TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/13 W220 2183631-2

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Veröffentlicht am 13.08.2021
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Entscheidungsdatum

13.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs3 Satz2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch


W220 2183631-2/4E
W220 2183558-2/4E
W220 2237908-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb.: XXXX , 2. XXXX alias XXXX , geb.: XXXX , und 3. XXXX , geb.: XXXX , alle StA. Afghanistan, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.06.2021, Zlen.: 1. 1099401610/210664863, 2. 1099401708/210664880, und 3. 1269859100/210664901,

A)

zu Recht erkannt:

I.       Die Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide werden als unbegründet abgewiesen,

sowie den Beschluss gefasst:
II. In Erledigung der Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte II. bis VI. der angefochtenen Bescheide werden diese Spruchpunkte gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über die ersten Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz (in Rechtskraft erwachsen):

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin stellten nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.12.2015 erste Anträge auf internationalen Schutz. Diese Anträge wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheiden vom 21.11.2017 ab, erteilte dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin keine Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin Rückkehrentscheidungen samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan und legte für die freiwillige Ausreise eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen fest. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.02.2020, GZ.: W275 2183558-1/13E u.a., als unbegründet abgewiesen, wobei aufgrund der Würdigung des Fluchtvorbringens des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen festgestellt wurde, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin verheiratet seien, in Afghanistan mit dem Einverständnis ihrer Familienangehörigen geheiratet hätten, nicht gegen den Willen der Familienangehörigen der Zweitbeschwerdeführerin Kontakt gehabt hätten, nicht von den Familienangehörigen der Zweitbeschwerdeführerin bedroht worden seien, weil diese mit einer Beziehung oder Heirat nicht einverstanden gewesen seien und im Fall der Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt seien. Im Fall der Zweitbeschwerdeführerin liege keine Verinnerlichung einer „westlichen Lebensweise“, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstelle, vor; es bestehe kein Risiko einer Verfolgung aufgrund einer kategorischen Ablehnung der gesellschaftlichen Normen ihres Herkunftsstaates. Dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin drohe auch keine Verfolgung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 08.06.2020, GZ.: E 1225-1226/2020-10, die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde ab.

Am XXXX wurde die minderjährige Drittbeschwerdeführerin in Österreich geboren. Die Geburt der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Schreiben vom XXXX gemäß § 17a Abs. 2 AsylG 2005 angezeigt und zugleich ausgeführt, dass mit dieser Anzeige gemäß § 17a Abs. 3 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin als gestellt und eingebracht gelte. Mit Bescheid vom 05.11.2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen ersten Antrag der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz ab, erteilte der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen die minderjährige Drittbeschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan und legte für die freiwillige Ausreise eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde unter Bezugnahme auf die erwähnten rechtskräftigen Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.02.2020, W275 2183558-1/13E u.a., betreffend die ersten Anträge des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.03.2021, GZ.: W220 2237908-1/6E, als unbegründet abgewiesen.

2. Gegenständliches Verfahren über die zweiten Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz (Folgeanträge):

Am 19.05.2021 stellten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin für sich selbst sowie für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin die gegenständlichen zweiten Anträge auf internationalen Schutz (Folgeanträge).

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin wurden zu diesen Anträgen am selben Tag vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 11.06.2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Sie gaben dabei zusammengefasst an, dass ihre alten Fluchtgründe aufrecht bleiben und auch für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin gelten würden. Sie seien aus Afghanistan geflüchtet, ohne verheiratet zu sein. Im Fall einer Rückkehr würden sowohl sie selbst als auch die minderjährige Drittbeschwerdeführerin getötet werden, weil nach islamischem Recht ein uneheliches Kind nicht akzeptiert würde.

Mit oben zitierten Bescheiden vom 24.06.2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die gegenständlichen Folgeanträge der Beschwerdeführer sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG (Spruchpunkte I.) als auch des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG (Spruchpunkte II.) wegen entschiedener Sache zurück. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurden den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkte III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkte V.), gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkte VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer zur Begründung ihrer Anträge überwiegend Umstände geltend gemacht hätten, die bereits Gegenstand der Vorverfahren gewesen seien; die neu vorgebrachten Gründe hätten keine glaubhafte Substanz. Die Beschwerdeführer hätten auch keine Gründe, welche für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würden, glaubhaft gemacht. Es würden sich keine Hinweise auf eine sich seit dem rechtskräftigen Abschluss der Erstverfahren maßgeblich geänderte Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer ergeben.

Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht gleichlautende Beschwerden erhoben.

Begründend wurde zusammengefasst vorgebracht, dass US-Präsident Joe Biden am 14.04.2021 den Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan, beginnend mit 01.05.2021, bis zum 11.09.2021 angekündigt habe und sich eine weitere Eskalation der Sicherheitslage abzeichne. Die Lage in Afghanistan habe sich massiv verschlechtert und müsse auch geprüft werden, ob die inzwischen weiter vorangeschrittene westliche Orientierung der Zweitbeschwerdeführerin asylrelevant sei. Die Geburt der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin sei erst nach Rechtskraft der Vorentscheidungen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin eingetreten.

Mit Beschluss vom 19.07.2021, GZ.: W220 2183558-2/3Z u.a., erkannte das Bundesverwaltungsgericht diesen Beschwerden gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zu, da ohne nähere Prüfung des Sachverhalts nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführer eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin stellten am 17.12.2015 erste Anträge auf internationalen Schutz. Diese Anträge wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheiden vom 21.11.2017 ab, erteilte dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin keine Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin Rückkehrentscheidungen samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan und legte für die freiwillige Ausreise eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen fest. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.02.2020, GZ.: W275 2183558-1/13E u.a., als unbegründet abgewiesen; der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 08.06.2020, GZ.: E 1225-1226/2020-10, die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde ab. Am XXXX wurde die minderjährige Drittbeschwerdeführerin in Österreich geboren, was dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Schreiben vom XXXX gemäß § 17a Abs. 2 AsylG 2005 angezeigt und zugleich ausgeführt wurde, dass mit dieser Anzeige gemäß § 17a Abs. 3 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin als gestellt und eingebracht gelte. Mit Bescheid vom 05.11.2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz ab, erteilte der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen die minderjährige Drittbeschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan und legte für die freiwillige Ausreise eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.03.2021, GZ.: W220 2237908-1/6E, als unbegründet abgewiesen.

Am 19.05.2021 stellten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin für sich selbst sowie für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin die gegenständlichen zweiten Anträge auf internationalen Schutz.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin machten für sich selbst sowie für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin zur Begründung ihrer gegenständlichen zweiten Anträge auf internationalen Schutz dasselbe Vorbringen geltend, welches sie bereits im Verfahren über ihre rechtskräftig negativ entschiedenen ersten Anträge auf internationalen Schutz erstattet hatten, bzw. bezogen sich auf ein Fortbestehen dieses Vorbringens.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl setzte sich nicht mit dem Kindeswohl bzw. der Rückkehrsituation der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin und ihrer besonderen Vulnerabilität auseinander. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl berücksichtigte die Situation der Beschwerdeführer als Familie mit einem Kleinkind im Hinblick auf die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in den gegenständlich angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen zur allgemein volatilen Sicherheitslage in Afghanistan und der Ankündigung des Abzugs der verbleibenden US-amerikanischen Truppen bis 11.09.2021 durch US-Präsident Joe Biden im April 2021 nicht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den Verfahren der Beschwerdeführer ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten der Beschwerdeführer.

Die bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl getroffenen Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus Einsichtnahmen in die vorgelegten Verwaltungsakten betreffend die ersten Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz sowie die vorliegenden Gerichtsakten betreffend die ersten Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz, insbesondere in die Protokolle der Erstbefragungen vom 18.12.2015, der niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 11.10.2016, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 08.10.2019 und die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.02.2020, GZ.: W275 2183558-1/13E u.a. betreffend den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin und vom 16.03.2021, GZ.: W220 2237908-1/6E betreffend die minderjährige Drittbeschwerdeführerin in Verbindung mit den Aussagen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren, wonach sie im vorangegangenen Verfahren über ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz angegeben hätten, weggelaufen zu sein, ohne verheiratet zu sein. Ihre alten Fluchtgründe würden aufrecht bleiben und auch für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin gelten; ihre neuen Fluchtgründe seien, dass sie aus Afghanistan geflüchtet wären, ohne verheiratet zu sein; im Fall einer Rückkehr würden sowohl sie selbst als auch die minderjährige Drittbeschwerdeführerin getötet werden, weil nach islamischem Recht ein uneheliches Kind nicht akzeptiert würde und es nach islamischem Recht verboten sei, mit einer Frau zu flüchten, ohne verheiratet zu sein (AS 24 und 221 im Verwaltungsakt des Erstbeschwerdeführers; AS 24 und 225 im Verwaltungsakt betreffend die Zweitbeschwerdeführerin). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte in den angefochtenen Bescheiden zutreffend aus, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sich damit nach wie vor auf das im Vorverfahren erstattete Vorbringen beziehen würden und die Bedrohungen lediglich durch die Begründung, dass sie nun eine in Österreich geborene Tochter, die minderjährige Drittbeschwerdeführerin, hätten, welche in Afghanistan keine Zukunft habe bzw. dass diese getötet würde, weil der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin nicht verheiratet seien, erweitert hätten.

Die Feststellungen zur unterlassenen Auseinandersetzung mit dem Kindeswohl und der Rückkehrsituation der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin sowie der Situation der Beschwerdeführer als Familie mit einem Kleinkind im Hinblick auf die Feststellungen zur Sicherheitslage in Afghanistan und dem verkündeten Truppenabzug ergeben sich aus den gegenständlich angefochtenen Bescheiden selbst, denen diesbezüglich keinerlei Erwägungen zu entnehmen sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerden sind zulässig und rechtzeitig.

3.2. Zu A) I. Abweisung der Beschwerden gegen die Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten wegen entschiedener Sache:

3.2.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10.; vgl. auch VfSlg. 19.882/2014).

In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).

Bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung – obgleich auch diese Möglichkeit besteht – nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die – falls feststellbar – zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

3.2.2. Wie festgestellt bzw. beweiswürdigend dargelegt, machten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin für sich selbst sowie für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin zur Begründung ihrer gegenständlichen zweiten Anträge auf internationalen Schutz dasselbe Vorbringen geltend, welches sie bereits im Verfahren über ihre rechtskräftig negativ entschiedenen ersten Anträge auf internationalen Schutz erstattet hatten, bzw. bezogen sich auf ein Fortbestehen dieses Vorbringens. Die Beschwerdeführer erhielten damit die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrecht und beriefen sich auf diese, sodass nach der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung kein geänderter Sachverhalt vorliegt. Die Beschwerdeführer machten im gegenständlichen Verfahren kein neues Fluchtvorbringen geltend.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Angaben der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über die ersten Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom vom 17.02.2020, GZ.: W275 2183558-1/13E u.a., betreffend den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin und vom 16.03.2021, GZ.: W220 2237908-1/6E, betreffend die minderjährige Drittbeschwerdeführerin, festgestellt werden kann.

3.2.3. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG kann das Bundesverwaltungsgericht unbeschadet des Abs. 7 über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt (§ 17) oder der diese vom Bundesamt aberkannt wurde (§ 18), und über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Die Verhandlungspflicht im Zulassungsverfahren - wozu auch Beschwerden gegen eine vor Zulassung des Verfahrens ausgesprochene Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 68 AVG zählen - folgt besonderen Verfahrensvorschriften, nämlich § 21 Abs. 3 und Abs. 6a BFA-VG (zur Auslegung dieser Sondervorschriften vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2016/19/0072; 25.8.2017, Ra 2017/18/0243; 5.3.2018, Ra 2018/20/0062).

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich in seiner Beurteilung der Richtigkeit der von der Behörde vorgenommenen Zurückweisung der Folgeanträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ausschließlich auf die nachvollziehbaren Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden gestützt, welche im Einklang mit der unstrittigen Aktenlage stehen und auch in sonstiger Hinsicht nicht in Zweifel zu ziehen waren.

Die Behörde hat in den angefochtenen Bescheiden aufgezeigt, dass das nunmehrige Vorbringen der Beschwerdeführer bezüglich ihrer Fluchtgründe keine Neuerung darstellt. Auch die Beschwerde hat keinen seit rechtskräftigem Abschluss der vorangegangenen Verfahren neu entstandenen Sachverhalt hinsichtlich der Fluchtgründe der Beschwerdeführer aufgezeigt. Insofern wurden diesbezüglich keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall in Bezug auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisungen der Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

3.3. Zu A) II. Behebung der Spruchpunkte II. bis VI. der angefochtenen Bescheide und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl:

3.3.1. Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Ein Antrag auf internationalen Schutz richtet sich somit auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und daher sind auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 2 BFA-VG ist der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen (Satz 1 leg. cit.).

Bei § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG handelt es sich um eine von § 28 Abs. 3 erster und zweiter Satz VwGVG abweichende Regelung, die auf die Besonderheiten des asylrechtlichen Zulassungsverfahrens Bedacht nimmt, indem die Möglichkeit, aber auch die Verpflichtung zur Fällung einer zurückverweisenden Entscheidung im Fall einer Beschwerde gegen einen im asylrechtlichen Zulassungsverfahren erlassenen Bescheid allein an die in § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG genannten Voraussetzungen geknüpft ist (VwGH 25.02.2019, Ra 2018/18/0401). Diese Sonderbestimmung gelangt für sämtliche Beschwerden im Zulassungsverfahren, wozu auch Beschwerden gegen eine vor Zulassung des Verfahrens ausgesprochene Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 68 AVG zählt, zur Anwendung (vgl. VwGH 21.3.2018, Ro 2018/18/0001). Zudem ergibt sich aus der erkennbaren Bezugnahme auf den ersten Satz des § 21 Abs. 3 BFA-VG, dass (auch) mit einer solchen Entscheidung die Rechtsfolge der Zulassung des Asylverfahrens einhergeht (VwGH 02.05.2018, Ra 2017/18/0433).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erkannt, dass immer dann, wenn der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Ermittlungsmängel anhaften, die nicht vom Bundesverwaltungsgericht in der für die Erledigung gebotenen Eile beseitigt werden können, der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattzugeben ist. Ist hingegen davon auszugehen, dass das Bundesverwaltungsgericht die Ermittlungsmängel rasch und ohne größeren Aufwand selbst beseitigen kann, hat es von einer Beschwerdestattgebung nach § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG Abstand zu nehmen und die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens (samt der Feststellung allfällig fehlenden Sachverhaltes) selbst vorzunehmen. Dabei hat es sich bei der Beurteilung gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG im Rahmen der Ermessensübung, ob eine Verhandlung durchzuführen ist, auch davon leiten zu lassen, ob die vorhandenen Ermittlungsmängel zweckmäßigerweise durch im Rahmen der Verhandlung vorzunehmende Beweisaufnahmen beseitigt werden können (etwa wenn es gilt, allein die Glaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers einer näheren Beurteilung zu unterwerfen; siehe z. B. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0356).

Einer behebenden Entscheidung im Sinn des § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG muss sohin auch - unter Überbindung der Rechtsansicht - entnommen werden können, welche Mängel bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde unterlaufen sind. Zudem hat das Verwaltungsgericht in seiner Begründung offenzulegen, warum es nicht in der Lage ist, die Ermittlungsmängel in der für die Erledigung des - im Rahmen des asylrechtlichen Zulassungsverfahrens abzuwickelnden Beschwerdeverfahrens - gebotenen Eile zu beseitigen (vgl. VwGH 30.5.2017, Ra 2017/19/0017).

3.3.2. Da die Verfahren der Beschwerdeführer nicht zugelassen wurden, ist § 21 Abs. 3 BFA-VG grundsätzlich anwendbar.

Wie festgestellt, setzte sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht mit dem Kindeswohl bzw. der konkreten Rückkehrsituation der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin und ihrer besonderen Vulnerabilität auseinander und berücksichtigte die erschwerte Situation der Beschwerdeführer als Familie mit einem Kleinkind im Hinblick auf die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in den gegenständlich angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen zur nunmehr verschärften aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan und der Ankündigung des Abzugs der verbleibenden US-amerikanischen Truppen bis 11.09.2021 durch US-Präsident Joe Biden im April 2021 nicht. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wäre gehalten gewesen, den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin konkret zu der sie aktuell zu erwartenden Rückkehrsituation als Familie mit einem Kleinkind zu befragen, das Kindeswohl in seine Erwägungen zu einer möglichen Rückkehr einzubeziehen und sich in diesem Zusammenhang überdies von Amts wegen mit den erwähnten aktuellen Feststellungen zur derzeitigen kritischen Sicherheitslage unter Berücksichtigung des Wiedererstarkens der Taliban und des Truppenabzugs auseinanderzusetzen. Wie der Verfassungsgerichtshof nämlich beispielsweise zuletzt in seinem ebenfalls eine dreiköpfige Familie mit minderjährigem Kind betreffenden Erkenntnis vom 08.06.2021, GZl: E 974-976/2021-9, ausgeführte, genügt es nunmehr im Fall einer Prüfung der Zumutbarkeit der Rückführung einer besonders vulnerablen Personengruppe im Rahmen der Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht mehr, bloße ,,familiäre Anknüpfungspunkte“ für den Ort der Rückführung festzustellen, sondern sind die konkreten Kontakte der beschwerdeführenden Parteien zu diesen Verwandten bzw. deren finanzielle Situation näher zu prüfen. Derartige Ermittlungen hat das Bundesamt jedoch nicht einmal ansatzweise getroffen.

Im Anschluss an diese erforderlichen Ermittlungen wäre sodann zu prüfen gewesen, ob bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten eine Sachverhaltsänderung vorliegt, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen im konkreten Fall rechtlich Relevanz zukommt.

Aus diesen Ausführungen folgt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den für die Beurteilung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten relevanten Sachverhalt so mangelhaft ermittelt hat, dass die Durchführung einer weiterer niederschriftlichen Einvernahme des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin unter Berücksichtigung ihrer Situation als Familie mit einem minderjährigen Kind im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen zur nunmehr verschärften Sicherheitslage in Afghanistan, unvermeidlich erscheint.

Es liegen daher gravierende Ermittlungsmängel vor, sodass das Bundesverwaltungsgericht nicht nur ergänzende Ermittlungen vorzunehmen hätte, sondern den maßgeblichen Sachverhalt erst ermitteln müsste (vgl. VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0115, mwH). Vor diesem Hintergrund erachtet das erkennende Gericht es unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit gerechtfertigt, nach § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG vorzugehen, den Bescheid zu beheben und der belangten Behörde, die in diesem Zulassungsverfahren näher am Beweis ist, die weitere Befragung zu überlassen. Da die vorliegenden Ermittlungsmängel nicht in der gebotenen Eile durch das Bundesverwaltungsgericht beseitigt werden konnten, war der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattzugeben. Eine Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht hat diesfalls zu unterbleiben (VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0356).

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungsmangel Ermittlungspflicht Folgeantrag Identität der Sache Kassation Kindeswohl mangelnde Sachverhaltsfeststellung non-refoulement Prüfung Prozesshindernis der entschiedenen Sache Rückkehrentscheidung behoben Rückkehrsituation Sicherheitslage Zulassungsverfahren Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W220.2183631.2.00

Im RIS seit

29.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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