TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/19 W240 2241354-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.04.2021
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Entscheidungsdatum

19.04.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch


W240 2241354-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Serbien, gegen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2021, Zl. 1268924509/210309346, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge auch BF) ist seit dem XXXX 2020 in Österreich bei seiner Ehefrau, einer deutschen Staatsangehörigen namens XXXX , gemeldet (als Hauptwohnsitz).

Im Zeitraum vom 13.10.2017 bis zum 30.10.2017 hatte er seinen Nebenwohnsitz in Wien gemeldet. Weiters war er unter der Alias-Identität XXXX , in den Jahren 2002 bis 2004 mehrmals in Wien an verschiedenen Adressen gemeldet und erwerbstätig.

Mit Bescheid einer österreichischen Landespolizeidirektion vom XXXX wurde gemäß
§ 12 Abs. 1 des Waffengesetzes gegen den BF unter Anwendung des § 57 AVG ein unbefristetes Waffen- und Munitionsverbot erlassen. Begründend war ausgeführt worden, dass laut Verständigung einer österreichischen Polizeidirektion bekannt geworden sei, dass der BF unter Verdacht stehe, am XXXX 2021 einer Person verbal mit dem Umbringen mit einer Waffe gedroht habe. Die zuständige Landespolizeidirektion komme aufgrund dieses Ereignisses zur Auffassung, dass der BF durch missbräuchliche Verwendung von Waffen, Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdem Eigentum gefährden könnte.

Mit Schreiben vom XXXX wurde dem BF im Rahmen des Parteiengehörs mitgeteilt, dass der BF aufgrund des Vorfalles am XXXX 2021 angezeigt worden und ihm wurde die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

Mit einer durchgeführten erkennungsdienstlichen Behandlung durch die PI Fremdenpolizei am XXXX 2021 wurden die Alias-Identitäten XXXX festgestellt.

In der Folge wurde gegen den BF ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG erlassen und der wurde in ein österreichisches Polizeianhaltezentrum eingeliefert. Im Bericht über die Festnahme vom XXXX 2021 wird insbesondere auch angeführt, dass der BF am XXXX 2014 und am XXXX 2016 in Deutschland Asylanträge gestellt hatte.

Im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung am 11.03.2021 über den Vorfall am XXXX 2021 gab der BF insbesondere an, dass es sich bei der Person, welcher er gedroht habe, um die Hausmeisterin handle, dieser habe er bei Tätigkeiten auch geholfen, sie habe ihn jedoch, obwohl sie ihm dies versprochen habe, nie angemeldet. Am Tag, als die Polizei gekommen sei, habe er die Hausmeisterin um sein Geld ersucht für seine Arbeitstätigkeit, diese habe ihn aber nur beschimpft. Für seine Arbeit, die er drei bis vier Monate lange geleistet habe, hätte er nur einen alten Kühlschrank und einen alten Fernseher bekommen, jedoch schulde die Hausmeisterin dem BF und anderen Personen noch Geld. Der BF bestritt die Beschuldigung, dass er ihr gedroht habe, vielmehr behauptete er, dass er mit ihr „hin- und hergestritten“ habe, dass die Hausmeisterin Drogen konsumiere und eine Waffe besitze. Er habe sich gegen die Festnahme durch die Polizei nicht gewehrt. Er sei zwei betrunken gewesen, weil er eine Flasche Wein und drei Schnäpse konsumiert habe, er erinnere sich jedoch an den besagten Vorfall. Der BF verlangte, dass drei Zeugen einvernommen werden und er wisse nicht, warum er ein Waffenverbot erhalten habe, da er keine Waffe besitze. Er wolle eigentlich nichts mit der Polizei zu tun haben, geniere sich für den Vorfall und die Hausmeisterin sei nicht „sein Niveau“.

Eine als Zeugin einvernommene Person gab am 11.03.2021 an, dass der BF die Hausmeisterin wiederholt beschimpft und bedroht habe. Als die Polizei gekommen sei, sei der BF sehr provokant und aggressiv gewesen.

Der BF wurde am 11.03.2021 einvernommen und gab insbesondere an, er sei gesund, jedoch nehme er Beruhigungsmittel zum Schlafen, mit seiner Nase habe er Probleme und er habe in einem österreichischen Krankenhaus am XXXX 2021 einen Operationstermin, bei diesem Termin sollen Lipome entfernt werden. Befragt zu den Aliasnamen gab der BF an, XXXX sei sein Geburtsname, XXXX habe er angenommen wegen des Antritts zum Erbe seines Großvaters, XXXX habe er nie geheißen und XXXX sei der Name wegen seiner Heirat mit seiner Frau. Eine 22jährige Tochter lebe in Deutschland, mit dieser habe er seit rund 20 Jahren keinen Kontakt, mit XXXX sei er seit fünf Jahren verheiratet, die Heirat sei in Serbien erfolgt. Seine Ehefrau sei seit XXXX 2019 im Bundesgebiet gemeldet, der BF sei in Serbien gewesen bei seiner Mutter, diese habe ein Haus und vermiete Wohnungen. Nunmehr habe sie alles verkauft und lebe in XXXX bei seiner Schwester. Die Wohnung, in welcher er nun in Österreich lebe, sei die Mietwohnung seiner Ehefrau. Er habe in Serbien, Österreich und Deutschland die Hauptschule besucht. Er habe immer als Ladendetektiv und im Sicherheitsdienst gearbeitet. Als sein Vater vor rund 20 Jahren verstorben sei, habe er das Restaurant von seiner Ehefrau verkauft. Anfang XXXX sei er als serbischer Soldat im Kosovokrieg gewesen. 2001 sei er zu seiner Mutter nach Wien und habe zB in einem österreichischen Hotel als XXXX gearbeitet. Vor vier Jahren habe er zuletzt in Deutschland gearbeitet. Dann sei er nach Serbien zu seiner Mutter, dort habe er seine jetzige Frau geheiratet. In Serbien sei er von einer Mutter finanziert worden, nunmehr werde er von seiner Frau unterstützt, diese bestreite seinen Unterhalt. In Österreich habe er nur seine Frau, in Serbien habe er keine Anbindungen mehr. Er wolle in Österreich leben und arbeiten. Zuletzt sei er kurz vor dem XXXX 2020 in Serbien gewesen. In Deutschland würden seine Eltern und seine Schwester leben. In Österreich habe er noch zwei Halbschwestern, zu diesen habe er keinen Kontakt. Befragt zu seinen Asylanträgen in Deutschland in den Jahren 2014 und 2016 gab der BF an, er sei einmal mit dem Flugzeug abgeschoben worden und einmal sei er „von selbst gegangen“.

Wiederholt befragt verneinte der BF, in anderen Staaten Probleme mit Strafverfolgungsbehörden zu haben. Auf Vorhalt, dass der BF in Deutschland und Serbien von den Behörden gesucht werde, gab der BF an, in Deutschland sei er selbst ausgereist und in Serbien sei er im Jahr 2011 zehn Monate im Gefängnis gewesen wegen einer Prügelei. Der BF gab befragt, was gegen ein Aufenthaltsverbot in Österreich bzw. ein Einreiseverbot in die EU spreche, an, in Serbien habe er niemanden und seine Frau lebe in Österreich.

Mit 11.03.2021 legte der BF rechtsfreundlich vertreten eine Stellungnahme und einen Antrag auf Enthaftung vor. Darin wurde insbesondere ausgeführt, dass der BF am XXXX 2017 die deutsche Staatsangehörige XXXX geheiratet habe, diese halte sich in Österreich unter Inanspruchnahme ihres unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts auf und sei hier erwerbstätig. Der BF sei im XXXX 2020 als serbischer Staatsangehöriger visumsfrei in Österreich eingereist und habe der zuständigen Niederlassungsbehörde in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer EWR-Bürgerin einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte gemäß § 54 NAG gestellt. Lediglich aufgrund des noch fehlenden polizeilichen Führungszeugnisses seines Herkunftsstaates Serbien sei ihm die beantragte Aufenthaltskarte von Seiten der Niederlassungsbehörde bis dato noch nicht ausgestellt worden. Dessen ungeachtet halte sich der BF in Umsetzung von Art. 7 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne von § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG auf der Grundlage des
§ 31 Abs. 1 Z. 2 FPG rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Das Recht von begünstigten Drittstaatsangehörigen, sich in Österreich niederzulassen, bestehe bereits aufgrund seiner Angehörigeneigenschaft und werde durch die Aufenthaltskarte nur dokumentiert. Der Aufenthaltskarte komme dementsprechend lediglich der Charakter einer deklarativen Bestätigung des Aufenthaltsrechts des begünstigten Drittstaatsangehörigen zu (vgl VwGH vom 26.11.2009 zur Zahl 2008/17/0720 und VwGH vom 16.02.2012 zur Zahl 2009/01/0062). Zu betonen sei in diesem Zusammenhang noch, dass gegen den BF keine aufrechte aufenthaltsbeendende Maßnahme (etwa in Form eines Einreiseverbotes nach § 53 FPG bzw. eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG) bestehe. Dessen ungeachtet sei der BF in seiner Wohnung in Österreich von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und in ein österreichisches Polizeianhaltezentrum verbracht worden. Ein konkreter Grund für seine Festnahme und anschließende Anhaltung im Polizeianhaltezentrum sei ihm von den einschreitenden Polizeibeamten nicht mitgeteilt worden. In diesem Zusammenhang werde auf die Bestimmung der §§ 34 Abs. 1 Z. 2 und 40 Abs. 1 Z. 3 BFA-VG verwiesen, denen zufolge ein Festnahmeauftag durch das Bundesamt nach § 34 FPG bzw. die Vornahme einer Festnahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 40 FPG gegen einen Fremden nur dann zulässig sei, wenn sich dieser nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Die Voraussetzungen für eine Festnahme und anschließende Anhaltung des BF würden demnach schon aufgrund seines ihm als Angehörigen einer EWR-Bürgerin zukommenden unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts nicht vorliegen.

Zusammen mit der Stellungnahme wurde ein Personalausweis der deutschen Ehefrau des BF sowie eine Urkunde über die Heirat des BF und seiner deutschen Ehefrau in Serbien am XXXX 2017 vorgelegt.

Am 12.03.2021 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 12.03.2021 wurde gegen den BF gemäß
§ 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub gewährt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde geegn das Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Begründend war im Bescheid ausgeführt worden:

„(…)

Ihre Identität steht fest. Sie führen den Namen XXXX und wurden am XXXX in XXXX , Serbien als XXXX geboren. In weiterer Folge änderten Sie Ihren Namen in XXXX . Sie sind serbischer Staatsbürger und aufgrund Ihrer aufrechten Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen XXXX in XXXX , begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne § 2 Abs. 4 Ziffer 11 FPG. Aufgrund der Verehelichung führen Sie auch Ihren derzeitigen Familiennamen XXXX .

Aus einer früheren Beziehung haben Sie eine volljährige Tochter, welche sich in Deutschland aufhält. Zwei Halbschwestern mütterlicherseits leben in Wien. Wie zu Ihrer Tochter haben Sie auch zu diesen keinen Kontakt.

Ihre Mutter und eine leibliche Schwester leben in Deutschland, XXXX .

Sie sind gesund und arbeitsfähig.

Zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:

Sie sind seit dem XXXX 2020 mit Hauptwohnsitz in XXXX aufrecht gemeldet, gehen keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und sind von Ihrer Ehefrau abhängig.

Davor haben Sie sich gemäß eigenen Angaben unbestimmte Zeit unter Umgehung des Meldegesetzes in XXXX aufgehalten und waren illegal erwerbstätig.

Sie stellten beim Magistrat der Landeshauptstadt XXXX XXXX 2020 einen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers) unter der GZ: 20/212-30810/1. In Ermangelung der Vorlage eines Strafregisterauszuges Ihres Herkunftsstaates ist dieses Verfahren noch laufend.

Sie verwendeten mehrere Identitäten. Sie sind bislang im Bundesgebiet unbescholten, jedoch besteht eine aufrechte Aufenthaltsermittlung wegen Verbrechens der StA Wien unter der
XXXX gegen Ihre Person (Identität XXXX ) sowie ein aufrechtes Waffenverbot der LPD Wien unter XXXX . Weiters werden Ermittlungen wegen gefährlicher Drohung, schwerer Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt unter XXXX geführt (Identität XXXX ).

Gegen Sie besteht ein aufrechtes Waffenverbot der LPD Wien unter der XXXX Weiters wurde ein neuerliches Waffenverbot mit Bescheid der LPD K vom XXXX unter der XXXX gegen Sie erlassen.

Ihr strafbares Verhalten rechtfertigt die Annahme, dass Ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit massiv gefährdet.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie leben seitdem XXXX 2020 in gemeinsamen Wohnsitz mit Ihrer Ehefrau. Die Ehe besteht seit ca. 5 Jahren. Ihre Ehefrau lebt seit dem XXXX 2019 – rund 2 Jahre – in XXXX . Sie hielten sich die letzten 4 Jahre in Serbien auf. Weitere Verwandte befinden sich in Wien – zu diesen besteht kein Kontakt.

Zu den Gründen für die Erlassung des Aufenthaltsverbots:

Sie haben sich den österreichischen, deutschen und serbischen Strafverfahren entzogen. Teils unter Verwendung verschiedener Alias-Identitäten, teils durch Verlassen des jeweiligen Landes. Im Bundesgebiet stehen Sie im Verdacht des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 129/1 StGB. Zuletzt missachteten Sie die österreichische Rechtsordnung, indem Sie am XXXX 2021 einen Nachbarn mit dem Umbringen bedrohten, im Zuge der anschließenden Amtshandlung Widerstand gegen die Staatsgewalt setzten und schwere Körperverletzungen begingen. Gegen Sie besteht ein aufrechtes Waffenverbot der LPD Wien unter der XXXX Weiters wurde ein neuerliches Waffenverbot mit Bescheid der LPD K vom XXXX 2021 unter der XXXX gegen Sie erlassen.

Sie werden in Ihrem Herkunftsstaat Serbien mit nationalen Haftbefehlen gesucht und in Deutschland bestehen aktuell zwei Aufenthaltsermittlungen der Staatsanwaltschaft XXXX wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Sie gehen keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügen nicht über ausreichend Barmittel, um Ihr Leben zu finanzieren. Gemäß eigenen Angaben wird Ihr Unterhalt durch Ihre Ehefrau finanziert, aber Sie gaben auch an unter Umgehung der Vorschriften entgeltliche Tätigkeiten auszuführen.

Auf Grund Ihres Tatverhaltens, sowie der Tatsache, dass Sie über einen sehr langen Zeitraum in zumindest 3 Staaten Ihr schädliches Verhalten setzen, zuletzt am XXXX 2021 ist auch mit weiteren Tatbegehungen durch Ihre Person zu rechnen.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Die Feststellungen zu Ihrer Person wurden auf Grund der von Ihnen vorgewiesenen Dokumente sowie der Polizeiberichte und ED-Behandlungen getroffen. Die Feststellungen zu Ihrem Familienstand und Angehörigen wurde aufgrund Ihren Angaben und Stellungnahme vom 11.03.2021 getroffen.

Die Feststellungen zu Ihrer Gesundheit und Erwerbsfähigkeit ergeben sich aus Ihren Angaben und der durchgeführten Hafttauglichkeitsuntersuchung vom XXXX 2021. Soweit Sie angaben, gesundheitliche Probleme zu haben, geht die Behörde aufgrund der Haftfähigkeit davon aus, dass diese nicht lebensbedrohlich sind und keiner akuten Behandlung bedürfen.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:

Als begünstigter Drittstaatsangehöriger sind Sie grundsätzlich zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Diese Feststellung ergibt sich aus dem Umstand Ihrer aufrechten Ehe mit XXXX , welche deutsche Staatsangehörige ist und von Ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat.

Die weitern Feststellungen hierzu wurden auf Grund Polizeiberichte wie auch des historischen ZMR Auszuges und Abfragen im Sozialversicherungssystem getroffen.

Die Angaben hinsichtlich Ihres illegalen Aufenthaltes vor dem XXXX 2020 und der illegalen Erwerbstätigkeit ergeben sich aus Ihren eigenen Angaben vom 11.03.2021.

Die Feststellungen über den laufenden Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels ergeben sich aus der Stellungnahme und Angaben vom 11.03.2021 und den Abfragen im IZR.

Die Feststellungen über Ihr strafrechtliches Verhalten ergeben sich aufgrund der angeführten Polizeiberichte, Abfragen in den Registern und Mitteilungen der deutschen und serbischen Behörden.

Das Ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet eine massive Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt, ergibt sich aus der Zusammenschau der oben angeführten Feststellungen und Ihrem Verhalten.

Sie verwendeten im Laufe Ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet verschiedene Identitäten und begingen diverse strafrechtlich relevante Taten. Sie lebten auch teilweise im Untergrund. Dies ergibt sich aus Ihren Angaben insofern, dass Sie in der Beschuldigtenvernehmung vom 11.03.2021 angaben, schon vor rund einem Jahr im Bundesgebiet aufhältig gewesen zu sein und einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wären. (Vergleiche Beschuldigtenvernehmung vom 11.03.2021: „Ich habe vor ca. 1 Jahr der XXXX bei ihrer Aufgabe als Hausmeisterin geholfen. Sie hat mir gesagt, dass sie mich auch für die Arbeit anmeldet. Das hat sie aber nie getan. Ich bin dann draufgekommen und habe sie immer wieder gefragt, wann sie mich anmeldet.“).

Nachweise über einen legalen Aufenthalt oder eine legale Erwerbstätigkeit finden sich jedoch nicht in den Registern (ZMR, AJ-WEB). Somit ist für die Behörde erkennbar, dass Sie gewillt sind unter der Umgehung Vorschriften nicht nur zu arbeiten, sondern auch ohne meldeamtlichen Nachweis sich im Bundesgebiet vor den Behörden verborgen aufzuhalten.

All dies tun Sie, um den strafrechtlichen Verfahren, welche gegen Sie nicht nur im Bundesgebiet, sondern auch zumindest in Deutschland und Serbien vorliegen, zu entgehen.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat und Familienleben:

Die Feststellungen zur Ihrem Privat- und Familienleben ergeben sich aus Ihren Angaben und Stellungnahme vom 11.03.2021.

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Aufenthaltsverbots:

Durch Ihr persönliches Verhalten stellt Ihr Aufenthalt eine gegenwärtige, tatsächliche und erhebliche Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft dar.

Aufgrund ob angeführten Sachverhaltes ist der Tatbestand des § 67 FPG verwirklicht und ist das Gesamtfehlverhalten Ihrer Person so schwerwiegend, dass nicht mit einer Ermahnung das Auslangen habe gefunden werden können.

Ihre Lebensweise und Handlungen lassen für die Behörde bereits eindeutig erkennen, dass Sie während Ihres Aufenthaltes in Österreich offensichtlich nicht gewillt sind, sich der österreichischen Rechtsordnung entsprechend zu verhalten.

Aufgrund des vorhin angeführten Verhaltens, wie des Umstandes, dass Sie über einen sehr langen Zeitraum immer wieder strafrechtlich in Erscheinung treten, in Ihrem Herkunftsstaat sogar zur Verbüßung einer Haftstrafe gesucht werden („…for serving a prison sentence …“), von deutschen Behörden wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte aktuell zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben sind – dort unter dem Attribut „bewaffnet und gewalttätig“ geführt werden, im Bundesgebiet seit 06/2004 bis dato ein aufrechtes Waffenverbot, welches im aktuellen Fall vom XXXX 2021 durch die LPD K erneut ausgesprochen wurde, insbesondere wegen des gebotenen Gesamtfehlverhaltens Ihrerseits, kommt die Behörde zum Schluss, dass in Anbetracht der Art und Weise, der von Ihnen begangenen Straftaten, sowie der Häufung derselben, doch ein Charakterbild von Ihnen zu erkennen ist, das zweifelsohne den Schluss rechtfertigt, Sie seien gegenüber den zum Schutz der Rechte und des Vermögen, der körperlichen Unversehrtheit und Leben Dritter, sowie zum Schutz des sozialen Friedens erlassenen Vorschriften bzw. gegenüber der österreichischen Rechtsordnung überhaupt negativ eingestellt und Ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet deshalb die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet bzw. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen - insbesondere der Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen, dem Schutz der Rechte und des sozialen Friedens – zuwiderläuft und deshalb die im FPG umschriebene Annahme (Gefährlichkeitsprognose) gerechtfertigt ist.

(…)“

Am XXXX 2021 wurde durch eine österreichische Staatsanwaltschaft wegen § 107 Abs. 1 StGB (gefährliche Drohung) und §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall zweite Alternative StGB (versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt) Anklage gegen den BF erhoben.

3. In der gegen nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 12.03.2021 erhobenen Beschwerde wurde insbesondere wie folgt ausgeführt:

„(…)

Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsangehöriger. Er heiratete am XXXX 2017 die deutsche Staatsangehörige XXXX vor dem Standesamt in XXXX in Serbien. Seine Gattin hält sich in Österreich unter Inanspruchnahme ihres unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts auf und ist hier als Raumpflegerin bei der XXXX — unter Berücksichtigung des 13. und 14. Bezugs - zu einem durchschnittlichen monatlichen Nettolohn in Höhe von Euro 1.630,00 unselbständig erwerbstätig. Der BF reiste im XXXX 2020 — als serbischer Staatsangehöriger visumsfrei - in Österreich ein und stellte am XXXX 2020 bei der zuständigen Niederlassungsbehörde, also dem Magistrat der Landeshauptstadt XXXX , in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer EWR-Bürgerin den Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 54 NAG. Aufgrund des fehlenden polizeilichen Führungszeugnisses seines Herkunftsstaates Serbien wurde ihm die beantragte Aufenthaltskarte von Seiten der Niederlassungsbehörde noch nicht ausgestellt. Am XXXX 2021 geriet der BF in Streit mit der Hausbesorgerin seiner Wohnanlage in der XXXX , im Zuge dessen es zu wechselseitigen Beschimpfungen und Beleidigungen sowie Handgreiflichkeiten mit den einschreitenden Polizeibeamten gekommen ist. Am XXXX 2021 wurde der BF zunächst zur Feststellung seiner Identität und in weiterer Folge auf der Grundlage des § 34 Abs. 3 Z I BFA-VG erteilten Festnahmeauftrages im Polizeianhaltezentrum XXXX angehalten. Nach einer am 11.03.2021 durchgeführten Befragung wurde von Seiten des Bundesamtes über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 12.03.2021 die Schubhaft verhängt.

Des Weiteren erließ das Bundesamt mit Bescheid vom 12.03.2020, IFA Zahl/Verfahrenszahl 1268924509/210309346, gegen den BF in Spruchpunkt I gemäß § 67 Abs. I und Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot. In Spruchpunkt II wurde dem BF unter Berufung auf § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt und in Spruchpunkt III einer allfälligen Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 1 8 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständlich, auf der Art. 130 Abs. 1 Ziff. 1 und
Art. 132 Abs. 1 Ziff. I B-VG gestützte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In diesem Zusammenhang teilt der BF mit, dass das Bundesverwaltungsgericht seiner Beschwerde gegen die am XXXX 2021 erfolgte Festnahme sowie den Schubhaftbescheid vom 12.03.2021 und seine daran anschließende Anhaltung in Schubhaft nach Schluss der am 18.03.2021 durchgeführten Verhandlung mit dem zur GZ: G307 2240452-1/16Z mündlich verkündeten Erkenntnis vollinhaltlich stattgegeben und gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festgestellt hat, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Ziff. 2 FPG nicht vorlagen. Daraufhin wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und ist seitdem wieder gemeinsam mit seiner Gattin XXXX in deren Wohnung unter der Anschrift XXXX , XXXX wohnhaft. Zu den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen ist festzuhalten, dass die Behauptung, der BF hätte sich den österreichischen, deutschen und serbischen Strafverfahren „unter Verwendung verschiedener Alias-Identitäten" entzogen, falsch ist. Bei den vom ihm verwendeten Familiennamen „ XXXX ", mit den er in den Jahren von 2002 bis 2004 unter verschiedenen Adressen in Wien gemeldet war und unter diesem Namen gegen ihn bei der Landespolizeidirektion Wien zur XXXX , ein Waffenverbot bestehen soll, handelt es sich nämlich um seinen Geburtsnamen. Bei dem Familiennahmen „ XXXX " handelt es sich um den Familiennamen seines Großvaters, den er im Zuge eines Streites um das Erbe dieses Großvaters angenommen hat. Nach der Eheschließung mit XXXX hat er deren Familiennamen „ XXXX " angenommen. Die Annahme der Familiennamen „ XXXX " durch den Beschwerdeführer ist nach serbischem Recht legal. In Bezug auf seine angegebene Staatsangehörigkeit („Serbien"), sein Geburtsdatum („ XXXX ") und seinen Geburtsort („ XXXX ") ist er immer unter derselben Identität und Herkunft aufgetreten.

Dass der BF seine Identität nie verschleiert hat, wird im Übrigen schon aus dem Umstand ersichtlich, dass die belangte Behörde anlässlich Ihrer Ermittlungen zu seiner Identität sowohl die gegen ihn bestehenden Aufenthaltsermittlungen der Staatsanwaltschaft XXXX und der Staatsanwaltschaft Wien problemlos feststellen konnte. Hätte der Beschwerdeführer tatsächlich, sowie ihm von der belangten Behörde unterstellt wird, seine Identität verschleiert, dann wäre es ihr auch gar nicht möglich gewesen, sich die vom serbischen Innenministerium unter der von ihm angegebenen Identität „ XXXX , Republik Serbien" erteilten Auskunft zu beschaffen.

Auf Grund des im Hinblick auf die angebliche Verwendung verschiedener Alias-Identitäten unrichtig ermittelten Sachverhalts hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Die belangte Behörde selbst hat im Rahmen ihrer Feststellungen keine strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich oder in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union angeführt. Vielmehr hat sie zur Begründung für die vom BF angeblich ausgehende „massive Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" ausschließlich gegen den BF in Deutschland und Österreich bestehende Aufenthaltsermittlungen angeführt, ohne diese im Hinblick auf die Art und Schwere des ihm jeweils zur Last gelegten strafbaren Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbilds des BF zu konkretisieren.

Nach den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zu dem Vorfall vom XXXX 2021 werden dem BF Vergehen nach § 107 StGB („gefährliche Drohung"), § 84 StGB („schwere Körperverletzung") und § 269 Widerstand gegen die Staatsgewalt") zur Last gelegt, denen zum einen ein Streit zwischen ihm und der Hausbesorgerin der Wohnanlage in der XXXX zu Grunde liegen, bei dem es zu wechselseitigen Beleidigungen und Beschimpfungen gekommen ist bzw. zu Handgreiflichkeiten zwischen ihn und den einschreitenden Polizeibeamten gekommen ist. Eine daran anschließende Durchsuchung seiner Wohnung durch die Polizeibeamten nach Waffen blieb erfolglos Das diesbezügliche Ermittlungsverfahren befindet sich noch im Stadium der kriminalpolizeilichen Vorerhebungen und hat bis dato noch zu keinem Strafantrag gegen den BF geführt. Den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zu der gegen den BF unter dem Namen „ XXXX " bestehenden Aufenthaltsermittlung der Staatsanwaltschaft Wien zur Zahl XXXX wegen versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls den § 15, 127,129 Abs. I StGB lässt sich nicht entnehmen, aus welchem Jahr diese „Aufenthaltsermittlung" datiert und welche konkreten Vorwürfe ihr im Einzelnen zu Grunde liegen. Sollte sich die Aufenthaltsermittlung auf das Jahr 2004 beziehen, in dem der BF unter seinem Geburtsnamen „ XXXX " in Wien seinen damaligen Wohnsitz hatte, zurückzuführe sein, wäre das dieser Aufenthaltsermittlung zu Grunde liegende strafrechtliche Fehlverhalten gemäß § 57 Abs. 3 StGB im Übrigen schon im Jahre 2009 verjährt. Der von der belangten Behörde dem Beschwerdeführer in Deutschland zur Last gelegten Straftat der gefährlichen Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt liegt ein Streit zwischen ihm und seiner Gattin XXXX zu Grunde, im Zuge dessen er in alkoholisiertem Zustand seine Gattin durch den Wurf einer Glasflasche am Körper verletzt haben soll, welche jedoch nicht einmal zu einer Anklage des BF zu keiner Anklage geführt hat, zumal seine Gattin ihm dieses Fehlverhalten verziehen hat. Zu den gegen ihn in der Auskunft des serbischen Innenministeriums angeblich bestehenden „nationalen Haftbefehlen" ist auszuführen, dass aus der undatierten Auskunft des serbischen Innenministeriums nicht ersichtlich ist, welche Straftaten unter Angabe von Tatzeit — und Ort dem BF konkret angelastet werden. In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in seiner Befragung vor der belangten Behörde am 11.03.2021 und in der mündlichen Verhandlung am 18.03.2021 vor dem Bundesverwaltungsgericht betreffend seiner Beschwerde gegen die Festnahme vom XXXX 2021 und Inschubhaftnahme vom 12.03.2021 selbst angegeben hat, in den Jahren 2011 oder 2012 in Serbien wegen einer Prügelei zu einer Haftstrafe von 10 Monaten verurteilt worden zu sein und diese Haftstrafe auch in Serbien verbüßt zu haben. Vor allem aber ist zu betonen, dass wegen des dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde zur Last gelegten strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens zum einen von der österreichischen Strafverfolgungsbehörde keine Schritte zu seiner Festnahme vorgenommen, zum anderen die dafür zuständigen deutschen bzw. serbischen Behörden seine Auslieferung nicht beantragt haben. Zusammengefasst ergibt sich, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides jegliche Kriterien vermissen lässt, die von der belangten Behörde für die Verhängung und in weiterer Folge für die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes herangezogen wurden und letztlich für die Festlegung der Dauer des Aufenthaltsverbotes im Ausmaß von 7 Jahren (!) gegen den in Österreich bis dato unstrittig unbescholten gebliebenen BF ausschlaggebend waren. Schließlich beziehen sich die Feststellungen der belangten Behörde zum strafrechtlich relevanten Fehlverhalten des BF ausschließlich auf Polizeiberichte, Abfragen in Registern und Mitteilungen von deutschen und serbischen Behörden. Daraus geht jedoch lediglich hervor, dass gegen den BF wegen des Verdachts der Begehung von strafbaren Handlungen ermittelt wird/ermittelt worden ist bzw. nach ihm gefahndet wird bzw. gefahndet worden ist. Eine Gefährdungsprognose, die das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers in Betracht zu ziehen hat, wurde von der belangten Behörde nicht durchgeführt. Der Gefährdungsprognose muss sich nun aber das ihr zugrunde gelegte Fehlverhalten, die Schwere und die Art der strafbaren Handlung und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des BF entnehmen lassen. Der Begründung des angefochtenen Bescheides sind nun aber — mit Ausnahme des Vorfalls vom XXXX 2021 — nicht einmal die Tatzeit und der Tatort der ihm vorgehaltenen Straftaten zu entnehmen, geschweige denn die Umstände, die die belangte Behörde zu der Schlussfolgerung veranlasst haben, das persönliche Verhalten des BF würde im Sinne des § 67 Abs. I FPG eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Völlig unverständlich und mit den von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsergebnissen nicht in Einklang zu bringen ist insbesondere die Festlegung der Dauer des Aufenthaltsverbotes im Ausmaß von 7 Jahren, zumal den Feststellungen des angefochtenen Bescheides die für die Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände im Sinne des § 67 Abs. 4 FPG nicht ersichtlich sind.

Die belangte Behörde hat somit die für die Begründung des über den BF verhängten Aufenthaltsverbotes sowie die Festlegung seiner Dauer gebotene Sorgfalt vermissen lassen und ihren Bescheid mit einem für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens gravierenden Begründungsmangel belastet.

Die belangte Behörde begründet die Verhängung des gegenständigen Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer mit angeblich von ihm am XXXX 2021 gesetzten „strafrechtlich relevanten Handlungen" und dem daraus resultierenden Verdacht, die Tatbestände der gefährlichen Drohung, der schweren Körperverletzung und des Widerstands gegen die Staatsgewalt verwirklicht zu haben. Wie bereits unter Punkt 1 3 a.) dieser Beschwerde ausführlich dargelegt wurde, liegt nun aber gegen den BF jedenfalls in Österreich, aber auch in den sonstigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union keine einzige strafgerichtliche Verurteilung vor. Das wegen des Vorfalls vom XXXX 2021 gegen den BF anhängige Ermittlungsverfahren befindet sich gegenständlich noch im Stadium der kriminalpolizeilichen Vorerhebungen und hat gegenwärtig noch zu keinem Strafantrag gegen den Beschwerdeführer geführt.

Dass in Deutschland gegen ihn wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung und des Widerstands gegen Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen, anhängig gewesene Strafverfahren, dem ein Vorfall vom XXXX 2019 zugrunde gelegen ist, hat nicht einmal zu einer Anklage, geschweige denn zu einer strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers geführt.

Dem in der bezughabenden Ausschreibung der deutschen Behörden enthaltenen Verweis, der BF wäre „bewaffnet und gewalttätig", ist nicht zu entnehmen, auf welche konkreten Umstände sich dieser Verweis bezieht.

Selbst wenn der BF diese ihm von der belangten Behörde zur Last gelegten Straftaten tatsächlich begangen haben soll, kann aus dem ihnen zugrundeliegenden persönlichen Verhalten noch nicht auf eine tatsächliche und hinreichende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, die ein Grundinteressen der Gesellschaft berührt, geschlossen werden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (im Folgenden kurz „EuGH") darf nämlich ein Aufenthaltsverbot gegen den in § 67 Abs. 1 FPG genannten Personenkreis nur in den „vorgesehenen Extremfällen" verhängt werden. Die Ausnahme der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit in Art. 27 Abs. I der Freizügigkeitsrichtlinie, deren Umsetzung § 67 Abs. 1 FPG ins innerstaatliche Recht dient, stellt nämlich eine Abweichung vom grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit dar, ist somit eng auszulegen und darf nicht einseitig von den Mitgliedsstaaten festgelegt werden.

In völliger Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde zur Rechtfertigung des über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes dem BF auch die Ausübung einer illegalen Beschäftigung in Österreich zur Last gelegt. Tatsächlich ist jedoch der BF seit seiner Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen XXXX und deren Übersiedlung von Deutschland nach Österreich im Februar 2019, wo sie unter Inanspruchnahme ihres unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes einer Beschäftigung nachgeht, als „begünstigter Drittstaatsangehöriger" zur Ausübung einer Beschäftigung in Österreich ohnehin berechtigt, und zwar schon vor Ausstellung der von ihm am XXXX 2020 beantragten Aufenthaltskarte gemäß § 54 NAG. Für die Aufnahme einer Beschäftigung reicht nämlich der Nachweis der Angehörigeneigenschaft zum unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger aus, z. B. durch Vorlage der Heiratsurkunde und von Einkommensnachweisen des EWR-Bürgers. Die in
§ 3 Abs. 8 AuslBG vorgesehene Bestätigung des AMS, wonach Ausländern auf deren Antrag eine Bestätigung auszustellen ist, dass sie gemäß § 1 Abs. 2 AuslBG vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind, was bei Ausländern, die — so wie begünstigte Drittstaatsangehörige im Sinne von § 2 Abs. 4 Z 1 1 FPG und Art. 2 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie — auf Grund eines Rechtsaktes der Europäischen Union Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen, der Fall ist, ist lediglich eine Serviceleistung des AMS, um Ausländern ihren Arbeitgebern unmissverständlich nachweisen zu können, dass sie keine Beschäftigungsbewilligung benötigen. Voraussetzung für die Beschäftigungsaufnahme ist sie jedoch nicht (siehe hiezu VwGH vom 22.12,2020, Zahl Ra 2020/09/0011; VwGH vom 12.12.2017, Zahl Ra 2015/22/0149; Peyr1/Neugschwendtner/Schmaus, Fremdenrecht 2018, Seiten 343 f). Sofern die belangte Behörde die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den BF überdies noch mit dem Umstand, dieser hätte ohne amtliche Meldung im Bundesgebiet gelebt, begründet, ist ihr zunächst entgegenzuhalten, dass sich der BF als Ehegatte einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR- Bürgerin legal im Bundesgebiet aufhält und der Umstand, dass er währende seines Aufenthaltes von April bis Juni 2020 im Bundesgebiet aufgrund des Verlustes seines serbischen Reisepasses seinen Wohnsitz nicht angemeldet hat, lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Eine solche weist für sich genommen nicht eine solche Schwere auf, dass sie die für EWR-Bürger bzw. begünstigte Drittstaatsangehörige anzuwendende Gefährdungsprognose nach § 67 Abs. I FPG ohne weiteres indizieren würde, zumal Verwaltungsübertretungen nicht einmal einen Tatbestand für das Vorliegen einer Gefährdung nach § 53 Abs. 3 FPG darstellen, sondern nur in § 53 Abs. 2 Z 1 FPG angeführt sind (in diesem Sinne VwGH vom 07.05.2014, Zahl 2013/22/0233;VwGH vom 26.06.2017, Zahl Ra 2017/21/0068 und BVwG vom 10.10.2017, G314 216993-1). Stellen also Verstöße gegen Verwaltungsstrafen nicht einmal einen Tatbestand für das Vorliegen einer Gefährdung nach
§ 53 Abs. 3 FPG dar, muss dies umso mehr für die Beurteilung nach § 67 Abs. 1 FPG gelten. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes hätte die belangte Behörde somit von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den BF aufgrund des Umstandes, dass es sich bei ihm um den in Österreich unstrittig unbescholtenen Ehegatten einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerin, also um einen begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG handelt und dementsprechend gemäß § 67 Abs. I FPG ein Aufenthaltsverbot nur erlassen werden kann, wenn von seinem Aufenthalt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr ausgeht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, Abstand nehmen müssen. Zumindest aber hätte die belangte Behörde die Gültigkeitsdauer dieses Aufenthaltsverbotes für einen kürzeren Zeitraum als den von ihr vorgesehenen von 7 Jahren herabsetzen müssen. Ein Aufenthaltsverbot stellt einen sehr schwerwiegenden Eingriff in das durch Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC geschützte Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens dar, welcher nur dann erfolgen darf, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Gründen dringend geboten ist. Daher bestimmt auf einfach gesetzlicher Ebene § 9 BFA-VG, dass ein auf der Grundlage des § 67 FPG erlassenes Aufenthaltsverbot, durch das in das Privat- und Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur dann zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der nach § 9 Abs. 2 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung ist auf die Dauer und die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes sowie den Grad der Integration des Betroffenen im Bundesgebiet Bedacht zu nehmen. Gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz BFA-VG ist auch das Privat- und Familienleben im Hinblick auf österreichische Staatsbürger sowie Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, zu berücksichtigen.

In diesem Zusammenhang ist auch auf Art, 28 Abs. I der Freizügigkeitsrichtlinie und des zu seiner Umsetzung ergangenen § 66 Abs. 2 FPG zu verweisen, wonach der Aufnahmemitgliedstaat vor einer Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den EWR-Bürger bzw. begünstigten Drittstaatsangehörigen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit neben der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, dem Alter und dem Gesundheitszustand, dessen Unbescholtenheit sowie dem Ausmaß der Bindungen zum Herkunftsstaat insbesondere auf die familiäre und wirtschaftliche Lage sowie die soziale und kulturelle Integration des von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme Betroffenen zu berücksichtigen hat (VwGH vom 20.08.2018, Zahl Ra 2018/21/00049).

Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht wird durch das in Rede stehende Aufenthaltsverbot gravierend und in unverhältnismäßiger Weise in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. So hat die belangte Behörde nicht berücksichtigt, dass der BF bereits im XXXX als Kleinkind im Alter von 3 Monaten gemeinsam mit seinen Eltern vom damaligen Jugoslawien aus nach Österreich legal zugewandert ist, hier in Wien bis zu seinem 14. Lebensjahr gewohnt und die Schule besucht hat und — nach der Scheidung seiner Eltern im Jahre XXXX — zu seinem nach XXXX /Deutschland übersiedelten Vater verzog, wo er seine schulische Ausbildung mit dem Besuch der 9. Schulstufe abschloss. Im Jahre 1999 wurde auch seine aus einer Beziehung mit einer anderen Frau stammende Tochter XXXX geboren. Nach dem Tod seines Vaters im Jahre XXXX nahm er auf Seiten Serbiens am Krieg im Kosovo teil und zog im Jahre 2001 zu seiner in Wien lebenden Mutter XXXX zurück. Dort hielt er sich bis 2004 auf, wo er als XXXX beim XXXX und für die Sicherheitsfirma „ XXXX " im Objektschutz tätig war. Im Jahre 2004 kehrte er wieder nach Serbien zurück.

Am XXXX 2014 bzw. am XXXX 2016 stellte der BF in Deutschland zwei jeweils erfolglos gebliebene Anträge auf internationalen Schutz Während seines Aufenthaltes in Deutschland traf er seinen Jugendliebe XXXX wieder, mit der er seit dem XXXX 2016 in XXXX im Bundesland XXXX zusammenlebte und die er am XXXX 2017 in Serbien vor dem Standesamt XXXX heiratete. Am 24.01.2019 verließ er Deutschland und kehrte nach Serbien zurück.

Aus der obigen Zusammenschau geht hervor, dass der BF in Österreich bzw. Deutschland sozialisiert worden ist, hier die Schule besucht und auch erwerbstätig gewesen ist. Er beherrscht demnach auch nahezu perfekt die deutsche Sprache in Wort und Schrift. Dem gegenüber hat der BF in Serbien keine Anknüpfungspunkte mehr, zumal sich sämtliche seiner noch lebenden Verwandten inzwischen entweder in Deutschland oder in Osterreich niedergelassen haben und er nach dem Verkauf des Familiengrundstückes samt dem darauf befindlichen Haus in der Gemeinde XXXX im Jahre 2020 in Serbien keine Wohnmöglichkeit mehr hat.

Dazu kommt, dass durch das gegenständliche Aufenthaltsverbot massiv in das dem BF in seiner Eigenschaft als Ehegatte einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgerin und damit begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 1 FPG bzw. Alt. 2 a der Freizügigkeitsrichtlinie in dem durch Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC geschütztes Familienleben eingegriffen wird, denn es verpflichtet ihn dazu, das Bundesgebiet nach Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes zu verlassen und für 7 Jahre nicht das Bundesgebiet zurückzukehren. Zwischen dem BF und seiner Gattin XXXX besteht nun aber eine tiefe emotionale Bindung, zumal sie sich schon von ihrer Jugend an kennen. Daran hat auch der zwischen ihnen am XXXX 2019 in XXXX /Deutschland ausgebrochene Streit, im Zuge dessen der Beschwerdeführer in alkoholisiertem Zustand eine Glasflasche auf seine Gattin geworfen und sie sich eine kleine Schnittwunde am Bein zugezogen hatte, nichts geändert. Schließlich hat seine Gattin dem Beschwerdeführer diese Fehlverhalten verziehen und hat deshalb auch die Staatsanwaltschaft XXXX von einer Anklage gegen den BF wegen gefährlicher Körperverletzung Abstand genommen. Der Beschwerdeführer möchte sein Familienleben mit seiner Gattin XXXX nunmehr in Österreich fortsetzen und sich hier eine neue berufliche Existenz aufbauen. Eine Übersiedlung seiner Gattin nach Serbien, um dort ihr gemeinsames Familienleben fortzusetzen, ist schon deshalb nicht zumutbar, weil sie seit dem XXXX 2019 den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Osterreich hat und hier auch durchgängig erwerbstätig ist.

Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht wird mit dem von ihr erlassenen Aufenthaltsverbot somit sehr wohl in gravierender und unverhältnismäßiger Weise und damit gemäß § 9 Abs. I iVm Abs. 2 und 3 BFA-VG rechtswidrig in das dem BF durch
Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC geschützte Grundrecht auf Achtung seiner Privat- und Familienlebens eingegriffen. Dem gegenüber geht die belangte Behörde in Verkennung der auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt anzuwendenden Rechtslage von der Zulässigkeit dieses Eingriffes in das ihm durch Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC garantierte Grundrecht aus, wodurch sie Spruchpunkt I ihres Bescheides mit einer weiteren Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet hat.

Begründet hat die belangte Behörde die sofortige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes damit, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers „eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit" darstellen würde.

Die ausnahmsweise Nichtgewährung des einem Fremden zustehenden Durchsetzungsaufschubes bedarf nun aber einer besonderen, über die schon für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Erwägungen hinausgehende Begründung, denn die Versagung des Durchsetzungsaufschubes verlangt die nachvollziehbare Prognose, der Aufenthalt des Fremden für ein (weiteres) Monat gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit. Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen daher die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen.

Da sich die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage zur Rechtfertigung der Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes bzw. die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde unter Zitierung der verba legalia auf die (rudimentäre) Wiederholung der für das Aufenthaltsverbot maßgeblichen Gründe beschränkt hat, hat sie die Spruchpunkte II und III ihres Bescheides mit einer weiteren Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.

(…)“

4. Am 18.03.2021 wurde eine mündliche Beschwerdeverhandlung zum Schubhaftverfahren betreffend den BF zur Zahl G307 2240452-1 durchgeführt. Es wurden der BF und seine Ehefrau als Zeugin einvernommen.

5. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 18.03.2021 zur Zahl G307 2240452-1 wurde gegen den Bescheid des BFA vom 12.03.2021, Zahl 1268924509-210336432 und die Anhaltung in Schubhaft des BF seit 12.03.2021, 08:05 Uhr, erkannt, dass der Beschwerde stattgegeben wird. Die Festnahme des Beschwerdeführers, der Schubhaftbescheid vom 12.03.2021 und die bisherige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 12.03.2021, 08:05 Uhr wurden für rechtswidrig erklärt (Spruchpunkt I.). Es wurde gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG nicht vorliegen würden (Spruchpunkt II.). Es wurde weiters festgestellt, dass der Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) dem Beschwerdeführer € 1.659,60 zu ersetzen habe (Spruchpunkt III.) und es wurde das Kostenersatzbegehren der belangten Behörde abgewiesen (Spruchpunkt IV.).

Begründend war insbesondere ausgeführt worden:

„(…)

Die Anordnung der Schubhaft begründete das Bundesamt im Wesentlichen damit, der BF sei in Deutschland, Serbien und Österreich zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben, habe seinen Namen mehrfach gewechselt, mit seinem „neuen“ Namen unbehelligt in Österreich leben können und käme die belangte Behörde daher zu dem Schluss, der BF würde seine Abschiebung umgehen bzw. behindern. Der BF gehe keiner Beschäftigung nach, wohne bei seiner Frau und verfüge über keine ausreichenden Existenzmittel.

Aus der Wohn- und Familiensituation, der fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie des bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass bezüglich des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege. Im Anschluss daran wurden die angesprochenen Ausschreibungen nochmals erwähnt und die Anzeige vom XXXX 2021 ins Treffen geführt.

Es steht zwar zweifelsfrei fest, dass der BF in Deutschland wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte mit XXXX 2019, von der StA Wien wegen des Verbrechens des versuchten Einbruchsdiebstahls mit XXXX 2012 und von der serbischen Justiz zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben ist, jedoch ist weder eine Verurteilung im EU-Raum noch in Österreich aktenkundig. Ferner war der heutigen Befragung des Behördenvertreters, nachdem mit den deutschen und serbischen Behörden Kontakt aufgenommen worden war, nicht zu entnehmen, dass von Seiten einer der erwähnten oder der österreichischen Strafverfolgungsbehörde Schritte zur Festnahme oder Auslieferung des BF getätigt worden wären.

Angesichts dessen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die in § 76 Abs. 3 FPG normierte nicht der in § 173 Abs. 2 Z 1 StPO statuierten Fluchtgefahr gleichzuhalten ist.

Der VwGH hielt zudem in seinem Erkenntnis vom 28.05.2020, Zahl Ra 2019/21/0036 fest, dass selbst dann, wenn bereits im Zeitpunkt der Erlassung eines Schubhafterkenntnisses eine aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht, diese nicht ausreicht, um Fluchtgefahr zu begründen.

Das Verwaltungsgericht verkennt keinesfalls, dass der BF in der Vergangenheit mehrfach straffällig wurde und dabei auch gewalttätig wurde.

Vor dem Hintergrund der soeben zitierten Judikatur des VwGH übersieht das Bundesamt jedoch, dass keine greifbare Fluchtgefahr vorliegt. Der BF hielt sich zwar im Jahr 2020 mehrere Monate unangemeldet im Bundesgebiet auf. Dieser Umstand allein erlaubt jedoch keinen Brückenschlag zu einer im Sinne der Schubhaft gegebenen Fluchtgefahr. Den nachvollziehbaren und im Hinblick auf die Angaben des BF widerspruchsfrei gebliebenen Aussagen der Zeugin und Ehefrau ist zu entnehmen, dass sich der BF seit XXXX 2020 an der Meldeanschrift in XXXX aufgehalten hat.

Der BF hat sich somit weder während seines seit September 2020 andauernden Aufenthaltes dem Zugriff der Fremdenbehörde entzogen, noch ist er untergetaucht, noch gab es ein Verfahren, welches den Bestand von Fluchtgefahr nahegelegt hätte. Zudem ist sein Unterhalt – vermittelt über § 94 ABGB – durch das Einkommen seiner Ehegattin gesichert, verfügt der BF über eine nicht nur vorübergehende Unterkunft, die zudem von seiner Frau bewohnt wird und führt eben mit seiner Frau ein Familienleben.

Die belangte Behörde vermochte in der heutigen Verhandlung nicht zu untermauern, dass sich aus den im Mandatsbescheid eingeworfenen Argumenten der – vom BFA nicht näher erforschten – Ausschreibungen, dem Verdacht strafbarer Handlungen oder sonst irgendwelche Anhaltspunkte für die Existenz von Fluchtgefahr ergäben.

Der Bescheid war daher als rechtwidrig zu erklären. Da die Festnahme auf die Anordnung der Schubhaft abzielte, war auch diese als unrechtmäßig anzusehen.

Schließlich erweist sich auch die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft als rechtswidrig, weil dieser jederzeit an der Anschrift seiner Ehefrau greifbar und dessen Existenz durch deren Einkommen gesichert ist. Weitere Hinweise auf den Bestand einer aktuellen Fluchtgefahr fanden sich vorliegend nicht, zumal es keine Anzeichen gibt, dass der BF aktive Schritte setzen könnte, sich der behördlichen Verfügungsgewalt zu entziehen.

(…)“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF führt den Namen XXXX und wurde am XXXX in XXXX , Serbien als XXXX geboren. In weiterer Folge änderte er seinen Namen in XXXX .

Er ist serbischer Staatsbürger und aufgrund der aufrechten Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen XXXX in XXXX , begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne § 2 Abs. 4 Ziffer 11 FPG. Die Ehe wurde am XXXX 2017 in Serbien geschlossen. Aufgrund der Verehelichung führt der BF seinen derzeitigen Familiennamen XXXX . Der BF ist seit dem XXXX 2020 in Österreich bei seiner Ehefrau gemeldet (als Hauptwohnsitz). Der BF hatte im Zeitraum vom 13.10.2017 bis zum 30.10.2017 seinen Nebenwohnsitz in Wien gemeldet.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 12.03.2021 wurde gegen den BF gemäß
§ 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub gewährt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde geegn das Aufenthaltsverbot wurde gemäß
§ 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Am 12.03.2021 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Am 18.03.2021 wurde eine mündliche Beschwerdeverhandlung zum Schubhaftverfahren betreffend den BF zur Zahl G307 2240452-1 durchgeführt. Es wurden der BF und seine Ehefrau als Zeugin einvernommen.

Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 18.03.2021 zur Zahl G307 2240452-1 wurde gegen den Bescheid des BFA vom 12.03.2021, Zahl 1268924509-210336432 und die Anhaltung in Schubhaft des BF seit 12.03.2021, 08:05 Uhr, erkannt, dass der Beschwerde stattgegeben wird. Die Festnahme des Beschwerdeführers, der Schubhaftbescheid vom 12.03.2021 und die bisherige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 12.03.2021, 08:05 Uhr wurden für rechtswidrig erklärt (Spruchpunkt I.). Es wurde gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG nicht vorliegen würden (Spruchpunkt II.). Es wurde weiters festgestellt, dass der Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) dem Beschwerdeführer € 1.659,60 zu ersetzen habe (Spruchpunkt III.) und es wurde das Kostenersatzbegehren der belangten Behörde abgewiesen (Spruchpunkt IV.).

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er geht seit seiner nunmehrigen Einreise in Österreich seit XXXX 2020 keiner legalen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach und ist von seiner Ehefrau, welche erwerbstätig ist und ihm Unterhalt gewährt, abhängig.

Aus einer früheren Beziehung hat er eine volljährige Tochter, welche sich in Deutschland aufhält. Zwei Halbschwestern mütterlicherseits leben in Wien. Wie zu seiner in Deutschland aufhältigen Tochter hat er auch zu seinen Halbschwestern keinen Kontakt. Seine Mutter und eine leibliche Schwester leben ebenfalls in Deutschland.

Der BF stellte beim zuständigen österreichischen Magistrat am XXXX 2020 einen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers). Dieses Verfahren ist derzeit noch laufend.

Am XXXX 2021 wurde durch eine österreichische Staatsanwaltschaft wegen § 107 Abs. 1 StGB (gefährliche Drohung) und §§ 15, 269 Abs. 1 1. Fall zweite Alternative StGB (versuchten Widerstand gegen die Staatsgewalt) Anklage gegen den BF erhoben, dieser ist derzeit in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Weiters wurde ein Waffenverbot mit Bescheid der LPD K vom XXXX unter der XXXX gegen den BF erlassen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und erfolgten Verhandlung im Rahmen des Schubhaftverfahrens durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität und Familienstand des BF, seiner Frau, zur gemeinsamen Haushaltsführung mit dieser getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, der Heiratsurkunde und dem Inhalt des den BF und seine Ehegattin betreffenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegister (ZMR). Ferner gaben der BF und seine Frau in der mündlichen Verhandlung im Zuge des Schubhaftverfahrens übereinstimmend an, weiterhin im gemeinsamen Haushalt zu leben.

Auch folgt die Feststellung zum Beginn der Beziehung zwischen dem BF und seiner Frau, der Intensität der Beziehung und der Unterhaltsgewährung der Ehefrau an den BF, der mit dieser in deren Mietwohnung in Österreich lebt, den übereinstimmenden Angaben der Beiden in der mündlichen Verhandlung im Zuge des Schubhaftverfahrens.

Anhaltspunkte für irgendwelche Krankheiten oder eine Arbeitsunfähigkeit waren dem gegenständlichen Sachverhalt nicht zu entnehmen. Vielmehr behauptete der BF grundsätzlich gesund zu sein.

Die Feststellungen zum verhängten Waffenverbot, zum Vorfall in Österreich aufgrund dessen die Inhaftierung des BF erfolgte, zur Anklageerhebung, sowie zur derzeit bestehenden strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF in Österreich sowie zu den Vorfällen betreffend den BF in Deutschland und Serbien stützen sich auf den Akteninhalt, insbesondere auch auf die Angaben des BF und seiner als Zeugin einvernommenen Ehefrau im Rahmen des Schubhaftverfahrens.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG gilt als begünstigter Drittstaatsangehöriger, der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1 leg cit), wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2 leg cit), wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen (Z 3 leg cit) oder solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt (Z 4 leg cit).

„Ehegatten von EWR-Bürgern, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, kommt die Stellung als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" iSd § 2 Abs. 4 Z 11 FrPolG 2005 zu; das gilt auch dann, wenn die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist (vgl. E 7. April 2011, 2011/22/0005; B 14. April 2016, Ro 2016/21/0005), und zwar jedenfalls solange keine rechtskräftige Feststellung iSd § 54 Abs. 7 NAG 2005 vorliegt.“ (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293)

§ 54 Abs. 7 NAG normiert, das wenn eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vorliegt, dass ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden ist, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.

Die Ehegattin des BF ist deutsche Staatsbürgerin und hält sich seit 2019 durchgehend in Österreich auf, er lebt mit dieser seit XXXX 2020 in Österreich in deren Mietwohnung, die Ehefrau ist arbeitstätig und bestreitet auch den Unterhalt des BF.

Der BF als serbischer Staatsangehöriger mit einer zum Aufenthalt in Österreich berechtigten EWR-Bürgerin, die ihr Recht auf Freizügig

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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