TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/21 W205 2164038-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.06.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

21.06.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W205 2164038-2 /4Z

TEILERKENNTNIS:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA als Einzelrichterin über die Beschwerde von Herrn XXXX , geb. XXXX , StA. Äthiopien, gegen Spruchpunkt VIII. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 13.05.2021, Zl. 1111695809/201188191, zu Recht:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Vorausgeschickt wird, dass der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 26.11.2020 bereits der zweite Antrag auf internationalen Schutz ist. Der erste Antrag vom 18.04.2016 war mit dem im Beschwerdeweg ergangenen hg. Erkenntnis vom 23.08.2019, Zl. W237 2164038-1/16E, abgewiesen und ua eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde vom VfGH abgelehnt und die ao. Revision vom VwGH mit Beschluss vom 05.11.2020, Ra 2020/14/0465, zurückgewiesen worden.

2. Am 26.11.2020 stellte der Beschwerdeführer den nunmehr gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Darin brachte er – zusammengefasst – vor, die Sicherheitslage in Äthiopien habe sich durch die zwischenzeitlich stattfindenden bürgerkriegerischen Auseinandersetzungen wesentlich verschlechtert und er müsse bei einer Rückkehr als Angehöriger der ethnischen Volksgruppe der Oromo um Freiheit, Leib und Leben fürchte. Seine Familie werde von der Regierung gefragt, wo er sich versteckt halte bzw. ob ich für eine Freiheitsbewegung namens „ONEG –SHENEE“ oder „ABO“ kämpfe, er werde von der Regierung gesucht.

3. Mit dem hier angefochtenen Bescheid wies das BFA diesen zweiten Antrag des Beschwerdeführers sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2°Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 6 AsylG (Spruchpunkt II.) ab, erkannte dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht zu (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Äthiopien zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gewährte gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Mit Spruchpunkt VII. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

In Spruchpunkt VIII. wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz führte die Behörde iW aus, der Sachvortrag des Beschwerdeführers, dass er seine Heimat deswegen verlassen hätte, weil er aufgrund einer Tätigkeit als Human Ressource Manager, der sich für die Rechte der Arbeiter eingesetzt habe, Verfolgung durch Privatpersonen zu gewärtigen gehabt hätte, sei – aus näher dargestellten Gründen - unglaubhaft.

Das (neue) Vorbringen des hier gegenständlichen zweiten Antrags, wonach sich seine Lage durch den Bürgerkrieg verschlechtert hätte und die Regierung nach ihm suche, werden im angefochtenen Bescheid nicht ausdrücklich gewürdigt.

Zu Spruchpunkt VIII. führt das BFA iW aus, im Beschwerdefall lägen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG vor, da bereits eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliege. Es hätten sich aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher gem. Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 zur Gewährung von Asyl führen würde, ergeben. Weiter heißt es in der Begründung: „Es konnte überdies nicht festgestellt werden, dass Sie an einer Erkrankung leiden, die ein Abschiebehindernis im Sinne des § 50 FPG darstellen würde. Die medizinische Versorgung in Äthiopien steht Ihnen zur Verfügung. Die Ausweisung stellt keinen Eingriff in Ihr Familienleben dar, ist doch Ihre Familie im selben Umfang wie Sie von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen.

Für die Behörde steht fest, dass für Sie bei Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben ist. Sie bedürfen daher nicht des Schutzes Österreichs. Es ist in Ihrem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten ist. Da Ihrem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden ist und Ihnen auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat droht, ist es Ihnen zumutbar, den Ausgang Ihres Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Ihr Interesse auf einen Verbleib in Österreich während des gesamten Asylverfahrens tritt hinter das Interesse Österreichs auf eine rasche und effektive Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück.“

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerdeführer führte in der Begründung unter Vorlage aktueller Länderberichte im Wesentlichen aus, In Zusammenschau der oben dargelegten aktuellen Lage in Äthiopien mit dem Sachverhalt, dass der BF – wie vom BVwG festgestellt - schon mehrfach ins Blickfeld der äthiopischen Behörden geraten und Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen und der ethnischen Volksgruppe der Oromo zugehörig sei, hätte die Behörde bei richtiger Beweiswürdigung eine maßgebliche Gefährdungslage erkennen und feststellen können, dass bei einer Rückkehr weitere Verfolgungshandlungen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen seien und sohin die Flüchtlingseigenschaft aus (unterstellten) politischen Gründen und wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppe bzw. der „Staatsangehörigkeit" (Oromo) zuerkennen müssen.

5. Die gegenständliche Beschwerde langte samt Verwaltungsakt am 15.06.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Der für die gegenständliche Entscheidung relevante § 18 BFA-VG lautet auszugsweise:

„Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18.

( ….)

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.       

die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.

der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.

Fluchtgefahr besteht.

( ….)

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.“

Im Beschwerdefall bedarf es im Hinblick auf das Antrags- und Beschwerdevorbringen einer genauen Prüfung einer allfälligen Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers, die – nach derzeitiger Einschätzung – einer Verhandlung bedarf.

Der Beschwerde war daher hinsichtlich Spruchpunkt VIII. statt zu geben und dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Soweit sich die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides richtet, wird darüber abgesondert entschieden werden.

2. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten, vielmehr handelt es sich bei dieser um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Entscheidung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es von vornherein ausgeschlossen scheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

4. § 18 Abs. 5 BFA-VG verpflichtet das Bundesverwaltungsgericht dazu, über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesamt bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde mit (Teil-)Erkenntnis abzusprechen (VwGH vom 19.10.2017, Ra 2017/18/0278.). Es war daher mit Teilerkenntnis zu entscheiden.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eine Frage des Einzelfalles ist, der grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W205.2164038.2.00

Im RIS seit

29.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten