Index
L22003 Landesbedienstete NiederösterreichNorm
B-VG Art130 Abs2 Z3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die außerordentliche Revision des Ing. J S in D, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 13. Jänner 2016, Zl. LVwG-AV-439/002-2015, betreffend Disziplinarstrafe nach der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der Niederösterreichischen Landesregierung wird abgewiesen.
Begründung
1 Der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich stehende Revisionswerber wurde mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. April 2013 wegen drei Dienstpflichtverletzungen für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von drei Dienstbezügen verhängt.
2 Der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Berufung wurde mit Erkenntnis der Disziplinaroberkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Juli 2013 keine Folge gegeben und der Revisionswerber - unter Abänderung des erstinstanzlichen Schuldspruchs - für schuldig erkannt, Dienstpflichtverletzungen
„1. gemäß § 27 DPL 1972 in Verbindung mit§ 4 Abs. 9 DPL und den Punkten 1.1, 2.1. und 3.1 der Dienstanweisung ‚Dienstreisen‘ vom 2. Juli 2001, Systemzahl 01-01/00-0350, dadurch begangen zu haben, dass er den ihm am 11.11.2009 erteilten Dienstreiseauftrag zur Durchführung einer Dienstreise am 12.11.2009 zum Zweck der Kontrolle und Erhebung von Bodenmarkierungen von St. Pölten (Dienstort) über die Strecke Traisen (Tätigkeitsort), Hainfeld (Tätigkeitsort), Kleinzell (Tätigkeitsort), Stössing (Tätigkeitsort) zurück nach St. Pölten (Dienstort) nicht befolgt hat, indem er nach der Kontrolle der Bodenmarkierungen in Traisen die angeordneten Kontrollen in Hainfeld, Kleinzell und Stössing witterungsbedingt unterließ und statt dessen unter Abweichung von der genehmigten Reiseroute Bodenmarkierungen in Ober-Grafendorf (B 39), Weinburg (L 5006), auf der L 106, auf der L 5279 und in Pöchlarn (B1) kontrollierte sowie Tätigkeiten im Baubüro bei der Donaubrücke in Traismauer verrichtete;
2. gemäß § 27 DPL 1972 dadurch begangen zu haben, dass er die schriftliche Weisung des Dienststellenleiters vom 2.6.2009, STBA5-P-23/003-2009, bereits ab dem 1. Tag einer krankheitsbedingten Abwesenheit unverzüglich und unaufgefordert eine schriftliche ärztliche Krankenstandsbestätigung vorzulegen, nicht befolgte, indem er anlässlich seiner krankheitsbedingten Abwesenheit vom 21.1.2010 bis 5.2.2010 eine ärztliche Krankenstandsbestätigung erst am 27.1.2010 für den Zeitraum vom 21.1.2010 bis 26.1.2010 und erst am 1.2.2010 für den Zeitraum vom 27.1.2010 bis 5.2.2010 vorlegte;
3. gemäß § 26 Abs. 1 erster und zweiter Satz DPL 1972 dadurch begangen zu haben, dass er am 14.4.2010 um 13.42 Uhr während seines Krankenstandes ohne Zuständigkeiten und Befugnisse für die Vergabe von Planungsarbeiten in der NÖ Straßenbauabteilung 5 und ohne Auftrag und vor allem ohne Wissen des Dienststellenleiters einen Anruf beim Geschäftsführer der PFgesellschaft m.b.H, DI EC, tätigte, sich dabei namentlich als Mitarbeiter des NÖ Straßendienstes vorstellte und versuchte, Informationen über die Vorgangsweise seines Vorgesetzten im Zusammenhang mit Planungsaufträgen im Gebiet der Straßenmeisterei M in der Absicht zu erlangen, seinem Vorgesetzten etwas entgegenzuhalten, von dem er sich ungerecht behandelt fühlte, wobei er im Zuge dieses Gespräches auch erwähnte, dass er von seinem Chef gemobbt werde.“ (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof)
3 Der Revisionswerber habe dadurch die Geschäfte des Dienstzweiges, in dem er verwendet wird, nicht unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit größter Sorgfalt besorgt und in seinem gesamten Verhalten nicht darauf Bedacht genommen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (Spruchpunkt 3), sowie Weisungen nicht befolgt (Spruchpunkte 1 und 2). Gemäß § 95 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 (DPL 1972) in Verbindung mit § 174 Abs. 1 Z. 3 NÖ Landes-Bedienstetengesetz (NÖ LBG) wurde wegen dieser Dienstpflichtverletzungen als Disziplinarstrafe eine Geldstrafe in der Höhe von drei Dienstbezügen verhängt und dem Revisionswerber Kosten des Disziplinarverfahrens auferlegt.
4 Diese Entscheidung der Disziplinaroberkommission wurde auf Grund der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. Juni 2014, 2013/09/0141, im Umfang der darin enthaltenen Aussprüche über die Strafe und die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben, im Übrigen, somit im Umfang der Schuldsprüche, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof begründete diese Entscheidung im aufhebenden Teil damit, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Disziplinaroberkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung eine Geldstrafe im oberen Bereich des in § 174 Abs. 1 Z. 2 NÖ LBG vorgegebenen Strafrahmens von bis zu fünf Dienstbezügen verhängt habe. Die einzelnen dem Revisionswerber vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen wögen weder jede für sich allein genommen noch in ihrem Zusammenhang derart schwer, um eine Disziplinarstrafe in dieser Höhe rechtfertigen zu können. Die Disziplinaroberkommission habe auch nicht dargetan, weshalb eine solche Disziplinarstrafe gegen den Revisionswerber, von dem sie keine disziplinarrechtliche Bescholtenheit angenommen habe, aus spezialpräventiven oder auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich gewesen wäre.
5 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 14. August 2014 wurde die vom Revisionswerber erhobene Berufung als Beschwerde gewertet und diese als unbegründet abgewiesen.
6 Dieses Erkenntnis wurde auf Grund der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Revision vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. Oktober 2015, Ra 2015/09/0039, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof begründete dies damit, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen habe.
7 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 13. Jänner 2016 wurde der Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von € 14.000,-- herabgesetzt wurde; im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. Zudem wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
8 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Strafbemessung im Wesentlichen aus, die zu Punkt 3 vorgeworfene Tat wiege, wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt habe, am schwersten. Sie sei mit einem Vorsatz begangen worden, der über den tatsächlich eingetretenen Erfolg weit hinausgehe und der insoweit nur wegen der Verschwiegenheit des DI EC vom Revisionswerber nicht habe verwirklicht werden können. Insbesondere die Dienstpflichtverletzung zu Punkt 3 sei daher als schwerwiegend anzusehen.
9 Die belangte Behörde habe aus folgenden Gründen zu Recht keine Unbescholtenheit des Revisionswerbers angenommen: Über den Revisionswerber sei im Zeitpunkt der schwersten Dienstpflichtverletzung am 14. April 2010 bereits rechtskräftig eine Geldstrafe in der Höhe von einem Dienstbezug verhängt gewesen. Es stelle sich die Frage, ob diese Vorstrafe als einschlägig anzusehen und daher als Erschwerungsgrund zu beachten sei. Die Rechtsprechung habe dazu klargestellt, dass es sich dabei nicht um dasselbe Delikt handeln müsse. Der Verwaltungsgerichtshof habe hinsichtlich der der Vorstrafe zugrunde liegenden Dienstpflichtverletzung in seinem Erkenntnis vom 30. September 2010, 2010/09/0115, ausgeführt, dass die Subsumtion des dort festgestellten Sachverhaltes unter die Disziplinarstrafdrohung des § 26 Abs. 1 DPL 1972 nicht zu beanstanden sei, weil die Anfertigung von unrichtigen Dokumentationen über die eigene Dienstzeit sowohl als Verstoß gegen die Pflicht zur Besorgung der Geschäfte des betreffenden Dienstzweiges als auch als Verstoß gegen die Pflicht zur Bedachtnahme auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die Amtsführung gewertet werden dürfe. Dass die im vorliegenden Fall dem Revisionswerber zur Last liegende Dienstpflichtverletzung vom 14. April 2010 jedenfalls auf der gleichen schädlichen Neigung beruhe wie die beiden (der Vorstrafe zugrunde liegenden) Taten, könne nicht ernsthaft bezweifelt werden. Vielmehr sei an der Verhaltensentwicklung des Revisionswerbers eine tendenzielle Steigerung der Bereitschaft zur außenwirksamen Ansehensschädigung seines Dienstgebers ablesbar: Habe er im Verfahren zur Verhängung der Vorstrafe noch eingewendet, dass die damals gegenständlichen Vorfälle der Öffentlichkeit weder bekannt noch dieser zugänglich geworden seien, sei im vorliegenden Fall erwiesen, dass seine Vorgehensweise vom 14. April 2010 gegenüber zumindest einem Außenstehenden, der als hochrangiger Vertreter einer in regelmäßiger Geschäftsbeziehung zum Land Niederösterreich stehenden Gesellschaft im Geschäftsleben auftrete, in einer dem Ansehen des Dienstgebers abträglichen Weise wirksam geworden sei, wobei der Revisionswerber diese Wirkung zumindest in Kauf genommen habe. Diesen Schaden habe der Revisionswerber offenbar dem Ziel untergeordnet, sich im Innenverhältnis gegenüber seinem Vorgesetzten einen persönlichen Informationsvorteil zu verschaffen. Die Taten beeinträchtigten somit nicht nur als Verstoß gegen die Pflicht zu Besorgung der Geschäfte des betreffenden Dienstzweiges das Vertrauensverhältnis im Dienstverhältnis, sondern seien darüber hinaus geeignet gewesen, das Ansehen des Landes und das Vertrauen der Allgemeinheit in die Amtsführung erheblich zu schädigen.
10 Der Revisionswerber habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung - zu seiner Sicht auf alle drei Tatvorwürfe befragt - angegeben, dass er nach wie vor in seinem Verhalten keine Dienstpflichtverletzung erkennen könne. Somit sei beim Revisionswerber selbst unter dem Eindruck eines mehrfachen Rechtszuges zum Verwaltungsgerichtshof und ungeachtet der bestätigten Schuldsprüche kein Ansatz von Unrechtsbewusstsein oder gar Reue zu erkennen. Diesem Umstand könne zum Entscheidungszeitpunkt als mildernd nur das Wohlverhalten des Revisionswerbers während des mehrjährigen Verfahrens gegenübergestellt werden. Entgegen den Ausführungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung liege jedoch keine unangemessen lange Verfahrensdauer im Sinne des Rechtsprechung zu Art. 6 EMRK vor, da seit Erlassung des Einleitungsbeschlusses vom 31. Mai 2011 zwar insgesamt mehr als 4 ½ Jahre vergangen seien, die Behörden in dieser Zeit jedoch nicht unangemessen lange untätig gewesen seien, sondern zwei Rechtsgänge zum Verwaltungsgerichtshof stattgefunden hätten, nach dessen Entscheidungen das Verwaltungsgericht das Verfahren jeweils unverzüglich fortgesetzt habe.
11 Der belangten Behörde könne daher im Ergebnis nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Licht der erst wenige Tage nach rechtskräftig verhängter Strafe für zwei einschlägige Vortaten begangenen Wiederholungstat dem Antrag des Disziplinaranwaltes auf eine „spürbar höhere Disziplinarstrafe“ dadurch Rechnung getragen habe, dass sie eine Geldstrafe in der Höhe von drei Dienstbezügen verhängt habe. Wenngleich nunmehr das mehrjährige Wohlverhalten des Revisionswerbers dem Grunde nach als Milderungsgrund zu berücksichtigen sei, wiege die bis zuletzt fehlende Schuldeinsicht im Lichte der gebotenen Spezialprävention jedoch so schwer, dass die Strafe aufgrund dieses bisher unberücksichtigt gebliebenen Milderungsgrundes nur um knapp neun Prozent herabgesetzt werden könne.
12 Im Übrigen erweise sich die Beschwerde als unberechtigt. Die Festsetzung des Ersatzes der Verfahrenskosten mit 15 % des Dienstbezuges könne angesichts des Verfahrensaufwandes gemäß § 199 Abs. 2 NÖ LBG nicht als rechtswidrig erkannt werden.
13 Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, da der als erwiesen angenommene Sachverhalt und die im Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig seien und keine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme.
14 Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision. Die belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und die Niederösterreichische Landesregierung erstatteten Revisionsbeantwortungen.
Die Revision ist nicht zulässig:
15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
18 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit vor, aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses gehe hervor, dass sich das Verwaltungsgericht zu einer Strafbemessung im oberen Bereich des in § 174 Abs. 1 Z. 2 NÖ LBG vorgesehenen Strafrahmens deshalb als berechtigt angesehen habe, da es nunmehr Ausführungen im Sinne eines besonderen spezialpräventiven Straferfordernisses hinzugefügt habe. Damit sei die grundsätzliche Frage verbunden, „ob eine solche verschlechternde Neuerung angesichts des Umsetzungsgebotes des § 63 VwGG und des Verschlechterungsverbotes gemäß § 210 NÖ LBG überhaupt zulässig“ sei. Eine solche Verschlechterung sei nach Auffassung des Revisionswerbers auch darin gelegen, dass „bei der Strafbemessung Umstände herangezogen werden, die bisher nicht herangezogen wurden“. Dies sei eine Frage von allgemeiner Bedeutung, die immer wieder relevant werden könne und zu der es keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gebe, jedenfalls keine, die „die behördliche Auffassung“ stützen könne.
19 Zu diesem Vorbringen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Disziplinarkommission im Disziplinarerkenntnis vom 30. April 2013 sowohl vom Vorliegen des Erschwerungsgrundes nach § 33 Z. 2 StGB als auch davon ausgegangen ist, dass die verhängte Strafe aus näher dargestellten Gründen geboten sei, um den Revisionswerber von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Das mit Blick auf das in § 210 NÖ LBG verankerte Verschlimmerungsverbot erstattete Vorbringen ist daher schon deshalb nicht zielführend, weil die genannten Umstände in der erstinstanzlichen Entscheidung Berücksichtigung gefunden haben. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers kann eine Bindung dahin, dass im fortgesetzten Verfahren die Annahme einer disziplinären Vorbelastung nicht erfolgen dürfe oder die Darlegung spezialpräventiver Erwägungen unzulässig sei, dem hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2014, 2013/09/0141, nicht entnommen werden.
20 Davon abgesehen ist aber darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zu § 51 VStG ausgesprochen hat, dass die Berufungsbehörde unter anderem dann nicht gegen das Verschlimmerungsverbot verstößt, wenn sie im Rahmen der vorzunehmenden eigenen Bewertung von Milderungs- und Erschwernisgründen trotz Wegfalls eines Erschwerungsgrundes oder Hinzutritts eines Milderungsgrundes begründeter Weise zur gleichen Strafhöhe gelangt wie die erstinstanzliche Behörde. Es läge somit kein Verstoß gegen das Verschlimmerungsverbot vor, wenn das Verwaltungsgericht bei Verneinung eines von der Verwaltungsstrafbehörde für die Bemessung der Strafe herangezogenen Erschwerungsgrundes die verhängte Strafe nicht herabsetzt, wenn es in der Lage ist zu begründen, dass andere Umstände vorlagen, die es rechtfertigen, das Ausmaß der verhängten Strafe für angemessen zu halten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. März 2016, Ra 2015/02/0225, mwN). Nichts anderes hätte aber in Ansehung der Bestimmung des § 210 NÖ LBG zu gelten (vgl. zum Verweis auf Judikatur zu § 51 VStG bei Auslegung des in § 129 BDG 1979 verankerten, mit § 210 NÖ LBG übereinstimmenden Verschlimmerungsverbotes etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 2003, 2000/09/0126), sodass die Heranziehung „anderer bzw. neuer Umstände“ im Rahmen der Strafbemessung durch das Verwaltungsgericht nicht als rechtswidrig zu erkennen wäre.
21 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision im Weiteren vor, es sei die grundsätzliche Frage zu klären, „wie die Kompetenzen zur genauen Strafbemessung“ angesichts der nunmehrigen Behörden- und Gerichtsstruktur anzunehmen sei. Der Revisionswerber stehe auf dem Standpunkt, dass dabei für das Verwaltungsgericht und den Verwaltungsgerichtshof Gleiches zu gelten habe und dass etwa dann, wenn „diese Kompetenz bei diesen Gerichten nicht in voller Weise gegeben wäre, eine Zurückverweisung der Sache an die Behörde (Disziplinarkommission) stattfinden“ müsse.
22 Diesem Vorbringen - das nicht konkret erkennen lässt, welche im Revisionsfall relevante Rechtsfrage nach Ansicht des Revisionswerbers überhaupt einer Klärung bedarf - ist zu erwidern, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, dass bei der Bemessung einer Disziplinarstrafe - auch - eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Bei der Entscheidung über ein Disziplinarerkenntnis handelt es sich nicht um eine Verwaltungsstrafsache im Sinne des Art. 130 Abs. 3 B-VG. Kommt das Verwaltungsgericht zur selben sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung, darf es vor dem Hintergrund des Art. 130 Abs. 3 B-VG nicht sein eigenes Ermessen an die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission setzen. Jedoch ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung über die Bemessung einer Disziplinarstrafe nicht von der Verpflichtung zur Beurteilung entbunden, ob die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission auf gesetzmäßige Weise erfolgte. Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer gesetzwidrigen Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Fall des § 28 Abs. 2 VwGVG (Art. 130 Abs. 4 B-VG) in der Sache selbst zu entscheiden und dabei auch eine Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. das zum BDG 1979 ergangene hg. Erkenntnis vom 21. April 2015, Ra 2015/09/0009, mwN).
23 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision abschließend geltend, es sei die ebenfalls grundsätzliche Frage zu klären, ob als einschlägige Vorbelastung im Sinne der disziplinarrechtlichen Strafbemessung alles zu verstehen sei, „was das Amtsansehen betreffen könnte“. Der Revisionswerber stehe auf dem Standpunkt, dass dies zu verneinen sei, „weil diese Gefahr immer als gegeben behauptet werden“ könne, sodass „ein Abstraktum in diesem Sinne nicht genügt, sondern nur eine spezifische dahingehende Tendenz Einschlägigkeit begründen“ könne; diese Voraussetzung sei im Revisionsfall nicht erfüllt.
24 Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass die vom Verwaltungsgericht als erschwerend gewertete Vorstrafe ebenfalls aufgrund der Disziplinarstrafdrohung des § 26 Abs. 1 DPL 1972 erfolgt ist, wobei auch dieser Bestrafung der Vorwurf sowohl eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Besorgung der Geschäfte des betreffenden Dienstzweiges mit größter Sorgfalt unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften als auch eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Bedachtnahme auf die Erhaltung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Amtsführung zugrunde lag. Davon ausgehend ist allerdings nicht zu erkennen, dass die Annahme des Verwaltungsgerichtes, der Revisionswerber sei schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden, unzutreffend wäre. Dass dem hier in Rede stehenden rechtskräftigen Schuldspruch zu Spruchpunkt 3 des Bescheides der Disziplinaroberkommission vom 25. Juli 2013 - in sachverhaltsmäßiger Hinsicht - eine andere Ausprägung der dem Revisionswerber zur Last fallenden mangelnden Bedachtnahme auf die Erhaltung des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zugrunde liegt, hindert die Annahme der Einschlägigkeit im Sinne des § 33 Z. 2 StGB nicht.
25 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
26 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
27 Das Kostenbegehren der Niederösterreichischen Landesregierung war abzuweisen, da gemäß § 58 Abs. 1 VwGG jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat, soweit die §§ 47 bis 56 leg. cit. nicht anderes bestimmen. Einen Anspruch auf Ersatz des Aufwandes, der mit der Einbringung der Revisionsbeantwortung verbunden war, sehen die §§ 47 bis 56 VwGG in Ansehung einer Partei nach § 21 Abs. 1 Z. 3 VwGG aber nicht vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/12/0032).
Wien, am 13. Dezember 2016
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Ermessen VwRallg8 Erschwerende und mildernde Umstände Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016090038.L00Im RIS seit
03.11.2021Zuletzt aktualisiert am
05.11.2021