TE Vwgh Beschluss 2021/10/6 Ra 2021/17/0063

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.10.2021
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des A C, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner, Rechtsanwalt in 8054 Seiersberg-Pirka, Haushamer Straße 2/4. OG, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2020, W195 1431829-3/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem Asyl- und Fremdenpolizeigesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz stellte der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK.

2        Mit Bescheid vom 16. Oktober 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl u.a. diesen Antrag gemäß § 55 Asylgesetz 2005 - AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt III.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt IV.).

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Das BVwG führte im Zusammenhang mit der Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK u.a. aus, der unbescholtene Revisionswerber sei seit knapp acht Jahren im Inland aufhältig und beherrsche Deutsch auf dem Niveau B1. Er habe bislang als selbständiger Zeitungszusteller gearbeitet und verfüge über eine Einstellungszusage eines inländischen Arbeitgebers. Der Revisionswerber, dessen Ehefrau und Kinder in Bangladesch weilten, verfüge aber über keine nennenswerten privaten oder familiären Beziehungen im Inland, sodass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Revisionswerbers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiege.

5        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 24. Februar 2021, E 257/2021-5, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6        Die in der Folge ausgeführte Revision erweist sich als nicht zulässig:

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die vorliegende außerordentliche Revision enthält in ihrem Vorbringen zur Zulässigkeit zunächst allgemein gehaltene Ausführungen zu einer als fehlend erachteten „gesicherten Rechtsprechung“ zu einzelnen Fragen des Aufenthaltsrechts. Sie unterlässt es aber, auszuführen, welche konkrete Bedeutung diesen Rechtsfragen in Bezug auf den Revisionsfall zukommen würde.

11       Fallbezogen wird im Wesentlichen geltend gemacht, es sei „ausgehend von dem Dargelegten .... die in der vorliegenden Rechtssache durch das BVwG in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK aufzugreifen, da das BVwG die vom VwGH aufgestellten Leitlinien bzw. Grundsätze nicht beachtet hat und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten bzw. eine krasse sowie unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat“.

12       Der Verwaltungsgerichtshof hat schon vielfach ausgesprochen, dass die Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK iVm § 9 BFA-VG dann nicht revisibel ist, wenn sie im Ergebnis vertretbar ist und keinen maßgeblichen Begründungsmangel erkennen lässt (vgl. etwa VwGH 9.10.2020, Ra 2020/21/0358, mwN). Dass im vorliegenden Fall das nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erzielte Ergebnis als „unvertretbare Fehlbeurteilung“ anzusehen wäre, wird in den Ausführungen zur Zulässigkeit lediglich behauptet, aber nicht näher begründet und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Revision bestreitet in ihrem Zulässigkeitsvorbringen auch nicht die Richtigkeit der vom BVwG getroffenen Feststellungen. Sie behauptet auch nicht, das BVwG hätte bei der Interessenabwägung nicht alle zugunsten des Revisionswerbers sprechenden Umstände berücksichtigt. Das gilt auch für das weitere - wieder allgemein gehaltene - Vorbringen zur als grundsätzlich erachteten „Frage, ob ein Sprachzertifikat B1 in Deutsch ausreichend für eine iSd. § 9 Abs. 2 Z 4 geforderte sprachliche Integration ist“. Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber nicht fallbezogen auf, warum die vorliegende Revision von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfrage abhängen würde, zumal die Sprachkenntnisse des Revisionswerbers auf dem genannten Niveau ohnehin positiv in die Gesamtwürdigung des BVwG eingeflossen sind.

13       Dass das BVwG ausgehend von den von ihm getroffenen Feststellungen zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen, wird mit dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision somit nicht aufgezeigt.

14       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

15       Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 6. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021170063.L00

Im RIS seit

01.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten