TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/16 W117 2243922-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.08.2021
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Entscheidungsdatum

16.08.2021

Norm

AVG §19
AVG §74
B-VG Art133 Abs4
FPG §46 Abs2a
FPG §46 Abs2b
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §17
VwGVG §22 Abs3
VwGVG §35

Spruch


W117 2243922-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RAin Dr. Emelle EGLENCEOGLU, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.06.2021, Zl. 362566304-210542814 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG sowie gemäß § 13 Abs. 2 iVm § 22 Abs. 3 erster Fall VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II. Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Kostenersatz wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Gegen den Beschwerdeführer (in der Folge: BF) wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 17.01.2020 gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und ihm gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. (Spruchpunkt IV). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 07.02.2020 fristgerecht Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG).

Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 14.02.2020 wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit hg. Erkenntnis vom 23.04.2021 (L510 2228495-1/22E) wies das BVwG die Beschwerde als unbegründet ab, bestätigte die Entscheidung der Behörde und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

Mit Schriftsatz vom 30.04.2021 beantragte der BF die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 23.04.2021.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 16.06.2021 wurde dem BF gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG aufgetragen, am 25.06.2021 um 10 Uhr persönlich beim BFA, XXXX , zu erscheinen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken. Im Konkreten habe der BF dem BFA seinen Reisepass im Original vorzulegen und seien vom BF darüber hinaus der gegenständlich angefochtene Bescheid sowie in seinem Besitz befindliche relevante Dokumente mitzubringen: Reisepass, Ausweise, Urkunden und sonstige seine Identität oder Staatsangehörigkeit bescheinigenden Dokumente. Wenn der BF diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass eine Haftstrafe von 14 Tagen über ihn verhängt werde (Spruchpunkt I.). Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).

Begründend führte die Behörde aus, dass gegen den BF seit 23.04.2021 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung bestehe und dieser seiner Verpflichtung zur Ausreise bislang nicht nachgekommen sei. Der BF verfüge über ein gültiges Reisedokument und sei seine Mitwirkung am Verfahren zur Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme unerlässlich. Da der BF über keinerlei Vermögen verfüge, sei die Erfüllung des Auftrages nur durch die Androhung einer Haftstrafe von 14 Tagen zu erreichen. Der weitere unrechtmäßige Aufenthalt des BF stehe dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen entgegen und liege diesbezüglich Gefahr im Verzug vor, sodass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen sei.

Dieser Bescheid wurde dem BF am 22.06.2021 persönlich zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 28.06.2021 erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung vollumfänglich Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 16.06.2021. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die beantragte schriftliche Ausfertigung des hg. Erkenntnisses vom 23.04.2021 (Anm.: Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot) dem BF bislang nicht zugestellt worden sei, weshalb er auch noch keine ao. Revision an den Verwaltungsgerichtshof (in der Folge: VwGH) und/oder Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (in der Folge: VfGH) einbringen habe können. Das Erkenntnis sei daher – entgegen den Feststellungen im angefochtenen Bescheid – jedenfalls noch nicht rechtskräftig und die Rückkehrentscheidung aufgrund der vom BVwG zuerkannten aufschiebenden Wirkung auch noch nicht durchsetzbar. Der Bescheid hätte daher gar nicht erlassen werden dürfen und sei somit von Amts wegen aufzuheben. Beantragt wurde die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie der Ersatz der Aufwendungen durch die belangte Behörde. Darüber hinaus beantragte der BF, der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, in eventu die Frist für die freiwillige Ausreise bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Verfahren vor dem VwGH/VfGH zu verlängern.

Das BFA legte dem BVwG die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt, einlangend am 01.07.2021, vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Am 01.07.2021 erfolgte die schriftliche Ausfertigung des hg. Erkenntnisses vom 23.04.2021 (L510 2228495-1/22E) durch das BVwG und wurde diese dem BF am 02.07.2021 zugestellt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

I. Sachverhalt:

Der oben geschilderte Verfahrensgang wird zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt erhoben.

Der BF ist türkischer Staatsangehöriger, seine im Spruch angeführte Identität steht fest.

Derzeit absolviert der BF in Österreich eine Ausbildung als Lehrling zum Stuckateur und Trockenbauer. Er befindet sich im dritten Lehrjahr, seinen Lebensunterhalt finanziert er durch den Bezug einer entsprechenden Lehrlingsentschädigung. Er hat in Österreich – aufgrund von Gerichts- und Verwaltungsstrafen sowie Schmerzensgeld- und Schadenersatzforderungen – Schulden in unbekannter Höhe und wird gelegentlich finanziell von seinen Eltern unterstützt. Der BF ist ledig und hat keinerlei Sorge- und Unterhaltsverpflichtungen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über Vermögen im Bundesgebiet verfügt.

Gegen den BF besteht seit 23.04.2021 eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeende Maßnahme (Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot in der Dauer von acht Jahren), die seit dem 08.05.2021 auch durchführbar ist.

Der BF ist seiner Ausreiseverpflichtung bislang nicht nachgekommen. Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet ist unrechtmäßig.

Der BF verfügte zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung über ein (bis 14.07.2021) gültiges Reisedokument (türkischer Reisepass).

Der BF wurde in Österreich bereits zehnmal, zuletzt am 13.10.2020, strafgerichtlich verurteilt.

Der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides erschien zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und jenen des BF wegen Gefahr im Verzug dringend geboten.

II. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, in den verfahrensgegenständlichen Gerichtsakt und in den Gerichtsakt des BVwG betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 17.01.2020 (Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot; hier insbesondere die schriftliche Ausfertigung des hg. Erkenntnisses vom 23.04.2021, GZ: L510 2228495-1/22E) sowie in das österreichische Strafregister, in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und in das Zentrale Melderegister.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt, ebenso die Feststellungen zur Identität des BF.

Die Feststellungen zur Ausbildung des BF, bzw. seinem Einkommen und seinen Vermögensverhältnissen im Bundesgebiet stützen sich auf den Inhalt der schriftlichen Ausfertigung des hg. Erkenntnis vom 23.04.2021 (L510 2228495-1/22E).

Dass gegen den BF – entgegen den Ausführungen in der Beschwerde – seit 23.04.2021 eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeende Maßnahme besteht, ist das Ergebnis einer rechtlichen Beurteilung, weshalb hierauf unter Pkt. III. noch näher einzugehen sein wird. Dass diese seit 08.05.2021 auch durchführbar ist, ergibt sich daraus, dass die dem BF gewährte 14-tägige Frist zur freiwilligen Ausreise am 07.05.2021 endete.

Dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung bislang nicht nachgekommen ist und sein Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig ist, ist dem aktuellen Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister zu entnehmen; ebenso, dass der BF zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung über ein (bis 14.07.2021) gültiges Reisedokument verfügte.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF sind aus dem eingeholten Auszug aus dem österreichischen Strafregister ersichtlich.

Hinsichtlich der Feststellung, wonach der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung dringend geboten erschien, folgt das erkennende Gericht den Ausführungen der belangten Behörde im Mitwirkungsbescheid und wird auf die Rechtmäßigkeit der vom BFA vorgenommenen Interessenabwägung unter Pkt. III. noch näher Bezug genommen.

Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

III. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht im Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 11 VwGVG sind, soweit in diesem und im vorangehenden Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in den dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im FPG 2005 enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des FPG 2005 idgF samt jenen Normen, auf welche das FPG 2005 verweist, anzuwenden.

Zu Spruchteil A):

Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt I.):

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 52 Abs. 8 Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, wird eine Rückkehrentscheidung (außer im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG) mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde.

Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Gemäß § 46 Abs. 2a FPG ist das Bundesamt jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

§ 46 Abs. 2b FPG sieht vor, dass die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden kann. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.

Der mit „Ladungen“ betitelte § 19 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, lautet:

§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Eine einfache Ladung erfolgt durch Verfahrensanordnung.

Gemäß § 56 AVG hat der Erlassung eines Bescheides, wenn es sich nicht um eine Ladung (§ 19) oder einen Bescheid nach § 57 handelt, die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar gegeben ist, nach den §§ 37 und 39 voranzugehen.

Gemäß § 3 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist das Bundesamt zur Vollstreckung der von ihm erlassenen Bescheide sowie der vom Bundesverwaltungsgericht ausgefertigten Erkenntnisse und Beschlüsse in den Angelegenheiten seines sachlichen Wirkungsbereichs zuständig. Es gilt das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53/1991. Die in diesem Bundesgesetz, im AsylG 2005 und im FPG eingeräumten besonderen Zwangsbefugnisse bleiben unberührt.

Gemäß § 2 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53/1991 idgF, haben die Vollstreckungsbehörden bei der Handhabung der in diesem Bundesgesetz geregelten Zwangsbefugnisse an dem Grundsatz festzuhalten, dass jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden ist.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. dürfen Geldleistungen nur insoweit zwangsweise eingebracht werden, als dadurch der notwendige Unterhalt des Verpflichteten und der Personen, für die er nach dem Gesetz zu sorgen hat, nicht gefährdet wird.

§ 5 VVG normiert zu „Zwangsstrafen“ wie folgt:

(1) Die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt, wird dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

(2) Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.

(3) Die Zwangsmittel dürfen in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.

(4) Die Vollstreckung durch Geldstrafen als Zwangsmittel ist auch gegen juristische Personen mit Ausnahme der Körperschaften des öffentlichen Rechts und eingetragene Personengesellschaften zulässig.

Der mit „Aufschiebende Wirkung“ betitelte § 13 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, lautet:

§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(4) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Gleichzeitig hat die Behörde den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen sind. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

§ 22 Abs. 3 VwGVG normiert:

Das Verwaltungsgericht kann Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

Zur Rechtskraft und Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den BF:

Gegen den BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.01.2020 eine Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot erlassen, die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des BVwG vom 23.04.2021 abgewiesen.

Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte (und damit auch des BVwG) werden mit ihrer Erlassung (formell und materiell) rechtskräftig. Damit ist das ihnen jeweils zugrundeliegende Beschwerdeverfahren beendet. Dass noch die Frist zur Erhebung einer Revision an den VwGH offen ist, ändert daran nichts (vgl. VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0111).

Die gegen den BF erlassene Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot ist demnach seit 23.04.2021 rechtskräftig und daher gemäß § 52 Abs. 8 FPG auch durchsetzbar. Da dem BF eine 14-tägige Frist (folglich bis 07.05.2021) für die freiwillige Ausreise gewährt wurde, ist dieser im Sinne des § 52 Abs. 8 FPG seit 08.05.2021 zur Ausreise verpflichtet. Die gegen den BF verhängte aufenthaltsbeendende Maßnahme war daher zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits durchführbar.

Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Ladungsbescheides:

Gemäß § 46 Abs. 2b FPG gelten § 19 Abs. 2 bis 4 und § 56 AVG sinngemäß. Derartige Bescheide bedürfen daher keiner vollen Begründung iSd § 60 AVG und keines vollen Ermittlungsverfahrens iSd §§ 37 und 39 AVG. Es reicht daher aus, die wesentlichen Merkmale, dh die konkrete Verpflichtung und Ladungsdaten iSd § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 Abs. 2 AVG und die mögliche Zwangsfolge im Fall der Nichteinhaltung iSd § 46 Abs. 2b FPG iVm § 19 Abs. 3 AVG festzuhalten (vgl. VwGH 28.04.2011, 2009/11/0089; Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 90 [Stand 01.07.2005, rdb.at], § 19 Rz 12 [Stand 01.01.2014, rdb.at]).

Der konkrete Gegenstand der Amtshandlung ist in der Ladung kurz und deutlich zu bezeichnen, dh die Behörde hat sich einer Ausdrucksweise zu bedienen, die zweifelsfrei klarmacht, welche Amtshandlung ihr vorschwebt (vgl. VwGH 28.6.2001, 2001/11/0134), bzw. ist im Ladungsbescheid der Gegenstand der geplanten Amtshandlung offenzulegen, um dem Betreffenden die Gelegenheit zu geben, sich genügend auf diesen Gegenstand der Ladung vorzubereiten (vgl. VwGH 06.03.2014, 2012/11/0099).

Im angefochtenen Ladungsbescheid wird der Ort und die Zeit sowie unter Hinweis auf § 46 Abs. 2a FPG der Gegenstand der Amtshandlung bezeichnet; weiters wird angegeben, in welcher Eigenschaft der BF geladen wird, dass er persönlich zu erscheinen hat, welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind und welche Rechtsfolgen an ein unentschuldigtes Fernbleiben geknüpft sind.

Insoweit entspricht der angefochtene Ladungsbescheid den Inhaltserfordernissen des § 19 Abs. 2 AVG.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist – da der Bescheid mit einer Ladung vor das Bundesamt verbunden wurde – nach Maßgabe des § 19 Abs. 1 AVG überdies zu prüfen, ob der BF seinen Aufenthalt im Amtsbereich der belangten Behörde hat und ob sein Erscheinen nötig ist:

Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG ist das Bundesamt Behörde nach diesem Bundesgesetz mit bundesweiter Zuständigkeit. Der BF hat seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, sodass die Voraussetzung des Aufenthaltes im Amtsbereich der belangten Behörde erfüllt ist.

Zudem setzt die Rechtmäßigkeit der vorliegenden Ladung voraus, dass sie "nötig" im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG ist. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH obliegt die Beurteilung, ob zur Erreichung des mit einer Ladung verfolgten Zwecks ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auch auf andere Weise erreicht werden kann, grundsätzlich der Behörde (zu Ladungen in Angelegenheiten nach dem FPG vgl. VwGH 17.07.2008, 2008/21/0055 und 2008/21/0386). So hat der VwGH in seinem Judikat vom 20.01.1992, 91/19/0326, hervorgehoben, dass die Beurteilung der Frage, ob zur Erreichung des mit der Ladung verfolgten Zweckes ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auf andere Weise erreicht werden kann, allein der Behörde und nicht auch der Partei obliege.

Das BVwG hat mit seiner (mündlich verkündeten) Entscheidung vom 23.04.2021 rechtskräftig die von der Behörde erlassene Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot bestätigt und dem BF eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Dieser Ausreiseverpflichtung ist der BF bislang nicht nachgekommen. Im Hinblick auf die Ausreiseunwilligkeit des BF und darauf, dass das zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung zwar noch gültige Reisedokument des BF wenig später (mit 14.07.2021) abzulaufen drohte (bzw. mittlerweile abgelaufen ist), schien (bzw. scheint) das persönliche Erscheinen des BF vor dem BFA zum Zweck der Sicherstellung des (damals noch) gültigen Reisedokumentes, bzw. zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes jedenfalls nötig, um eine allfällige Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat zeitnah zu gewährleisten.

Dass der BF in der Zwischenzeit über ein über den 14.07.2021 hinausgehend gültiges Reisedokument verfügen würde und dieses gültige Reisedokument bzw. ein sonstiges, mit Lichtbild versehenes Dokument bei der belangten Behörde bereits vorgelegt hätte, lässt sich den Beschwerdeausführungen nicht entnehmen, sodass nicht erkannt werden kann, warum eine persönliche Vorsprache des BF beim BFA zur Sicherstellung des damals noch gültigen Reisedokumentes, bzw. zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes, nicht notwendig gewesen wäre.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH (vgl. hierzu etwa das Erkenntnis vom 23.03.2017, Ro 2017/21/0005) trifft den BF nach dem Gesetz eine Mitwirkungspflicht im erforderlichen Umfang. Diese Mitwirkungspflicht ist weitreichend und umfasst jedenfalls die Herausgabe aller Dokumente und die Mitwirkung an der Feststellung der Identität und Staatsbürgerschaft. Die Mitwirkungspflicht wird auch die Mitwirkung an der Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes, zum Beispiel die Leistung einer Unterschrift oder die Abgabe von Fingerabdrücken und dergleichen sowie eines Passfotos zur Ausstellung eines rechtsgültigen Reisedokumentes umfassen. Andererseits darf die, wenn auch weitreichende, Mitwirkungspflicht nicht überspannt werden. Eine Mitwirkungspflicht entbindet die belangte Behörde grundsätzlich nicht von ihrer Verpflichtung, die ihr vom Gesetz auferlegten Aufgaben zu erfüllen.

Im vorliegenden Fall können keine anzuerkennenden Gründe dafür erblickt werden, dass dem BF das Erscheinen vor der Behörde und die dargestellte Mitwirkung an von der Behörde näher bestimmten Verfahrensschritten zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes gänzlich unmöglich oder unzumutbar wäre.

Im Hinblick auf die Beschwerdeausführungen zur (angeblich nicht vorliegenden) Rechtskraft und Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung ist anzumerken, dass – abgesehen davon, dass (wie den Erläuterungen weiter oben zu entnehmen ist) gegenständlich zum Zeitpunkt der Erlassung des Mitwirkungsbescheides sehr wohl eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeende Maßnahme vorlag – bloße Vorbereitungen der belangten Behörde für eine allfällige Abschiebung, konkret die Erlangung eines Ersatzreisedokuments, unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig sind, solange nicht feststeht, dass eine Ausreiseverpflichtung nicht besteht (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0354 Rz 9 mwN).

Zur Androhung einer Zwangsstrafe gemäß § 19 Abs. 3 AVG:

Dem BF wurde der angefochtene Bescheid, in welchem für den Fall der unentschuldigten Nichtfolgeleistung eine Zwangsstrafe angedroht wurde, entsprechend den Bestimmungen des § 19 Abs. 3 AVG zu eigenen Handen zugestellt; er ist daher rechtmäßig erlassen worden.

Es ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen, dass der BF aus wichtigen Gründen verhindert, oder es ihm unmöglich gewesen wäre, die ihm auferlegten Pflichten zu erfüllen.

Sinn einer (angedrohten) Zwangsstrafe ist es, einen dem Willen der Behörde entgegenstehenden Willen des Geladenen zu brechen; sie dient nur dazu, die Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung zu erzwingen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 19 Rz 23 [Stand 1.1.2014, rdb.at]).

Dass der Gesetzgeber sich auch bei den im Fremdenrecht verhängbaren Zwangsmitteln auf das VVG stützen wollte, geht aus den Erläuterungen zum Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 (FrÄG 2017) hervor (2285/A XXV. GP).

Darüber hinaus normiert auch § 3 Abs. 3 BFA-VG (auf den wiederum § 46 Abs. 2b FPG verweist) die Anwendbarkeit des VVG bei der Vollstreckung der vom BFA erlassenen Bescheide sowie der vom Bundesverwaltungsgericht ausgefertigten Erkenntnisse und Beschlüsse in den Angelegenheiten des sachlichen Wirkungsbereichs des Bundesamtes.

Aus verwaltungsvollstreckungsrechtlicher Betrachtung handelt es sich bei dem angefochtenen Bescheid um den Titelbescheid, in welchem dem BF eine unvertretbare Leistung vorgeschrieben wird, welche wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit von einem Dritten nicht bewerkstelligt werden kann, nämlich die höchstpersönliche Pflicht des Erscheinens am 25.06.2021 um 10 Uhr beim BFA, XXXX , um an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken (§ 5 Abs. 1 VVG).

Gemäß § 2 Abs. 1 VVG ist jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden. Gemäß § 5 Abs. 3 VVG dürfen Zwangsmittel in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.

Im vorliegenden Fall hat die Behörde dem BF – unter Annahme der Mittellosigkeit des BF –gemäß § 19 Abs. 3 AVG eine Haftstrafe von 14 Tagen als Zwangsstrafe angedroht.

Zwar mangelt es dem Bescheid an konkreten Ausführungen zur festgestellten Mittellosigkeit, aus der schriftlichen Ausfertigung des hg. Erkenntnis vom 23.04.2021 (L510 2228495-1/22E) ergibt sich jedoch, dass der BF lediglich eine Lehrlingsentschädigung bezieht und darüber hinaus Schulden in Österreich hat. Da die Behörde auch nicht festzustellen vermochte, dass der BF über etwaiges Vermögen im Bundesgebiet verfügt, erscheint die Feststellung der Mittellosigkeit des BF im angefochtenen Bescheid durchaus nachvollziehbar.

Die Behörde ging daher nach Ansicht des erkennenden Gerichts zu Recht davon aus, dass der BF mittellos und die Verhängung einer Geldstrafe somit nicht zielführend ist, weil eine solche nicht einbringlich wäre. Das BFA erachtete folgerichtig eine Haftstrafe als das einzig taugliche Zwangsmittel. Da der bereits wiederholt strafgerichtlich verurteilte BF seiner seit 23.04.2021 bestehenden Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet innerhalb der ihm gewährten Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachgekommen ist, erscheint im vorliegenden Fall die verhängte Haftstrafe im Ausmaß von 14 Tagen zur Zielerreichung (Erfüllung des Auftrages zur persönlichen Vorsprache zwecks Erlangung eines Ersatzreisedokumentes) als notwendig und verhältnismäßig. Das Ausmaß der Haftstrafe übersteigt auch das im § 5 Abs. 3 VVG festgelegte Höchstmaß nicht. Das BVwG geht somit davon aus, dass die Androhung einer Haftstrafe im Ausmaß von 14 Tagen rechtmäßig war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG abzuweisen.

Zum Antrag des BF auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 22 Abs. 3 erster Fall VwGVG kann das Verwaltungsgericht Bescheide gemäß § 13 VwGVG – ein solcher liegt in Hinblick auf Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vor – auf Antrag einer Partei – ein solcher wurde in der Beschwerde gestellt – aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

Letzteres ist nicht der Fall, da nicht zu erkennen ist, dass sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, entscheidungsrelevant geändert haben. Insbesondere wurde in diesem Zusammenhang kein substantiiertes Beschwerdevorbringen erstattet.

Das erkennende Gericht folgt aber auch der Begründung der belangten Behörde zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung, wonach der weitere unrechtmäßige Aufenthalt des BF im Bundesgebiet klar dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen widerspricht und der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides nach Vornahme der gebotenen Interessenabwägung – insbesondere im Hinblick auf die wiederholte Straffälligkeit des BF – wegen Gefahr im Verzug (dies insbesondere im Hinblick auf den zum Zeitpunkt der Erlassung des Mitwirkungsbescheides unmittelbar bevorstehenden Ablauf der Gültigkeit des Reisepasses des BF) zum Zeitpunkt der Erlassung des Mitwirkungsbescheides dringend geboten war.

Hinzu kommt, dass sich aufgrund der unter Einem ergehenden Entscheidung in der Sache selbst eine Aufhebung oder Abänderung des Bescheids in diesem Umfang faktisch erübrigt (vgl. zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses, sobald das Verwaltungsgericht über die Beschwerde in der Hauptsache entschieden hat etwa VwGH 07.04.2016, Ro 2015/03/0046).

Der Antrag auf Zuerkennung der (ausgeschlossenen) aufschiebenden Wirkung der Beschwerde war daher gemäß § 13 Abs. 2 iVm § 22 Abs. 3 erster Fall VwGVG abzuweisen.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sichaus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

Zur Zurückweisung des Kostenbegehrens (Spruchpunkt II.):

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 74 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu tragen. In § 35 VwGVG ist lediglich ein Kostenersatzanspruch im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt normiert (vgl. zum im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der Kostenselbsttragung etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018], § 35 VwGVG, Anm. 1 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Mangels einer materienspezifischen Sonderregelung hat jeder Beteiligte, also auch der BF, die ihm im Verfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten (vgl. etwa VwGH 24.07.2008, 2007/07/0100).

Der Antrag des BF auf Kostenersatz war sohin als unzulässig zurückzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil B):

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

aufenthaltsbeendende Maßnahme aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Beugehaft Kostentragung Mitwirkungsauftrag Reisedokument Verhältnismäßigkeit Zumutbarkeit Zurückweisung Zwangsstrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W117.2243922.1.00

Im RIS seit

29.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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