TE Bvwg Beschluss 2021/10/11 W129 2246142-1

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Veröffentlicht am 11.10.2021
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Entscheidungsdatum

11.10.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
SchPflG 1985 §5
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W129 2246142-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Steiermark vom 23.07.2021, Zl. 614042/47-2021:

A)

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Begründung

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.07.2021, Zl. 614042/47-2021, wurde angeordnet, dass die Schülerin (und Tochter der Beschwerdeführerin) XXXX , geb. XXXX , ihre Schulpflicht (6. Schulstufe) in einer öffentlichen Schule oder in einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht und gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung iSd § 5 SchPflG zu erfüllen habe.

Nach Erhalt des Bescheides verfasste die Beschwerdeführerin am 31.07.2021 eine „Klarstellung“, wonach ihre Tochter bereits seit 23.12.2020 Schülerin an einer (näher bezeichneten) Privatschule (mit Öffentlichkeitsrecht) sei, sie habe es verabsäumt, diesen Umstand der Behörde mitzuteilen.

Die belangte Behörde wertete das Schreiben sicherheitshalber als Beschwerde und übermittelte den Schriftsatz sowie den Akt mit Begleitschreiben vom 01.09.2021 an das Bundesverwaltungsgericht. Am 08.09.2021 erfolgte die Zuteilung an den zuständigen Richter.

Mit Schriftsatz vom 13.09.2021 hielt das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin die Gegenstandslosigkeit des Beschwerdeverfahrens vor, da die Schülerin – nach den Angaben ihrer Mutter – bereits eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht besuche.

Dazu gab die Beschwerdeführerin binnen der eingeräumten Frist von zwei Wochen keine Stellungnahme ab.

Mit Schriftsatz vom 08.10.2021 übermittelte die von der Tochter der Beschwerdeführerin besuchte Privatschule zum einen eine Kopie des Bescheides des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 15.04.2021 (Zl. 2021-0.232.617), wonach dieser Schule das Öffentlichkeitsrecht für das Schuljahr 2020/21 verliehen wurde, sowie eine Kopie des Jahreszeugnisses vom 09.07.2021 und teilte zum anderen mit, dass die Tochter der Beschwerdeführerin auch im Schuljahr 2021/22 den Unterricht an dieser Schule besuche.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zur Einstellung des Verfahrens (Spruchpunkt A)

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird – neben formeller Klaglosstellung – angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren² [2018], § 28 VwGVG, Anm. 5 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Das Rechtsschutzinteresse besteht demnach bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. etwa VwGH 24.06.2015, Ra 2015/10/0027; 31.01.2018, Ra 2018/10/0022; 27.11.2018, Ra 2018/02/0162, jeweils m.w.N.).

Daraus folgt, dass ein Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht keinen Anspruch auf die bloße Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides hat; das Verwaltungsgericht ist ebenfalls nicht berufen, eine Entscheidung lediglich über abstrakt-theoretische Rechtsfragen zu treffen, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (vgl. wieder VwGH 31.01.2018, Ra 2018/10/0022).

2. Ein solcher Fall liegt hier vor:

Die Tochter der Beschwerdeführerin befand sich im Schuljahr 2020/21 zunächst im häuslichen Unterricht. Da die Beschwerdeführerin zum Ende des Schuljahres keinen Nachweis einer positiv erfolgten Externistenprüfung vorlegte, erging der verfahrensgegenständliche Bescheid.

Da die Tochter der Beschwerdeführerin – wenngleich ohne vorhergehende Benachrichtigung der belangten Behörde – bereits das Schuljahr 2020/21 an einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht erfolgreich absolvierte und diese Schule auch um Schuljahr 2021/22 besucht, käme der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die „Beschwerde“ (ungeachtet der Frage, ob die „Klarstellung“ durch den Schriftsatz vom 31.07.2021 überhaupt als Beschwerde zu werten ist) nur noch theoretische Bedeutung zu und könnte sich die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei auch bei Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das Bundesverwaltungsgericht nicht verbessern.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung in Bezug auf die nunmehrige Gegenstandslosigkeit keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren² [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Gegenstandslosigkeit Öffentlichkeitsrecht Privatschule Verfahrenseinstellung Wegfall des Rechtsschutzinteresses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W129.2246142.1.00

Im RIS seit

29.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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