Entscheidungsdatum
27.09.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W282 2224385-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten, vertreten durch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2018, Zl. XXXX , wegen Mitwirkung iSd § 46 FPG zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 46 Abs. 2a u. 2b FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1. Der Beschwerdeführer (in Folge „BF“), ein ägyptischer StA., reiste am 12.09.2013 legal mit einem drei Monate gültigen Visum in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.09.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit politischer Verfolgung begründete.
2. Am 22.01.2015 befragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge „Bundesamt“) den Beschwerdeführer niederschriftlich, wobei er sein bisheriges Vorbringen einer politischen Verfolgung aufrecht hielt und inhaltlich bestätigte. Im konkreten werde er von der Polizei belästigt und hätte dies im Juni 1983 begonnen und bis einen Monat vor seiner Ausreise im Jahr 2013 angedauert. Die Polizisten hätten die Zusammenarbeit des Beschwerdeführers mit der Polizei gefordert und von ihm Informationen gefordert. 2. Er wurde im Bundesgebiet insgesamt sechs Mal straffällig und rechtskräftig, zumeist wegen Suchmitteldelikten, verurteilt.
3. Mit dem Bescheid vom XXXX 2015, Zl. XXXX , wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ägypten (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III.). Für seine freiwillige Ausreise räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine Frist von 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt IV.).
4. Eine vom BF gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 07.07.2017, GZ. I413 2109683-1/13E als unbegründet abgewiesen. Der BF leistete seiner Ausreisepflicht jedoch nicht Folge, sondern verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.
5. Am 28.08.2018 stellte der BF einen Antrag zur Unterstützung für eine freiwillige Rückkehr nach Ägypten. Der BF zog diesen Antrag in Folge ohne Angabe von Gründen wieder zurück.
6. Am 15.01.2019 stellte der BF beim Bundesamt einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005. Im Rahmen seiner Einvernahme hierzu am 16.07.2019 gab er an, er sei gestürzt und sei noch immer in Behandlung, er habe Schmerzen. Eigentlich habe er nach Amerika gewollt. In Folge musste die Einvernahme abgebrochen werden, da sich der BF aggressiv bzw. unkooperativ verhielt und sich ggü. der befragenden (weiblichen) Referentin des Bundesamtes extrem herablassend verhielt.
7. Am 08.08.2019 wurde dem BF vom Bundesamt ein Parteiengehör übermittelt, mit dem ihm mitgeteilt wurde, das beabsichtigt sei, seinen Antrag vom 15.01.2019 abzuweisen. Weiters wurde er aufgefordert Stellung zu nehmen. Mit Stellungnahme des Rechtsvertreters des BF vom 22.08.2019 nahm der BF Stellung.
8. Mit verfahrensggst. Bescheid vom XXXX 2019 verpflichtete das Bundesamt den BF gemäß § 46 Abs. 2a u. 2b FPG persönlich zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments am 17.10.2021 um 11:30h zur Ägyptischen Botschaft in Wien zu kommen und dort an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments teilzunehmen. Für den Fall des unentschuldigten Nicht-Erscheinens wurde dem BF eine Haftstrafe von 14 Tagen angedroht. Weiters wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 VwGVG aberkannt.
9. Am 15.10.2019 langte die ggst. Beschwerde gegen diesen Bescheid über Vorlage des Bundesamtes beim BVwG ein und wurde der Gerichtsabteilung W140 zugewiesen.
10. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses 22.03.2021 wurde das ggst. Verfahren der Gerichtsabteilung W140 abgenommen und der Gerichtsabteilung W281 neu zugewiesen. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 29.06.2021 wurde das ggst. Verfahren der Gerichtsabteilung W281 abgenommen und der Gerichtsabteilung W282 neu zugewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Dass gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt, ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in die Gerichtsakten des Asylverfahrens des BF insbesondere aus dem Erkenntnis des BVwG vom 07.07.2017, GZ. I413 2109683-1/13E. Dass der Beschwerdeführer zur Ausreise verpflichtet ist und seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen ist, sein Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig ist und er über kein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt, ergibt sich ebenfalls aufgrund der Aktenlage und dem Zentralen Fremdenregister, ebenso wie seine Antragstellung nach § 55 AsylG 2005 im Jänner 2019.
Dass sich der BF trotz Aufforderung bis dato kein Reisedokument bei der Botschaft besorgt hat und auch über kein gültiges Reisedokument mehr verfügt, ergibt sich aus der Tatsache der Erlassung des angefochtenen Bescheides bzw. den dort enthaltenen glaubwürdigen Feststellungen. Dem BF wurde somit mit dem verfahrensggst. Bescheid aufgetragen, am 17.10.2019 um 11:30h bei einem Delegationstermin vor der ägyptischen Botschaft in Wien unter Beibringung bestimmter Dokumente zu erscheinen, um an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes (Heimreisezertifikat, HRZ) mitzuwirken.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A):
3.1 Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 46 Abs. 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein gültiges Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen, es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich.
Gemäß § 46 Abs. 2a FPG ist das Bundesamt jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
Gemäß § 46 Abs. 2b FPG kann dem Fremden die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.
Gemäß § 19 AVG ist die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind. Wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden. Eine einfache Ladung erfolgt durch Verfahrensanordnung.
Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies:
Im angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen zur Einholung eines Ersatzreisedokuments an den notwendigen Handlungen zur Identitätsfeststellung mitzuwirken, im Konkreten zu einem Delegationstermin in der Botschaft Ägyptens in Wien am 17.10.2021 um 11:30h selbst zu erscheinen und bei diesem Termin an den notwendigen Formalitäten mitzuwirken. Unter einem wurde dem BF mitgeteilt, welche Rechtsfolgen an ein unentschuldigtes Fernbleiben geknüpft sind. Im Falle der Nichtfolgeleistung ohne wichtigen Grund (Krankheit, Verhinderung aus anderen wichtige Gründen) wurde eine Haftstrafe von 14 Tagen angedroht. Insoweit entspricht der angefochtene Bescheid den Inhaltserfordernissen an Ladungen des § 19 Abs. 2 AVG.
Zudem wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.
Es ist im Verfahren nicht hervorgekommen und wird auch in der Beschwerde nicht behauptet, dass der Beschwerdeführer aus (glaubwürdig) unabwendbaren Gründen verhindert oder es ihm unmöglich gewesen wäre, die sich selbst im Vorfeld und vor Bescheiderlassung angesichts seiner seit dem Jahr 2017 jedenfalls bestehenden Ausreisepflicht asuzureisen bzw. sich nach Ablauf seines Reisepasses ein Reisedokument zu besorgen. Der BF verblieb hingegen weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet und reiste nicht aus. Der vom BF gestellte Antrag auf einen Aufenthaltstitel iSd § 55 AsylG 2005 ist in diesem Zusammenhang belanglos, da dieser schon ex-lege kein Bleiberecht begründet und stehen diese Anträge der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen (§ 58 Abs. 13 AsylG 2005).
Die materiellen Vorrausetzungen dafür, den BF gemäß § 46 Abs. 2a u. 2b FPG bescheidmäßig zur Mitwirkung an dem Delegationstermin der ägyptischen Botschaft zu verpflichten, liegen daher vor, da der BF bis zur Bescheiderlassung keinerlei Anstalten gemacht hat, sich aus eigenem ein neues (gültiges) Reisedokument zu besorgen. Das Bundesamt ist angesichts der bestehenden Ausreisepflicht daher jedenfalls im Recht, wenn es dem BF angesichts dieses Verhaltens die Mitwirkung an der Erlangung eines HRZ beim Termin vor der ägyptischen Botschaftsdelegation bescheidmäßig aufträgt und – wie gesetzlich vorgesehen – unter einem dem BF für den Fall der Nicht-Mitwirkung oder des Nicht-Erscheinens eine Beugestrafe androht.
Die Beschwerde bringt dementgegen nichts weiter Stichhaltiges vor: Das Vorbringen zum Privat- und Familienleben ist im ggst. Zusammenhang nicht weiter von Belang, da die Mitwirkungspflicht eines Fremden nach § 46 Abs. 2 bzw. 2a u. 2b FPG unabhängig von derartigen – allenfalls im einem Verfahren nach § 55 AsylG 2005 bzw. § 9 BFA-VG relevanten – Vorbringen besteht. Ebenso verkennt die Beschwerde, wenn sie eine drohende Verfolgung des BF in Ägypten vorbringt, dass das Asylverfahren des BF gerichtlich negativ entschieden wurde und eine Verfolgung des BF ebendort nicht glaubhaft war. Den Boden der Sachlichkeit verlässt die Beschwerde jedenfalls mit dem Vorbringen, wenn sie versucht die Situation des BF mit jener des ermordeten Saudi-Arabischen Regimekritikers und Journalisten Jamal Ahmad Khashoggi in Kontext zu bringen: Zum einen ist der BF Ägypter und nicht aus Saudi-Arabien, und wären dem BVwG keinerlei derartigen verbrecherischen Vorgänge in der ägyptischen Botschaft in Wien bekannt und zum anderen war die vom BF behauptete Verfolgung in seinem Heimatland eben schon im Asylverfahren unglaubwürdig, zumal auch nach seinen eigenen Behauptungen im Asylverfahren er nicht im Ansatz eine solche „Prominenz“ in der Kritik an der Regierung seines Heimatlandes erreicht hat, wie sie J. Khashoggi im Hinblick auf Saudi-Arabien auf tragische Weise letztlich zum Verhängnis wurde. Darüber hinaus ist es als reine Fiktion abzutun, wenn damit zu insinuieren versucht wird, dem BF drohe in der Botschaft seines Heimatlandes Gefahr, da Delegationstermine in Anwesenheit von Vertretern des Bundesamtes stattfinden, was letztlich selbst dann, wenn die behauptete Gefährdung irgendwie glaubhaft wäre, ausschließt, dass dem BF dort tatsächlich während eines offiziellen Delegationstermins ein Leid zugefügt werden könnte.
Soweit die Beschwerde noch vorbringt, der Antrag nach „§ 55 EheG“ (wohl gemeint: AsylG 2005) sei „vorzureihen, statt die Ausreisepflicht durchzusetzen“ verkennt sie die Rechtslage, insb. den bereits zitierten § 58 Abs. 13 AsylG 2005.
Ebenso rechtsgrundlos ist der „Antrag das ggst. Verwaltungsverfahren bis zur Entscheidung gemäß § 55 AsylG [..] zu unterbrechen“. Erneut verkennt die Beschwerde damit die schon zitierte Rechtslage, da Anträge auf Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 aus gutem Grund ex-lege kein Bleiberecht erzeugen sollen, werden diese doch oftmals im Angesichte der Aufenthaltsbeendigung als versuchte Verzögerungsmaßnahme trotz oftmaliger Aussichtslosigkeit gestellt. Diesem Antrag - wäre er nicht schon formalrechtlich unzulässig, stünde somit die Bestimmung des § 58 Abs. 13 AsylG 2005 entgegen. Formalrechtlich unzulässig ist der Antrag schon deshalb, da eine Aussetzung des Verfahren iSd § 38 AVG nur wegen im Rahmen des Verfahrens auftauchender unentschiedener Vorfragen zulässig ist. Die Entscheidung über den Antrag nach § 55 AsylG 2005 stellt aber für das ggst. Verfahren keine unentschiedene Vorfrage dar, da gegen den BF eine rk. Rückkehrentscheidung in Form des Erkenntnisses des BVwG vom 07.07.2017, GZ. I413 2109683-1/13E besteht. Diese Vorfrage im Hinblick auf die Ausreisepflicht des BF ist daher gerichtlich entschieden und somit für die belangte Behörde auch bindend (Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 Rz. 27f). Der oben bezeichnete Antrag auf Aussetzung (umgedeutet von der Bezeichnung als „Unterbrechung“) muss daher schon aus diesen Gründen erfolglos sein.
Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 46 Abs. 2a u. 2b FPG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 13 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung (aW) einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen. Die Voraussetzung des § 13 Abs. 2 VwGVG ist im vorliegenden Antragsfall erfüllt, weil der BF auch nach dem negativen Abschluss seines Asylverfahrens und nach der Erlassung einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung den gegen ihn bestehenden Ausreisebefehl nicht befolgte und unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieb. Bis dato missachtete der BF seine Ausreiseverpflichtung und unternahm keinerlei Anstrengungen ein Reisedokument zu erlangen. Da Botschaftsdelegationstermine von den Botschaften in aller Regel kurzfristig angesetzt werden und somit auch ein kurzfristiges Erscheinen (mit nur wenigen Wochen Vorlaufzeit) des BF ebendort erforderlich ist, hat das Bundesamt zu Recht die Vorrausetzungen für Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG angenommen, da hierbei die öffentlichen Interessen an der Durchsetzung der Mitwirkungspflicht und somit letztlich das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremden- und Asylwesen die Interessen des BF klar überwiegen.
Entgegen den Behauptungen der Beschwerde liegt insofern auch die geforderte „Gefahr im Verzug“ vor, da Mitwirkungsbescheide iSd § 46 FPG einen Fremden zu einer bestimmten Handlung (Mitwirkung) an einem bestimmten (zeitlich naheliegenden) Termin oder Ereignis verpflichten. Die durch den sofortigen Vollzug abzuwendende Gefahr ist dabei jene der Vereitelung der Teilnahme des Fremden an dem bezeichneten Termin oder Ereignis, wodurch der Termin bzw. das Ereignis (in diesem Fall der Termin vor der Botschaftsdelegation) hinfällig werden würde. Die durch Aberkennung der aW abzuwendende Gefahr tritt im ggst. Fall eines derartigen Leistungsbescheides daher dadurch ein, dass die Leistungserbringung (Mitwirkung) durch den Fremden nur zu bzw. an einem konkret bestimmten zeitlich naheliegenden Termin erfolgen kann. Ohne Entfall der aW könnte daher ein Fremder mit Leichtigkeit durch Beschwerdeerhebung seine (terminlich konkret bemessene) Mitwirkungspflicht auf Dauer umgehen. Der vom VwGH geforderte „gravierende Nachteil“ (vgl. VwGH 24.5.2002, 2002/18/0001) in den öffentlichen Interessen eines geordneten Fremdenwesens tritt daher bei Nicht-Entfall der aW hierbei durch die Vereitelung der terminlich konkret bemessenen zeitnahen Mitwirkungspflicht des Fremden ein.
Weiters geht die Beschwerde auch fehl, wenn sie meint, die vorzunehmende Interessensabwägung müsse zugunsten des BF ausfallen: Der BF hatte seit dem Jahr 2017 Zeit auszureisen bzw. sich nach Ablauf seines alten Reisepasses aus eigenem ein neues Reisedokument bei seiner Vertretungsbehörde zu besorgen, er hat dies jedoch unterlassen. Von einer unzumutbaren Interessensbeeinträchtigung des BF kann schon deshalb keine Rede sein, da der BF lediglich verpflichtet wurde, an einem bestimmten Termin für wenige Stunden an einem Delegationstermin seiner Vertretungsbehörde teilzunehmen und dort an der Erlangung eines HRZ mitzuwirken. Die an den BF gerichtete Verpflichtung ist daher weder überschießend und noch unbotmäßig, zumal der BF auch nichts weiter zu tun hat, als am angegeben Termin am angegeben Ort zu erscheinen und dort die gestellten Fragen zu beantworten. Den Interessen des BF entgegen steht - wie schon festgehalten- das große öffentliche Interesse an der Durchsetzung fremdenrechtlicher Bestimmungen und an der Durchsetzung der aus der RückführungsRL entspringenden Verpflichtung, unrechtmäßig aufhältige Drittstaatsangehörige außer Landes zu bringen. Wodurch die Beschwerde abschließend noch zum Schluss kommt, der Bescheid „sei nicht vollstreckbar“ ist unerklärlich, erfüllt er doch offenkundig die Merkmale einer Ladung iSd § 19 Abs. 2 bis 4 AVG, da auch die Zwangsmittel, die bei einem unentschuldigten Fernbleiben angewendet werden, klar angegeben werden.
Die Beschwerde ist somit auch in Hinblick auf Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der durch einen Rechtsanwalt vertretene BF hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Die in der Beschwerde geltend gemachten Bestreitungen sind darüber hinaus unsubstantiiert bzw. betreffend das Asylverfahren teilweise aktenwidrig.
Zu Spruchteil B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt überdies der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Ausreiseverpflichtung Mitwirkungspflicht ReisedokumentEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W282.2224385.1.00Im RIS seit
29.10.2021Zuletzt aktualisiert am
29.10.2021