TE Vwgh Erkenntnis 1965/3/30 1667/64

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Veröffentlicht am 30.03.1965
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Index

StVO
40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

AVG §45 Abs2
StVO 1960 §7 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Chamrath, und die Hofräte Dr. Kaniak, Dr. Naderer, Dr. Schmelz und Dr. Brunner als Richter, im Beisein des Schriftführers, Polizeioberkommissärs Dr. Ottmann, über die Beschwerde des FB in G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Unterberger, Graz, Opernring 16, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 2. Juli 1964, Zl. 11-393/I Ba 69/2-1964, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

FW und KP erstatteten im Wachzimmer „Thondorf“ der Bundespolizeidirektion Graz eine Anzeige. Darnach sei der Lenker des Personenkraftwagens S nnn am 1. Mai 1963 um 9.45 Uhr auf der Liebenauer Hauptstraße stadteinwärts gefahren, wobei er ohne zwingenden Grund eine längere Strecke hindurch auf dem fahrbahngleichen Sandstreifen gefahren sei. FW und KP, die hintereinander und vorschriftsmäßig auf dem äußersten linken Fahrbahnrand stadtauswärts gegangen seien, seien gezwungen gewesen, in den angrenzenden Straßenraben auszuweichen. Obwohl kein Gegenverkehr geherrscht habe, sei dieser Fahrzeuglenker so nahe an die beiden Fußgänger herangefahren, sodaß diese befürchten mußten, vom Fahrzeug gestreift zu werden. FW gab noch an, daß dieser Fahrzeuglenker betrunken gewesen sein dürfte. Als Lenker wurde der Beschwerdeführer ausgeforscht. Sein Verhalten wertete die Bundespolizeidirektion Graz als eine Übertretung des § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl.Nr. 159 (StVO), und verhängte mit Strafverfügung vom 8. Juni 1963 über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 200,-- (Ersatzarreststrafe 48 Stunden), wogegen er Einspruch erhob.

Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung fand den Beschwerdeführer nach einem Ermittlungsverfahren mit Straferkenntnis vom 27. November 1963 einer Übertretung des § 7 Abs. 1 StVO schuldig und verhängte gegen ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a dieses Gesetzes eine Geldstrafe von S 200,-- (Ersatzarreststrafe 48 Stunden). Die Behörde nahm als erwiesen an, der Beschwerdeführer sei als Lenker des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen S nnn am 1. Mai 1963 um 9.45 Uhr auf der Liebenauer Hauptstraße stadteinwärts gefahren, wobei er ohne zwingenden Grund eine längere Strecke hindurch auf dem fahrbahngleichen Sandstreifen der Liebenauer Hauptstraße gefahren sei. Durch diese rücksichtslose Fahrweise seien die beiden Fußgänger FW und KP, „die hinterwärts gingen“, gezwungen gewesen, in den angrenzenden Straßengraben auszuweichen, um vom Beschwerdeführer nicht überfahren zu werden. In seiner gegen das Straferkenntnis erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer die Tat, räumte aber ein, am gleichen Tag um 10.45 Uhr von zu Hause mit Herrn SH weg zur Tankstelle K in Gössendorf und nachher Graz gefahren zu sein, wobei er eine Stundengeschwindigkeit von 40 bis 50 km gewählt habe. Sein Personenkraftwagen sei dunkelblau, während die Anzeiger das fragliche Fahrzeug als graues festgestellt hätten. Eine Rückfrage durch die Bundespolizeidirektion Graz ergab, daß beide Zeugen bei ihrer Angabe, die Übertretung sei um 9.45 Uhr begangen worden, blieben. Der Beschwerdeführer gab auf Anfrage des Gemeindeamtes Gössendorf bekannt, der Zeuge SH sei am 6. Mai 1963 „in die Schweiz auf Saison“ gefahren. Seither habe dieser seine Stellung einige Male gewechselt. Die derzeitige Anschrift sei dem Beschwerdeführer nicht bekannt.

Daraufhin hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt: FW und KP sagten im Verwaltungsstrafverfahren als Zeugen aus, daß sie durch die Fahrweise des Beschwerdeführers gezwungen gewesen seien, den von ihnen benützen äußersten linken Fahrbahnrand zu verlassen und in den angrenzenden Straßengraben auszuweichen. Der Beschwerdeführer bestreite dies und behaupte, daß er durch ein entgegenkommendes Fahrzeug von der Straße abgedrängt worden sei. Dagegen hätten die Zeugen erklärt, daß zur Tatzeit kein Gegenverkehr geherrscht habe. Der Beschwerdeführer behaupte außerdem, daß er nicht um 9.45 Uhr, sondern eine Stunde später am Tatort stadteinwärts gefahren sei. Dazu hätten die Zeugen erklärt, daß die von ihnen angegebene Uhrzeit und das Kennzeichen richtig seien. Es bestehe kein Anlaß an der Aussage der Zeugen zu zweifeln. Der vom Beschwerdeführer geführte Zeuge habe nicht vernommen werden können, da er unbekannten Aufenthaltes sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit wegen „Mangelhaftigkeit des Verfahrens“, „unrichtige Beweiswürdigung“ und „unrichtige rechtliche Beurteilung“ geltend gemacht wird.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vernehmung seines Entlastungszeugen SH wäre unbedingt notwendig gewesen, da die Aussagen der Zeugen FW und dessen Lebensgefährtin KP „sicher nicht zutreffend sind“. So hätten die beiden angegeben, es handle sich um ein graues Auto, während sein Personenkraftwagen dunkelblau lackiert sei, die Zeitangaben stimmen nicht und der Zeuge FW habe, wie aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung hervorgehe, „wiederholt einschlägige Vorstrafen“ und überdies eine des Landesgerichtes für Strafsachen Graz nach § 81 StG (drei Monate schweren Kerker). Diese Ausführungen richten sich gegen den von der belangten Behörde festzustellen Sachverhalt. Die Feststellung des Sachverhaltes obliegt der erkennenden Behörde, wobei sie nach § 45 Abs. 2 AVG 1950 (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) vorzugehen hat. Die Beweiswürdigung kann der Verwaltungsgerichtshof nur insoweit überprüfen, ob die belangte Behörde von einem hinreichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und ob die von ihr gezogenen Folgerungen schlüssig sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1950, Slg. N. F. Nr. 1178/A).

Wenn der Beschwerdeführer versucht, die Glaubwürdigkeit des Zeugen FW wegen dessen Vorstrafen zu erschüttern, so sei auf das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1964, Zl. 950/62, verwiesen, mit dem ausgesprochen wurde, daß vorbestraften Personen nicht von vornherein im Hinblick auf ihre Vorstrafen jede Glaubwürdigkeit versagt werden dürfe, wenn sie als Zeugen aussagen. Im übrigen hat sich die belangte Behörde nicht allein auf die Aussage dieses Zeugen, sondern auch auf die der Zeugin KP gestützt.

Die Erklärung des Beschwerdeführers, die Zeugin sei die Lebensgefährtin des Zeugen FW, „die natürlich nur dessen Angaben bestätigt hat“, ist mit Rücksicht auf § 41 Abs. 1 VwGG 1965 eine unzulässige Neuerung, auf die einzugehen dem Gerichtshof verwehrt ist.

Der Beschwerdeführer weist auf den Widerspruch zwischen den Angaben der Zeugen und seinen Angaben in bezug auf die Tatzeit und die Farbe des fraglichen Fahrzeuges hin.

Wie der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 15. April 1964, Zl. 1284/63, zum Ausdruck gebracht hat, kommt es bei der Beschreibung eines Fahrzeuges nicht so sehr auf die verschiedenen Merkmale als auf die einwandfreie Ablesung des Kennzeichens an.

Was den vom Beschwerdeführer behaupteten Zeitunterschied anbelangt, so durfte die belangte Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung auch in dieser Hinsicht den Zeugen mehr Glauben schenken als dem Beschwerdeführer.

Der Hinweist daß sich sein Entlastungszeuge SH im Ausland aufhalte und daß er von ihm keine Anschrift habe, mußte die belangte. Behörde nicht etwa zu einer Unterbrechung des Verwaltungsverfahrens veranlassen, denn der Beschwerdeführer hatte weder dies beantragt noch auch sonstige genauere Angaben über diesen Zeugen, etwa über die Anschrift des ordentlichen Wohnsitzes des Zeugen oder die seiner Angehörigen gemacht noch auch sich erbötig gezeigt, der Behörde bekanntzugeben, falls er Nachricht von diesem Zeugen und über seine allfällige Rückkehr nach Österreich erhalte. Aus diesem Verhalten des Beschwerdeführers durfte die belangte Behörde schließen, daß eine Aussage des Entlastungszeugen zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes nicht geeignet und nach Lage des Falles nicht zweckdienlich sei.

Der Verwaltungsgerichtshof konnte sohin nicht findet, daß die belangte Behörde den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt hätte oder verfehlte Schlüsse gezogen hätte.

Ausführungen über eine inhaltliche Rechtswidrigkeit, die der Beschwerdeführer wohl mit der behaupteten „unrichtigen rechtlichen Beurteilung“ gemeint hat, sind in der Beschwerde nicht enthalten.

Somit erwies sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Wien, am 30. März 1965

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1965:1964001667.X00

Im RIS seit

02.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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