TE Vwgh Beschluss 2021/9/30 Ra 2021/02/0195

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Veröffentlicht am 30.09.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
VStG §19
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des G in V, vertreten durch Dr. Martin Brandstetter, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Preinsbacherstraße 5 (Hofmann Center), gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. Juli 2021, LVwG-S-1032/003-2019, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Amstetten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Zum bisherigen Verwaltungsgeschehen wird auf VwGH 15.12.2020, Ra 2019/02/0162, verwiesen.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich im zweiten Rechtsgang der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 20. März 2019, mit dem über ihn wegen eines Verstoßes gegen § 19 Abs. 7 iVm. Abs. 4 StVO gemäß § 99 Abs. 2c StVO eine Geldstrafe von € 140,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 55 Stunden) verhängt wurde, insofern Folge, als es die Geldstrafe auf € 110,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 40 Stunden herabsetzte und darüber hinaus die Beschwerde als unbegründet abwies. Es setzte den Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens mit € 11,-- neu fest und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3        Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Revisionswerber als Wartepflichtiger (auf Grund einer STOP-Tafel samt Haltelinie, die zugleich Sichtlinie sei) durch Kreuzen eine vorrangberechtigte Fahrzeuglenkerin zum unvermittelten Bremsen ihres Fahrzeuges genötigt habe. Er habe das andere am Unfall beteiligte Fahrzeug jedenfalls in einer Entfernung von 80 m und über den im Kreuzungsbereich befindlichen Verkehrsspiegel in einer Entfernung von 150 m erkennen können. Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung das Gutachten des Amtssachverständigen mit dem Berechnungsergebnis zu Grunde, wonach im Zeitpunkt des Losfahrens des Revisionswerbers das Fahrzeug der Unfallgegnerin 37,5 m entfernt gewesen sei und sie eine Geschwindigkeit von 50 km/h eingehalten habe. Bis zur Kollision sei ein Zeitraum von 2,7 Sekunden verstrichen und die vorrangberechtigte Fahrzeuglenkerin hätte eine mittlere Bremsverzögerung vornehmen müssen, um eine Kollision zu vermeiden.

4        Rechtlich schloss das Verwaltungsgericht daraus, dass der Revisionswerber die vorrangberechtigte Fahrzeuglenkerin zu einem unvermittelten Abbremsen genötigt und damit den objektiven Tatbestand des § 19 Abs. 7 iVm. Abs. 4 StVO erfüllt habe. Zur Strafbemessung zog es u.a. die nicht gegebene Unbescholtenheit des Revisionswerbers heran.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe die tatsächliche Entfernung der Fahrzeuge im Zeitpunkt des Losfahrens des Revisionswerbers nicht festgestellt.

9        Dem angefochtenen Erkenntnis lässt sich - wenn auch an dislozierten Stellen (auf den Seiten 12, 15 und 16) - die in der Zulässigkeitsbegründung angesprochene Entfernung der Fahrzeuge zu dem Zeitpunkt, als der Revisionswerber den Abbiegevorgang einleitete, mit hinreichender Deutlichkeit und Eindeutigkeit entnehmen. Demnach legte das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung eine Distanz der Fahrzeuge von 37,5 m zu Grunde und ging somit ohnedies von der in der Zulässigkeitsbegründung der Revision angesprochenen Sachverhaltsannahme aus.

10       Weiters erachtet der Revisionswerber die Revision als zulässig, weil das Verwaltungsgericht nicht begründet habe, warum es die Geschwindigkeit des Fahrzeuges der Unfallgegnerin mit 50 km/h festgestellt habe, obwohl aus der Endstellung sowie Deformation der Fahrzeuge und wegen fehlender Bremsspuren keine Anhaltspunkte dafür vorlägen.

11       Damit wird die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes gerügt. Der Revisionswerber ist darauf hinzuweisen, dass Fragen der Beweiswürdigung regelmäßig als nicht über den Einzelfall hinausreichend keine grundsätzliche Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen. Die Beweiswürdigung ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, das heißt den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen; die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen (vgl. etwa VwGH 11.9.2017, Ra 2017/02/0091, mwN).

12       Entgegen den Revisionsausführungen hält die vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall vorgenommene Beweiswürdigung den dargestellten Prüfkriterien der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes stand, übergeht doch der Revisionswerber die Aussage der vorrangberechtigten Fahrzeuglenkerin, welche im angefochtenen Erkenntnis (Seite 15) zur Begründung der angenommenen Geschwindigkeit herangezogen wurde.

13       Letztlich macht der Revisionswerber für die Zulässigkeit seiner Revision noch als Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend, dass fehlende Unbescholtenheit nicht mit dem Erschwerungsgrund einer (einschlägigen) Vorstrafe gleichzusetzen sei (Hinweis auf VwGH 15.10.1987, 87/02/0115).

14       Bei der Strafbemessung handelt es sich um eine einzelfallbezogene Abwägung, die im Allgemeinen keine grundsätzliche Rechtsfrage darstellt (vgl. beispielsweise VwGH 9.6.2017, Ra 2017/02/0018, mwN). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine falsche oder fehlende Feststellung über die Unbescholtenheit nicht mit Erfolg ins Treffen geführt werden, wenn die Strafe im Hinblick auf die Schwere der Übertretung angemessen ist und Gründe der Spezialprävention gegen eine Herabsetzung sprechen (vgl. VwGH 13.2.1991, 91/03/0014, mwN). Inwiefern die über den Revisionswerber verhängte Strafe weiter zu reduzieren wäre, stellt die Revision nicht dar, sodass die Revision nicht von der aufgezeigten Rechtsfrage abhängt.

15       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. September 2021

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände Vorstrafen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020195.L00

Im RIS seit

01.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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