TE Vwgh Beschluss 2021/10/4 Ra 2021/02/0166

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Veröffentlicht am 04.10.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
VStG §16 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des J in L, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das am 2. Juni 2021 verkündete und am 17. Juni 2021 ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich, LVwG-S-1873/001-2020, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Baden), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 10. September 2020 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe am 11. April 2020 um 15:17 Uhr auf einem näher genannten Autobahnabschnitt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten. Die gefahrene Geschwindigkeit habe nach Abzug von 10 km/h Messtoleranz 175 km/h betragen. Er habe hierdurch § 20 Abs. 2 StVO übertreten, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 2d StVO eine Geldstrafe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 138 Stunden) verhängt und ein Verfahrenskostenbeitrag von € 30,-- auferlegt wurde.

2        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit der Maßgabe, dass bei der Anführung der Übertretungs- und Strafnorm die jeweils geltende Fassung angefügt wurde, als unbegründet ab. Eine Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3        Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber habe die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten, wobei die mittels Radarmessung festgestellte gefahrene Geschwindigkeit nach Abzug von 10 km/h Messtoleranz 175 km/h betragen habe. Die Geschwindigkeitsmessung sei mit einem gültig geeichten Radargerät von einem geschulten und erfahrenen Polizeibeamten vorgenommen worden. Das mobile Radargerät sei so konstruiert, dass es überhaupt kein Messergebnis liefere, wenn es nicht ordnungsgemäß nach den entsprechenden technischen Vorgaben des Herstellers aufgestellt und in Betrieb genommen werde. Das ordnungsgemäße Funktionieren des Gerätes sei stündlich mit einem Testfoto dokumentiert worden.

4        Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit auf die Anzeige, den Eichschein und die als glaubwürdig befundene Zeugenaussage des Polizeibeamten vor dem Gericht. Schließlich habe der Revisionswerber selbst die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit - nach seiner Einschätzung „so ca. 140-150 km/h“ - eingeräumt.

5        Rechtlich nahm das Verwaltungsgericht das angelastete Tatbild als erfüllt an und es bewertete die Anträge des Revisionswerbers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Messtechnik/Radartechnologie sowie die Beischaffung der Betriebsanleitung des Herstellers zum Beweis dafür, dass das gegenständliche Messgerät unrichtig geworden gewesen sei, mangels konkreter Behauptungen über bestimmte Fehlerhaftigkeiten des Messgerätes als unzulässige Erkundungsbeweise, zu deren Aufnahme es keine Veranlassung sah. Schließlich erläuterte das Verwaltungsgericht noch die Strafbemessung und fand keine Gründe für eine Herabsetzung der Strafe.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Beweisanträgen abgewichen sei, weil der Revisionswerber die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Messtechnik/Radartechnologie und die Beischaffung der Betriebsanleitung des Messgerätes vom Hersteller zum Beweis dafür, dass er keine Geschwindigkeitsübertretung im Ausmaß von 185 km/h verursacht habe sowie, dass das gegenständliche Messgerät unrichtig gewesen sei, beantragt habe, welchen das Verwaltungsgericht nicht nachgekommen sei (Verweis auf VwGH 27.6.2016, Ra 2015/08/0184, und VwGH 20.10.2015, Ra 2014/09/0028).

11       Mit diesem Vorbringen wird ein Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze bzw. eine konkrete schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet. Die Zulässigkeit der Revision setzt im Fall der Behauptung eines - eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden - Verfahrensmangels voraus, dass die Behandlung der Revision auch von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 1.10.2019, Ra 2019/17/0078, mwN). Mit seinem Vorbringen zeigt der Revisionswerber die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne der hg. Rechtsprechung jedoch nicht auf.

12       Darüber hinaus bringt die Revision zur Zulässigkeit vor, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 16 Abs. 2 VStG (Hinweis auf VwGH 6.9.2016, Ra 2016/09/0056, und auf VwGH 28.5.2018, Ra 2018/17/0081) abgewichen sei, weil ohne Begründung die verhängte Geldstrafe 23% und die Ersatzfreiheitsstrafe 13% der jeweiligen Höchststrafe betrage.

13       Dem ist grundsätzlich voranzustellen, dass es nach dem VStG keinen festen Umrechnungsschlüssel von Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen gibt (vgl. VwGH 14.12.2020, Ra 2019/02/0248, mwN). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist jedenfalls dann, wenn zwischen der Höhe der verhängten Geldstrafe und der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe ein erheblicher, nach dem Verhältnis zur Höchststrafe zu bemessender Unterschied besteht, dafür eine Begründung erforderlich (vgl. VwGH 4.6.2020, Ra 2019/15/0020, mwN).

14       Es liegt gegenständlich jedoch das vom Revisionswerber behauptete Missverhältnis nicht vor. Die verhängte Geldstrafe von € 300,-- macht 14% der Höchststrafe (€ 2.180,--) aus und die Ersatzfreiheitsstrafe von 138 Stunden entspricht 14% der Höchststrafe (sechs Wochen). Damit stehen beide Strafaussprüche im gleichen Verhältnis zur Höchststrafe, was eine weitere Begründung des Verwaltungsgerichtes erübrigte. Die behauptete Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von der zitierten Rechtsprechung liegt nicht vor.

15       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 4. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020166.L00

Im RIS seit

01.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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