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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant, Hofrat Dr. Schwarz und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des R Ö, vertreten durch Mag. Volkan Kaya, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Senefeldergasse 11/1E, gegen das Erkenntnis sowie den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 2. Juni 2021, Zlen. 1. VGW-151/087/1317/2021-10 und 2. VGW-151/V/087/7443/2021, betreffend Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts und Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 10. Dezember 2020 wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 18. März 2020 auf Ausstellung einer Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts zurückgewiesen und festgestellt, dass der Revisionswerber nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts falle.
2 Soweit hier entscheidungswesentlich wies das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis die dagegen erhobene Beschwerde unter Spruchpunkt A.I. als unbegründet ab. Unter Spruchpunkt B.I. wies es mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag des Revisionswerbers auf Verfahrenshilfe vom 18. Mai 2021 betreffend die Befreiung von der Entrichtung der Dolmetschergebühren gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG wegen offenbarer Mutwilligkeit ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht jeweils für nicht zulässig.
3 Gegen die genannten Aussprüche (Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien sowie Abweisung des Verfahrenshilfeantrags) richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dies gilt sinngemäß für Beschlüsse der Verwaltungsgerichte (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts ist anhand des Zulässigkeitsvorbringens nicht ersichtlich (zum insoweit eingeschränkten Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes vgl. VwGH 9.9.2020, Ra 2019/22/0216, Rn. 13). Das Verwaltungsgericht Wien gelangte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und ausführlicher Befragung des Revisionswerbers sowie seiner ungarischen Ehegattin unter Darlegung der bei den Aussagen der beiden Ehepartner aufgetretenen diversen, teils massiven Widersprüche schlüssig und nachvollziehbar zum Ergebnis, dass es sich um eine Aufenthaltsehe handle.
8 In der vorliegenden Konstellation ist es im Ergebnis auch jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht Wien in Anbetracht des kurz vor Schluss der mündlichen Verhandlung nach Einvernahme des Revisionswerbers, seiner Ehegattin sowie eines weiteren Zeugen gestellten Antrags auf Gewährung von Verfahrenshilfe hinsichtlich der Befreiung von den (für die bereits durchgeführten Befragungen aufgelaufenen) Dolmetschergebühren vom Fehlen der in § 8a Abs. 1 VwGVG genannten Voraussetzungen ausging. Nach der zuletzt genannten Bestimmung ist die Verfahrenshilfe nicht nur bei offenbarer Mutwilligkeit, sondern auch bei (offenbarer) Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht zu bewilligen. Auf die Mutwilligkeit und das subjektive Wissen bzw. die subjektive Einschätzung des Revisionswerbers bezüglich der Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels kommt es somit nicht notwendiger Weise an. In der angefochtenen Entscheidung wird zudem festgehalten, dass der in Rede stehende Antrag zu einem Zeitpunkt gestellt worden sei, als (nach erfolgter Beweisaufnahme) bereits zahlreiche gravierende Widersprüche zwischen den Aussagen des Revisionswerbers und seiner Ehegattin zutage getreten seien. Die Beurteilung des Verwaltungsgerichts fußt somit auf einer auf den Zeitpunkt der Beantragung der Verfahrenshilfe bezogenen Betrachtungsweise sowie auf einer ausgehend von den bereits damals vorliegenden Beweisergebnissen erstellten tragfähigen Prognose, die nach Ansicht des Gerichts (auch für den Revisionswerber) keinen anderen Schluss zulassen konnte, als dass der Beschwerde kein Erfolg zukommen werde; eine erst nach Abschluss des Verfahrens erfolgte „ex-post Beurteilung“ in dem in der Revision angeführten Sinn liegt demnach nicht vor.
9 Da somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 11. Oktober 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021220197.L00Im RIS seit
01.11.2021Zuletzt aktualisiert am
30.11.2021