TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/24 W222 2245577-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.08.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z3
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55

Spruch


W222 2245577-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Kenia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3,6 FPG mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf drei Jahre herabgesetzt wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.Verfahrensgang:

Am 01.09.2013 erhielt der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Kenias, von der BH XXXX einen Aufenthaltstitel für „Studierende“ gemäß dem NAG gültig bis 31.08.2014. Der Beschwerdeführer reiste am 04.09.2013 legal mit Visum D, zur Abholung des Aufenthaltstitels „Studierender“ nach Österreich ein.

Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , wurde der BF rechtskräftig wegen der §§ 125, 83, 107(1), 107(2) 1. Fall und 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten bedingt verurteilt. Im Zusammenhang mit der begangenen Straftat wurde am XXXX gegen den Beschwerdeführer von der LPD XXXX ein bis 02.05.2022 gültiges Waffenverbot verhängt.

Der Beschwerdeführer hat am XXXX in XXXX in einem Restaurant lautstark herumgeschrien und dadurch andere Personen belästigt und wurde deshalb wegen § 81 Abs. 1 SPG mit Strafverfügung der LPD XXXX , XXXX , vom XXXX mit € 100 (Ordnungsstörung) bestraft.

Am XXXX hat der Beschwerdeführer trotz eines von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erlassenen Betretungsverbotes, bestätigt von der Sicherheitsbehörde am XXXX eine gemäß § 36a SPG mit Verordnung erlassene Schutzzone XXXX betreten und wurde deshalb mit Strafverfügung der LPD XXXX , XXXX , mit € 150 bestraft.

Seine Verlängerungsanträge für den Aufenthaltstitel „Student“ wurde zuletzt vom Magistrat XXXX bis 05.09.2020 verlängert.

Mit Bescheid des Magistrat XXXX vom XXXX wurde der vom Beschwerdeführer am 09.09.2020 gestellte Aufenthaltstitelverlängerungsantrag rechtskräftig mit 28.01.2021 abgewiesen.

Mit E-Mail vom 05.02.2021 informierte der Magistrat XXXX das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über die rechtskräftige Abweisung und wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegenständliches Verfahren eröffnet. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.02.2021 wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und zur Stellungnahme aufgefordert. Mit Schreiben vom 18.02.2021 brachte der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung eine Stellungnahme ein.

Mit Strafverfügung der LPD XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig mit 30.03.2021 gemäß § 120 Abs. 1a FPG iVm §§ 31 Abs. 1a, 31 Abs. 1 Z 2 FPG wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes mit € 500 bestraft.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 01.04.2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , gab der Beschwerdeführer folgendes an:

„F: Von folgendem Sachverhalt aufgrund der Aktenlage ist auszugehen:

Sie erhielten erstmals mit 01.09.2013 eine Aufenthaltstitel „Student“ von der BH XXXX . Dieser Aufenthaltstitel wurde Ihnen bis zuletzt 05.09.2020 erteilt. Mit Bescheid des Mag. XXXX vom XXXX wurde Ihr Verlängerungsantrag vom 04.09.2020 abgewiesen und erwuchs dieser Bescheid in Rechtskraft.

Sie sind unrechtmäßig in Österreich aufhältig, es ist kein Aufenthaltstitel mehr vorhanden.

Was sagen Sie dazu.

A. Ich habe meinen Antrag gemacht, habe dann nach Aufforderung vom Magistrat Unterlagen der Universität vorgelegt, das war aber offensichtlich dieses mal nicht mehr aussreichend und mein Antrag wurde abgewiesen.

F: Was haben Sie in Österreich studiert.

A: Zuerst XXXX , habe dann im Februar 2020 auf „ XXXX “ gewechselt.

F. Warum sind Sie dann nicht nach der Abweisung Ihres Aufenthaltstitels nicht nach Kenia zurückgekehrt.

A: Ich wusste nicht, ob ich sofort ausreisen muss. Auch studiere ich noch und will mein Studium fertigmachen.

F: Wie oft waren Sie in den letzten 3 Jahren in Kenia

A: Einmal, das war März 2020. Ich war dann aufgrund Corona bis August 2020.

F. Haben Sie einen Aufenthaltstitel für einen sonstigen europäischen Staat, außer Österreich

A. Nein.

F. Stellten Sie jemals in Österreich oder woanders in Europa einen Antrag auf internationalen Schutz.

A. Nein.

F: Haben Sie Verwandte in Kenia.

A: Meine Mutter, 1 Bruder, weitere Verwandte.

F. Wie haben Sie Ihr Studium finanziert.

A. Ich habe viel Cousins und Cousinen in Österreich, die haben mich unterstützt. Ich habe auch gearbeitet.

F: Sind Sie versichert.

A: Es wird ein Versicherungsdatenauszug vorgelegt, wonach XXXX Notstandshilfe bezieht.

F: Haben Sie irgend ein Einkommen.

A: Ca. 250 Euro Notstandshilfe. Ich bekomme für Miete, Essen, wenn ich etwas brauche, von meinen Verwandten etwas Geld.

F: Haben Sie Schulden.

A: Von der Kreditkarte, Euro 500,- Schulden

F: Wie sind Ihre Wohnverhältnisse, haben Sie eine eigene Wohnung.

A: Ich habe ein Zimmer in einem Studentenheim.

F: Wie hoch ist die Miete, Betriebskosten.

A: Euro 265,- für alles.

F: Haben Sie Verwandte in Österreich.

A: Meine hier anwesende Cousine, meine Cousinen XXXX .

F: Haben Sie einen Freundeskreis in Österreich.

A: Viele Freunde, ich arbeite beim Projekt „ XXXX “. Es ist ein unterstützendes Projekt für Flüchtlinge.

Hr. XXXX sagt zu Unterlagen bzgl. des Projektes „ XXXX “ innerhalb von 2 Wochen vorzulegen.

Ich spiele Fußball, wenn es geht. Ich gehe fort mit meinen Freunden, wenn es geht.

F. Sind Sie in einem Verein und/oder gemeinnützig tätig.

A: Nein, nur bei diesem Projekt.

F: Haben Sie Deutschkurse absolviert.

A: Ich habe Deutschprüfung auf B2-Niveau.

F: Sind Sie je einer gerichtlichen Untersuchung als Zeuge oder Opfer einem zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsverfahren oder eine (einstweiligen) gerichtlichen Verfügung in Österreich betroffen gewesen?

A. Nein.

F: Was würde es für Sie bedeuten, wenn Sie Österreich verlassen müssten.

A: Ich habe viele Freunde. Ich kann nicht mehr studieren, ich muss neu anfangen.

F. Wollen Sie ansonsten noch etwas angeben.

A. Ich habe Arbeitserfahrung, ich kann im Gastronomiebereich arbeiten.“

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Kenia zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3, 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Gem. § 55 Absatz 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs.1 Ziffer 5 BFA-Verfahrensgesetz aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Beweiswürdigend hielt das BFA u.a. fest: „Ihre legale Einreise im September 2013 und Ihre Aufenthaltstitel mit Verlängerungen bis zuletzt 05.09.2020 ergibt sich aus dem IZR, die bescheidmäßige, rechtskräftige Abweisung Ihres offensichtlich verspätet eingebrachten Verlängerungsantrages vom 09.09.2020, war aufgrund der Mitteilung des Mag. XXXX , der Strafverfügung der LPD XXXX und des IZR festzustellen.

Das Urteil des LG XXXX vom XXXX , das in diesem Zusammenhang verhängte Waffenverbot, ergeben sich aus dem IZR und die 2 Verwaltungsübertretungen, die zu den Bestrafungen durch die LPD XXXX vom XXXX und XXXX führten, sind aktenevident und liegen auf.

Dass Sie von der LPD XXXX , XXXX vom XXXX , XXXX , rechtskräftig mit 30.03.2021, gem. § 120 Abs. 1a FPG iVm §§ 31 Abs. 1a, 31 Abs. 1 Z2 FPG, wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes mit Euro 500,- bestraft wurden, war der im Akt aufliegenden Strafverfügung und der Mitteilung der LPD XXXX über die Rechtskraft zu entnehmen.

Die Unrechtmäßigkeit Ihres Aufenthaltes ergibt sich aus der Abweisung des Verlängerungsantrages, ansonsten kein andere Aufenthaltsrecht hervorkam und der Feststellung der LPD XXXX in der angeführten Strafverfügung.

Dass Sie in Österreich eine Cousine haben, gaben Sie bei der Befragung am 01.04.2021 an, diese war auch bei der zit. Befragung anwesend, jedoch leben Sie nicht mit dieser zusammen und auch aus Ihren sonstigen Angaben kam ein gegen- oder einseitiges Abhängigkeitsverhältnis nicht ansatzweise hervor. Dass Sie keine sonstigen Familienangehörigen in Österreich haben, auch in keiner Partnerschaft leben, ergibt sich ebenso aus der Befragung am 01.04.2021.

Ein Familienleben konnte somit nicht festgestellt werden.

Ihre Beschäftigungszeiten, zu denen Sie insgesamt nicht einmal 2 Jahre, oftmals nur tageweise und durchgehend bei einem Arbeitgeber zweimal knapp über 4 Monate beschäftigt waren, waren dem Versicherungsdatenauszug, zuletzt vom 18.06.2021 zu entnehmen.

Sie waren beim Verein „ XXXX “ aktiv, dies brachten Sie nachvollziehbar vor, Sie befinden sich auch als Freiwilliger mit Bild auf der Webseite des Vereins.

Es wurde die Webseite am 16.06.2021 besucht, diese existiert noch, es finden sich jedoch keine Aktivitäten des Vereins mehr nach 2017. Auch belegten Sie insgesamt diesbezüglich nicht, welche Aktivitäten Sie genau beim Verein setzten, fest steht für die Behörde auf alle Fälle, dass nach 2017 keine Vereinstätigkeiten, somit auch keine Tätigkeiten, die Sie für den Verein etwaig leisteten, feststellbar waren.

Dass Sie ausreichende Deutschkenntnisse haben, belegten Sie mit der vorgelegten, absolvierten B2-Prüfung und war bei der Befragung am 1.4.2021 erkennbar, bei der die Befragung in Deutsch, mit Unterstützung in Englisch, möglich war.

Sie können weder die Mittel für den Lebensunterhalt noch eine Versicherung nachweisen. Lt. Versicherungsdatenauszug vom 18.06.2021 beziehen Sie weder Notstandshilfe, wie am 1.4.2021 bei der Befragung ausgeführt, noch sind Sie versichert. Andere nachweisliche Einkünfte haben Sie nicht. Sie gaben dazu am 1.4.2021 an, dass Sie von verschiedenen Verwandten unterstützt würden, Beleg brachten Sie dazu ebenso nicht bei. Einen durch etwaig Vertrag, Patenschaftserklärung, Verpflichtungserklärung etc. gesicherten Lebensunterhalt konnten Sie keinesfalls nachweisen.

Wenn Sie am 1.4.2021 angeben, dass Sie Freunde haben, zu denen Sie Kontakt pflegen, zeigt dies ein Privatleben, das jedoch weder in Bezug auf die Freunde, da nicht irgendein besonders berücksichtigungswürdiges Naheverhältnis hervorgeht, noch insgesamt als exzeptionell zu bezeichnen ist, Ihr Privatleben verfügt über keine, über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale.

Dass Sie von März bis August 2020 in Kenia aufhältig waren, führten Sie selbst aus, war auch den Eintragungen des vorgelegten Reisepasses zu entnehmen.

Dieser doch längere Aufenthalt im Heimatland zeigt jedoch auch, dass Ihre Lebensinteressen durchaus auch in Kenia liegen, wo auch Ihre Mutter, ein Bruder und andere Verwandte leben und ein Leben in Kenia durchaus möglich und zur angeführten Zeit praktiziert wurde.

Ihre Verurteilung

Ihr unrechtmäßiger Aufenthalt und die rechtskräftige Bestrafung durch die LDP XXXX wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes sind aktenevident und die diesbezüglichen Unterlagen liegen auf.

Bezüglich der Unterhaltsmittel beziehen Sie lt. Versicherungsdatenauszug vom 18.06.2021 beziehen Sie weder Notstandshilfe, wie am 1.4.2021 bei der Befragung ausgeführt, noch sind Sie versichert. Andere nachweisliche Einkünfte haben Sie nicht. Sie gaben dazu am 1.4.2021 an, dass Sie von verschiedenen Verwandten unterstützt würden, Beleg brachten Sie dazu ebenso nicht bei. Einen durch etwaig Vertrag, Patenschaftserklärung, Verpflichtungserklärung etc. gesicherten Lebensunterhalt konnten Sie keinesfalls nachweisen.

Trotz des Wissens um Ihren unrechtmäßigen Aufenthalt verbleiben Sie in Österreich und sind offensichtlich nicht gewillt auszureisen, um den gesetzmäßigen Zustand herzustellen.

Durch Ihr diesbezügliches Haltung verstießen und verstoßen Sie bewusst und dauerhaft gegen die Normen eines rechtmäßigen Aufenthaltes.

Das Urteil des LG XXXX vom XXXX , das in diesem Zusammenhang verhängte Waffenverbot, ergeben sich aus dem IZR und die 2 Verwaltungsübertretungen, die zu den Bestrafungen durch die LPD XXXX vom XXXX und XXXX führten, sind aktenevident und liegen auf.

Somit stellt Ihr auch sonstiges Gesamtverhalten, weswegen Sie vom Landesgericht XXXX verurteilt, gegen Sie von der LPD XXXX ein Waffenverbot verhängt wurde und Sie zweimal wegen Verwaltungsstrafen bestraft wurden, neben des Verstoßes der einreise- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen, eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar, denn Sie zeigen durch Ihre gesamte Haltung, dass Sie nicht gewillt sind die österreichischen Gesetze und Vorschriften einzuhalten, auch begingen Sie die angeführten Taten und Übertretungen auch innerhalb relativ kurzem Zeitraum.

Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist gemäß § 5 BFA-EinrichtungsG zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszu-gehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den zitierten, unbedenklichen Quellen. Bezüglich der von der erkennenden Behörde getätigten Feststellungen zur allgemeinen Situation in Ihrem Herkunftsland ist festzuhalten, dass diese Kenntnisse als notorisch vorauszusetzen sind. Gemäß § 45 Absatz 1 AVG bedürfen nämlich Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind (so genannte „notorische“ Tatsachen; vergleiche Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13-MSA1998-89) keines Beweises. „Offenkundig“ ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder „allgemein bekannt“ (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch „bei der Behörde notorisch“ (amtsbekannt) geworden ist; „allgemein bekannt“ sind Tatsachen, die aus der alltäglichen Erfahrung eines Durchschnittsmenschen – ohne besondere Fachkenntnisse – hergeleitet werden können (VwGH 23.01.1986, 85/02/0210; vergleiche auch Fasching; Lehrbuch 2 Rz 853). Zu den notorischen Tatsachen zählen auch Tatsachen, die in einer Vielzahl von Massenmedien in einer der Allgemeinheit zugänglichen Form über Wochen hin im Wesentlichen gleich lautend und oftmals wiederholt auch für einen Durchschnittsmenschen leicht überprüfbar publiziert wurden, wobei sich die Allgemeinnotorietät nicht auf die bloße Verlautbarung beschränkt, sondern allgemein bekannt ist, dass die in den Massenmedien verbreiteten Tatsachen auch der Wahrheit entsprechen.

Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.“

Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.Feststellungen

Der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Kenia.

Am 01.09.2013 erhielt der Beschwerdeführer von der BH XXXX einen Aufenthaltstitel für „Studierende“ gemäß dem NAG gültig bis 31.08.2014.

Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX , GZ: XXXX , wurde der BF rechtskräftig wegen der §§ 125, 83, 107(1), 107(2) 1. Fall und 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten bedingt verurteilt. Im Zusammenhang mit der begangenen Straftat wurde am XXXX gegen den Beschwerdeführer von der LPD XXXX ein bis 02.05.2022 gültiges Waffenverbot verhängt.

Der Beschwerdeführer hat am XXXX in XXXX in einem Restaurant lautstark herumgeschrien und dadurch andere Personen belästigt und wurde deshalb wegen § 81 Abs. 1 SPG mit Strafverfügung der LPD XXXX , XXXX , vom XXXX mit € 100 (Ordnungsstörung) bestraft.

Am XXXX hat der Beschwerdeführer trotz eines von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erlassenen Betretungsverbotes, bestätigt von der Sicherheitsbehörde am XXXX eine gemäß § 36a SPG mit Verordnung erlassene Schutzzone XXXX betreten und wurde deshalb mit Strafverfügung der LPD XXXX , XXXX , mit € 150 bestraft.

Mit Bescheid des Magistrat XXXX vom XXXX wurde der vom Beschwerdeführer am 09.09.2020 gestellte Aufenthaltstitelverlängerungsantrag rechtskräftig mit 28.01.2021 abgewiesen.

Mit Strafverfügung der LPD XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig mit 30.03.2021 gemäß § 120 Abs. 1a FPG iVm §§ 31 Abs. 1a, 31 Abs. 1 Z 2 FPG wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes mit € 500 bestraft.

Seine Mutter, sein Bruder sowie weitere Verwandte leben in Kenia. Von März 2020 bis August 2020 hielt sich der BF in seinem Heimatland auf.

In Österreich verfügte der Beschwerdeführer über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte (Cousinen) und hat österreichische Freunde. Er lebt nicht in einer Lebensgemeinschaft. Er beherrscht Deutsch auf dem Niveau B2. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer selbsterhaltungsfähig ist. Er geht keiner Arbeit nach und ist nicht krankenversichert. Der BF hat Schulden in Höhe von 500,-€. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer sich derzeit sozial betätigt.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

1.       Politische Lage

Kenia ist gemäß Verfassung von 2010 eine Präsidialrepublik. Der Staatspräsident verfügt über weitreichende Exekutivvollmachten. Ihm unterstehen sowohl die Regierung als auch die Streitkräfte (AA 1.2017a). Allerdings wurde die Macht des Präsidenten mit der neuen Verfassung eingeschränkt und die Legislative gestärkt (BS 2018; vgl. GIZ 6.2017a). Durch die Bildung von Blöcken und die Polarisierung der Politik konnte sich die Regierung aber substanzielle Kontrolle erhalten (BS 2018). Kenia ist eine Mehrparteiendemokratie mit regelmäßig abgehaltenen Wahlen. Die politischen Rechte und bürgerlichen Freiheiten werden aber durch die umfassende Korruption und die Brutalität der Sicherheitskräfte schwer unterminiert (FH 2018).

Die Verfassung von 2010 sieht auch eine umfassende Dezentralisierung des Landes vor (GIZ 6.2017a). Seit den allgemeinen Wahlen vom 4.3.2013 ist Kenia ein dezentral aufgebautes und verwaltetes Land, das in 47 Counties gegliedert ist. Neben dem Präsidenten und Vizepräsidenten wurden erstmals Gouverneure und Parlamente auf dieser Ebene gewählt (AA 1.2017a; vgl. BS 2018). Die Counties entsenden jeweils einen Vertreter in den neu geschaffenen Senat, welcher die zweite Kammer des Parlaments darstellt (GIZ 6.2017a). Diese Transformation eines hochgradig zentralisierten Staates in eine dezentralisierte Verwaltungsform ist weltweit eines der ambitioniertesten Projekte seiner Art. Signifikante Exekutiv- und Steuerrechte werden den Counties übertragen. Bis auf die Bereiche Sicherheit und Bildung wurde die Verantwortung vom Zentralstaat an die Counties übertragen. Die Dezentralisierung genießt große Popularität in der Bevölkerung (BS 2018), diese erhält derart mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten (GIZ 6.2017a).

Generell ist die politische Lage stabil. Die Zahl der Kenianer, welche ihr Land als vollwertige Demokratie sehen, hat sich von 47 Prozent im Jahr 2012 auf 31,5 Prozent im Jahr 2015 verringert (BS 2018).

Bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 8.8.2017 standen sich die Jubilee-Partei des amtierenden Staatspräsidenten Uhuru Muigai Kenyatta und das oppositionelle Parteienbündnis National Super Alliance (NASA) des ehemaligen Regierungschefs Raila Odinga gegenüber (AI 23.5.2018). Am 11.8.2017 hatte die unabhängige Wahlkommission (IEBC) den Kandidaten der Jubilee Coalition Party, Uhuru Kenyatta, zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt und seine Wiederwahl bestätigt. Der Oppositionskandidat Raila Odinga focht die Wahl vor Gericht an, und der Oberste Gerichtshof hat die Wahl am 1.9.2017 auch tatsächlich aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Übertragung von Ergebnissen der einzelnen Wahllokale annulliert. Das Gericht setzte eine Neuwahl für 26.10.2017 an. Odinga zog sich am 10.10.2017 von der Wahl zurück und rief zum Boykott der Wahl auf. Kenyatta gewann die Neuwahl, die Resultate wurden am 20.11.2017 vom Obersten Gerichtshof bestätigt (USDOS 20.4.2018; vgl. EDA 25.6.2018, AI 23.5.2018, FH 2018). Demnach gewann Präsident Kenyatta die Wahl mit 98 Prozent der abgegebenen Stimmen, die Wahlbeteiligung lag unter 40 Prozent. Im August 2017 war sie mehr als doppelt so hoch gewesen (AI 23.5.2018; vgl. FH 2018). Raila Odinga rief am 31.10.2017 zu einer „nationalen Widerstandsbewegung“ und zur Bildung einer „Volksversammlung“ auf, die zivilgesellschaftliche Gruppen vereinen solle, um die „Demokratie wiederherzustellen“ (AI 23.5.2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078, Zugriff 25.6.2018

-        AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia, Zugriff 16.7.2018

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018

-        EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (25.6.2018): Reisehinweise für Kenia, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/kenia/reisehinweise-kenia.html, Zugriff 25.6.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 25.6.2018

-        USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018

2.       Sicherheitslage

Nach wie vor ist die Kriminalität in Kenia Besorgnis erregend hoch, belastbares statistisches Material hierzu ist aber kaum zu bekommen (GIZ 6.2017d). Außerdem besteht weiterhin die Gefahr terroristischer Anschläge. Es gibt Drohungen der somalischen Terrororganisation al Shabaab mit Vergeltungsaktionen als Reaktion auf die Beteiligung der kenianischen Streitkräfte an der AMISOM-Mission in Somalia. Mehrere Anschläge haben in der Vergangenheit auch schon stattgefunden oder sind vereitelt worden (AA 25.6.2018; vgl. BMEIA 25.6.2018, EDA 25.6.2018).

Auch die politischen Spannungen bleiben hoch. Es muss weiterhin mit politisch bedingten Demonstrationen und Gewalttaten gerechnet werden (EDA 25.6.2018). Demonstrationen aus politischen oder sozialen Gründen können unvorhersehbar eskalieren (AA 25.6.2018). Lokal begrenzte Unruhen und Gewaltausbrüche sind möglich, vor allem nach Gewalttaten, die religiös motiviert sind oder als solche wahrgenommen werden. Auch politisch und wirtschaftlich motivierte Zusammenstöße zwischen ethnischen Gruppen haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Todesopfer gefordert. Diese finden jedoch hauptsächlich in abgelegenen Gebieten statt. Im Grenzgebiet zu Äthiopien kommt es ebenfalls zu vereinzelten Kampfhandlungen (EDA 25.6.2018).

Das deutsche Auswärtige Amt rät von Reisen in das Grenzgebiet (80km-Streifen) zu Somalia sowie in den Festlandbereich von Lamu ab (AA 25.6.2018). Das österreichische Außenministerium gibt eine Reisewarnung für das Grenzgebiet zu Somalia. Außerdem warnt es vor Reisen in die Provinzen Mandera, Wajir und Garissa. Abgeraten wird von Reisen in die nördliche Küstenprovinz (v.a. Lamu). Zu Vorsicht wird insbesondere für Mombasa sowie die Counties Kwale und Kilifi, wo in der Vergangenheit politisch und religiös bedingte Krawalle und Unruhen stattfanden, geraten. Aufgrund der verstärkten Präsenz der kenianischen Sicherheitskräfte in den genannten Gebieten hat sich die Sicherheitslage in den vergangenen Monaten allerdings etwas gebessert (BMEIA 25.6.2018). Ähnliche Informationen liefert auch das schweizerische Außenministerium (EDA 25.6.2018).

Al Shabaab führt gegen vereinzelte Gemeinden an der Grenze zu Somalia Guerilla-Angriffe durch, bei welchen sowohl Sicherheitskräfte als auch Zivilisten zum Ziel werden (USDOS 20.4.2018). Die Grenzen zu Somalia, Äthiopien und dem Sudan sind porös, und es kommt zur Proliferation von Kleinwaffen und zum Einsickern von Kämpfern der al Shabaab. Auch lokale Milizen haben die Defizite der staatlichen Sicherheitskräfte ausgenutzt. Dies betraf in der Vergangenheit die mittlerweile zersplitterte und größtenteils ausgelöschte Mungiki-Sekte und betrifft heute kleinere Gruppen in den Slums von Nairobi und Kisumu. Dort ersetzen die Milizen de facto die Polizei und regieren mit Gewalt. In ländlichen Gebieten ist die Polizei nicht in der Lage, das bewaffnete Banditentum in den Griff zu bekommen. Und auch dort – speziell in der ehemaligen Central Province und im Rift Valley – treiben Gangs und Milizen ihr Unwesen. Sie agieren semi-autonom und werden in Wahlzeiten von Politikern angeworben (BS 2018).

Regelmäßig zu gewaltsamen Zusammenstößen kommt es bei Ressourcenkonflikten in den Bereichen Tana River, Laikipia und Samburu – z.B. zwischen Pokot und Turkana (BS 2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (25.6.2018): Kenia – Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/keniasicherheit/208058, Zugriff 25.6.2018

-        BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (25.6.2018): Reiseinformationen – Kenia, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kenia/, Zugriff 25.6.2018

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018

-        EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (25.6.2018): Reisehinweise für Kenia, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/kenia/reisehinweise-kenia.html, Zugriff 25.6.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017d): Kenia – Alltag, https://www.liportal.de/kenia/alltag/, Zugriff 25.6.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018

3.       Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor (USDOS 20.4.2018) und diese wird auch generell als unabhängig erachtet (FH 2018).

Das Rechtssystem Kenias ist an das britische angelehnt. Schon in der Kolonialzeit wurden jedoch vor allem im Zivilrecht auch traditionelle Rechtssysteme angewandt. Die Rechtsquellen des sogenannten Customary Law basieren auf afrikanischen Traditionen (mit großem Spielraum für Interpretationen) oder in den islamisch geprägten Gemeinden an der Küste auf dem islamischen Recht (GIZ 6.2017a). Das kenianische Gerichtswesen gliedert sich in Magistrates Courts, High Courts, Court of Appeal und den neu geschaffenen Supreme Court (AA 1.2017a). Daneben sprechen Kadi-Gerichte Recht in Erb- und Familienrechtsangelegenheiten muslimischer Kenianer nach islamischem Recht (AA 1.2017a; vgl. USDOS 15.8.2017) – etwa bei Heiraten, Scheidungen oder Erbschaften (BS 2018). Gegen ein Urteil eines Kadi-Gerichts kann vor einem formellen Gericht berufen werden (USDOS 15.8.2017). Daneben gibt es keine anderen traditionellen Gerichte. Die nationalen Gerichte nutzen das traditionelle Recht einer Volksgruppe aber als Leitfaden für persönliche Angelegenheiten, solange dieses Recht nicht im Widerspruch zum formellen Recht steht (USDOS 20.4.2018).

Generell besteht die Möglichkeit einer Berufung vor einem High Court, in weiterer Folge beim Berufungsgericht und in einigen Fällen auch beim Obersten Gericht (USDOS 20.4.2018).

Das Gesetz sieht ein faires öffentliches Verfahren vor, dieses Recht wird generell auch in der Praxis gewährt. Außerdem gilt die Unschuldsvermutung, das Recht auf die Mitteilung der Anklagepunkte, auf Zeugenstellung und Zeugeneinvernahme durch die Verteidigung und auf einen Rechtsbeistand. Diese Rechte werden generell respektiert. Viele Angeklagte können sich aber keinen Rechtsbeistand leisten. Im Jahr 2016 wurde das National Legal Aid Service geschaffen, um Verteidiger kostenfrei zur Verfügung stellen zu können. Kostenlose Verteidiger gibt es bisher v.a. in Nairobi und anderen größeren Städten (USDOS 20.4.2018).

Die Arbeitsweise der Justiz ist ineffizient (FH 2018). Die mangelnde Rechtssicherheit und mangelnde Rechtsstaatlichkeit ist von langen Gerichtsverfahren, einer generell überlasteten Justiz, korrupten Richtern und einem Chaos bei Landbesitztiteln gekennzeichnet (GIZ 6.2017a). Unprofessionelle Ermittlungen und Korruption unterminieren die Strafverfolgung. Die durchschnittliche Verurteilungsrate bei Strafverfahren liegt bei 13-16 Prozent. Schuld daran sind auch die Einschüchterung von Zeugen und die Angst vor Racheakten. Es wird berichtet, dass Bestechlichkeit, Erpressung und politische Überlegungen den Ausgang von Zivilverfahren beeinflussen (USDOS 20.4.2018). Andererseits demonstriert die Strafjustiz Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Integrität (USDOS 20.4.2018; vgl. BS 2018). Trotz der weitverbreiteten Meinung, wonach die Justiz korrupt ist, gibt es keine glaubhaften Vorbringen oder Untersuchungen hinsichtlich einer signifikanten Korruption bei Richtern, Staatsanwälten oder Verteidigern (USDOS 20.4.2018). Die Justiz ist weiterhin in der Lage, die Tätigkeit der Regierung zu kontrollieren und hat auch einige Urteile gegen die Exekutive gefällt, um unterschiedliche Rechte – wie etwa das Versammlungsrecht – zu verteidigen. Allerdings hat die Justiz aufgrund einiger Korruptionsfälle an öffentlicher Glaubwürdigkeit verloren (BS 2018). Das Parlament ignoriert außerdem manchmal richterliche Entscheidungen. Die Behörden hingegen respektieren im Allgemeinen Gerichtsbeschlüsse, und die Ergebnisse der Prozesse scheinen nicht vorbestimmt zu sein (USDOS 20.4.2018).

Der Oberste Staatsrichter Willy Mutunga, ein ehemaliger Dissident und Menschenrechtler (GIZ 6.2017a) wurde gegen David Maraga ausgetauscht. Dieser verfügt nicht über die moralische Autorität, wie sein Vorgänger (BS 2018).

Früher galt die Justiz als eine der korruptesten und am wenigsten vertrauenswürdigen Institutionen Kenias. Durch die Justizreform unter Chief Justice Mutunga hat hier eine bemerkenswerte Korrektur stattgefunden (BS 2018). Die Justizreform wird auch weiterhin fortgesetzt, wenn auch mit geringerem Tempo (BS 2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Das Office of the Director of Public Prosecution (ODPP) hat die Zahl der Staatsanwälte von 200 im Jahr 2013 auf 627 im Jahr 2017 mehr als verdreifacht. Damit ging auch eine Beschleunigung der Verfahren einher (USDOS 20.4.2018). Der Rückstau wurde substanziell reduziert (BS 2018; vgl. USDOS 20.4.2018), auch wenn immer noch viele Fälle anhängig sind (FH 2018). Seit Mai 2016 läuft ein Programm der Justiz, um die Rechtsprechung effizienter und leistbarer zu machen (USDOS 20.4.2018). Die Justiz ist für Bürger nach der Schaffung neuer Gerichte besser zugänglich. Zusätzlich erfolgte der Aufbau von Ausbildungsstrukturen. Richter und Amtsmänner wurden überprüft und bewertet, zahlreiche davon entlassen (BS 2018).

Generell verfügt der kenianische Staat über das Gewaltmonopol, dies wird aber nicht immer und in vollem Umfang in allen Landesteilen durchgesetzt. Vor allem in den ariden und semi-ariden Gebieten im Norden und Nordosten sind Fähigkeit und Willen zur Durchsetzung der Rechtstaatlichkeit minimal (BS 2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078, Zugriff 25.6.2018

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018

-        FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya, Zugriff 16.7.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 25.6.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018

-        USDOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1407519.html, Zugriff 25.6.2018

4.       Sicherheitsbehörden

Für die Sicherheit innerhalb des Landes ist die dem Innenminister unterstehende Polizei zuständig. Das Kenya Police Service erfüllt die generelle Polizeiarbeit und verfügt über spezialisierte Untereinheiten. Das Administration Police Service kümmert sich um die Grenzsicherheit, erfüllt aber teils auch normale Polizeiarbeit. Daneben gibt es noch die Kriminalpolizei (USDOS 20.4.2018). Die Polizei verfügt mit ihren 70.000 Mann über ca. 160 Polizisten pro 100.000 Einwohner. Damit liegt die Rate weit unter den UN-Empfehlungen von 220 Polizisten pro 100.000 Einwohnern (BS 2018).

Der National Intelligence Service ist der innere und äußere Nachrichtendienst und untersteht direkt dem Präsidenten (USDOS 20.4.2018).

Die Polizei ist schlecht ausgerüstet, wird nicht sehr gut bezahlt und agiert manchmal wenig professionell. Gegen die wachsende Gewaltkriminalität gibt sich die Polizei zumeist machtlos. Selbst Morde werden selten aufgeklärt, und wenn, dann fehlen gerichtsfeste Beweismittel. Aufgrund der schlechten Bezahlung sehen es zudem viele Polizisten als ihr gutes Recht an, kleine Geschenke zu verlangen (GIZ 6.2017a). Manchmal entgleitet den zivilen Aufsichtsbehörden die effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 20.4.2018). Die Polizeireform ist ins Stocken geraten (BS 2018).

Die Independent Policing Oversight Authority (IPOA) soll als zivile Aufsicht die Arbeit der Polizei kontrollieren. Sie hat in zahlreichen Fällen von Fehlverhalten durch Sicherheitskräfte Untersuchungen angestellt. In einigen Fällen extra-legaler Tötungen wurden Anklagen eingebracht. Trotzdem bleibt Straffreiheit ein ernstes Problem, ist bei Korruptionsvorwürfen sogar üblich. Erst einmal ist es im Fall eines von IPOA vorgebrachten Falles zur Verurteilung zweier Polizisten wegen Mordes gekommen (USDOS 20.4.0218). Insgesamt ist die Polizei von Korruption und Kriminalität durchsetzt (FH 2018).

Kenia verfügt über eine Berufsarmee mit rund 24.000 Soldaten, wobei eine Stärke von 31.000 Soldaten angestrebt wird (AA 1.2017a). Die dem Verteidigungsministerium unterstehende Armee ist für die äußere Sicherheit verantwortlich, erfüllt aber auch einige Aufgaben der inneren Sicherheit (USDOS 20.4.2018). Die kenianische Armee gilt als professionell und schlagkräftig. Sie genießt seit Jahrzehnten Förderung u.a. durch Großbritannien und die USA – auch in Form von Ausbildung und Training. Sie ist innenpolitisch zurückhaltend und in der jüngeren Vergangenheit öffentlich bislang erst zwei Mal im Landesinneren in Erscheinung getreten: 1982 und 2008 (GIZ 6.2017a).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078, Zugriff 25.6.2018

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018

-        FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya, Zugriff 16.7.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 25.6.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018

5.       Folter und unmenschliche Behandlung

Im April 2017 trat der Prevention of Torture Act in Kraft, mit welchem Folter nunmehr strafrechtlich verfolgt werden kann. Damit ist es möglich, bereits bestehende Vorgaben in der Verfassung auch umzusetzen. Es gibt Berichte darüber, dass die Polizei bei Einvernahmen aber auch zur Bestrafung von Untersuchungshäftlingen und Gefangenen Folter anwendet. Die Täter gingen dabei straffrei. Dies gilt auch für die Anwendung willkürlicher Gewalt durch Polizisten – etwa bei Demonstrationen oder Hausdurchsuchungen (USDOS 20.4.2018).

Es gibt zahlreiche Berichte über willkürliche und ungesetzliche Tötungen durch Sicherheitskräfte. Opfer sind meist Verdächtige bei Kriminalverbrechen (inkl. Terrorismus-Verdächtige). Im ersten Halbjahr 2017 wurden 80 Fälle von getöteten Personen dokumentiert, davon mindestens 33 standrechtliche Exekutionen. Die Dunkelziffer könnte weit höher sein (USDOS 20.4.2018). Nach anderen Angaben hat die Polizei im Zeitraum Jänner-Oktober 2017 214 Menschen erschossen (FH 2018). Generell steigt die Zahl extra-legaler Tötungen durch Sicherheitskräfte. Der Fokus liegt hierbei auf Personen, die einer Straftat verdächtigt werden – i.d.R. junge Männer in informellen Siedlungen (BS 2018).

Im Zuge der Proteste nach den Wahlen im August 2017 sind 100 Personen schwer verletzt und mindestens 33 getötet worden. Die Sicherheitskräfte hatten exzessive Gewalt angewendet (USDOS 20.4.2018) – v.a. gegen Anhänger der Opposition. Auch nach der Wahlwiederholung im September 2017 gab es Tote, als die Polizei mit scharfer Munition auf Demonstranten schoss (AI 23.5.2018). Auch der Armee werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen; dies vor allem in den Counties Mandera, Garissa und Wajir an der somalischen Grenze. Generell bleibt die Straflosigkeit ein großes Problem (USDOS 20.4.2018).

Sicherheitskräften wird vorgeworfen, dass sie Personen verschwinden haben lassen (USDOS 20.4.2018).

Personen werden von der Polizei willkürlich angehalten oder Inhaftiert, um von ihnen Bestechungsgelder zu lukrieren. Manchmal werden Personen geschlagen, wenn sie kein Schmiergeld bezahlen können. Bei illegalen Aktivitäten der Sicherheitskräfte, aber auch bei der Erfüllung der Polizeiarbeit kommt es zu wiederrechtlicher Haft, zu Erpressung, physischer Gewalt und zur Erfindung von Haftgründen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia, Zugriff 16.7.2018

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018

-        FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya, Zugriff 16.7.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018

6.       Korruption

Generell ist Korruption in Kenia strafbar. Allerdings werden die entsprechenden Gesetze nicht effektiv vollzogen. Viele Behördenmitarbeiter sind korrupt und bleiben straffrei (USDOS 20.4.2018). Korruption ist auf allen Ebenen der Verwaltung endemisch (USDOS 28.6.2018; vgl. FH 2018). Durch die Dezentralisierung des Staates erfolgte auch eine Dezentralisierung der Korruption in Richtung der Counties (BS 2018; vgl. FH 2018). Das Land wurde am Korruptionswahrnehmungsindex 2017 auf Platz 143 von 180 Ländern eingestuft (TI 2.2018).

Präsident Kenyatta führt auch nach seiner Wiederwahl die Kampagne gegen Korruption fort. Allerdings gibt es bei der Korruptionsbekämpfung nur geringe Fortschritte (USDOS 20.4.2018). Seit ihrer Einrichtung im Jahr 2011 wurde die Ethics and Anti-Corruption Commission (EACC) willkürlich geschwächt und desavouiert (BS 2018). Sowohl die EACC als auch das Office of the Director of Public Prosecutions (ODPP) sind unterfinanziert (USDOS 20.4.2018). Der EACC fehlen Strafverfolgungsbefugnisse (FH 2018). Das Problem der Straflosigkeit in Korruptionsfällen konnte nicht gelöst werden (BS 2018). Folglich stellt Straflosigkeit weiterhin ein Problem dar, und so auch die Korruption innerhalb der Polizei (USDOS 20.4.2018). Diese zählt zu den korruptesten Behörden des Landes (GIZ 6.2017a). Selbst gegen die Anti-Korruptionsinstitutionen EACC und ODPP bestehen Korruptionsvorwürfe. Dabei ist insgesamt Bestechung das üblichste Korruptionsmittel. Bei einer Umfrage gaben 38 Prozent der Befragten an, im Jahr 2016 Bestechungsgeld bezahlt zu haben (USDOS 20.4.2018). Die zunehmende Korruption ist für die Bevölkerung auch eine Quelle für Frustration und Zorn. Demonstrationen und Streiks waren die Folge (BS 2018).

Quellen:

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018

-        FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya, Zugriff 16.7.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 25.6.2018

-        TI - Transparency International (21.2.2018): CPI - Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 17.7.2018

-        USDOS - US Department of State (28.6.2018): Trafficking in Persons Report 2018 - Country Narratives - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1437564.html, Zugriff 16.7.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018

7.       NGOs und Menschenrechtsaktivisten

In Kenia sind mehr als 10.000 NGOs aktiv (AA 1.2017a). Es gibt traditionell eine sehr lebendige Szene von nationalen NGOs und Gruppen, die sich thematisch vor allem um Fragen der Demokratie, Korruption, Frauenrechte und Menschenrechte kümmern, gefolgt von Umweltschutz oder kulturellen Anliegen. Viele dieser Organisationen gelten als Wegbereiter der Demokratisierung, die in den Mehrparteienwahlen von 2002 ihren Ausdruck fand (GIZ 6.2017a). Inländische und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiteten im Allgemeinen ohne staatliche Beschränkung, obwohl einige Gruppen berichteten, dass sie im Laufe des Jahres 2017 zunehmend staatliche Schikanen erlebt haben. Beamte sind manchmal kooperativ, aber die Regierung ignoriert Empfehlungen von Menschenrechtsgruppen, wenn diese sich gegen ihre Politik richtet. V.a. weniger etablierte NGOs in ländlichen Gebieten berichten, dass sie von lokalen Behördenmitarbeitern oder Polizisten schikaniert oder bedroht werden (USDOS 20.4.2018). Die Behörden bedienen sich rechtlicher und administrativer Maßnahmen, um die Aktivitäten zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich mit Menschenrechten und Regierungsführung beschäftigten, zu behindern (AI 23.5.2018). Menschenrechtsaktivisten, die sich sehr exponieren, werden bis zu einem gewissen Grad als gefährdet eingeschätzt (ÖB 20.12.2016).

Die (rechtlichen) Versuche der Regierung, Aktivitäten von zivilgesellschaftlichen Organisationen einzuschränken, waren bisher allerdings erfolglos (BS 2018). Im Mai 2017 entschied das Hohe Gericht in Nairobi, dass die Regierung das Gesetz über gemeinnützige Organisationen von 2013 (Public Benefit Organization [PBO] Act 2013) veröffentlichen müsse. Sollte das Gesetz Rechtskraft erlangen, könnte es die Arbeitsbedingungen von zivilgesellschaftlichen Organisationen und NGOs verbessern (AI 23.5.2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078, Zugriff 25.6.2018

-        AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia, Zugriff 16.7.2018

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 25.6.2018

-        ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (20.12.2016): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018

8.       Wehrdienst und Rekrutierungen

Der Wehrdienst in Kenia ist freiwillig. Freiwillige 18-26jährige kenianische Staatsbürger beiderlei Geschlechts können sich rekrutieren lassen (CIA 12.7.2018).

Quellen:

-        CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook – Kenya, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ke.html, Zugriff 17.7.2018

9.       Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtssituation ist vergleichsweise gut. Die Verfassung enthält einen Grundrechtekatalog (Bill of Rights), seine Verwirklichung in der Praxis bleibt gleichwohl eine Herausforderung. Wichtigste Menschenrechtsthemen bleiben Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsorgane und gewaltsame Zusammenstöße zwischen einzelnen Ethnien (AA 1.2017a). Seitens der Sicherheitskräfte kommt es zu willkürlichen und ungesetzlichen Tötungen, zu Folter, zur Anwendung exzessiver Gewalt und zu willkürlichen Verhaftungen. Meist herrscht hierbei Straffreiheit (USDOS 20.4.2018; vgl. BS 2018). Unverhältnismäßige Gewalt, mit der die Polizei nach den Wahlen im August und im Oktober 2017 gegen Protestierende vorging, führte zum Tod zahlreicher Menschen (AI 23.5.2018), alleine in den Wochen vor der Wahlwiederholung sollen bei – teils gewalttätigen – Demonstrationen in Nairobi und Kisumu dutzende Menschen von der Polizei getötet worden sein (FH 2018).

Gesellschaftlich weitgehend akzeptierte Mob-Gewalt ist üblich und führt zu zahlreichen Todesopfern. Grund dafür ist ein Vertrauensmangel gegenüber Polizei und Justiz. Die Polizei ist in zahlreichen Fällen nicht in der Lage, Schutz vor Mob-Gewalt zu bieten. In manchen Fällen greift sie schützend ein (USDOS 20.4.2018).

Mit der Kenya National Commission on Human Rights (KNCHR), deren Rolle in der neuen Verfassung verankert ist, verfügt Kenia über eine aktive, unabhängige staatliche Organisation zur Überwachung der Menschenrechte (AA 1.2017a; vgl. USDOS 20.4.2018). Die bereits während des Moi-Regimes sehr aktive (NGO) Kenya Human Rights Commission versteht sich als Anwalt der Rechtlosen gegenüber staatlicher Willkür. Hervorzuheben ist auch People against Torture (PAT), welche Folteropfer vertritt (GIZ 6.2017a).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078, Zugriff 25.6.2018

-        AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia, Zugriff 16.7.2018

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018

-        FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya, Zugriff 16.7.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 25.6.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018

10.      Meinungs- und Pressefreiheit

Meinungs- und Pressefreiheit sind gesetzlich gewährleistet, werden aber manchmal durch die Regierung eingeschränkt. Auch mehrere Gesetze schränken die Möglichkeiten der Medien ein (USDOS 20.4.2018; vgl. BS 2018). Diese Gesetze kommen zwar kaum zur Anwendung, doch alleine ihre Existenz führt bei gewissen Themenbereichen (z.B. Berichterstattung über Korruptionsfälle) zu Selbstzensur (BS 2018). Allerdings wurde im August 2016 das Access of Information Bill verabschiedet, welches als Fortschritt gesehen wird (USDOS 20.4.2018).

Generell sind die Freiheiten der Presse jedenfalls substanziell. Ebenso gibt es eine substanzielle Diversität an publizierten Meinungen (BS 2018). Kenia hat eine lebendige und qualitativ hochwertige Printpresse (GIZ 6.2017a) und eine der aktivsten Medienlandschaften in Afrika (FH 2018). Kenias Medien gelten als die besten der Region, ihre Verbreitung reicht weiter als in den Nachbarstaaten (GIZ 6.2017a). Das bedeutendste Medium war und ist immer noch das Radio. Alle nationalen TV-Sender haben auch Radiostationen. Hinzu kommt eine Vielzahl privater Radiosender (GIZ 6.2017a). Das von mehr als 80 Prozent der Bevölkerung genutzte Internet ist ohne Einschränkungen zugänglich (USDOS 20.4.2018).

Die meisten Medien berichten über eine breite Palette an politischen und sozialen Themen, viele Zeitungen publizieren auch Kritik an der Regierung. Viele Medien sind unabhängig (USDOS 20.4.2018). In den TV- und Printmedien ist grundsätzlich eine freie und regierungskritische Berichterstattung möglich. Die Medien gehören zu den wenigen, im afrikanischen Kontext vergleichsweise gut funktionierenden Institutionen in Kenia. Seit langem übernehmen sie die Rolle der Opposition als kritischer Beobachter der kenianischen Politik. Dennoch bleibt der Einfluss einzelner Führungspersönlichkeiten des Landes im Medienbereich deutlich sichtbar (AA 1.2017c).

Es kommt zur Drangsalierung von Journalisten durch Regierung und Sicherheitskräfte – und in der Folge zu Selbstzensur (FH 2018). In einigen Fällen wurden Journalisten von Polizisten während der Einvernahme geschlagen und Blogger für die Veröffentlichung von Informationen über Terrorismus inhaftiert (BS 2018). Von 2013 bis 2017 wurden 23 Vorfälle dokumentiert, bei welchen Journalisten oder Blogger angegriffen wurden. V.a. vor den Wahlen im August 2017 kam es zu einer wachsenden Zahl an Einschüchterungen gegen Journalisten (USDOS 20.4.2018). Reporter ohne Grenzen sieht Kenia 2018 im Ranking der Pressefreiheit stabil auf Platz 96 (Vorjahr: 95) unter 180 verglichenen Ländern (ROR 2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (1.2017c): Kenia – Kultur und Bildung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208080, Zugriff 17.7.2018

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf, Zugriff 16.7.2018

-        FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya, Zugriff 16.7.2018

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 25.6.2018

-        ROR - Reporter ohne Grenzen (2018): Rangliste der Pressefreiheit 2018, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/uploads/tx_lfnews/media/Rangliste_der_Pressefreiheit_2018_-_Reporter_ohne_Grenzen_01.pdf, Zugriff 25.6.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018

11.      Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Obwohl Verfassung und Gesetze Versammlungsfreiheit vorsehen, wird dieses Recht manchmal von der Regierung eingeschränkt. Versammlungen müssen vorangemeldet werden (USDOS 20.4.2018).

Den Staatsbürgern steht es frei, politische Parteien zu organisieren. Kenianische Parteien repräsentieren v.a. ideologische, regionale und ethnische Interessen. Sie sind aber notorisch schwach. Parteien bilden oft nur für die Wahlen Koalitionen (FH 2018).

Die Polizei ging im August 2017 nach den Wahlen mit exzessiver Gewalt gegen Demonstranten der Opposition vor (mindestens 31 Tote), während Demonstrationen von Regierungsanhängern unbehelligt blieben (AI 23.5.2018; vgl. FH 2018). Es gibt keine Berichte über politische Gefangene (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia, Zugriff 16.7.2018

-        FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya, Zugriff 16.7.2018

-        USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html, Zugriff 25.6.2018

12.      Haftbedingungen

Die Bedingungen in Gefängnissen und Haftanstalten sind hart. Grund dafür sind überbelegte Zellen, Mangel an Wasser und Lebensmitteln, unangemessene Hygienebedingungen und medizinische Versorgung. Die 105 Gefängnisse des Landes (87 für Männer, 18 für Frauen) haben eine Kapazität von 26.837 Insassen. Allerdings betrug die Zahl der Häftlinge im Oktober 2017 50.572, starke Überbelegung ist die Norm. Die zuständige Behörde versucht, die Situation durch die Freilassung Kleinkrimineller zu entschärfen. Die Behörde meldete im Jahr 2016 eine deutlich geringere Zahl an in Haft – meist eines natürlichen Todes – Verstorbenen, als in den Jahren zuvor (USDOS 20.4.2018).

Üblicherweise werden die Geschlechter getrennt gehalten, in kleineren Haftanstalten oder in Untersuchungshaft gilt dies manchmal nicht. Es kommt zu sexueller Belästigung weiblicher Häftling durch Sicherheitskräfte. Üblicherweise werden Minderjährige separat von Erwachsenen in Haft gehalten (USDOS 20.4.2018).

Die Nationale Menschenrechtskommission (KNCHR) überwacht die Menschenrechtsstandards in Haftanstalten, die Commission on the Administration of Justice dient als Ombudsmann. Gefangene haben ausreichend Zugang zu Rechtsberatung und unabhängigen Beobachtern wird der Zugang zu Gefängnissen gestattet (USDOS 20.4.2018).

Quel

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten