TE Vwgh Erkenntnis 2021/9/23 Ro 2020/16/0036

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Veröffentlicht am 23.09.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/05 Verbrauchsteuern

Norm

B-VG Art133 Abs4
NoVAG 1991 §1
NoVAG 1991 §1 Z1
NoVAG 1991 §12 Abs1 Z3
NoVAG 1991 §3 Z3
NoVAG 1991 §4
VwGG §25a Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger, die Hofräte Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr. Funk-Leisch als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des damaligen Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart (nunmehr Finanzamt Österreich), gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 26. Mai 2020, Zl. RV/7103986/2019, betreffend Normverbrauchsabgabe (mitbeteiligte Partei: E GmbH in W, vertreten durch die Mazars Austria GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1010 Wien, Kärntner Ring 5-7), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1        Die mitbeteiligte Partei - eine GmbH im Bereich der Fahrzeugvermietung - erwarb am 27. Juli 2017 von einem Fahrzeughändler ein Kraftfahrzeug, für das in der Rechnung eine Normverbrauchsabgabe in der Höhe von 9.130,66 € ausgewiesen ist. Das Fahrzeug wurde am 22. September 2017 zugelassen. Die mitbeteiligte Partei stellte das Fahrzeug der M GmbH langfristig entgeltlich zur Verfügung, welche es für kurzfristige Vermietungen einsetzte. Am 15. November 2017 beantragte die mitbeteiligte Partei beim revisionswerbenden Finanzamt die Vergütung der entrichteten Normverbrauchsabgabe auf Grund der Verwendung zur kurzfristigen Vermietung.

2        Im Jahr 2018 fand bei der mitbeteiligten Partei u.a. wegen der Normverbrauchsabgabe eine Außenprüfung statt. Im Prüfbericht vom 26. Juni 2018 wurde festgehalten, die mitbeteiligte Partei habe in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug keine kurzfristige Vermietung unmittelbar selbst ausgeübt. Das Fahrzeug sei angeschafft worden, um es der M GmbH langfristig zur Verfügung zu stellen. Vergütungsberechtigt sei die begünstigte Person, die das Fahrzeug verwende. Der mitbeteiligten Partei stehe die Vergütung der Normverbrauchsabgabe nicht zu.

3        Mit Bescheid vom 28. Juni 2018 gab die revisionswerbende Behörde dem Antrag der mitbeteiligten Partei auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe nicht statt und verwies zur Begründung auf den genannten Prüfbericht.

4        In der dagegen erhobenen Beschwerde führte die mitbeteiligte Partei aus, Voraussetzung für die Befreiung von der Normverbrauchsabgabe gemäß § 3 Z 3 NoVAG sei, dass der begünstigte Verwendungszweck nachgewiesen werde. Weder in den §§ 3 und 12 NoVAG 1991 noch im Durchführungserlass werde bestimmt, dass der begünstigte Verwendungszweck vom Antragsteller selbst erbracht werden müsse. Der Vergütungsanspruch stehe dem Empfänger des Kraftfahrzeuges zu, der die Normverbrauchsabgabe zu tragen gehabt habe. Gegenständlich habe die mitbeteiligte Partei die Normverbrauchsabgabe an den Verkäufer des Fahrzeuges entrichtet und diese nicht an die M GmbH weiterverrechnet. Der Träger der Normverbrauchsabgabe sei daher eindeutig die mitbeteiligte Partei, weshalb ihr ein Vergütungsanspruch zustehe.

5        Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18. März 2019 wies das revisionswerbende Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Im Wesentlichen wurde in der Begründung ausgeführt, dass die mitbeteiligte Partei das Fahrzeug unbestritten nicht für die kurzfristige Vermietung verwende und sohin die Befreiungsbestimmung des § 3 Z 3 NoVAG nicht verwirkliche. Die kurzfristige Vermietung erfolge erst durch den Mieter des Fahrzeuges, die M GmbH. Im Falle zwischengeschalteter Finanzierungsgesellschaften stehe die Vergütung jenem Verwender des Fahrzeuges zu, der es für einen begünstigten Zweck nutze, sofern die Normverbrauchsabgabe dem Grunde und der Höhe nach nachgewiesen werden könne.

6        Mit gegenständlich angefochtenem Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht - nach Stellung eines Vorlageantrages - der Beschwerde der mitbeteiligten Partei statt und setzte den Vergütungsbetrag mit 9.130,66 € fest. Eine Revision erklärte es für zulässig.

7        Das Bundesfinanzgericht stellte über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinausgehend fest, dass das Fahrzeug am 22. September 2017 unter Angabe des Verwendungszwecks der kurzfristigen Vermietung zugelassen worden sei.

8        Rechtlich begründete das Bundesfinanzgericht, aus den Materialien zu § 3 Z 3 NoVAG gehe hervor, dass ein Nachweis des begünstigten Verwendungszwecks sowohl auf Grund des Zulassungsverfahrens als auch auf andere Weise zulässig sei. Die mitbeteiligte Partei habe geltend gemacht, dass ihr eine Vergütung der Normverbrauchsabgabe zustehe, weil das streitgegenständliche Fahrzeug zur kurzfristigen Vermietung verwendet worden sei. Sie stelle das Fahrzeug langfristig der M GmbH, die es für kurzfristige Vermietungen einsetze, zur Verfügung. Daher liege nach der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ein Nachweis des begünstigten Verwendungszwecks vor. Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 NoVAG stehe die Vergütung „dem Empfänger der Leistung“ zu. Dies gelte für die Fälle der Lieferung nach § 1 Z 1 und 4 NoVAG. Da die Mitbeteiligte das Fahrzeug von einem Fahrzeughändler erworben habe, der die Normverbrauchsabgabe geschuldet habe, bestünden keine Zweifel daran, dass die Mitbeteiligte gegenständlich Empfängerin der Leistung gewesen sei. Ein darüber hinaus bestehendes Erfordernis, dass der Vergütungstatbestand unmittelbar durch den Empfänger der Leistung erfüllt werden müsse, könne § 12 Abs. 1 NoVAG nicht entnommen werden.

9        Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision führte das Bundesfinanzgericht aus, dass zur strittigen Rechtsfrage keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.

10       Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Revision keine Folge zu geben.

11       Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12       Die Begründung der Zulässigkeit der Revision nach § 25a Abs. 1 VwGG erfordert (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die konkrete Darlegung der Rechtsfrage, die der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 27.6.2019, Ro 2018/07/0046, mwN).

13       Das Bundesfinanzgericht begründet seinen Zulässigkeitsausspruch lediglich damit, dass zur „strittigen Rechtsfrage“ keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.

14       Wenn das Verwaltungsgericht infolge bloß formelhafter Begründung zur Zulässigkeit der Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzeigt, hat der Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen (vgl. VwGH 16.11.2020, Ro 2020/17/0022, mwN).

15       Die vorliegende Amtsrevision bringt zur Zulässigkeit im Wesentlichen vor, dass zur Rechtsfrage, ob der steuerbefreite Tatbestand der kurzfristigen Vermietung (§ 3 Z 3 NoVAG) unmittelbar durch den Empfänger der Leistung erfüllt werden müsse, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes existiere.

16       Die Revision ist in diesem Punkt zulässig.

17       Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Normverbrauchsabgabegesetzes (NoVAG), BGBl. Nr. 695/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 89/2017, lauten auszugsweise:

Steuerbare Vorgänge

§ 1. Der Normverbrauchsabgabe unterliegen die folgenden Vorgänge:

1.   Die Lieferung von bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen, die ein Unternehmer (§ 2 UStG 1994) im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, ausgenommen die Lieferung an einen anderen Unternehmer zur gewerblichen Weiterveräußerung.

2.   Der innergemeinschaftliche Erwerb (Art. 1 UStG 1994) von Kraftfahrzeugen, ausgenommen der Erwerb durch befugte Fahrzeughändler zur Weiterlieferung.

3.   a) Die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder Z 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 oder § 12a erfolgt ist.

b) Als erstmalige Zulassung gilt auch die Zulassung eines Fahrzeuges, das bereits im Inland zugelassen war, aber nicht der Normverbrauchsabgabe unterlag oder befreit war, sowie die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis der Entrichtung der Normverbrauchsabgabe in jener Höhe erbracht, die im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung im Inland zu entrichten gewesen wäre.

4.   Die Lieferung, der Eigenverbrauch durch Entnahme (§ 3 Abs. 2 UStG 1994) und die Änderung der begünstigten Nutzung von nach § 3 Z 3 befreiten Kraftfahrzeugen, weiters der Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 3 Z 4.

...

Steuerbefreiungen

§ 3. Von der Normverbrauchsabgabe sind befreit:

1.   ...

2.   ...

3.   Vorgänge in Bezug auf

...

-    Kraftfahrzeuge, die zur kurzfristigen Vermietung verwendet werden,

...

Die Befreiung erfolgt im Wege der Vergütung (§ 12 Abs. 1 Z 3). Voraussetzung ist, dass der begünstigte Verwendungszweck nachgewiesen wird.

...

Abgabenschuldner

§ 4. Abgabenschuldner ist

1.   in den Fällen der Lieferung (§ 1 Z 1 und 4), des Eigenverbrauchs und der Nutzungsänderung (§ 1 Z 4) der Unternehmer, der die Lieferung ausführt oder einen der sonstigen Tatbestände des § 1 Z 4 setzt,

1a. im Falle des innergemeinschaftlichen Erwerbes der Erwerber,

2.   im Falle der erstmaligen Zulassung (§ 1 Z 3) derjenige, für den das Kraftfahrzeug zugelassen wird. Wird das Kraftfahrzeug für mehrere Personen zugelassen, so sind diese Gesamtschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO),

3.   im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre (§ 1 Z 3), der Zulassungsbesitzer und derjenige, der das Fahrzeug verwendet, als Gesamtschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO).

...

Vergütung

§ 12. (1) Eine von einem Unternehmer zu entrichtende Abgabe ist dem Empfänger der Leistung auf Antrag zu vergüten, wenn

1.   ...

2.   ...

3.   eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Z 3 vorliegt.

...“

18       Eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Z 3 NoVAG steht nicht (immer) dem Abgabenschuldner nach § 4 leg. cit. zu, sondern erfolgt im Wege der Vergütung der Normverbrauchsabgabe nach § 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG an den Empfänger der Leistung.

19       Die mitbeteiligte Partei wendet in der Revisionsbeantwortung ein, dass in den gesetzlichen Regelungen nicht bestimmt sei, dass der begünstigte Verwendungszweck stets vom Antragsteller selbst erbracht werden müsse. Voraussetzung sei nur, dass für das konkrete Fahrzeug der begünstigte Verwendungszweck nachgewiesen werde.

20       Das NoVAG definiert in seinem § 1 steuerbare Vorgänge und befreit davon in § 3 Z 3 leg. cit. Vorgänge in Bezug auf näher genannte Kraftfahrzeuge, darunter solche, die zur kurzfristigen Vermietung verwendet werden. Indem beide Bestimmungen dasselbe Wort „Vorgänge“ verwenden, ist davon auszugehen, dass es sich um dasselbe Tatbestandsmerkmal handelt. Daher betreffen die in § 3 Z 3 NoVAG genannten Vorgänge in Bezug auf die zur kurzfristigen Vermietung verwendeten Kraftfahrzeuge nur steuerbare Vorgänge im Sinn des § 1 NoVAG.

21       Im vorliegenden Fall geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass der steuerbare Vorgang in der entgeltlichen Lieferung des Kraftfahrzeugs von einem Fahrzeughändler an die mitbeteiligte Partei (§ 1 Z 1 NoVAG) bestehe. Gemäß § 4 Z 1 NoVAG war der Fahrzeughändler Abgabenschuldner. Die Steuerbefreiung gemäß § 3 Z 3 NoVAG hat im Wege der Vergütung der Normverbrauchsabgabe nach § 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG an den Empfänger der Leistung zu erfolgen und muss nach dem oben Gesagten einen steuerbaren Vorgang betreffen. Es wäre daher erforderlich, dass bereits bei der Lieferung des Kraftfahrzeugs (dem steuerbaren Vorgang gemäß § 1 Z 1 NoVAG) die Verwendung des Kraftfahrzeugs zur kurzfristigen Vermietung feststand und nachweisbar war, damit es sich um einen steuerbefreiten „Vorgang“ im Sinne des § 3 Z 3 NoVAG handeln kann, für den gemäß § 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG eine Vergütung zusteht.

22       Da das Bundesfinanzgericht das Erfordernis des aufgezeigten Zusammenhangs des steuerbaren Vorgangs mit dem für die Steuerbefreiung nach § 3 Z 3 NoVAG vorausgesetzten Vorgang in Bezug auf Kraftfahrzeuge, die zur kurzfristigen Vermietung verwendet werden, nicht als erheblich ansah, belastete es sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

23       Im fortgesetzten Verfahren wird das Bundesfinanzgericht daher zu prüfen haben, ob bereits bei der Lieferung eines bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeuges dessen Verwendung zur kurzfristigen Vermietung feststand. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich in den vorgelegten Akten zwei Kaufverträge jeweils vom 27. Juli 2017 und nicht vom 17. Juli 2017 befinden. Sie könnten dasselbe Fahrzeug betreffen, das einmal als Neuwagen und einmal als Gebrauchtwagen an die mitbeteiligte Partei verkauft wird. Darüber hinaus sind in den genannten Urkunden Hinweise auf ein „Ersatzzulassungsdatum 19.07.2017“ in Österreich, auf einen Vorbesitzer laut Typenschein und auf einen „vorverkauften VFW“ enthalten. Diese Umstände bedürfen zur Prüfung der Frage, welcher steuerbare Vorgang nach § 1 NoVAG vorliegt, noch einer näheren Klärung.

24       Dem in der Beschwerdevorentscheidung herangezogenen Argument, im Falle zwischengeschalteter Finanzierungsgesellschaften stehe die Vergütung jenem Verwender des Fahrzeuges zu, der es für einen begünstigten Zweck nutze, fehlt ein hinreichender Bezug zum hier vorliegenden Sachverhalt, dem eine Kreditgewährung oder eine ähnliche Konstellation zwischen der mitbeteiligten Partei und der M GmbH nicht zu entnehmen ist. Soweit dem Leasingnehmer in der Praxis - offenbar unter Berufung auf § 21 Abs. 1 BAO - die Vergütung gemäß § 12 Abs. 1 Z 3 NoVAG gewährt wurde (vgl. Haller, Normverbrauchsabgabegesetz § 12 Rz 15, mwN), stünde diese wirtschaftliche Betrachtungsweise einer nochmaligen Vergütung an den Leasinggeber entgegen. Dahingehende Sachverhaltsannahmen sind dem angefochtenen Erkenntnis indes nicht zu entnehmen.

25       Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 23. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020160036.J00

Im RIS seit

29.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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