TE Vwgh Beschluss 1996/12/18 96/20/0712

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Veröffentlicht am 18.12.1996
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Index

25/02 Strafvollzug;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
StVG §122;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des M in G, gegen die Erledigung des Bundesministers für Justiz vom 17. September 1996, Zl. 431.910/23-V.5/1996, betreffend Genehmigung und Bezahlung von Weiterbildungskursen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer - ein Strafgefangener, der in der Justizanstalt G eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßt - richtete am 3. Juli 1996 folgendes Schreiben an das Bundesministerium für Justiz:

"BETRIFFT: Beschwerde gegen den verantwortlichen Anstaltsleiter, der der Sozialarbeiterin K verabsäumt hat zu erklären was oder wie der Entlassungsvollzug zu definieren oder definiert ist.

AUSFÜHRUNG:

Nach mehrmaliger Aufforderung und endlich durchgeführter Vorführung zur Sozialarbeiterin K am 2.7.1996 hat selbige äußerst diensteifrig im O-Ton erklärt:

Ich weiß nicht was der Entlassungsvollzug ist, das müssen sie mir erklären (damit war gemeint ich sollte offensichtlich das Wissensdefizit der Sozialarbeiterin ausgleichen). Ebenso erklärte sie weiter:

das in der JA-G als Weiterbildungskurse angeboten würden:

Deutsch für Ausländer,

Mathematik für Hauptschulabschluß,

Hauptschulenglisch für Anfänger,

Yoga-Kurs.

Damit ist laut Aussagen der Sozialarbeiterin K alles an Kursen die der Resozialisierung d.h. Wiedereingliederung nach der Haftentlassung vorgesehen sind und angeboten werden. Auf weiteres insistieren teilte die Sozialarbeiterin K genervt mit das Sie persönlich Herr Min.Rat.Dr.G für dieses etwas irrlaufenden Resozialisierungsangebote verantwortlich sind. Da ich seit 1995 auf Anordnung des ersten Staatsanwaltes Herrn Dr.F Leiter der Vollzugskommission im Entlassungsvollzug bin, haben Sie ergo dessen folgende Gesetze dem Sinne nach gebrochen: StGB 46, 50, 51, ff; und StVG §§ 20, 56, 57, 75, 144, 145, 146, 147, 152, 152a, 156, ff, wenn also die Aussagen der Sozialarbeiterin K, des Kommandanten B (selbiger hat gesagt: wozu soll es für mich Entlassungsvorbereitungen geben, wir tun doch ohnehin genug für Ausländer, ich bin kein Ausländer) und gemäß von Dr. M am 27.6.1996 getätigten Aussagen wird er persönlich dafür sorgen das es für mich ganz bestimmt sicher keine Entlassungsvorbereitung gibt (den Massenmörder A der drei Menschen brutal gekillt hat jedoch schleppt dieser Dr. M ständig auf Sozialausgänge).

Die Vorgenannten und zitierten haben sich jedesmal auf Ihre persönliche Zustimmung, Billigung und Deckung diesen Verhaltens berufen.

Sollte das stimmen das Sie Herr Min.Rat.Dr.G das vorzitierte decken und billigen, muß ich annehmen das Sie mich offensichtlich zwangsweise in das Heer der 300.000 Arbeitslosen hineinzwingen wollen.

Denn den straffälligen Asylbetrügern R haben Sie einen Schweißkurs im Werte von 60.000,-- öS bezahlt und des weiteren auch dem straffälligen Asylbetrüger P die Schlosserlehre ermöglicht.

Mir jedoch der ich nicht das Privileg habe ein straffälliger Asylbetrüger zu sein, wird generell jede Weiterbildung verwehrt. Damit soll offensichtlich erreicht werden das die österreichischen Steuerzahler ganz gewiß bis zu meinem Ableben für mich werden aufkommen müssen. Damit stellt sich mit besonderer Vehemenz die Frage nach dem bereits in Schijok täglich am 26. Juni 1996 die Steuergeldverschwendung im Vollzug Thematisiert wurde, wie die durch die Sparpakete geschundenen Steuerzahler darauf reagieren werden wenn ich meinen Fall an die Öffentlichkeit bringe.

Da ich mich redlich bemüht habe mein späteres Fortkommen nach der Haftentlassung abzusichern, jedoch gemäß der Aussagen der vorherig zitierten durch Sie persönlich Herr Min.Rat.Dr.G daran gehindert werde, verlange ich:

Schriftliche Stellungnahme zu dieser Beschwerde gemäß StVG § 121 ff;

Genehmigung und Bezahlung von sinnvollen Weiterbildungskursen da ich völlig mittellos bin;

Wie auch die sofortige Einstellung Ihrer Obstruktionspolitik mir gegenüber;

ansonsten sehe ich mich genötigt einer breiten Öffentlichkeit einen neuerlichen Diskussionsbeitrag zum Thema Steuergeldverschwendung zu liefern"

Mit Schreiben vom 5. Juli 1996 ersuchte das Bundesministerium für Justiz den Leiter der Justizanstalt G, zu dieser Eingabe Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 29. August 1996 nahm der Anstaltsleiter im wesentlichen wie folgt Stellung:

"Die gegenständliche Beschwerde des Strafgefangenen M richtet sich in erster Linie gegen Frau K, die angeblich verabsäumt hat, ihm zu erklären, wie der Entlassungsvollzug zu definieren sei. Frau K gibt bekannt, daß sie mit M in mehreren Gesprächen über Entlassungsvorbereitungen bzw. über Aus- und Fortbildung gesprochen habe. Frau K hat in diesen Gesprächen dem Strafgefangenen M zu erklären versucht, welche Möglichkeiten M aufgrund seiner gegebenen Voraussetzungen in der Justizanstalt G hat. An den Gegebenheiten (massives Suchtgiftdelikt, Ablehnung der bedingten Entlassung) kann jedoch Frau K auch nichts ändern.

M beschwert sich weiters darüber, daß in der JA G keine entsprechenden Weiterbildungsveranstaltungen stattfinden. Der Beschwerde ist jedoch nicht zu entnehmen, in welcher Richtung für ihn eine Weiterbildung in Frage käme. M ist laut seinen eigenen Angaben Schlossergeselle. In einem persönlichen Gespräch mit Hptm. R erklärte er, daß er in der Krisenregion L keine Chance habe, als Schlosser unterzukommen. Eine Zeitlang hat sich M für einen Buchhaltungskurs interessiert. Der Besuch dieses Kurses wäre nur in der Form eines Freiganges möglich gewesen. Die Voraussetzungen für einen Kursbesuch sind bei M nicht gegeben, weil aufgrund seiner Persönlichkeit bzw. des massiven Suchtgiftdeliktes zu befürchten ist, daß M einen Freigang zum Kursbesuch mißbrauchen wird. Außerdem ist die Finanzierungsfrage von möglichen Kursbesuchen ungeklärt, da von der Tatsache, daß verschiedene Kurse in der JA G für Strafgefangene organisiert und vom Bund finanziert werden, nicht automatisch abgeleitet werden kann, daß auch der Strafgefangene M die von ihm gewünschte Ausbildung zur Gänze vom Staat finanziert bekommt.

Die Behauptung von M, daß Weiterbildungsveranstaltungen in der JA G nur für Ausländer stattfinden, ist unrichtig. ..."

Dieses Schreiben beantwortete der Bundesminister für Justiz mit der angefochtenen Erledigung. Sie lautet:

An den Herrn Leiter der Justizanstalt

G

BETRIFFT: Strafgefangener M-Beschwerde

BEZUG: Schreiben vom 29.8.1996, GVNr.4802/94 So

Aufgrund des oben angeführten Schreibens wird mitgeteilt, daß seitens des Bundesministeriums für Justiz Kursmaßnahmen allenfalls nur als Ganzes (für mehrere Insassen), jedoch nicht, wie von dem Strafgefangenen M offenbar erwünscht, in Einzelfällen finanziert werden.

Außerdem tritt das Bundesministerium für Justiz der do. Meinung bei, dem Strafgefangenen aufgrund seines Suchtgiftdeliktes, keinen Kursbesuch in Form eines Freiganges zu gewähren.

Es wird ersucht, den genannten Strafgefangenen die getroffene Entscheidung mündlich bekanntzugeben und ihn über die hiefür maßgeblichen Gründe zu belehren."

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde mit folgenden Ausführungen:

"Das Bundesministerium für Justiz unterliegt in Unkenntnis des § 146 Abs. 2 und 3 StVG dem Rechtsirrtum das nur kollektiver Weiterbildung vom Bund zu bezahlen sei.

Der § 146 Abs. 2 und 3 StVG sagt dezidiert jeder Strafgefangene hat rechtzeitig sich selbst um sein fortkommen nach der Haftentlassung zu kümmern.

Ergo dessen besteht der Rechtsirrtum des Bundesministerium für Justiz bereits darin das ein Weiterbildungsangebot für alle Häftlinge passend ist, was aber bitte soll z.B. ein Tischler mit dem Weiterbildungsangebot eines Schweißkurses für Schlosser anfangen.

Auch schließt das Bundesministerium für Justiz aufgrund des Deliktes dessen ich verurteilt wurde, in nicht rechtskonformer Weise von den Möglichkeiten der Weiterbildung aus, denn StGB und StVG sagen eindeutig:

keine Deliktskategorie ist grundsätzlich und generell vom Zugang zu einem Rechtsgut ausgeschlossen.

Der Kläger stellt daher nachstehende

A N T R Ä G E

Der Verwaltungsgerichtshof wolle in Stattgebung meiner Klage

1) den angefochtenen Bescheid aufheben und in der Sache selbst dahingehend entscheiden, daß der Bescheid GZ.:

431.910/23-V.5/1996 BM.f.JUS. vom 17. September 1996, wegen Rechtsirrtum der ausstellenden Behörde außer Kraft gesetzt wird, und gemäß des § 146 Abs. 2 und 3 StVG dem Kläger die beantragte Weiterbildung welche ihm vom Gesetz garantiert ist auch wahrnehmen kann.

in eventu

2) den angefochtenen Bescheid aufheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidungsfindung an die Erstinstanz zurück zu verweisen."

Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Eingabe vom 3. Juli 1996 ihrem gesamten Inhalt nach als Aufsichtsbeschwerde und nicht als Rechtsmittel gegen eine bestimmte, ein konkretes Ansuchen des Beschwerdeführers betreffende Anordnung des Anstaltsleiters zu deuten ist. Derartige Eingaben bedürfen nach § 122 StVG keiner bescheidmäßigen Erledigung. Die angefochtene Erledigung bringt auch nicht den Willen der belangten Behörde, in einer förmlichen und der Rechtskraft fähigen Weise über konkrete (subjektive) Rechtsverhältnisse abzusprechen, zum Ausdruck. Das gilt auch insoweit, als der "Meinung" des Anstaltsleiters, dem Beschwerdeführer "keinen Kursbesuch in Form eines Freiganges zu gewähren", "beigetreten" wird. Ein konkreter, einer Entscheidung zugänglicher Antrag des Beschwerdeführers, als dessen Erledigung sich das verstehen ließe, liegt nach dem dargestellten Inhalt der zur Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde beigeschafften Verwaltungsakten nicht vor. Die angefochtene Erledigung ist daher nicht als Bescheid zu werten. Der Verwaltungsgerichtshof ist für die Überprüfung einer Erledigung - von hier nicht in Betracht kommenden Fällen abgesehen - aber nur zuständig, wenn der Erledigung Bescheidcharakter zukommt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996200712.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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