TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/8 W163 2172810-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.09.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.09.2021

Norm

AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §58 Abs9 Z2
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W163 2172810-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerden des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.02.2021, Zahl XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 56, 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 idgF. als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

I.1. Verfahrensgang

1.       Der minderjährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste gemeinsam mit seinem Vater unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 26.08.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weites gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde als Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).

3.       Gegen diese am 05.09.2017 rechtswirksam zugestellten Bescheide erhob der BF fristgerecht Beschwerde, welche am 11.09.2017 beim BFA einlangten.

4.       Am 21.12.2020 stellte der BF den gegenständlichen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 Abs. 2 AsylG.

5.       Mit Bescheid des BFA vom 23.02.2021 wurde der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG gemäß § 58 Abs 9 Z 2 AsylG als unzulässig zurückgewiesen.

6.       Gegen den am 03.03.2021 rechtswirksam zugestellten Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde, welche am 25.03.2021 beim BFA einlangte.

7.       Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (im Folgenden: BVwG) vom 07.09.2021 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 26.08.2017, Zl. 1087340202/151344711, hinsichtlich des Spruchpunktes II. des genannten Bescheides stattgegeben und dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 07.09.2022 erteilt.

I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Sachverhalt)

Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:

Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei

Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , in der Stadt Herat, Provinz Herat. Der BF verfügte zum Zeitpunkt der Erstantragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 Abs 2 AsylG über ein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005. Mit Erkenntnis des BVwG vom 07.09.2021 wurde dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG, gültig bis zum 07.09.2022 erteilt.

II. Beweiswürdigung

Der Beweiswürdigung liegen folgende Erwägungen zugrunde:

II.1. Zum Verfahrensgang

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsaktes des BVwG.

II.2. Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei

1.       Zur Person des Beschwerdeführers

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben der BF im Verfahren vor der belangten Behörde und vor dem BVwG. Die Feststellungen zur Identität gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.

Dass der BF zum Zeitpunkt der Erstantragstellung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 Abs 2 AsylG über ein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 AsylG verfügte und dem BF am 07.09.2021 eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG erteilt wurde, ergibt sich aus der Aktenlage.

III. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

III.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

Was zunächst den Einwand der Beschwerde betrifft, dass es sich bei einem Aufenthaltsrecht nach § 58 Abs 9 Z 2 AsylG um ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht handeln muss, so ist dem entgegenzuhalten, dass sich dies aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht ergibt.

In Abs 9 Z 2 wird aufgrund der organisatorischen Trennung und der neuen Systematik ein Ausschlussgrund für den Fall normiert, dass der Fremde bereits über ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 oder dem NAG verfügt. Dies orientiert sich an dem bisher in § 1 Abs 2 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 normierten Grundsatz. Demnach sind diese Bestimmungen weiterhin nicht auf Personen anwendbar, die nach dem AsylG 2005 zum Aufenthalt berechtigt sind; das sind insbesondere Asylwerber, deren Antrag auf internationalen Schutz zugelassen ist bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung und Fremde, denen der Status eines Asylberechtigten oder eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist. Ohnehin aufenthaltsberechtigte Personen sollten auch schon bisher nicht auf solche Aufenthaltstitel umsteigen können, um entsprechende Umgehungshandlungen zu vermeiden. Somit wird in sachgerechter Weise und zur Vermeidung von Umgehungshandlungen klargestellt, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nur im Rahmen eines Erstantragsverfahrens – also an Personen, die zum Antragszeitpunkt über keinen Aufenthaltstitel verfügen – erteilt werden kann. Die Anwendung des Aufenthaltsrechtes aus berücksichtigungswürdigen Gründen auf Personen, die ohnehin bereits über einen Aufenthaltstitel verfügen, scheidet nach wie vor naturgemäß aus (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 58 AsylG 2005 (Stand 1.6.2016, rdb.at)

Unbestritten kam dem BF ein Aufenthaltsrecht nach § 13 Abs. 1 AsylG zu und kommt dem BF mit Entscheidung des BVwG vom 07.09.2021 eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 zu.

Wenn einem Fremden nun aber ein Aufenthaltsrecht in Österreich zukommt, dann hat die Behörde den Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach § 58 Abs. 9 AsylG zurückzuweisen, ein Ermessen ist der Behörde dabei nicht eingeräumt. Anträge auf humanitäre Aufenthaltstitel sind insbesondere dann nicht zulässig, wenn ein Verfahren nach dem NAG offen ist oder ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder AsylG besteht, da diesfalls eben keine humanitäre Ausnahmesituation vorliegt (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 58 AsylG, K 9). So ein Sachverhalt liegt hier vor. Die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde ist daher nicht zu beanstanden. Zudem wurde dem BF mit Erkenntnis des BVwG vom 07.09.2021 eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilt. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Der Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf maßgebliche Sachverhaltselemente lagen nicht vor und eine Initiative Darlegung für die Entscheidungsfindung relevanter Umstände, welche durch eine weitere Hinterfragung zu klären gewesen wären, war nicht erforderlich. Insbesondere ist zu betonen, dass auf der Sachverhaltsebene keine Fragen offengeblieben sind, sondern vielmehr aus den Verwaltungsakten eindeutig und zweifelsfreit beantwortet werden konnten. Die Beschwerde bestreitet den Sachverhalt nicht und geht es gegenständlich um eine reine Rechtsfrage, weshalb die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG im gegenständlichen Fall erfüllt sind.

III.2. Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu die zu Spruchpunkt A zitierte Rechtsprechung), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung ist – soweit diese nicht unvertretbar ist – nicht revisibel (z.B. VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0002, mwN). Auch bei Gefahrenprognosen im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 und bei Interessenabwägungen nach Art. 8 EMRK handelt es sich letztlich um einzelfallbezogene Beurteilungen, die im Allgemeinen nicht revisibel sind (z.B. 18.03.2016, Ra 2015/01/0255; 12.10.2016, Ra 2016/18/0039).

Schlagworte

Aufenthaltsrecht Aufenthaltstitel befristete Aufenthaltsberechtigung besonders berücksichtigungswürdige Gründe Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W163.2172810.2.00

Im RIS seit

29.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten