahin vollständig abhängig war, baute die Mongolei schnell und konfliktfrei demokratische und marktwirtschaftliche Strukturen auf. Obwohl sich alle politischen Akteure über den demokratischen und marktwirtschaftlichen Kurs des Landes einig sind, gibt es viele Herausforderungen zu bewältigen. Die Regierungsführung ist noch schwach und die Leistungsfähigkeit der staatlichen Institutionen gering (BMZ o.D.).

Nach der innenpolitischen Krise 2018 war die Mongolei von einer Reihe von innenpolitischen Reformen zur Sicherung der Stabilität des Landes gekennzeichnet (BMEIA 25.6.2020). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 29.4.2020). In der Mongolei gibt es einige kleine extrem nationalistischer Gruppen, die gelegentlich chinesische Staatsbürger angreifen. Die Existenz mongolischer Terrororganisationen ist nicht bekannt (GW 3.7.2020).

Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - hatten bisher kein Eskalationspotential (GW 4.7.2020), sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 29.4.2020).

Es kommt mitunter zu gewalttätigen Übergriffen auf chinesische, koreanische und vietnamesische Staatsbürger, die in der Mongolei leben (ÖB Peking 12.2019) durch Ultranationalisten (ÖB Peking 12.2019). Anfang 2020 führte die Regierung eine Reihe von Zwangsausweisungen nordkoreanischer Staatsbürger in Übereinstimmung mit den einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates durch (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).

Die Mongolei ist außenpolitisch um ein gutes und ausgewogenes Verhältnis zu den beiden großen Nachbarstaaten Russland und China bemüht (BMEIA 25.6.2020) und betreibt eine „Politik des dritten Nachbarn“ als Gegengewicht der möglichen Vereinnahmung durch ihre unmittelbaren Nachbarn. Die Mongolei nutzt die guten Beziehungen sowohl zu Nord- als auch Südkorea für eine Vermittlerrolle auf der koreanischen Halbinsel. Stabile Außenbeziehungen unterhält die Mongolei auch zu Japan (LIP 7.2020a; vgl. AA 2.9.2020, GW 3.7.2020).

Als eines der ersten Länder hat die Mongolei im Jänner 2020 ihre Grenzen für Reisende aus Hochrisikoländern geschlossen, um den Import von Infektionen mit COVID-19 zu verhindern (WKO 5.2020). Die Schließung von internationalen Flug- und Bahnverbindungen aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden mehrmals, zuletzt bis zum 31. Oktober 2020 durch die Regierung verfügt (GW 27.8.2020; vgl. MSZ o.D.) und bleibt vorläufig weiterhin aufrecht. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht möglich (BMEIA 25.9.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (2.9.2020): Mongolei: Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/politisches-portraet/222882, Zugriff 23.9.2020

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        BMEIA – Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten (25.9.2020): Mongolei (unverändert gültig seit 9.5.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 25.9.2020

-        BMEIA – Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (25.6.2020): Außen- und Europapolitischer Bericht 2019, Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00150/imfname_806473.pdf, Zugriff 24.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (27.8.2020): Mongolia: International flights and rail services canceled until September 15 /update 13, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/373106/mongolia-international-flights-and-rail-services-canceled-until-september-15-update-13, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (4.7.2020): Mongolia Country Report, Social Stability, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, Terrorism, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, War Risks, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020

-        LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020

-        MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych (o.D.): Powrot Mongolia, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/mongolia, Zugriff 5.10.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

-        WKO – Wirtschaftskammer Österreich (5.2020): Wirtschaftsbericht Mongolei, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/mongolei-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 23.9.2020

Rechtsschutz / Justizwesen

Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2019). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2019; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020).

Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Mio. Tögrök (MNT) zuständig. Aimag-Gerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Mio. MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigeninitiative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2019).

Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 29.4.2020). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Doch haben die Verabschiedung von Gesetzesänderungen über die Rechtsstellung der Richter die Unabhängigkeit der Justiz geschwächt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 11.3.2020).

NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 11.3.2020; vgl. Bertelsmann 29.4.2020). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 11.3.2020). Jedoch wurden der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 29.4.2020).

Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 11.3.2020). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Sicherheitsbehörden

Für die innere Sicherheit sind in erster Linie die Nationale Polizeibehörde und die Allgemeine Behörde für Grenzschutz zuständig, die dem Ministerium für Justiz und Inneres unterstehen. Die General Intelligence Agency, deren Direktor dem Premierminister untersteht, unterstützt diese beiden Behörden bei der inneren Sicherheit. Die Streitkräfte sind dem Verteidigungsministerium unterstellt und unterstützen die Kräfte der inneren Sicherheit bei der Bereitstellung von Nothilfe und Katastrophenhilfe im Inland (USDOS 11.3.2020). Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstellten Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2019). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inkonsequent (USDOS 11.3.2020).

Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2019).

Quellen:

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020

Korruption

Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2019; vgl. TI 9.7.2018, BMZ o.D.). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2019 auf Platz 106 von 198 analysierten Ländern (TI 2019). Das bedeutet einen Verlust von 13 Plätzen zum Ergebnis von 2018 (TI 2019). 2018 erreichte die Mongolei den 93 Platz (von 198 Staaten) (TI 2018).

Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). In der mongolischen Öffentlichkeit setzt sich zunehmend das Bewusstsein durch, dass Korruption die Entwicklung des Landes stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.).

Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 11.7.2019).

Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert (USDOS 11.7.2019; vgl. ÖB 12.2019). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor (ÖB Peking 12.2019). Jedoch wurden bisher keine Gesetze verabschiedet, die einen Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruption der Regierung untersuchen und öffentlich machen, ermöglicht (USDOS 11.7.2019). Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2019).

Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 29.4.2020; vgl. FH 4.3.2020).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei

-        TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2019 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2019/results/mng, Zugriff 23.9.2020

-        TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2018/results/mng, Zugriff 23.9.2020

-        TI – Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and Anti-Corruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruption-and-anti-corruption, Zugriff 24.9.2020

-        USDOS – U.S. Department of State (11.7.2019): Investment Climate Statements for 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031888.html, Zugrifff 24.9.2020

Religionsfreiheit

Religionsfreiheit ist durch die Verfassung garantiert (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von Religion und verbietet dem Staat eine Ausübung religiöser Aktivitäten wie auch religiösen Institutionen die Durchführung von politischen Aktivitäten (USDOS 10.6.2020). Religiöse Dogmen haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Rechtsordnung oder auf politische Institutionen, auch wenn von manchen hohen Regierungsvertretern bekannt ist, dass sie religiös sind (Bertelsmann 9.4.2020).

Die Mongolei erlebte seit der demokratischen Revolution 1990 ein Wiederaufleben der Religiosität, insbesondere des Buddhismus und des traditionellen Schamanismus (Bertelsmann 29.4.2020). Vorherrschende Religion in der Mongolei ist der tibetische Buddhismus, dem 53% der Bevölkerung anhängen. 3,9% sind Muslime, 2,9% Anhänger des Schamanismus und 2,1% Christen; 38,6% der Bevölkerung sind konfessionslos (Bertelsmann 29.4.2020).

Die Mehrheit der Buddhisten gehört dem Mahayana-Zweig an. Viele Menschen praktizieren Elemente des Schamanismus in Kombination mit Buddhismus. Der größte Teil der Christen gehört den Protestanten an, wobei auch andere christliche Denominationen wie Mormonen, Katholiken, Zeugen Jehowas und der Russischen Orthodoxie in der Mongolei vertreten sind. Die ethnische Gruppe der Kasachen im Nordwesten des Landes ist vorwiegend muslimisch (USDOS 10.6.2020).

Religiöse Institutionen sind per Gesetz dazu verpflichtet, sich zu registrieren. Die Registrierung ist in den meisten Fällen auf ein Jahr beschränkt und muss dann erneuert werden (USDOS 10.6.2020). Dabei ist das Registrierungsverfahren je nach Region und Ort unterschiedlich (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Einige religiöse Gruppen melden daher Schwierigkeiten, sich in manchen Regionen zu registrieren oder ihre Registrierung zu erneuern. Der Registrierungsprozess kann laut Berichten zwischen wenigen Wochen bis zu einigen Jahren dauern. Nichtregistrierte religiöse Gruppen werden durch wiederholte Besuche von Finanzbeamten, der Polizei oder anderen Beamten schikaniert (USDOS 10.6.2020).

Das Religionsgesetz verbietet die Verbreitung religiöser Ansichten mittels Gewalt, Druck, durch materielle Anreize, Täuschung oder Mittel, die Gesundheit oder Moral schaden oder psychische Schäden hervorrufen können. In manchen Regionen wird Kindern und Minderjährigen aus Angst vor „Gehirnwäsche“ die Teilnahme an religiösen Aktivitäten verboten (USDOS 10.6.2020).

Es gibt keine institutionalisierte Diskriminierung aufgrund von Religion. Die verschiedenen religiösen Gruppen haben nahezu gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und öffentlichen Dienstleistungen. Die religiöse Toleranz ist stark ausgeprägt (Bertelsmann 29.4.2020).

Quellen:

-        Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020

-        Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020

-        USDOS – US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031300.html, Zugriff 24.9.2020

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Die Verfassung bestimmt, dass keine Person ob ihrer Herkunft, Sprache, Abstammung, Alters, Geschlechts, sozialer Herkunft oder ihres Status diskriminiert werden darf und dass gemäß Art. 16 Abs. 11 VerfG Männer und Frauen in politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und familiären Angelegenheiten gleichbehandelt werden müssen. Seit 2011 gibt es ein Gesetz zur Geschlechtergleichstellung (ÖB Peking 12.2019). Mongolische Frauen sind an sich emanzipiert, gebildet und nehmen aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben teil. Dennoch ist die mongolische Gesellschaft eine patriarchalische, in der der Mann das Familienoberhaupt ist, auch wenn die Zahl der allein von Frauen geführten Haushalte zunimmt (LIP 7.2020b). So sind Frauen weiterhin gesellschaftlicher Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt (FH 4.3.2020).

Die Mongolei liegt in der Erreichung der genderspezifischen Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs - Millennium Development Goals) stark zurück, v.a. die Versorgung im Bereich reproduktive Gesundheit ist schlecht (ÖB Peking 12.2019). Die Zahl der Teenagerschwangerschaften nimmt von Jahr zu Jahr zu. Hatten 2014 3.259 Frauen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren ein Kind zur Welt gebracht, waren es 2016 3.829. Als Hauptursachen werden mangelnde Aufklärung und Unkenntnis über Verhütungsmöglichkeiten benannt (LIP 7.2020b).

Das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen liegt mit 55 Jahren fünf Jahre unter jenem der Männer. Geschiedenen Frauen steh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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