TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/15 W186 2227235-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.07.2021
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Entscheidungsdatum

15.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AVG §68
BFA-VG §18
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


W186 2227235-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.07.2020, Zl. 1247863304 – 200519912, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Vorverfahren

Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste illegal nach Österreich ein, wurde am 01.10.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angehalten sowie einer „Basisbefragung (Zurückschiebung § 45 FPG)“ unterzogen.

Am 08.10.2019 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen, am 23.10.2019 erfolgte eine neuerliche Einvernahme.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 24.10.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt V.).

Der Bescheid wurde nicht in Beschwerde gezogen und erwuchs in Rechtskraft.

Am 09.12.2019 stellte der BF im Anhaltevollzug einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

Am 18.12.2019 und am 20.12.2019 wurde der BF vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.01.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gem. § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG wurde der Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde, welche inklusive der mit ihr in Bezug stehenden Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht am 08.01.2020 vorgelegt wurde.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.01.2020 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.02.2020 wurde die Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der BF habe aufgrund der in der Beweiswürdigung aufgezeigten widersprüchlichen Angaben in den Kernbereichen des Fluchtvorbringens das behauptete Geschehen nicht glaubhaft machen können.

2. Gegenständliches Verfahren

Der BF stellte am 23.06.2020 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz:

Zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, er sei in seiner Heimat mit einer Frau in einer Beziehung. Diese Frau sei in Indien mit einem anderen Mann verheiratet worden, die Beziehung mit dem BF habe jedoch weiterbestanden. Vor ein paar Tagen habe sich diese Frau selbst umgebracht, ihre Familie wolle den Tod des BF, weil dieser für den Tod verantwortlich gemacht werde. Kurz vor dem Selbstmord dieser Frau habe der BF von ihr eine Aufnahme zu hören bekommen, in welcher der Bruder der Frau den Tod des BF beauftragt habe. Er habe in der Aufnahme davon gesprochen, in Österreich jemanden mit dem Mord am BF zu beauftragen und dieser Person 400.000 indische Rupien zu zahlen. Der BF habe diese Aufnahme sogar auf seinem Mobiltelefon.

Per Verfahrensanordnung vom 20.06.2020 wurde der BF darüber informiert, dass beabsichtigt sei, seinen Folgeantrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da davon ausgegangen werde, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege, sowie seinen faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.

Per Verfahrensanordnung vom 26.06.2020 wurde dem BF mitgeteilt, dass er bis zum 01.07.2020 verpflichtend ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch nehmen muss.

Am 01.07.2020 wurde der BF vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen, wobei er im Wesentlichen seine Fluchtgründe bestätigte. Zudem gab er wie bereits in seinem ersten Verfahren an, er sei in die Khalistan-Bewegung involviert gewesen. Auf die Frage, ob er wegen des Vorfalles hinsichtlich der Sprachnachricht in Österreich Anzeige erstattet habe, gab der BF an, er habe nicht genug Zeit gehabt. Die Beziehung sei nicht der Grund gewesen, warum er Indien verlassen habe.

Im Zuge der Einvernahme führte der BF ein Audiovideo von einem unbekannten Anrufer mit der Dauer von 53:54 Minuten vor. Aus dem Videoanruf gehe jedoch nicht hervor, dass der BF tatsächlich privat angesprochen werde, vielmehr handle es sich dabei um eine Videoaufzeichnung. Der BF gab zudem an, er hätte seine Freundin über WhatsApp kontaktiert. Es seien jedoch keine Anrufe der besagten Freundin aufrufbar gewesen. Der BF gab an, er habe sie aus Angst gelöscht. Auf den Vorhalt, es sei in seinen Kontakten keine Nummer mit dem Namen der Freundin gespeichert, gab er an, er habe den Kontakt gelöscht.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.07.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 26.06.2020 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm § Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.), gem. § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.) sowie einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gem. § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.).

Begründend wurde ausgeführt, der BF habe keine Fluchtgründe vorgebracht, die unter der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) zusammengefasst seien. In einer Gesamtschau habe er weder im Erstverfahren noch im gegenständlichen Verfahren relevante und glaubwürdige Fluchtgründe vorgebracht. Somit stehe die Rechtskraft des Erstverfahrens einer neuerlichen inhaltlichen Entscheidung entgegen.

Das Einreiseverbot wurde auf § 53 Abs. 2 Z 6 FPG gestützt, weil der BF den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermöge und er aufgrund eines unbegründeten bzw. missbräuchlichen Asylantrag eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wurde auf § 18 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 gestützt, weil das Vorbringen des BF zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspreche.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 27.07.2020 fristgerecht Beschwerde, in welcher im Wesentlichen unrichtige Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurden:

Der Asylantrag des BF hätte inhaltlich geprüft werden müssen. Das Bundesamt hätte zudem ausführlicher auf die Konsequenzen der COVID-19-Pandemie in Indien eingehen müssen. Weiters sei die Begründung hinsichtlich des Einreiseverbotes nicht nachvollziehbar.

Am 05.08.2020 wurde die Beschwerde inklusive der mit ihr in Bezug stehenden Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der BF führt den Namen XXXX , wurde am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger von Indien. Er gehört der Volksgruppe der Jat und der Religionsgemeinschaft der Sikh an. Seine Muttersprache ist Punjabi.

Der BF besuchte 10 Jahre die Schule und arbeitete anschließend in der elterlichen Landwirtschaft.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder.

Der BF verfügt weder über Familienangehörige noch über sonstige Verwandte in Österreich. Die Mutter und ein Bruder des BF leben in Indien, zu denen er Kontakt unterhält.

Der BF stellte am 09.12.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz, über den mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.02.2020 in zweiter Instanz negativ entschieden wurde.

Am 23.06.2020 stellte der BF den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Der BF ist gesund und nimmt keine Medikamente.

Der BF fällt als junger, gesunder, Mann in keine Risikogruppe hinsichtlich der COVID-19- Pandemie.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen

Das seitens des BF im Zuge des Folgeantrages vorgebrachte Fluchtvorbringen - er habe eine Aufnahme zu hören bekommen, in welcher der Bruder seiner Freundin den Tod des BF beauftragt habe - weist keinen glaubhaften Kern auf.

Es liegt daher keine Änderung der Sachlage zwischen der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.02.2020 und der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides vor.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Indien

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Indien vom 04.02.2019:

Medizinische Versorgung

Eine gesundheitliche (Minimal)-Grundversorgung wird vom Staat im Prinzip kostenfrei gewährt. Sie ist aber durchweg unzureichend. Von den Patienten wird viel Geduld abverlangt, da der Andrang auf Leistungen des staatlichen Gesundheitssektors sehr groß ist. Die privaten Gesundheitsträger genießen wegen fortschrittlicher Infrastruktur und qualifizierterem Personal einen besseren Ruf, ein Großteil der Bevölkerung kann sich diesen aber nicht leisten. In allen größeren Städten gibt es Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Dies gilt mit den genannten Einschränkungen auch für den öffentlichen Bereich. Fast alle gängigen Medikamente sind in Indien (meist als Generika westlicher Produkte) auf dem Markt erhältlich.

Für den (relativ geringen) Teil der Bevölkerung, welche sich in einem formellen Arbeitsverhältnis befindet, besteht das Konzept der sozialen Absicherung aus Beitragszahlungen in staatliche Kassen sowie einer Anzahl von – vom Arbeitgeber zu entrichtenden – diversen Pauschalbeträgen. Abgedeckt werden dadurch Zahlungen für Renten, Krankenversicherung, Mutter-Karenz sowie Abfindungen für Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit (ÖB 12.2018). Staatliche Krankenhäuser bieten Gesundheitsversorgung kostenfrei oder zu sehr geringen Kosten an (BAMF 3.9.2018), stellt sich jedoch durchweg unzureichend dar (AA 18.9.2018). Zudem gibt es viele weitere Institutionen, die bezahlbare Behandlungen anbieten (BAMF 3.9.2018).

Die staatliche Krankenversicherung erfasst nur indische StaatsbürgerInnen unterhalb der Armutsgrenze. Staatliche Gesundheitszentren bilden die Basis des öffentlichen Gesundheitswesens. Dies sind meist Ein-Mann-Kliniken, die auch kleine Operationen anbieten. Diese Zentren sind grundsätzlich in der Nähe aller Dörfer zu finden. Insgesamt gibt es mehr als 25.500 solcher Kliniken in Indien, von denen 15.700 von nur einem Arzt betrieben werden. Einige Zentren besitzen spezielle Schwerpunkte, darunter Programme zu Kinder-Schutzimpfungen, Seuchenbekämpfung, Verhütung, Schwangerschaft und bestimmte Notfälle (BAMF 3.9.2018).

Ebenfalls gibt es Gemeindegesundheitszentren und spezialisierte Kliniken. Diese sind für alle möglichen generellen Gesundheitsfragen ausgestattet und bilden die Basis des Gesundheitswesens in städtischen Gegenden. Sie werden von der Regierung betrieben und nehmen auf Empfehlung der Ersteinrichtungen Patienten auf. Jede dieser Einrichtungen ist für 120.000 Menschen aus städtischen bzw. 80.000 Patienten aus abgeschiedenen Orten zuständig. Für weitere Behandlungen können Patienten von den Gemeindegesundheitszentren zu Allgemeinkrankenhäusern transferiert werden. Die Zentren besitzen daher auch die Funktion einer Erstüberweisungseinrichtung. Sie sind dazu verpflichtet, durchgängig Neugeborenen- bzw. Kinderfürsorge zu leisten sowie Blutkonservenvorräte zu besitzen. Für den Rest der Bevölkerung ist eine beitragspflichtige Krankenversicherung durch verschiedene private und staatliche Firmen zu unterschiedlichen Konditionen gegeben (BAMF 3.9.2018).

Da der Andrang auf Leistungen des staatlichen Sektors sehr stark ist, weichen viele für eine bessere oder schnellere Behandlung auf private Anbieter aus. Die privaten Gesundheitsträger genießen wegen der fortschrittlicheren Infrastruktur und des qualifizierteren Personals einen besseren Ruf. In allen größeren Städten gibt es medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Behandlungen durchgeführt werden können. Dies gilt mit den genannten Einschränkungen auch für den öffentlichen Bereich (AA 18.9.2018). Einige wenige private Krankenhäuser in den größten Städten gewährleisten einen Standard, der dem westlicher Industriestaaten vergleichbar ist. Im wirtschaftlich starken Punjab und in New Delhi ist die Gesundheitsversorgung im Verhältnis zu anderen Landesteilen gut (AA 18.9.2018).

Die staatliche Krankenversicherung erfasst nur indische Staatsbürger unterhalb der Armutsgrenze. Für den Rest der Bevölkerung ist eine beitragspflichtige Krankenversicherung durch verschiedene private und staatliche Firmen zu unterschiedlichen Konditionen gegeben. Bekannte Versicherer sind General Insurance, Bharti AAA, HDFC ERGO, Bajaj, Religare, Apollo Munich, New India Assurance, Max Bupa etc. (BAMF 3.9.2018). Eine private Gesundheitsversorgung ist vergleichbar teuer und die Patienten müssen einen Großteil der Kosten selber zahlen. Für den Zugang zu den Leistungen ist grundsätzlich ein gültiger Personenausweis nötig (Adhaar card, Voter ID, PAN) (BAMF 3.9.2018).

In Indien sind fast alle gängigen Medikamente auf dem Markt erhältlich (AA 18.9.2018). Medikamentenläden sind in Indien zahlreich und auch in entlegenen Städten vorhanden. (BAMF 3.9.2018). Die Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland ist möglich. Indien ist der weltweit größte Hersteller von Generika und Medikamente kosten einen Bruchteil der Preise in Europa (AA 18.9.2018). Die Kosten für die notwendigsten Medikamente staatlich kontrolliert, sodass diese weitreichend erhältlich sind (BAMF 3.9.2018).

2. Beweiswürdigung

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen hinsichtlich des Namens des BF, seines Geburtsdatums und seiner Staatsangehörigkeit werden anhand der Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.02.2020 getroffen, ebenso wie die Feststellungen zu seiner Volksgruppen- bzw. Religionszugehörigkeit sowie zu seiner Ausbildung.

Die Feststellungen hinsichtlich des Familienstandes des BF sowie seines Gesundheitszustandes werden anhand der Feststellungen im Bescheid des Bundesamtes vom 10.07.2020 getroffen.

Die Feststellung, dass der BF in Österreich weder über Familienangehörige noch über sonstige Verwandte verfügt, wird anhand seiner eigenen Angaben im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 01.07.2020 getroffen, ebenso wie die Feststellungen hinsichtlich seiner Familienangehörigen in Indien.

Die Feststellung, dass der BF als junger, gesunder Mann in keine Risikogruppe hinsichtlich der COVID-19-Pandemie fällt, gründet sich auf die unbedenklichen tagesaktuellen Berichte und Informationen, vgl. etwa:

?        https://orf.at/corona/stories/3157533/

?        https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/

(Zugriff jeweils am 25.08.2020)

Demnach verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Die Feststellung hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit des BF gründet sich auf den eingeholten Strafregisterauszug vom 05.08.2020.

2.2. Zu den Fluchtgründen

Die Feststellung, dass das Fluchtvorbringen des BF keinen glaubhaften Kern aufweist, wird anhand seiner widersprüchlichen und nicht nachvollziehbaren Angaben im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 01.07.2020 getroffen:

Demnach habe der BF im Zuge der Einvernahme ein Audiovideo von einem unbekannten Anrufer mit der Dauer von 53:54 Minuten vorgeführt. Aus dem Videoanruf gehe jedoch nicht hervor, dass der BF tatsächlich privat angesprochen werde, vielmehr handle es sich dabei um eine Videoaufzeichnung. Der BF gab zudem an, er hätte seine Freundin über WhatsApp kontaktiert. Es seien jedoch keine Anrufe der besagten Freundin aufrufbar gewesen. Der BF gab an, er habe sie aus Angst gelöscht. Auf den Vorhalt, es sei in seinen Kontakten keine Nummer mit dem Namen der Freundin gespeichert, gab er an, er habe den Kontakt gelöscht.

Aus diesem Grund kann der in der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 10.07.2020 vorgebrachten Ansicht, wonach ein Begründungsmangel vorliege, entscheiden entgegengetreten werden. Vielmehr überzeugt der Vorhalt des Bundesamtes, dass das Löschen der Anrufe bzw. des Kontaktes nicht nachvollziehbar sei, weil dies die Fluchtgründe des BF untermauern könnte. Es scheint zudem ausgeschlossen, dass der BF nicht ausreichend Zeit gehabt hat, um hinsichtlich dieses Vorfalles in Österreich Strafanzeige zu erstatten.

2.3. Zur maßgeblichen Situation in Indien

Die dieser Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann.

Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Eine neue Sachentscheidung ist aber nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen.

Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 83 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist dem Bundesamt beizupflichten, dass kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden konnte und somit die Zurückweisung wegen § 68 AVG zu Recht erfolgte.

Die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides waren daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.

3.2. Zur Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom BF nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Aus diesem Grund war Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden.

3.3. Zur Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkt IV. und V. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der BF ist als Staatsangehöriger von Indien kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Zurückweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), verfügen, unzulässig wäre.“

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Der BF hat keine Verwandten oder sonstige nahen Angehörigen in Österreich. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des BF auf Schutz des Familienlebens.

Im Falle eines bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art 8 Abs 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Die Dauer des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet seit seiner Einreise im Oktober 2019 ist als sehr kurz zu bezeichnen und wird weiter dadurch relativiert, dass die Einreise illegal und der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem BF bewusst gewesen sein.

Der BF hat keine ausgeprägten privaten oder persönlichen Interessen im Verfahren dargetan. Die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich ist zudem aufgrund des Umstandes, dass der BF seinen Aufenthalt nur auf zwei im Ergebnis nicht berechtigte Asylanträge gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben. Im Hinblick auf den Umstand, dass der BF den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort jedenfalls seine Mutter und ein Bruder leben, der BF über zumindest grundlegende Schulbildung verfügt sowie eine Sprache des Herkunftsstaates beherrscht.

Der Umstand, dass der BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, Zl. 2002/18/0112).

Es ist davon auszugehen, dass die Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet kein Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des BF in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art 8 EMRK dar.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005)).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

Auch eine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte liegt für Indien nicht vor, weshalb die Abschiebung des BF nach Indien zulässig ist.

Zudem ist eine Gefährdung des BF als junger, gesunder Mann im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK hinsichtlich der COVID-19-Pandemie nicht ersichtlich. Er fällt weder in die Risikogruppen der älteren Personen noch in jene der Personen mit spezifischen physischen Vorerkrankungen, sodass auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass er bei einer Rückkehr nach Indien eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus zu gewärtigen hätte. Insofern teilt das Bundesverwaltungsgericht die Ansicht des Bundesamtes, wonach außergewöhnliche Umstände, aufgrund derer ein reales Risiko einer Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegen würde, fallbezogen nicht zu erkennen sind.

Es wird zwar nicht verkannt, dass die medizinische Versorgung in Indien nicht mit dem Niveau der Gesundheitsversorgung in Österreich zu vergleichen ist, jedoch ist den unter Punkt II.1.3. Unterpunkt „Medizinische Versorgung“ eingebrachten Länderinformationen nicht zu entnehmen, dass Personen in Indien der Zugang zu notwendiger medizinischer Behandlung verwehrt wäre oder dass lebensbedrohlich Erkrankte in Indien einem realen Risiko ausgesetzt wären, unter qualvollen Umständen zu sterben oder schwerkranke Personen mit einem realen Risiko konfrontiert würden, wegen des Fehlens angemessener Behandlung in Indien oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt.

Der in der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 10.07.2020 vorgebrachten Ansicht, wonach das Bundesamt nicht geprüft habe, inwieweit die in Indien praktisch unkontrolliert grassierende COVID-19-Pandemie dazu führen würde, dass der BF im Falle einer Abschiebung einer Art. 2 bzw. 3 EMRK widersprechenden Situation ausgesetzt sei, kann somit widersprochen werden. Das Bundesamt ist sehr wohl ausführlich auf die COVID-19-Pandemie und den Unterpunkt „Medizinische Versorgung“ des auch diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderinformationsblattes der Staatendokumentation über Indien eingegangen.

Die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides waren daher im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden.

3.4. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides

§ 53 FPG idgF lautet:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(...)

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).

Unabhängig davon ist aber grundsätzlich anzumerken, dass die Ziffern 1 bis 9 laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 einen Katalog darstellen, der lediglich "demonstrativ" Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen aufstellt (vgl. RV 1078 BlgNR XXIV GP, 30). In diesem Zusammenhang wird aber auch davon auszugehen sein, dass zur Verwirklichung des Tatbestandes, der die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit rechtfertigt, die Erfüllung eines annähernd zu den Z 1 bis 9 gleichwertig zu qualifizierenden Tatbestandes vorauszusetzen sein wird (vgl. dazu etwa VwGH 18.03.2014, Zl. 2013/22/0332).

Das Bundesamt ging davon aus, dass im Falle des BF Z 6 erfüllt sei:

Er sei nicht in der Lage, die Mittel für seinen Unterhalt aus Eigenem nachzuweisen. Sein Unterhalt sei derzeit nur durch staatliche Unterstützung bzw. Unterstützung von karitativen Einrichtungen gewährleistet. Die Mittel aus der Grundversorgung seien nicht dazu geeignet, die in § 53 Abs. 2 Z 6 FPG vorzuhaltende Mittellosigkeit zu entkräften. Der BF verfüge über kein Aufenthaltsrecht in Österreich und könne daher auch zukünftig keiner legalen Beschäftigung nachgehen.

Hinsichtlich der Gefährdungsprognose ging das Bundesamt davon aus, dass der Folgeantrag auf internationalen Schutz unzweifelhaft als unbegründeter und missbräuchlicher Asylantrag zu qualifizieren sei und jedenfalls auch eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit indiziere, da dem Katalog in § 53 Abs. 2 FPG lediglich demonstrativer Charakter zukomme. Der BF sei zudem unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Ausführungen des Bundesamtes an:

Der BF erfüllt ohne Zweifel § 53 Abs. 2 Z 6. Er ist als mittellos anzusehen, weil er über kein Aufenthaltsrecht mehr verfügt und daher zukünftig keiner legalen Beschäftigung nachgehen kann.

Auch die Gefährdungsprognose fällt zulasten des BF aus:

Der BF reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein, wurde am 01.10.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angehalten sowie einer „Basisbefragung (Zurückschiebung § 45 FPG)“ unterzogen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 24.10.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt V.).

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Erst anschließend stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz, über den mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.02.2020 in zweiter Instanz negativ entschieden wurde. Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am 23.06.2020 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, der vom Bundesamt mit Bescheid vom 10.07.2020 wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen wurde.

Diese Umstände zeigen deutlich, dass der BF versucht, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet um jeden Preis zu prolongieren und die fremdenrechtlichen Bestimmungen zu missachten. Aus diesem Grund stellt er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung bzw. Sicherheit dar, der nur mit der Verhängung eines Einreiseverbotes entgegengetreten werden kann.

Den persönlichen Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich bzw. einer zeitnahen Wiedereinreise in das Bundesgebiet steht das öffentliche Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung sowie das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesen gewichtigen öffentlichen Interessen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu.

Auch hinsichtlich der Dauer des Einreiseverbotes von 2 Jahren teilt das Bundesverwaltungsgericht jedoch die Ansicht des Bundesamtes:

Gem. § 53 Abs. 2 FPG kann im konkreten Fall ein Einreiseverbot von höchstens 5 Jahren verhängt werden. Die Bemessung der Dauer eines Aufenthaltsverbotes stellt keinen rein mathematischen Vorgang dar (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0219, Rn. 7), was auch für das Einreiseverbot gilt (VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232).

Nach VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311 enthält § 53 FrPolG 2005 in der Fassung des FNG-AnpassungsG 2014 die Anordnung, dass mit einer Rückkehrentscheidung stets ein Einreiseverbot in einer Mindestdauer von 18 Monaten einherzugehen habe, nicht mehr. Wie sich aus den Gesetzesmaterialen (ErlRV 2144 BlgNR 24. GP, 23 f) ergibt, sollte die Sichtweise des VwGH in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, 2011/21/0237, bzw. seiner folgenden Rechtsprechung damit in § 53 FrPolG 2005 implementiert werden. Im Sinn dieser Judikatur ist daher eine Prüfung im Einzelfall durchzuführen, die nunmehr auch dazu führen kann, dass ein Einreiseverbot in einer Dauer von weniger als 18 Monaten zu verhängen ist. Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes soll aber nur dann erfolgen, wenn dem Drittstaatsangehörigen bloß eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung (oder Sicherheit) anzulasten ist (vgl. in diesem Sinn mit näheren Ausführungen VwGH 4.8.2016, Ra 2016/21/0207 u.a.).

In Anbetracht des Gesamtverhaltens des BF erscheint ein Einreiseverbot für die Dauer von 2 Jahren im konkreten Fall als angemessen. Das Verhalten des BF ist als nicht derart schwerwiegend zu qualifizieren, sodass sich bei einem zeitlichen Rahmen von 5 Jahren die Bemessung der Dauer des verhängten Einreiseverbotes im unteren Bereich dieses Rahmens zu bewegen hat. Dennoch stellt der BF, wie bereits vorher erwähnt, wegen seiner Mittellosigkeit sowie der Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften jedenfalls keine geringfügige Gefahr für die öffentliche Ordnung bzw. Sicherheit dar, sodass eine Verhängung eines kurzfristigen Einreiseverbotes für die Dauer von weniger als 18 Monaten ausscheidet.

Insofern kann der in der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 10.07.2020 vorgebrachten Ansicht, wonach im konkreten Fall ein kürzeres bzw. überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen sei, widersprochen werden.

Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides war daher im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden.

3.5. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides

Gem. § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht gem. § 55 Abs. 1a FPG nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gem. § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens gem. § 18 BFA-VG durchführbar wird.

Im konkreten Fall sind beide Voraussetzungen erfüllt: Der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz vom 23.06.2020 wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.07.2020 einerseits wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückgewiesen, andererseits wurde in diesem Bescheid einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung gem. § 18 BFA-VG aberkannt.

Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides war daher im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden.

3.6. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides

Gem. § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 leg.cit. auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

Das Bundesamt ging davon aus, dass im Falle des BF Z 5 erfüllt sei, weil das Vorbringen des BF zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspreche.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich diesen Ausführungen an:

Hierzu ist explizit auf die Einvernahme vor dem Bundesamt vom 01.07.2020 zu verwiesen, im Zuge derer der BF ein Audiovideo von einem unbekannten Anrufer mit der Dauer von 53:54 Minuten vorführte. Aus dem Videoanruf gehe jedoch nicht hervor, dass der BF tatsächlich privat angesprochen werde, vielmehr handle es sich dabei um eine Videoaufzeichnung. Der BF gab zudem an, er hätte seine Freundin über WhatsApp kontaktiert. Es seien jedoch keine Anrufe der besagten Freundin aufrufbar gewesen. Der BF gab an, er habe sie aus Angst gelöscht. Auf den Vorhalt, es sei in seinen Kontakten keine Nummer mit dem Namen der Freundin gespeichert, gab er an, er habe den Kontakt gelöscht.

Dieses Verhalten zeigt deutlich, dass die Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht, zumal der BF durch die Vorlage von einer Anrufliste bzw. der Telefonnummer seiner Freundin sein Fluchtvorbringen untermauern könnte. Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass im Zuge dieser Einvernahme ein Folgeantrag auf internationalen Schutz behandelt worden ist. Es gibt bereits eine rechtskräftige Entscheidung in zweiter Instanz über den Erstantrag des BF auf internationalen Schutz. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der BF durch dieses Verhalten seinen Aufenthalt im Bundesgebiet um jeden Preis prolongieren will.

Für das Bundesverwaltungsgericht steht fest, dass dem BF bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat - wie vorhin ausführlich dargelegt - keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung droht. Er bedarf daher nicht des Schutzes Österreichs. Es ist somit im konkreten Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Interesse eines geordneten Fremdenswesens geboten ist. Da dem BF keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat droht, ist es ihm zumutbar, den Ausgang seines Beschwerdeverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Das Interesse des BF auf einen Verbleib in Österreich während seines Beschwerdeverfahrens tritt daher hinter das Interesse Österreichs auf eine rasche und effektive Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück.

Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides war daher im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden.

3.7. Zum Unterbleiben einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts Anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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