TE Bvwg Beschluss 2021/10/4 W274 2240807-1

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Veröffentlicht am 04.10.2021
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Entscheidungsdatum

04.10.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs9
DSGVO Art15
VwGVG §28 Abs7

Spruch


W274 2240807-1/7E

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. LUGHOFER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Prof. KommR POLLIRER und Dr. GOGOLA über die Säumnisbeschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , vom 19.10.2020, infolge Beschwerde an die Datenschutzbehörde, Barichgasse 40 – 42, 1030 Wien, vom 04.09.2018, in nicht-öffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS:

Das Verfahren betreffend die Säumnisbeschwerde wird eingestellt.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm 9 B-VG zulässig.


Text


Begründung:

XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer, BF) wandte sich erstmals mit E-Mail vom 31.07.2018 unter der E-Mail-Adresse XXXX an das elektronische Postfach der XXXX , Italien ( XXXX ) mit einem Antrag auf „Auskunft über seine personenbezogenen Daten“.

Mit E-Mail vom 01.08.2018 beantwortete dies XXXX . (übersetzt aus dem Englischen) zusammengefasst dahingehend, dass keine Datenverarbeitung in Bezug auf XXXX in Verbindung mit XXXX gefunden worden sei. Sollte der Antragsteller glauben, dass XXXX Informationen über ihn in Verbindung mit einer anderen Adresse verarbeite, solle der BF diese übersenden.

Am 01.08.2018 sandte der BF ein weiteres Auskunftsersuchen, wobei zunächst die Versand-E-Mail-Adresse des BF aus dem Akt nicht hervorging.

Nachdem der BF am 04.09.2018 eine Datenschutzbeschwerde an die belangte Behörde unter Verwendung der Adresse XXXX erhoben hatte und diese bis 19.10.2020 nicht erledigt war, erhob er am 19.10.2020 eine Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Teilerkenntnis vom 24.06.2021 wurde dieser Säumnisbeschwerde Folge gegeben und der Datenschutzbehörde gemäß § 38 Abs. 7 VwGVG der Auftrag erteilt, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung binnen acht Wochen zu erlassen, dass für die Beurteilung, ob der BF in seinem Recht auf Auskunft verletzt ist, zu erheben sei, ob es sich beim zweiten Auskunftsbegehren um ein neues Auskunftsbegehren oder eine unveränderte Wiederholung des bereits gestellten Auskunftsbegehrens handle.

Infolgedessen erging am 12.08.2021 ein Bescheid der belangten Behörde, womit der Beschwerde stattgegeben und festgestellt wurde, dass XXXX den BF dadurch im Recht auf Auskunft verletzt habe, indem sie nicht auf den (Folge-)Antrag des BF vom 01.08.2018 reagiert habe. Weiters wurde der XXXX aufgetragen, innerhalb einer Frist von vier Wochen bei sonstiger Exekution hinsichtlich der etwaigen Verarbeitung von den BF betreffenden personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der E-Mail-Adresse XXXX Auskunft zu erteilen.

In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass angesichts des Teilerkenntnisses des BVwG der (nunmehr volljährige) BF mit 07.07.2021 aus eigenem ergänzend jene E-Mail-Adresse bekanntgegeben hatte, von der aus sein an die Beschwerdegegnerin gerichtetes (Folge)-Begehren erfolgt gewesen sei. Die belangte Behörde stellte auch fest, dass das Auskunftsersuchen vom 01.08.2018 unter der Adresse XXXX erfolgt sei. Die belangte Behörde folgerte daraus rechtlich, dass aufgrund der Tatsache, dass das ergänzende Ersuchen von einer anderen E-Mail-Adresse als das ursprüngliche erste Auskunftsbegehren erfolgt sei, wobei die Beschwerdegegnerin selbst dem BF explizit eine weitere diesbezügliche Beantwortung in Aussicht gestellt habe, keine unveränderte Wiederholung seiner ersten Anfrage, sondern ein eigenständiges zweites Auskunftsbegehren vorgelegen sei, auf das die Beschwerdegegnerin reagieren hätte müssen.

Die belangte Behörde legte diesen Bescheid samt dem elektronischen Akt dem Verwaltungsgericht, einlangend am 27.08.2021, vor, verwies auf ihren zwischenzeitlich ergangenen Bescheid und führte aus, es fehle an einer gesetzlichen Regelung, wie das Verwaltungsgericht vorzugehen habe, wenn die belangte Behörde innerhalb der ihr gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG gesetzten Fristen den Bescheid nachhole. In analoger Anwendung des § 16 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sei wohl mit einer beschlussmäßigen Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens vorzugehen.

Dazu ist auzuführen:

Gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG kann im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 3 B-VG das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch die Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.

Macht das VwG von der Möglichkeit zu Erlassung eines Teilerkenntnisses keinen Gebrauch oder kommt die Behörde dem Auftrag nicht fristgerecht nach (mit Fristablauf geht die Zuständigkeit ex lege wieder auf das VwG über) entscheidet das VwG vollumfänglich in der Sache selbst und holt die ausstehende behördliche Entscheidung nach (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren², § 28 Anmerkung 21 mwN)

Schon aufgrund der Tatsache, dass die Behörde innerhalb der gesetzten Frist dem Auftrag, die Entscheidung zu treffen, nachkam, besteht endgültig keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts mehr, meritorisch zu entscheiden. Das Verfahren betreffend die Säumnisbeschwerde ist somit erledigt und war beschlussmäßig einzustellen (siehe dazu auch A.Grof in Raschauer/Wessely, VwGVG, § 28 Rz 48).

Der Ausspruch der Zulassung der Revision beruht auf dem Umstand, dass der Fall der Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts im Falle einer Nachholung des Bescheids nach § 28 Abs 7 VwGVG nicht gesetzlich geregelt ist, dazu keine Judikatur des VwGH ersichtlich ist (siehe A.Grof in Raschauer/Wessely, wie oben, soweit ersichtlich die einzige Behandlung der Konstellation in der Kommentarliteratur) und auch kein Revisionsausschluß iSd § 25a Abs 2 VwGG vorliegt.

Schlagworte

Auftrag an die belangte Behörde Auskunftsbegehren Datenschutz Entscheidungspflicht Nachholung des Bescheides Revision zulässig Säumnisbeschwerde Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W274.2240807.1.01

Im RIS seit

03.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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