Entscheidungsdatum
16.09.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W203 2229154-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX als Erhalterin der Privatschule „ XXXX “, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Wien vom 18.11.2019, GZ. 600.918096/0026-RPS/2019, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Die Erhalterin der gegenständlichen Privatschule (im Folgenden: Beschwerdeführerin) zeigte am 25.10.2019 gegenüber der Bildungsdirektion für Wien (im Folgenden: belangte Behörde) an, dass die Einstellung einer näher bezeichneten Person als Lehrerin für die Unterrichtsgegenstände „Informatik“ und „Informationstechnologie“ an der gegenständlichen Schule ab dem Schuljahr 2019/20 beabsichtigt sei.
2. Am 05.11.2019 teilte die belangte Behörde im Rahmen des Parteiengehörs der Beschwerdeführerin mit, dass dem dem Antrag auf Lehrerverwendung beigelegten Sammelzeugnis der Universität Wien zu entnehmen sei, dass die zur Verwendung beantragte Lehrerin bereits zweimal die Prüfung über „Mathematische Grundlagen der Informatik“ nicht bestanden habe und es daher nicht gesichert erscheine, dass diese das Studium, dessen Abschluss grundsätzlich für den Einsatz als Lehrerin in der Sekundarstufe geeignet wäre, abschließen könne.
Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben, zu diesem Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.
3. Am 12.11.2019 nahm die Beschwerdeführerin über ihre rechtsfreundliche Vertretung zum Ergebnis der Beweisaufnahme zusammengefasst wie folgt Stellung: Die zur Verwendung angezeigte Lehrerin würde am 08.01.2019 (gemeint wohl: 08.01.2020) das nächste Mal zur Prüfung in „Mathematische Grundlagen der Informatik“ antreten, wofür am 13.11.2019 auch eine Vorbereitungsveranstaltung an der Universität Wien stattfinde.
4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.11.2019, GZ. 600.918096/0026-RPD/2019 (im Folgenden: angefochtener Bescheid), wurde die Verwendung der näher bezeichneten Person als Lehrerin für die genannten Unterrichtsgegenstände an der gegenständlichen Schule untersagt.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Zeitpunkt der für den 08.01.2020 anberaumten Prüfung außerhalb der der Behörde eingeräumten vierwöchigen Erledigungsfrist liege. Der angezeigte Unterrichtsgegenstand sei derzeit zwar als „Mangelfach“ ausgeschrieben, da die zur Verwendung angezeigte Lehrerin aber noch nicht einmal einen Bachelorabschluss erreicht habe, der einen Einsatz in der Pflichtschule und in der Sekundarstufe 1 einer AHS ermöglichen würde, sei die Verwendung zu untersagen gewesen.
Der Bescheid wurde am 21.11.2019 zugestellt.
5. Am 18.12.2019 brachte die Beschwerdeführerin über ihre rechtsfreundliche Vertretung Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde eine und begründete diese auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt: Das Studium bzw. der aktuelle Studienfortschritt der zur Verwendung beabsichtigten Lehrerin seien grundsätzlich für den Einsatz in der Sekundarstufe geeignet. Der Unterrichtsgegenstand Informatik sei als „Mangelfach“ ausgeschrieben. Aus dem Umstand, dass die zur Verwendung angezeigte Lehrerin eine im Studium vorgesehene Prüfung zweimal nicht bestanden habe, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass diese nicht in der Lage wäre, ihr Studium zu beenden, da diesfalls die Studienvorschriften maximal zwei Prüfungsantritte vorsehen würden, was aber nicht der Fall sei. Es gebe auch bereits einen Termin für einen neuerlichen Prüfungsantritt. Es werde daher beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Lehrerverwendung nicht untersagt werde, in eventu, dass der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben werde, in eventu, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Verwaltungssache zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen werde. Außerdem werde in jedem Fall die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
6. Mit Schreiben vom 28.02.2020, hg. einlangend am 02.03.2020, wurde die Beschwerde – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
7. Hg. einlangend am 09.02.2021 teilte die Beschwerdeführerin über ihre rechtsfreundliche Vertretung gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass inzwischen sämtliche Prüfungen für das Lehramtsstudium mit den Unterrichtsfächern Bildnerische Erziehung und Informatik von der zur Verwendung angezeigten Lehrerin abgelegt worden seien. Die persönliche Abholung der Zeugnisse bzw. der Prüfungsbestätigung sei bislang aufgrund der Covid-19-Maßnahmen nicht möglich gewesen. Eine Abholung dieser Unterlagen sei nach Intervention erst am 03.02.2020 (gemeint: 03.02.2021) möglich gewesen. Mit Anfang bis Mitte März 2021 werde mit Ausstellung des „Bachelor-Bescheides“ gerechnet, es werde ersucht, mit der Entscheidung bis zur Ausstellung dieses Bescheides zuzuwarten.
Der Eingabe wurden ein Sammelzeugnis der Akademie der Bildenden Künste Wien vom 22.11.2020 betreffend das Unterrichtsfach Bildnerische Erziehung sowie ein Sammelzeugnis der Universität Wien vom 02.02.2021 betreffend das Unterrichtsfach Informatik beigelegt,
8. Am 11.03.2021 übermittelte die Beschwerdeführerin ein von der Universität Wien ausgestelltes Abschlusszeugnis, aus dem hervorgeht, dass die zur Verwendung angezeigte Lehrerin das Bachelorstudium „Lehramt – 1. Unterrichtsfach Bildnerische Erziehung, 2. Unterrichtsfach Informatik“ am 04.03.2021 erfolgreich abgeschlossen hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Die Beschwerdeführerin zeigte am 25.10.2019 die Verwendung einer näher bezeichneten Person als Lehrerin an der gegenständlichen Privatschule für die Unterrichtsgegenstände „Informatik“ und „Informationstechnologie“ an.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Verwendung der näher bezeichneten Person als Lehrerin für die genannten Unterrichtsgegenstände untersagt, weil diese noch keinen Abschluss eines einschlägigen Bachelorstudiums erlangt habe und ein solcher innerhalb der vierwöchigen Entscheidungsfrist auch nicht zu erwarten sei.
Am 04.03.2021 schloss die zur Verwendung angezeigte Lehrerin das Bachelorstudium „Lehramt – 1. Unterrichtsfach Bildnerische Erziehung, 2. Unterrichtsfach Informatik“ erfolgreich ab.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.
Die Feststellungen zum zwischenzeitig erlangten Studienabschluss der zur Verwendung angezeigten Lehrerin ergeben sich aus den vorliegenden Zeugnissen bzw. Bescheiden der Akademie der Bildenden Künste und der Universität Wien.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Landesschulrates wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels Anordnung einer Senatszuständigkeit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33, idgF geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
2. Zu Spruchpunkt A)
2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 Privatschulgesetz (PrivSchG) ist für die pädagogische und schuladministrative Leitung der Privatschule ein Leiter zu bestellen,
a) der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt,
b) der die Eignung zum Lehrer in sittlicher und gesundheitlicher Hinsicht aufweist,
c) der die Lehrbefähigung für die betreffende oder eine verwandte Schulart oder eine sonstige geeignete Befähigung nachweist,
d) der in der deutschen Sprache Sprachkenntnisse nach zumindest dem Referenzniveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechend der Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedsstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER nachweisen kann und
e) und in dessen Person keine Umstände vorliegen, die nachteilige Auswirkungen auf das österreichische Schulsystem erwarten lassen.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. haben die an der Schule verwendeten Lehrer ebenfalls die in Abs. 1 genannten Bedingungen zu erfüllen.
Gemäß Abs. 6 leg. cit. ist die Bestellung des Leiters und der Lehrer sowie jede nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebende Veränderung in deren Person vom Schulerhalter der zuständigen Schulbehörde unverzüglich anzuzeigen, welche die Verwendung des Leiters oder Lehrers innerhalb eines Monats ab dem Einlangen der Anzeige zu untersagen hat, wenn die Bedingungen der vorstehenden Absätze nicht erfüllt sind. Darüber hinaus hat die zuständige Schulbehörde die Verwendung eines Leiters oder Lehrers zu untersagen, wenn die in den vorstehenden Absätzen genannten Bedingungen später wegfallen, sowie hinsichtlich des Leiters auch dann, wenn er die ihm nach Abs. 3 obliegenden Aufgaben nicht ausreichend erfüllt.
Gemäß § 2 Abs. 4 PrivSchG liegt eine Lehrbefähigung im Sinne dieses Bundesgesetzes bei Erfüllung der für ein öffentlich-rechtliches oder ein privatrechtliches Dienstverhältnis erforderlichen besonderen Ernennungs- bzw. Anstellungserfordernisse vor.
2.2. Verfahrensgegenständlich ist – wie auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht festgestellt hat – Voraussetzung für die Verwendung der näher bezeichneten Person als Lehrerin an der gegenständlichen Privatschule für die in der Anzeige genannten Unterrichtsfächer, dass diese Person zumindest den Abschluss eines einschlägigen Bachelorstudiums nachweisen kann.
Da die zur Verwendung angezeigte Lehrerin inzwischen – nämlich am 04.03.2021 - das Bachelorstudium „Lehramt – 1. Unterrichtsfach Bildnerische Erziehung, 2. Unterrichtsfach Informatik“ erfolgreich abgeschlossen hat, liegt kein Grund mehr für die Untersagung der Verwendung vor.
Der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.
2.3. Zum Unterlassen einer mündlichen Verhandlung.
Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien, weil der Sachverhalt nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festgestellt wurde. Weder war der vorgebrachte Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff).
Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).
2.4. Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.
3. Zu Spruchpunkt B):
3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Die hier anzuwendenden Regelungen des Privatschulgesetzes erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. OGH 22.03.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, VwGH vom 28.05.2014, Ro 2014/07/0053 und vom 27.08.2014, Ra 2014/05/0007). Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
3.3. Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.
Schlagworte
Bachelorstudium ersatzlose Behebung Lehramtsausbildung Lehrbefähigung Lehrer Lehrerbestellung Privatschule StudienabschlussEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W203.2229154.1.00Im RIS seit
03.11.2021Zuletzt aktualisiert am
03.11.2021