Entscheidungsdatum
02.09.2021Norm
B-VG Art130 Abs1 Z3Spruch
W240 1238007-3/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter, über die Säumnisbeschwerde von XXXX ,
StA.: Serbien, über den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2021, Zl. 1027623601/210044083, beschlossen:
A)
Die Säumnisbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist ein serbischer Staatsangehöriger.
Am 15.03.2000 wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet festgenommen, der Beschwerdeführer wies sich mit einer „Aussetzung der Abschiebung“ (Duldung), ausgestellt von der Ausländerbehörde XXXX am 13.03.2000, aus.
Mit Bescheid der BH XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer eine Ausweisung verhängt.
Am 17.03.2000 wurde der Beschwerdeführer nach Deutschland zurückgeschoben.
Der Beschwerdeführer reiste wiederholt in das Bundesgebiet ein.
Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX 2001, GZ: XXXX (r.k. am XXXX 2001) wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Abs. 1 u. 130, 2. Satz StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten rechtskräftig verurteilt.
Gegen ihn wurde seitens der BPD XXXX , FrB, mit Bescheid vom XXXX 2001, Zl. XXXX , ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung und Berufung gegen den Bescheid der BPD XXXX vom XXXX 2001 wurde mit Bescheid der BPD XXXX vom XXXX 2001, GZ: XXXX , abgewiesen. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion XXXX vom XXXX 2001, Zl. XXXX in Hinblick auf die verspätet eingebrachte Berufung zurückgewiesen und mit Bescheid Zl. XXXX der Antrag auf Wiedereinsetzung gem. § 71 Abs. 1 AVG abgewiesen.
Am 30.01.2003 wurde der Beschwerdeführer neuerlich im Bundesgebiet festgenommen und wurde gegen ihn die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
Am 31.01.2003 erklärte der Beschwerdeführer im Zuge einer niederschriftlichen Befragung im FrB, BPD XXXX , er wolle, dass die Jugoslawische Botschaft verständig werde.
Am 07.02.2003 brachte der Beschwerdeführer im Zuge einer niederschriftlichen Befragung im FrB, BPD XXXX , vor, dass er nun einen Asylantrag stellen wollen.
Am 28.02.2003 wurde der Beschwerdeführer wegen Haftunfähigkeit (durch Hungerstreik) aus der Schubhaft entlassen.
Am 10.03.2003 wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers mangels Abgabestelle und Meldeadresse gem. § 30 AsylG 1997 eingestellt.
Das Asylverfahren wurde schließlich fortgesetzt und wurde der Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid des BAW vom 21.05.2003, Zl. 03 04.955-BAW abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und wurde diese mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenat GZ: 238:00770-III/707703 abgewiesen.
Mit Urteil des LG f. Strafsachen XXXX vom XXXX 2003, r.k. am XXXX 2004, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 130 (3. u. 4. Fall), 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren unbedingter Haft gerichtlich verurteilt.
Seitens der serbischen Botschaft in XXXX wurde für den Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat Nr. XXXX , gültig von 05.03.2009 bis 05.04.2009 ausgestellt.
Mit Bescheid des Magistrat XXXX vom XXXX 2009, GZ: XXXX wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt.
Am 13.03.2009 wurde der Beschwerdeführer aus der Gerichtshaft entlassen und am 13.03.2009 nach Serbien abgeschoben.
In Serbien wurde dem Beschwerdeführer am 08.01.2013 ein Reisepass gültig bis 08.01.2023 ausgestellt.
Der Beschwerdeführer reiste wiederholt ins Bundesgebiet ein und wurde mit Bescheid vom 12.01.2013 seitens des Fremdenpolizeilichen Büro der LPD XXXX , Zl. XXXX , die Schubhaft und die Abschiebung in sein Heimatland verhängt.
Mit Urteil des LG XXXX am XXXX 2014, GZ: XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 15 StGB; §§ 127, 129 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt.
Mit Urteil des LG XXXX , XXXX , vom XXXX 2015, r.k. am XXXX 2015, wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB, 129 Z. 1 StGB, 130 3. u. 4.Fall StGB zu einer Zusatzstrafe von 4 Jahren unbedingter Haft verurteilt.
Gegen dieses Urteil erhob der Beschwerdeführer Berufung und wurde diese mit Urteil des OLG XXXX vom XXXX 2015, GZ: XXXX nicht Folge gegeben.
Der Beschwerdeführer wurde somit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren gerichtlich verurteilt.
Mit Schreiben des BFA Außenstelle St. Pölten vom 23.09.2015 wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör zur beabsichtigten weiteren Vorgangsweise – Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem unbefristeten Einreiseverbot – geboten. Von der Möglichkeit des Parteiengehörs machte der Beschwerdeführer keinen Gebrauch.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.10.2015, Zl. 1027623601-150194223, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 55 AsylG nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG erlassen und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gem. § 46 FPG nach Serbien zulässig sei. Zudem wurde gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 24.03.20216, GZ.: G311 1238007-2/9E, wurde die Beschwerde dagegen gem. § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückgewiesen. Der Bescheid erwuchs am 06.4.2016 in Rechtskraft.
Im handschriftlichem „Beschwerde“ tituliertem Schreiben des Beschwerdeführers vom 12.06.2018 gegen den Schriftsatz vom XXXX 2018, AZ. 25 BE 40/18z, aus der JA- Stein an das Landesgericht XXXX , brachte des Beschwerdeführer vor, die „hier angegebene Person“ sei nicht er, seit Jahren liege eine Verwechslung vor. Das Problem sei, dass die andere Person in Österreich viele Straftaten verübt habe. Er bitte um sorgfältige Überprüfung der Daten.
Mit Beschluss des Oberlandesgerichts XXXX wurde der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss de Landesgerichts XXXX vom XXXX 2018, XXXX , wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzugs wegen Einreise- oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG nicht Folge gegeben. Begründet wurde unter anderem ausgeführt:
„(…) Im vorliegenden Fall sind jedoch die Übereinstimmung mit dem Erstgericht bereits die Voraussetzungen nach § 133a Abs. 1 STVG nicht erfüllt. Zwar besteht gegen XXXX ein rechtskräftiges (ON 4 S 1) Aufenthaltsverbot (ON 4 S 4 ff), er hat sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung umgehend nachzukommen (ON 2) und es stehen seiner Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegen. Allerdings ergibt sich aus dem der Absicherung der fremdenbehördlichen Maßnahmen dienenden Normzweck, dass nicht nur zu erwarten sein muss, dass der Verurteilte seiner Ausreiseverpflichtung nachkommt, sondern auch, dass er nicht gegen sein Einreise- und Aufenthaltsverbot verstoßen wird. Ist wahrscheinlich, dass er nach seiner Ausreise trotz Einreise- oder Aufenthaltsverbots wieder in das Bundesgebiet zurückkehren werde, kann vom Strafvollzug nicht vorläufig abgesehen werden (Pieber in WK2 StVG § 133a Rz 13).(…)“
Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX 2020, XXXX wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf bedingte Entlassung ab 05.04.2020 gem. § 46 Abs. 1 StGB iVm § 152 Abs. 1 Z 2 StVG stattgegeben und eine Probezeit von drei Jahren bestimmt. Begründend wurde unter anderem gegenständlichen Fall bezogen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe vor, im Falle seiner Haftentlassung aus Österreich auszureisen, er werde von seiner Tochter finanziell unterstützt.
Mit E-Mail vom 17.03.2010 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl („BFA“) intern mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer am 03.042.2020 aus der Justizanstalt entlassen werde und dann in Schubhaft gehen müsse. Die Abschiebung sei bereits storniert worden, da der Flugbetrieb [Anm. BVwG: wegen der COVID-Pandemie] bereits eingestellt worden sei.
Mit Schriftstück vom 19.03.2020 wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt und wurde er vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. Ihm wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei über ihn, nach Ende der Strafhaft, die Schubhaft zur Sicherung seiner Abschiebung zu verhängen.
Mit Schreiben vom 27.03.2020 ersuchte der Beschwerdeführer von der Schubhaft abzusehen. Er wolle auf jeden Fall Österreich verlassen und werde in sein Heimatland Serbien ausreisen. Da seine Mutter in Österreich wohnhaft sei, wolle er die Zeit bis zu seiner Ausreise bei ihr verbringen.
Mit Bescheid des BFA vom 27.03.2020, Zl. 1027623601 – 200297073, wurde gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung verhängt.
Am 04.03.2020 wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen.
Mit Schreiben der Rechtsberaterin des Beschwerdeführers vom 08.04.2020 an das BFA wurde vorgebracht, dass keine Fluchtgefahr bestehe und der Beschwerdeführer bereit sei unmittelbar nach Öffnung der serbischen Grenze nach Serbien auszureisen. Die Mutter des Beschwerdeführers, welche sich in Österreich befinde, liege im Sterben und der Beschwerdeführer wünsche sich nichts mehr, als sich von ihr zu verabschieden. Es werde daher gebeten, die Enthaftung ins Auge zu fassen.
Mit Beschwerde gem. § 22a BFA-VG vom 10.04.2020 wurde die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides vorgebracht.
Am 10.04.2020 brachte das BFA eine Stellungnahme an das BVwG ein, in welcher eine teilweise Verwechslung des Beschwerdeführers eingeräumt wurde.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 15.04.2020, GZ W140 2230264-1/5E, wurde der Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.03.2020 stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt.
Am 08.05.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen und reiste er am selben Tag mit dem Bus nach Serbien aus.
Mit Schreiben der Finanzprokuratur vom 19.05.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß dem Amtshaftungsgesetz ein Ersatzanspruch zugesprochen.
Mit E-Mail der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 25.05.2020 wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer in mehreren Ländern der EU und des EWR Raumes Familienmitglieder habe zu denen ein starker Bezug bestehe. Daher werde die Löschung des Schengeneinreiseverbots beantragt. Zudem wurde der Antrag gestellt, das dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 28.10.2015 erlassene unbefristete Einreiseverbot in eine zeitlich befristetes umzuwandeln.
Am 30.11.2020 wurde eine Säumnisbeschwerde eingebracht. Darin wurde vorgebracht, die belangte Behörde habe innerhalb der gesetzlichen Frist weder die begehrte Leistungen erbracht (Löschung des Schengeneinreiseverbots) noch über die Verweigerung der begehrten Leistung (Umwandlung des unbefristeten Einreiseverbots) einen Bescheid erlassen.
Mit Bescheid vom 03.02.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 25.05.2020 auf Verkürzung des mit Bescheid des BFA vom 28.10.20215, gegen ihn erlassenen unbefristeten Einreiseverbots gem. § 60 Abs. 2 FPG abgewiesen. Begründend wurde auf seine Straffälligkeit verwiesen.
Mit nunmehr angefochtenen Bescheid vom selben Tag (03.02.2021), Zl. 1027623601/210044083, wurde gem. § 16 Abs. 1 VwGVG was Verfahren über die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht vom 01.12.2020 eingestellt.
Mit Bescheidbeschwerde vom 28.02.2021 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen beide Bescheide. Ausgeführt wurde, ein allenfalls höheres öffentliches Interesse könne für die Legitimation eines Eingriffs durch ein unbefristetes Einreiseverbot im Anwendungsbereich des § 60 FPG nicht ausreichen, sondern müsse dieses zudem ein Bundesinteresse betreffen. Auch wurden verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Bezüglich des Bescheides mit dem das Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht eingestellt wurde, wurde vorgebracht, dass bis dato der Antrag auf Löschung des Schengeneinreiseverbots nicht erledigt worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Zur Unzulässigkeit der Säumnisbeschwerde [Spruchpunkt A)]
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl („BFA“) hat gem. § 16 Abs 1 VwGVG die Möglichkeit im Fall einer Beschwer wegen Verletzung der Entscheidungspflicht iSd Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) binnen drei Monaten den Bescheid nachzuholen.
Am 25.05.2020 wurde ein Antrag auf Löschung des Schengeneinreiseverbots gestellt. Am 30.11.2020 wurde eine Säumnisbeschwerde eingebracht.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.02.2020 wies die belangte Behörde den Antrag auf Herabsetzung des Einreiseverbots ab und bestätigte somit das unbefristete Einreiseverbot. In einem wurde damit der Antrag auf Löschung des Schengeneinreiseverbots aus dem Computersystem von der belangten Behörde erledigt.
Da das BFA den begehrten Bescheid am 03.02.2020, somit am selben Tag wie die Einstellung des Verfahrens wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, erlassen hat - den Bescheid somit innerhalb von drei Monaten nachgeholt hat – und über das Begehren des Beschwerdeführers negativ abgesprochen hat, ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (siehe VwGH 19.12.2018, Ra 2016/06/0109).
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (vgl. etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018], § 7 VwGVG, Anm. 7 mit weiteren Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier die Säumnisbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Bescheidnachholung Säumnisbeschwerde Unzulässigkeit der Beschwerde Verkürzung des Einreiseverbotes ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W240.1238007.3.00Im RIS seit
29.10.2021Zuletzt aktualisiert am
29.10.2021