Entscheidungsdatum
21.09.2021Norm
AsylG 2005 §55Spruch
W192 2137218-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Niger, vertreten durch TWP Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2021, Zahl: 642436207-210814835, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigers, stellte am 10.07.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, homosexuell zu sein, weshalb ihm bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Verfolgung drohen würde.
1.2. Mit Bescheid vom 22.09.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Niger zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
1.3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2021, I411 2137218-1/18, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen, die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Begründend führte das BVwG aus, das Vorbringen zur Homosexualität des Beschwerdeführers sei nicht glaubhaft. Dem Beschwerdeführer drohe im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung seiner nach Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte.
1.4. Mit Beschluss vom 10.03.2021, E 625/2021-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
1.5. In der Folge wurde eine außerordentliche Revision eingebracht, welche durch den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 07.05.2021, Ra 2021/19/0075-10, zurückgewiesen wurde.
Begründend hielt der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen Folgendes fest:
„Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG hätte die Homosexualität des Revisionswerbers, die dieser glaubhaft gemacht habe, zumindest während seines Lebens im Herkunftsstaat annehmen müssen. Es möge zwar zutreffen, dass der Revisionswerber jetzt nicht mehr homosexuell sei. Im Zeitpunkt der Flucht sei er dies (jedenfalls) gewesen, weshalb ihm im Herkunftsstaat unmenschliche Haftbedingungen drohen würden.
Der Verwaltungsgerichtshof ist (als Rechtsinstanz) zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. In Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 19.3.2021, Ra 2021/19/0072, mwN).
9 Das BVwG setzte sich in seiner Beweiswürdigung, in die es vor allem auch den gewonnenen persönlichen Eindruck des Revisionswerbers miteinfließen ließ, mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers auseinander und erachtete dieses als nicht glaubhaft. Die Angaben des Revisionswerbers seien durchwegs vage, unsubstantiiert und allgemein gehalten gewesen und hätten sich in oberflächlichen und detailarmen Schilderungen erschöpft. Die Glaubwürdigkeit des Revisionswerbers habe insbesondere erschüttert, dass er gegenüber der belangten Behörde sowie in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, mittlerweile nicht mehr homosexuell zu sein, weil ihm sein Vater zu einer Umorientierung geraten habe. Zudem habe der Revisionswerber angegeben, keinen Verfolgungshandlungen durch Polizei und Behörden ausgesetzt gewesen zu sein.
10 Die Revision vermag mit ihrem allgemeinen Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass diese Beweiswürdigung an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leide.
11 Die Revision rügt zudem, dass die im Rahmen der Rückkehrentscheidung vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK angesichts des siebenjährigen Aufenthalts des Revisionswerbers sowie seiner beruflichen und sozialen Verfestigung in Österreich zu seinen Gunsten hätte ausfallen müssen. Das BVwG habe das Parteienvorbringen, die Zeugenaussagen und die vorgelegten Urkunden betreffend die Integrationsfortschritte des Revisionswerbers völlig außer Acht gelassen.
12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar (vgl. VwGH 5.2.2021, Ra 2020/19/0322, mwN).
13 Das BVwG berücksichtigte sämtliche für die Interessenabwägung maßgeblichen Umstände und ging im Ergebnis von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des Revisionswerbers an einem Verbleib in Österreich aus.
Ausgehend davon gelingt es der Revision nicht darzutun, dass diese Interessenabwägung unvertretbar erfolgt wäre. Ob die einzelfallbezogene Abwägung, die zu einem zumindest vertretbaren Ergebnis gelangt ist, in jeder Hinsicht zutrifft, stellt keine grundsätzliche Rechtsfrage dar (vgl. VwGH 5.3.2020, Ra 2019/19/0524).“
2.1. Am 18.06.2021 stellte der Beschwerdeführer unter Verwendung des hierfür vorgesehenen Antragsformulars den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK.
In einer beiliegenden Stellungnahme seines bevollmächtigten Vertreters vom gleichen Datum wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit Juli 2013 durchgehend in Österreich lebe und während seines siebenjährigen Aufenthaltes erste Integrationsschritte in wirtschaftlicher, sprachlicher und vor allem sozialer Hinsicht gesetzt hätte. Dieser habe mehrere Deutschkurse absolviert und sei seit Dezember 2015 laufend als Arbeiter in einem Gastronomiebetrieb tätig gewesen. Der Beschwerdeführer sei grundsätzlich selbsterhaltungsfähig und nicht auf Leistungen der staatlichen Grundversorgung angewiesen. Er sei zudem unbescholten, habe in seinem Wohnort eine Freundschaft mit einer dort lebenden Familie entwickelt, habe freiwillig in der Landwirtschaft von Bekannten mitgeholfen und sich ehrenamtlich am Bau eines Spielplatzes beteiligt. Dieser habe zwar keine verwandtschaftlichen Bindungen, jedoch einen großen Freundes- und Bekanntenkreis im Bundesgebiet. Zu seiner eigenen Familie und seinen Verwandten in Niger habe der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr und er würde sich in Niger nicht mehr zu Recht finden, da er sich bereits seit dem Jugendalter in Österreich aufhalte.
Beiliegend übermittelt wurden zwei Empfehlungsschreiben aus dem privaten Umfeld des Beschwerdeführers vom 21.11.2020 sowie undatiert, Deutschkursbestätigungen vom 19.12.2017 und 07.11.2017, Unterlagen zur Bestätigungen der befristeten Dienstverhältnisse des Beschwerdeführers als Saisonarbeiter vom 14.12.2015, 05.10.2016, 26.06.2017, 24.12.2019, 04.04.2016 und 10.01.2020, ein Bescheid des AMS über die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung an den Beschwerdeführer vom 30.10.2019, diverse Fotos, eine Versicherungspolizze vom 21.10.2019 sowie eine Kopie der E-Card des Beschwerdeführers.
Mit Schreiben vom 22.06.2021 informierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführer über die beabsichtigte Zurückweisung seines Antrages nach § 55 AsylG 2005 und gewährte ihm zugleich die Möglich zur Einbringung einer Stellungnahme.
In einer am 06.07.2021 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangten Stellungnahme führte der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer bestreite seinen Lebensunterhalt durch die Tätigkeit als Küchenhelfer bei einem näher bezeichneten Gastronomiebetrieb, welcher diesen auch künftig weiterhin beschäftigen wolle. Der Beschwerdeführer habe in Österreich Freundschaften geschlossen, er habe trotz seiner Legasthenie mehrere Kurse besucht und könne auf Deutsch kommunizieren. Weiters habe dieser sich in Österreich freiwillig in sozialer Hinsicht engagiert und es sei dessen siebenjähriger Aufenthaltsdauer maßgebliche Bedeutung beizumessen. Der Beschwerdeführer bekenne sich nicht mehr zum muslimischen Glauben und praktiziere diesen nicht mehr. Dieser leide an Diabetes mellitus Typ 2 und müsse immer wieder zu Routinekontrollen zum Arzt. Die medizinische Versorgung in Niger sei mit jener in Österreich nicht zu vergleichen. Der Beschwerdeführer würde im Herkunftsstaat keine Arbeitstätigkeit aufnehmen können, welche zur Finanzierung seiner Grundversorgung, auch in medizinischer Sicht, ausreichen würde. Da das bestehende Krankheitsbild als schwerwiegend oder lebensbedrohlich einzustufen wäre, sei ein Überwiegen seiner privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet zu erkennen. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Kontakte mehr in Niger und würde sich dort überhaupt nicht mehr zurechtfinden. Der Beschwerdeführer habe stets am Verfahren mitgewirkt. Beiliegend wurden nochmals die bereits bei der Antragstellung vorgelegten Unterlagen sowie ein Referenzschreiben seines (ehemaligen) Arbeitgebers vom 03.07.2021 übermittelt.
2.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.07.2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass sich im Hinblick auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers gegenüber dem im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2021 zugrunde gelegten Sachverhalt keine maßgebliche Änderung ergeben hätte. Dieser sei seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen, sei zwischenzeitlich nicht mehr selbsterhaltungsfähig und habe das Modul 1 der Integrationsvereinbarung nach wie vor nicht erfüllt. Sein Familien- und Privatleben stelle sich im Wesentlichen unverändert dar, sein Vorbringen zum gänzlichen Fehlen von Kontakten in den Herkunftsstaat sei als unglaubwürdig zu bewerten. Betreffend die vorgebrachte Diabetes mellitus Typ 2-Erkrankung werde auf einen Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation verwiesen, welchem zu entnehmen wäre, dass medizinische Behandlungen in größeren Städten vorhanden seien.
2.3. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid mit am 23.08.2021 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangtem Schriftsatz seines bevollmächtigten Vertreters die gegenständliche Beschwerde, in welcher begründend ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer lebe seit Juli 2013 in Österreich und sei grundsätzlich selbsterhaltungsfähig; lediglich aufgrund der Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz sei dieser aktuell nicht zur Arbeitsaufnahme berechtigt. Überdies wurde das bereits erstattete Vorbringen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich und den hier geknüpften sozialen Bindungen und seinem freiwilligen Engagement wiederholt. Aufgrund dieser Umstände und der vorgelegten Beweismittel stünde fest, dass der Beschwerdeführer ein schützenswertes Familien- und Privatleben in Österreich führe. Angesichts der unzureichenden Schreib- und Lesekenntnisse des Beschwerdeführers sei es diesem entgegen der Ansicht der Behörde nicht möglich, über soziale Medien Kontakte in den Herkunftsstaat aufrecht zu erhalten. Auch die bislang nicht erfolgte Erfüllung des Moduls 1 sei auf den Analphabetismus des Beschwerdeführers zurückzuführen. Nichtsdestotrotz habe der Beschwerdeführer sich stets bemüht, sich Kenntnisse der deutschen Sprache anzueignen. Unberücksichtigt sei auch der Umstand der vorliegenden Wiedereinstellungszusage geblieben, welche im Fall der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung neuerlich zur Selberhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers führen würde. Die Behörde führe zudem selbst aus, dass nur diejenigen, die über entsprechende finanzielle Möglichkeiten verfügen, sich eine gute medizinische Behandlung in Niger leisten könnten. Da dies auf den Beschwerdeführer nicht zutreffe, dieser zudem keine Familie und Bekannte in Niger habe und er auch keine angemessene bezahlte Arbeit finden würde, wäre dieser in Niger einer Existenzbedrohung ausgesetzt und nicht in der Lage, für seine medizinische Versorgung aufzukommen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass an Diabetes mellitus Typ 2 leidende Personen der Covid-19-Risikogruppe angehören würden. Entgegen der Ansicht der Behörde habe sich der Sachverhalt aufgrund der vorliegenden Diabetes mellitus Typ 2-Erkrankung wesentlich geändert, sodass eine neuerliche Abwägung erforderlich werde. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, sich konkret mit der Situation eines alleinstehenden, in Niger nicht selbsterhaltungsfähigen, Mannes, der an Diabetes mellitus Typ 2 leide und keinerlei Kontakte zu Verwandten oder Bekannten in Niger habe, auseinanderzusetzen.
Beiliegend übermittelt wurden ein Laborbefund vom 20.05.2021 sowie eine Kopie eines Ambulanzberichts eines Landeskrankenhauses vom 03.08.2020, welchem sich die Diagnose Diabetes Mellitus Typ II (DD Mody), ED 06.2020, entnehmen lässt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Niger mit einer nicht näher feststehenden Identität, reiste unrechtmäßig ins Bundesgebiet ein und stellte am 10.07.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde vom Bundesamt mit Bescheid vom 22.09.2016 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Niger abgewiesen. Unter einem wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Niger zulässig sei. Schließlich wurde ihm für die freiwillige Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 19.01.2021, I411 2137218-1/18, zugestellt an den damaligen Vertreter des Beschwerdeführers am 20.01.2021, als unbegründet abgewiesen. Jenem Erkenntnis wurden u.a. die folgenden Feststellungen zugrunde gelegt:
„1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Niger und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Hausa an und seine Muttersprache ist Hausa. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig. Er gehört keiner Covid-19 Risikogruppe an.
Er hat in Niger nicht die Schule besucht und gemeinsam mit seinem Vater eine Landwirtschaft bzw. Ackerbau betrieben. Sein Vater ist verstorben und seine Mutter zog nach Nigeria. Zu Personen in Niger hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr.
Er hält sich seit (mindestens) 10.07.2013 in Österreich auf und war durchgehend behördlich gemeldet.
Der ledige und kinderlose Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten und Familienangehörige.
Während seines siebenjährigen Aufenthaltes in Österreich setzte er erste Integrationsschritte in wirtschaftlicher, sprachlicher und vor allem in sozialer Hinsicht.
Der Beschwerdeführer besuchte zwei Deutschkurse, zuletzt den Kurs „Deutsch Alpha 1-3 und Werte“ und war seit Dezember 2015 als Arbeiter fast laufend bei der NN GmbH befristet beschäftigt und das AMS Vorarlberg erteilte ihm die für diese Tätigkeit erforderliche Beschäftigungsbewilligung. In der Zwischensaison erhielt er von seinem Dienstgeber freie Kost und Logis, darüber hinaus hat er Anspruch auf den Bezug von Arbeitslosengeld. Er ist seit 30.06.2017 nicht mehr auf Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung angewiesen und bei der Österreichischen Gesundheitskasse kranken-, pensions- und unfallversichert. Er ist weitgehend selbsterhaltungsfähig.
Ihm wurde für den Zeitraum 01.12.2020 bis 12.04.2021 eine Beschäftigungsbewilligung erteilt.
Er verfügt in Österreich über einen Freundes- und Bekanntenkreis und engagierte sich bislang insbesondere in sozialer Hinsicht. Beispielsweise half er Freunden von ihm bei Renovierungsarbeiten an einem Haus und unterstützte den ehrenamtlichen Bau eines Spielplatzes in L1. Er leistete auch mehrere freiwillige Arbeiten in der Landwirtschaft in L2, unter anderem war eine Hilfe bei einer Heuernte im August 2019 oder beim Ausmisten eines Schafstalls im April 2018.
Die lange Verfahrensdauer ist dem Beschwerdeführer nicht anzulasten. Er hat sich dem Verfahren nicht entzogen oder seine Mitwirkungspflicht verletzt.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Es ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, asylrelevante Fluchtgründe geltend zu machen. Der Beschwerdeführer ist nicht homosexuell und er muss im Falle einer Rückkehr nach Niger nicht mit einer Verfolgung rechnen.
Es kann darüber hinaus auch nicht festgestellt werden, dass er in Niger aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.
Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Niger mit hoher Wahrscheinlichkeit keiner realen Gefahr der Folter, einer unmenschlichen Bestrafung oder Behandlung, der Todesstrafe ausgesetzt sein und ihm droht in seinen Herkunftsstaat auch keine reale Gefahr, in seiner Existenz bedroht zu werden.
(...)“
Mit Beschluss vom 10.03.2021, E 625/2021-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der Folge wurde eine außerordentliche Revision eingebracht, welche durch den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 07.05.2021, Ra 2021/19/0075-10, zurückgewiesen wurde.
Der Beschwerdeführer hat trotz der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung das Bundesgebiet der Republik Österreich nicht verlassen und hält sich somit seit Ablauf der ihm für die freiwillige Ausreise gewährten Frist rechtswidrig in Österreich auf.
Aus dem begründeten Antragsvorbringen des Beschwerdeführers gemäß § 55 AsylG 2005 geht im Vergleich zur bestehenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 19.01.2021 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung in Bezug auf sein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz und jene, dass sich der Beschwerdeführer seit zumindest 10.03.2107, davon seit 20.01.2021 rechtwidrig, durchgehend im Bundesgebiet aufhält, können aufgrund der unbestrittenen Aktenlage getroffen werden. Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer nach der rechtskräftig negativen Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz und der damit einhergehenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidung das Bundesgebiet der Republik Österreich verlassen hätte oder sonst über eine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich verfügen würde, sind weder aus der Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels noch aus dem Beschwerdevorbringen hervorgekommen.
Hinsichtlich der Vorlage von Unterstützungserklärungen sowie Bestätigungen hinsichtlich seiner befristeten Erwerbstätigkeiten und des Besuchs von Deutschkursen im nunmehrigen Verfahren ist darauf zu verweisen, dass diese Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers bereits in der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2021 berücksichtigt worden sind. In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass der Beschwerdeführer unbestritten Integrationsbemühungen gezeigt habe, das Gewicht seines Privatlebens jedoch angesichts seines Bewusstseins über seinen unsicheren Aufenthaltsstatus gemindert sei; der Beschwerdeführer habe keine Familienangehörigen im Bundesgebiet, er habe keine Deutschkenntnisse nachgewiesen und es sei davon auszugehen, dass dieser nach wie vor ausreichende Bindungen zu seinem Herkunftsstaat, in welchem er aufgewachsen wäre, aufweisen würde, sodass gesamtbetrachtend die öffentlichen Interessen an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens überwiegen würden (vgl. Erkenntnis BVwG vom 19.01.2021, S 26 ff).
Soweit er im nunmehrigen Verfahren vorbrachte, an Diabetes mellitus Typ II zu leiden, worin eine maßgebliche Änderung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhaltes zu erblicken wäre, ist festzuhalten, dass diese Erkrankung laut dem gemeinsam mit der Beschwerde übermittelten Ambulanzbefund vom 03.08.2020 bereits seit Juni 2020 bekannt sei und sohin bezogen auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2021 ebenfalls keinen neuen Sachverhalt begründen vermag. Soweit er vorbrachte, aufgrund dieser Erkrankung einer Covid-19-Risikogruppe anzugehören, ist ebenfalls anzumerken, dass die Covid-19-Pandemie bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.01.2021 bestanden hat, sodass sich auch insofern keine Sachverhaltsänderung ergeben hat. Vielmehr ist notorisch, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet zwischenzeitlich Zugang zu einer wirksamen Impfung haben würde, wodurch er sein individuelles Risiko für einen schweren Verlauf einer allfälligen Covid-19-Infektion im Fall einer Rückkehr in sein Heimatland maßgeblich verringern könnte.
Der Beschwerdeführer hat demnach insgesamt keine konkreten Sachverhalte genannt, welche erst nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2021 neu entstanden wären, vielmehr berief er sich auf im Wesentlichen jenen Sachverhalt, welcher bereits im damaligen Verfahren festgestellt und der Interessensabwägung zugrunde gelegt worden ist.
Eine allfällige seitherige Intensivierung seiner Bindungen im Bundesgebiet – welche angesichts des erst vergleichsweise kurzen Zeitraumes seit Ausspruch der vorangegangenen Rückkehrentscheidung ohnedies nur im geringen Ausmaß angenommen werden könnte –, erfolgte zu einem Zeitpunkt, als sich der Beschwerdeführer der drohenden Aufenthaltsbeendigung im hohen Maß bewusst sein musste. Ebenso hat das Bundesamt zutreffend dargelegt, dass eine Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers und sohin eine Selbsterhaltungsfähigkeit zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vorgelegen haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG), in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; VwGH 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; VwGH 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084). Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über die zugrundeliegenden Anträge würde demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten (VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115).
Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens ist daher auf Grund der zurückweisenden Entscheidung in dem im Spruch bezeichneten Bescheid nur, ob diese Zurückweisung zu Recht erfolgte.
Gemäß § 55 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: AsylG), ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK ("Aufenthaltsberechtigung plus" oder "Aufenthaltsberechtigung") zu erteilen, wenn dies zumindest gemäß § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: BFA-VG), zur Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.
Gemäß § 58 Abs. 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 leg. cit. als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; der Grad der Integration; die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; die strafgerichtliche Unbescholtenheit; Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127; VwGH 05.05.2015, Ra 2014/22/0115) liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr läge ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufgewiesen hätten, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK geboten hätte. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
Die Zurückweisung nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 ist jener wegen entschiedener Sache nachgebildet, sodass die diesbezüglichen (zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten) Grundsätze herangezogen werden können. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann bzw. eine andere Entscheidung zumindest möglich ist. Die Behörde hat daher eine Prognose anzustellen, in deren Rahmen die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach jener Wertung zu beurteilen ist, die das geänderte Sachverhaltselement seinerzeit erfahren hat. Dabei sind die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände einzubeziehen, indem zu beurteilen ist, ob es als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen nun eine andere Beurteilung geboten sein könnte (vgl. VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183 mwN; 29.03.2021, Ra 2017/22/0196. mwN).
3.2. Im gegenständlichen Fall hat sich die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides auf § 58 Abs. 10 AsylG als Grundlage für die Zurückweisung bezogen. Das Bundesverwaltungsgericht war im gegenständlichen Fall dazu berufen, die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung zu prüfen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der vom BFA unter dem Gesichtspunkt „entschiedene Sache“ vorgenommenen Antragszurückweisung nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 ist jener der Erlassung des behördlichen Bescheides (vgl. etwa VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183, Punkt 6.2. der Entscheidungsgründe, mwN, wonach für diese Prüfung jene Umstände maßgeblich sind, die bis zum erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid eingetreten sind). Andererseits ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 58 Abs. 10 AsylG 2005, dass für das BFA maßgebliche Beurteilungsgrundlage nur das „Antragsvorbringen“ ist und dass das BVwG bloß die Richtigkeit der vom BFA - auf dieser Basis - ausgesprochenen Zurückweisung zu prüfen hat (vgl. erneut VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183, nunmehr Punkt 6.4. der Entscheidungsgründe; siehe auch VwGH 29.05.2013, 2011/22/0102, zur Vorgängerregelung des § 44b Abs. 1 Z 1 NAG, wonach „Sache“ des Berufungsverfahrens nur die Frage ist, ob die Zurückweisung des Antrages durch die erstinstanzliche Behörde zu Recht erfolgte) (vgl. VwGH 22.01.2021, Ra 2020/21/0520).
Im vorliegenden Fall wurde gegen den Beschwerdeführer mit dem seine Beschwerde als unbegründet abweisenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2021, I411 2137218-1/18, rechtskräftig seit 20.01.2021, eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte daher zu prüfen, ob sich seit 20.01.2021 eine maßgebliche Veränderung im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK ergab. Der jener Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt dient als Vergleichsmaßstab, ob gegenständlich von einem maßgeblich (oder nicht maßgeblich) geänderten Sachverhalt auszugehen ist und daher die Antragszurückweisung zu Unrecht (oder zu Recht) erfolgt ist.
3.3. Seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2021, in dem von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet ausgegangen wurde (vgl. BVwG 19.01.2021, S. 26 ff; sowie die Ablehnung der Beschwerdebehandlung durch den VfGH mit Beschluss vom 10.03.2021 und die Zurückweisung der außerordentlichen Revision durch den VwGH mit Beschluss vom 07.05.2021. Rn. 11-13), ist keine Veränderung in Bezug auf die Integration des Beschwerdeführers eingetreten, die einer Zurückweisung des gegenständlichen Antrags gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 entgegenstünde. Dieser hat im gegenständlichen Verfahren im Wesentlichen auf die bereits im vorangegangenen Verfahren vorgebrachten und der Beurteilung zugrunde gelegten Umstände verwiesen, jedoch keine neu entstandenen Sachverhalte vorgebracht. Der Beschwerdeführer geht aktuell keiner Erwerbstätigkeit mehr nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig, hat nach wie vor keinen formellen Nachweis über eine abgelegte Deutschprüfung vorgelegt und hat weiterhin keine verwandtschaftlichen Bindungen im Bundesgebiet. Der vorgebrachte Besuch von Deutschkursen, die Beschäftigung als Saisonarbeiter, die Begründung von Freundschaften im Bundesgebiet sowie die unentgeltliche Hilfe in seinem sozialen Umfeld erfolgten allesamt bereits vor Rechtskraft der vorangegangenen Rückkehrentscheidung, weshalb diese für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung außer Betracht zu bleiben haben.
Soweit im behördlichen Verfahren die Frage des Vorhandenseins von sozialen Bindungen des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat thematisiert worden ist, so ist festzuhalten, dass bereits im Erkenntnis vom Bundesverwaltungsgericht vom 19.01.2021 festgestellt worden war, dass der Beschwerdeführer keine Kontakte mehr in sein Heimatland unterhält, sodass das Vorbringen zu fehlenden Bindungen des Beschwerdeführers in Niger ebenfalls zu keiner Änderung der Sachlage führt. Anzumerken ist, dass das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 19.01.2021 unter Zugrundelegung der fehlenden sozialen Bindungen des Beschwerdeführers in Niger zum Ergebnis gelangte, dass diesem eine Rückkehr dorthin nichtsdestotrotz ohne reale Gefährdung seiner relevanten Grundrechte möglich sein würde und dieser Umstand auch kein Überwiegen seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet bewirke (vgl. BVwG 19.01.2021, S. 22 f).
Zur nunmehr vorgebrachten Diabetes Mellitus Typ II-Erkrankung des Beschwerdeführers ist anzuführen, dass diese laut dem vorgelegten Ambulanzbefund vom 03.08.2020 bereits im Juni 2020 diagnostiziert worden ist und sohin bereits zum Zeitpunkt des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2021 vorgelegen hat und bekannt gewesen ist. Der entsprechende Ambulanzbefund wurde vom Beschwerdeführer anlässlich der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.12.2020 auch vorgelegt, wobei er auf die Frage, ob er an chronischen Erkrankungen oder anderen Beschwerden leiden würde, ausdrücklich vorbrachte, keine Probleme zu haben (vgl. Verhandlungsniederschrift vom 14.12.2020, S. 4). Eine seither eingetretene Änderung (Verschlechterung) des Gesundheitszustandes wurde im gegenständlichen Verfahren weder vorgebracht, noch wurden neuere ärztliche Unterlagen vorgelegt, welchen sich Derartiges entnehmen ließe.
Ein geänderter Sachverhalt liegt demnach auch insofern nicht vor. Im Übrigen ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer auch im nunmehrigen Verfahren keinen aktuellen Behandlungsbedarf in Zusammenhang mit jener Erkrankung vorgebracht hat, sondern lediglich erwähnte, Routinekontrollen wahrzunehmen und eine Diät einhalten zu müssen. Dass dieser eine aktuell benötigte Behandlung bei einer Rückkehr nach Niger allenfalls nicht erhalten könnte oder er in seiner Möglichkeit zur Teilnahme am Erwerbsleben aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt wäre, wurde demnach unabhängig vom Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Erkrankung nicht vorgebracht. Soweit der Beschwerdeführer noch erwähnte, wegen jener Vorerkrankung einer Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung anzugehören, ist auszuführen, dass auch die Pandemiesituation bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2021 vorgelegen hat. Eine Änderung der Sachlage ist demnach auch insofern nicht eingetreten, vielmehr hat die persönliche Situation des Beschwerdeführers insofern eine Besserung erfahren, als es ihm möglich wäre, durch eine in Österreich zugängliche wirksame Impfung sein persönliches Risiko für einen schwerwiegenden Verlauf einer allfälligen Infektion mit dem Covid-19-Erreger zu minimieren.
Auch der Zeitablauf von rund einem halben Jahr seit Rechtskraft der vorangegangenen Rückkehrentscheidung führt für sich genommen zu keiner maßgeblichen Änderung der Sachlage. So ging der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27.01.2015, Ra 2014/22/0094, davon aus, dass weder ein Zeitablauf von ca. zwei Jahren zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem Zurückweisungsbeschluss der Behörde, noch verbesserte Deutschkenntnisse und Arbeitsplatzzusagen eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 44b NAG 2005 idF vor 2012/I/097 darstellen.
Es ist zudem als maßgeblich festzuhalten, dass eine allfällige seither erfolgte Intensivierung des Privatlebens des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erst zu einem Zeitpunkt entstanden wäre, als gegen den Beschwerdeführer bereits eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorgelegen hat, weshalb unter Berücksichtigung des erst kurzen Zeitraums seit Rechtskraft der Entscheidung des BVwG vom 19.01.2021 auszuschließen ist, dass nun eine andere Beurteilung im Hinblick auf die (Un)Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung geboten sein könnte.
Zum Vorbringen einer dem Beschwerdeführer bei seinem früheren Arbeitgeber in Aussicht stehenden neuerlichen Beschäftigung ist anzuführen, dass dieser Umstand keinen geänderten Sachverhalt bildet, zumal die regelmäßige Erwerbstätigkeit und (damalige) Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers bereits der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2021 zugrunde gelegt worden waren, wobei zu diesem Zeitpunkt noch eine aufrechte Beschäftigungsbewilligung vorgelegen hatte. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer nunmehr angesichts seines unrechtmäßigen Aufenthaltes nicht mehr zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt ist, jedoch im Falle der Wiedererlangung eines Zugangs zum Arbeitsmarkt neuerlich eine Beschäftigung beim früheren Arbeitgeber in Aussicht hätte, kann demnach keinen geänderten Sachverhalt zu seinen Gunsten darstellen. Zudem ist auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage an einen Fremden, der über keine Arbeitserlaubnis verfügt, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323).
Hervorzuheben ist in diesem Kontext nochmals, dass sich der Beschwerdeführer seines unsicheren (und illegalen) Aufenthalts seit Ablauf der ihm gewährten Frist zur freiwilligen Ausreise iZm der gegenüber ihm rechtskräftig erlassenen Rückkehrentscheidung bewusst war und sohin einem allfällig entstandenen Privat- und Familienleben ohnehin ein entsprechend geringes Gewicht zuzumessen wäre. Dies gilt umso mehr für Integrationsaspekte, die erst nach einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung entstanden sein mögen, welche - wie im vorliegenden Fall - durch sein beharrliches illegales Verbleiben im Bundesgebiet weiter vermindert werden, zumal diese verwaltungsrechtliche Delinquenz einen gewichtigen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere (auch) im Bereich des Asyl, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, darstellt, die eine Aufenthaltsbeendigung als dringend geboten erscheinen lassen (vgl. VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190). Der Beschwerdeführer stellte den verfahrensgegenständlichen Antrag infolge unrechtmäßigen Verbleibs im Bundessgebiet in Missachtung seiner mit Erkenntnis vom 19.01.2021 ausgesprochenen Ausreiseverpflichtung. Seither allenfalls erfolgte weitergehende Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers konnten nur aufgrund der Missachtung seiner rechtskräftigen Ausreiseverpflichtung und im Bewusstsein der Unsicherheit eines weiteren Aufenthalts erfolgen.
Änderungen hinsichtlich der beruflichen Integration des Beschwerdeführers, seiner (formell nachgewiesenen) Deutschkenntnisse oder hinsichtlich seiner Bindung zum Herkunftsstaat wurden nicht vorgebracht. Auch in Bezug auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers hat sich keine wesentliche Änderung ergeben, wobei dies im gegenständlichen Verfahren zu keinem Zeitpunkt behauptet wurde.
Wenn in der Beschwerde moniert wird, dass der Beschwerdeführer eine maßgebliche Integration im Bundesgebiet aufweist und daher die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 beantragt, wird verkannt, dass Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens lediglich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des verfahrensgegenständlichen Antrags ist und eine (neuerliche) inhaltliche Entscheidung schon aus diesem Grund unzulässig wäre. Nach dem Vorgesagten hatte eine Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK zu unterbleiben; das Verwaltungsgericht hatte bloß die Richtigkeit der in erster Instanz ausgesprochenen Zurückweisung zu prüfen (vgl. 26.06.2020, Ra 2017/22/0183).
3.4. Da aufgrund der obigen Erwägungen nicht von einem geänderten Sachverhalt auszugehen ist, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, war die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochene Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nicht zu beanstanden.
Insgesamt liegen damit keine Sachverhaltsänderungen vor, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen bei der hier anzustellenden Prognose den Schluss zugelassen hätten, es wäre - auch im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung - eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK zumindest möglich gewesen.
Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war und die Beschwerde war demnach spruchgemäß vom Bundesverwaltungsgericht abzuweisen.
4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Vorliegend war das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung durch § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG gedeckt, zumal der das Verwaltungsverfahren einleitende Antrag zurückzuweisen war (vgl. VwGH 29.03.2021, Ra 2017/22/0196). Es ist nicht ersichtlich, dass eine mündliche Verhandlung in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens dennoch geboten gewesen wäre. Im Übrigen legten die belangte Behörde als auch das Verwaltungsgericht die behaupteten Umstände für eine vertiefte soziale Integration ohnehin zu Grunde, sodass insoweit kein ungeklärter Sachverhalt vorlag (vgl. VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183 mwN).
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung geänderte Verhältnisse Privat- und Familienleben ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W192.2137218.2.00Im RIS seit
29.10.2021Zuletzt aktualisiert am
29.10.2021