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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
GewO 1994 §360 Abs5Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, in der Revisionssache der C GmbH & Co KG in K, vertreten durch Mag. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in 8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 50-54, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 10. Juli 2020, Zl. LVwG 43.15-700/2020-22, betreffend eine Maßnahme gemäß § 360 GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
1 Die Revisionswerberin betreibt an einem näher bezeichneten Standort in K einen Gastgewerbebetrieb.
2 Mit Bescheid vom 18. Februar 2020 verfügte die Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag (belangte Behörde) gemäß § 360 Abs. 4 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) für diesen Gastgewerbebetrieb in zwei getrennten Spruchpunkten, dass auf zwei jeweils näher bezeichneten und örtlich umschriebenen Parkplätzen in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr keine Kraftfahrzeuge von Gästen bzw. Kunden des Gastgewerbebetriebes abgestellt werden dürften.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 10. Juli 2020 gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin insoweit Folge, als Maßnahmenpunkt 1 (betreffend den Parkplatz 1) behoben wurde. Hinsichtlich Maßnahmenpunkt 2 (betreffend den Parkplatz 2) wurde die Beschwerde hingegen abgewiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Gemäß § 360 Abs. 5 GewO 1994 sind Bescheide gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 sofort vollstreckbar und treten mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, beginnt diese Jahresfrist auch dann bereits mit der Erlassung des die Maßnahme verfügenden Bescheides zu laufen, wenn durch das Verwaltungsgericht eine teilweise Abänderung dieses Bescheides erfolgt (vgl. VwGH 22.5.2019, Ra 2017/04/0002, Rn. 4, mwN).
6 Der hier zugrundeliegende Maßnahmenbescheid wurde der Revisionswerberin ausweislich der vorliegenden Verwaltungsakten am 24. Februar 2020 zugestellt und damit ihr gegenüber erlassen. Die die Maßnahme verfügende Entscheidung ist daher mit 24. Februar 2021 ex lege außer Wirksamkeit getreten.
7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen, dass das Rechtsschutzbedürfnis (Rechtsschutzinteresse) als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anzusehen ist. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig; fällt diese Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. erneut VwGH Ra 2017/04/0002, Rn. 6, mwN).
8 Auf Vorhalt durch den Verwaltungsgerichtshof, ob und inwieweit aus Sicht der Revisionswerberin nach Ablauf der Frist gemäß § 360 Abs. 5 GewO 1994 noch ein rechtliches Interesse an einer inhaltlichen Entscheidung über die vorliegende Revision bestehe, hielt die Revisionswerberin mit Stellungnahme vom 6. September 2021 fest, es sei davon auszugehen, dass die belangte Behörde eine neuerliche Verfügung gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 erlassen werde. Das rechtliche Interesse der Revisionswerberin liege darin, dass - revolvierend - Maßnahmen nach § 360 Abs. 4 GewO 1994 erlassen würden und die Revisionswerberin mit Blick auf die Zukunft rechtssicher geklärt haben wolle, ob derartige Maßnahmen gesetzeskonform seien oder nicht. „Der Zeitablauf der revolvierend befristeten Maßnahmen [könne] nicht die höchstgerichtliche Entscheidung hindern.“
9 Damit zeigt die Revisionswerberin nicht auf, inwiefern sich ihre Rechtsstellung durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses verbessern würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vermag ein aus wirtschaftlichen Gründen bestehendes Interesse an der grundsätzlichen Klärung einer Rechtssache am Fehlen der Möglichkeit, durch einen aufgehobenen Bescheid fortdauernd in Rechten verletzt zu sein, nichts zu ändern. Nichts Anderes kann für den Fall einer - wie hier - ex lege außer Kraft getretenen Entscheidung gelten. Da der Verwaltungsgerichtshof zur Klärung von bloß theoretischen Rechtsfragen nicht berufen ist, kann ein rechtliches Interesse auch nicht allein damit begründet werden, dass eine Rechtsfrage für zukünftige Verfahren von Bedeutung sein kann (vgl. zu allem den ebenfalls eine - für den hier gegenständlichen Gastgewerbebetrieb verfügte - Maßnahme gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 betreffenden hg. Beschluss VwGH 17.12.2019, Ro 2018/04/0008, Rn. 11, mwN).
10 Soweit die Revisionswerberin in ihrer Stellungnahme vorbringt, die idente Rechtsfrage sei bereits Gegenstand der hg. Rechtssache Ro 2018/04/0008 gewesen, und auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im dazu ergangenen Beschluss verweist, ist dem Folgendes entgegenzuhalten: Der Verwaltungsgerichtshof hat im bereits zitierten Beschluss Ro 2018/04/0008 zwar anerkannt, dass einer - wenn auch bereits gemäß § 360 Abs. 5 GewO 1994 außer Wirksamkeit getretenen - Entscheidung gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 in einem Verwaltungsstrafverfahren, das eine Nicht-Befolgung der darin verfügten Maßnahme zum Gegenstand hat, rechtliche Bedeutung zukommt und insofern grundsätzlich ein rechtliches Interesse an einer Entscheidung über die dort gegenständliche Revision bestehen könnte. Allerdings wird in der nunmehr vorliegenden Revisionssache nicht einmal behauptet, dass ein Verwaltungsstrafverfahren gegen die Revisionswerberin (bzw. deren gewerberechtliche Geschäftsführerin) im Zusammenhang mit der Nicht-Befolgung der hier zugrundeliegenden Maßnahme anhängig wäre. Ausgehend davon kann mit dem Verweis auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im zitierten Beschluss Ro 2018/04/0008 kein rechtliches Interesse an einer meritorischen Entscheidung über die hier vorliegende Revision dargetan werden.
11 Infolge des Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses war die Revision somit als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen (vgl. erneut VwGH 17.12.2019, Ro 2018/04/0008, Rn. 16, mwN).
12 Im Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG; vgl. wiederum VwGH 17.12.2019, Ro 2018/04/0008, Rn. 17, mwN).
Wien, am 4. Oktober 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020040130.L00Im RIS seit
01.11.2021Zuletzt aktualisiert am
03.11.2021