TE Vwgh Beschluss 2021/10/7 Ra 2021/06/0109

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Veröffentlicht am 07.10.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus

Norm

BStMG 2002 §10 Abs1
BStMG 2002 §11 Abs1
BStMG 2002 §20 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des Ing. G K in P, vertreten durch Dr. Christine Ulm, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 27/IV, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 3. Mai 2021, LVwG 30.26-3029/2020-9, betreffend eine Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Graz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz (Behörde) vom 19. Oktober 2020 betreffend eine Verwaltungsstrafe gemäß § 20 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 Bundestraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) in der Höhe von € 300,-- und einer Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden ab (Spruchpunkt I.), setzte die Ersatzfreiheitsstrafe mit 33 Stunden neu fest (Spruchpunkt II.) und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).

Begründend führte das LVwG aus, am 2. Februar 2020 sei für einen PKW, dessen Zulassungsbesitzerin eine näher genannte GmbH sei, eine digitale Jahresvignette erworben worden. Während des Kaufvorganges sei die Unternehmereigenschaft nicht bestätigt worden, weshalb der Kauf als privater Konsument erfolgt sei (Hinweis auf VwGH 30.4.2019, Ra 2019/06/0031). Somit sei der erste Tag der Gültigkeit der Digitalen Vignette der 18. Tag nach dem Bezug, im konkreten Fall der 20. Februar 2020, gewesen. Dies sei auch auf der mit der Rechnung übermittelten Bestellbestätigung unter Angabe des Verwendungszeitraumes von 20. Februar 2020 bis 31. Jänner 2021 vermerkt gewesen. Der Verwaltungsstraftatbestand sei erfüllt, weil der Revisionswerber am 16. Februar 2020 das Fahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Dass der Revisionswerber am 3. Februar 2020 eine Jahreskarte für die Streckenmaut des Gleinalmtunnels zu einem aufgrund der bereits erworbenen digitalen Jahresvignette vergünstigten Preis erworben habe, führe zu keinem anderen Ergebnis.

5        In der Zulässigkeitsbegründung macht die Revision geltend, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Ra 2019/06/0031 sei mangels eines vergleichbaren Sachverhaltes auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Einerseits sei eine Rechtsanwaltskanzlei im Hinblick auf die Unternehmereigenschaft mit einer GmbH nicht vergleichbar; andererseits habe der Revisionswerber eine Rechnung ohne Hinweis darauf erhalten, dass die Vignette erst ab 20. Februar 2020 gültig sei. Beim Bestellvorgang der Digitalen Vignette sei das Auswahlfenster Konsument bzw. Unternehmer auf „Ich bin Konsument“ voreingestellt, was eine massive Ungleichbehandlung zwischen Unternehmern und Konsumenten darstelle; die ASFINAG beziehe sich auf ihrer Homepage und in der Mautordnung darauf, ob man Unternehmer oder Konsument ist (Hervorhebung im Original), und nicht, ob man im Zuge des Kaufes vorgebe, die Vignette als (Hervorhebung im Original) Konsument oder Unternehmer zu erwerben. Darüber hinaus habe der Revisionswerber die Gleinalmtunnel-Jahreskarte nur kaufen können, weil bereits eine „gültige Vignette hinterlegt und registriert“ gewesen sei. Abschließend verweist die Revision noch auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, wonach bei einem ähnlichen Sachverhalt nur eine Ermahnung ausgesprochen worden sei.

6        In dem vom LVwG zitierten Beschluss Ra 2019/06/0031 führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass ein Unternehmer beim Erwerb einer Digitalen Vignette seine Unternehmereigenschaft zu bestätigen habe; nur in diesem Fall bestehe kein Rücktrittsrecht, sodass als erster Tag der Gültigkeit der Digitalen Vignette der Tag des Bezugs gewählt werden könne. Sei die Digitale Vignette im Webshop unter ausdrücklicher Angabe, diese als Konsument und nicht als Unternehmer zu erwerben, gekauft worden, sei der Erwerber frühestens ab dem 18. Tag nach Bezug der Digitalen Vignette zur Benützung der Autobahnen und Schnellstraßen berechtigt.

Punkt 3.4 der Mautordnung, in dem die Besonderheiten bei Bezug einer Digitalen Vignette durch Unternehmer geregelt sind, sieht vor, dass der Unternehmer bei Bezug einer Digitalen Vignette seine Unternehmereigenschaft sowie den Bezug der Digitalen Vignette im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit zu bestätigen hat. Diese Bestimmung stellt ausschließlich auf die Unternehmereigenschaft ab; eine Differenzierung hinsichtlich der Rechtsform eines Unternehmens ist dieser Regelung nicht zu entnehmen. Darüber hinaus hat der Unternehmer auch zu bestätigen, die Vignette für seine unternehmerische Tätigkeit zu erwerben. Insofern ist die Rechtslage klar. Das LVwG ging somit zutreffend davon aus, das der hg. Beschluss Ra 2019/06/0031 auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann.

7        Der Revisionswerber bestreitet weder, dass beim Erwerb der Digitalen Vignette die Unternehmereigenschaft nicht bestätigt worden sei, noch, dass auf der Bestellbestätigung der Verwendungszeitraum von 20. Februar 2020 bis 31. Jänner 2021 vermerkt sei. Er konnte daher die in der Mautordnung für Unternehmer festgelegten Besonderheiten (kein Rücktrittsrecht und die Möglichkeit der sofortigen Gültigkeit der Digitalen Vignette gemäß des Punktes 3.4 der Mautordnung, Version 58) nicht in Anspruch nehmen. Durch das Befahren des mautpflichtigten Straßennetzes am 16. Februar 2020 verwirklichte der Revisionswerber somit den Tatbestand gemäß § 20 Abs. 1 BStMG, weil die Vignette erst ab 20. Februar 2020 gültig war. Der Erwerb der Gleinalmtunnel-Jahreskarte zu einem vergünstigten Preis (§ 10 Abs. 10 BStMG iVm 3.2.3 Mautordnung, Version 58) noch vor Beginn der Gültigkeit der Digitalen Vignette ändert nichts daran, dass der Revisionswerber am 16. Februar 2020 den Tatbestand gemäß § 20 Abs. 1 BStMG verwirklichte.

8        Mit dem Hinweis, es gebe Rechtsprechung der LVwG, wonach bei vergleichbaren Sachverhalten lediglich eine Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Satz Verwaltungsstrafgesetz erfolgt sei, wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 B-VG aufgezeigt, weil eine uneinheitliche Rechtsprechung der LVwG keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründet (vgl. VwGH 29.6.2021, Ra 2021/06/0068, Rz. 6).

9        In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 7. Oktober 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060109.L00

Im RIS seit

01.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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