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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör und Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die außerordentliche Revision des K I in L, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 2020, Zl. W221 2011368-2/4E, betreffend Übergenuss gemäß § 13 GehG iA einer Zuteilungsgebühr gemäß § 22 Abs. 1 und 8 RGV (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Vorarlberg), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber wurde mit Befehl der Landespolizeidirektion Vorarlberg (LPD) vom 22. Mai 2013 mit Wirkung vom 3. Juni bis 3. September 2013 von der Polizeiinspektion L zum Bezirkspolizeikommando D (Koordinierter Kriminaldienst-KKD) dienstzugeteilt. Diese Dienstzuteilung wurde zunächst bis einschließlich 31. Dezember 2013, dann 31. März 2014 und schließlich bis 30. Juni 2014 verlängert.
2 Über Antrag des Revisionswerbers wurde ihm für den Zeitraum bis einschließlich Jänner 2014 die Zuteilungsgebühr angewiesen. Der Revisionswerber wurde schließlich mündlich darüber informiert, dass der Anspruch auf Zuteilungsgebühr wegen Überschreitung der 180 Tage-Frist gemäß § 22 Abs. 8 Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) nicht zustehe und die bereits angewiesenen Zuteilungsgebühren für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 in Höhe von € 477,40 mit dem Monatsbezug April 2014 einbehalten würden.
3 Der Revisionswerber stellte am 22. Mai 2014 den Antrag auf „Anweisung der einbehaltenen Gebühren der Monate Dezember 2013 und Jänner 2014. Im Falle der Ablehnung bitte ich um bescheidmäßige Feststellung dieser Ablehnung.“
4 Daraufhin wurde dem Revisionswerber Parteiengehör gewährt. Es wurde zusammengefasst der Standpunkt vertreten, gemäß § 22 Abs. 1 RGV ende die Zuteilungsverrechnung spätestens nach Ablauf des 180. Tages der Dienstzuteilung. § 22 Abs. 8 RGV enthalte eine Ausnahmeregelung für Dienstbereiche, in denen es in der Natur des Dienstes liege, dass die Dauer der vorübergehenden Dienstzuteilung 180 Tage überschreite. In einem bestimmt bezeichneten Erlass des Bundesministeriums für Inneres (BMI) sei eine Aufzählung jener Bereiche enthalten, die unter § 22 Abs. 8 RGV zu subsumieren seien, und in denen der Anspruch auf Zuteilungsgebühren über die Frist von 180 Tagen hinaus erhalten bleibe. Aus dieser Aufzählung gehe eindeutig hervor, dass im Bereich der LPD nur die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) unter die Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 8 RGV falle.
5 In seiner daraufhin erstatteten Stellungnahme führte der Revisionswerber im Wesentlichen aus, behördeninterne Erlässe stellten schlicht Weisungen an einen generalisierten Personenkreis, nicht aber normative Rechtsquellen dar. Er argumentierte, weshalb seine Dienstzuteilung „in der Natur des Dienstes“ im Sinne des § 22 Abs. 8 RGV gelegen sei und vertrat den Standpunkt, er habe die Zuteilungsgebühren im guten Glauben empfangen.
6 Mit Bescheid vom 14. Juli 2014 wies die LPD den Antrag des Revisionswerbers auf Anweisung des Zuteilungszuschusses für seine Zuteilung zum KKD für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 gemäß § 13a GehG iVm § 22 Abs. 8 RGV als unbegründet ab.
7 Sie führte aus, im Zuständigkeitsbereich der LPD zeichne sich das System des KKD durch einen üblicherweise nicht über sechs Monate hinausgehenden, rotierenden Mitarbeiterwechsel aus, bei dem BeamtInnen der Polizeiinspektionen beim örtlich zuständigen KKD Dienst im Rahmen der Spurensicherung und des Erkennungsdienstes ableisteten. Durch diese Rotation werde ein Wissenstransfer von der Spurensicherung auf die Dienststellen sowie über Straftaten und taktische Gegebenheiten zu den KKD ermöglicht. Auch die Bildung von kurzfristigen Ermittlungsgruppen oder schlagkräftigen Einheiten zur Bekämpfung von Seriendelikten sei möglich. Die Eingrenzung auf Zuteilungen von üblicherweise maximal sechs Monaten ermögliche den betroffenen Dienststellen eine hohe Rotationsquote, wodurch eine hohe Anzahl von BeamtInnen die Möglichkeit erhalte, diesen Dienst bei der Spurensicherung abzuleisten. Auch werde dadurch sowohl bei den Inspektionen als auch beim KKD die Flexibilität gewährleistet, auf kurzfristige kriminalitätsrelevante Phänomene zu reagieren, Zuteilungen kurzfristig abzuändern oder aufzunehmen und so bestehende Ressourcen bestmöglich und effizient einzusetzen. Der Dienst zeichne sich somit durch eine hohe Flexibilität der Personalfluktuation aus, die nur durch Zuteilungen und keinesfalls durch Versetzungen von BeamtInnen ermöglicht werden könne.
8 Somit sei durch die starke Einbeziehung von Personal der Inspektionen beim KKD eben kein Zwang gegeben, es bei Zuteilungen zum KKD sei es als „in der Natur des Dienstes“ zu betrachten, dass diese über 180 Tage gingen. Dies möge natürlich nicht, wie auch im gegenständlichen Fall, ausschließen, dass in Einzelfällen eine solche Zuteilung über die 180 Tage andauere. Es sei auch nicht von Anfang an eine Zuteilung des Revisionswerbers über den Zeitraum von 180 Tagen hinaus intendiert gewesen. Ein Abbruch seiner Dienstzuteilung nach 180 Tagen wäre mit keinerlei Reduzierung von Qualität oder Quantität des KKD einhergegangen, weil ohne jegliches Problem eine neuerliche Rotation von Personal hätte stattfinden können. Es wäre daher ein Wechsel der Person möglich gewesen und hätte die Tätigkeit des KKD keinesfalls untunlich erschwert. Bei der Dienstverrichtung beim KKD sei ein Dienst von über 180 Tagen weder dienstlich notwendig noch üblich. Weiters wurde argumentiert, weshalb der Revisionswerber die Zuteilungsgebühren nicht im guten Glauben empfangen habe.
9 In der dagegen erhobenen Beschwerde führte der Revisionswerber u.a. aus, bei den Feststellungen des bekämpften Bescheides handle es sich um die Charakterisierung eines fortlaufenden Dienstbetriebes besonderer Art, sodass alles sich daraus Ergebende ganz unzweifelhaft zur Natur dieses Dienstes im Sinne des § 22 Abs. 8 RGV gehöre. Eine Überschreitung der Grenze von 180 Tagen je nach der im zeitlichen Zusammenhang gegebenen Situation sei jederzeit möglich und integrierter Bestandteil des Systems. Seine Dienstzuteilung sei zum Zweck der Spurensicherung und Bearbeitung von Tatorten vorgenommen worden. Es handle sich somit nicht um eine Schreibtischarbeit, für welche es unerheblich wäre, an welchem genauen Ort der Schreibtisch aufgestellt sei. Diese Arbeit habe nur im engeren örtlichen Bereich sinnvoll und rationell gestaltet werden können, eine Beendigung der Dienstzuteilung vor Abschluss hätte beträchtliche nachteilige Folgen gehabt. Entweder wäre für ihn ein wesentlich größerer Zeitaufwand entstanden und die Effizienz seiner Arbeit hätte gelitten oder es hätte sich der statt ihm herangezogene Kollege erst einarbeiten müssen, sicher mit der Folge einer teilweisen Wiederholung von Tätigkeiten (etwa Tatortbesichtigungen), die er bereits ausgeführt gehabt habe. Der Pool, dem er angehört habe, habe aus sieben erfahrenen Beamten und zwei Beamten in Ausbildung bestanden und es seien drei Beamte zur Verfügung gestanden, welche seine Aufgaben nahtlos hätten übernehmen können. Aus persönlichen Gründen sei jedoch keiner dieser drei Beamten verfügbar gewesen. Illustrativ werde erwähnt, dass derzeit beim KKD vier Beamte zugeteilt seien, deren Zuteilung auf freiwilliger Basis bereits über 180 Tage bestehe. Es sei auch unverständlich, weshalb die belangte Behörde großen Wert auf den Entfall der Zuteilungsgebühr nach 180 Tagen lege - wäre in seinem Fall alternativ unmittelbar nach Ablauf der 180 Tage ein anderer Beamter dienstzugeteilt worden, so wäre auch für diesen die Zuteilungsgebühr angefallen.
10 Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Februar 2015 wurde der Beschwerde des Revisionswerbers keine Folge gegeben. Es wurde zusammengefasst der Standpunkt vertreten, mit der Argumentation, ein Abbruch der Dienstzuteilung nach 180 Tagen wäre unmöglich bzw. untunlich gewesen, weil ein Wechsel in der Person des Dienstzugeteilten nicht möglich gewesen wäre bzw. die Verrichtung der vorzunehmenden Tätigkeiten untunlich erschwert hätte, vermöge der Revisionswerber nicht durchzudringen, zumal die Bestimmung des § 22 Abs. 8 RGV nicht auf den konkreten Einzelfall, sondern auf bestimmte „Dienstbereiche“ abstelle. Es könne nach dieser Bestimmung keinesfalls auf die subjektive Einschätzung des Beamten ankommen, ob eine Beendigung der Dienstzuteilung die Verrichtung der vorzunehmenden Tätigkeiten untunlich erschwert hätte. Eine Ermittlung der konkreten Tätigkeiten des Revisionswerbers im relevanten Zeitraum könne daher unterbleiben. Die Auslegung des Terminus „in der Natur des Dienstes“ des § 22 Abs. 8 RGV bedürfe weder eines erheblichen Aufwandes noch erweise sie sich als besonders schwierig. Aus dieser Bestimmung ergebe sich klar, dass die Zuteilungsgebühr über die 180 Tage hinaus lediglich ausnahmsweise für bestimmte Dienstbereiche gebühre. In Verbindung mit dem auch an alle Dienststellen ergangenen Erlass zu § 22 Abs. 8 RGV, welcher diese Dienstbereiche aufliste, könne von einem verständigen Beamten wie vom Revisionswerber die Kenntnis der mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 eingeführten neuen Rechtslage erwartet werden. Der Revisionswerber könne sich daher nicht auf Gutgläubigkeit im Verständnis des § 13a GehG berufen.
11 Mit Erkenntnis vom 8. März 2018, Ra 2015/12/0015, hob der Verwaltungsgerichtshof über Revision des Revisionswerbers dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Er vertrat zusammengefasst den Standpunkt, lägen im zu versehenden Dienst wurzelnde Umstände vor, die es zweckmäßig erscheinen ließen, dass ein Wechsel der dienstzugeteilten Person unterbleibe, und die vielmehr dafür sprächen, dass dieselbe Person weiterhin Dienst versehe (z.B. weil das Einarbeiten eines neuen Beamten äußerst zeitaufwendig wäre), sei im Verständnis der Gesetzesmaterialien, das im Gesetzeswortlaut gerade noch Deckung finde, davon auszugehen, dass gemäß § 22 Abs. 8 RGV die Zuteilungsgebühr während der gesamten Dauer der Dienstzuteilung - und somit über 180 Tage hinaus - gebühre. In Verkennung der Rechtslage habe es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen, Feststellungen zu treffen, die eine Beurteilung im Sinne dieser Auslegung des § 22 Abs. 8 RGV dahin zuließen, ob dem Revisionswerber die Zuteilungsgebühr im Zeitraum Dezember 2013 bis Jänner 2014 gebühre. Schon damit habe es sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet. Weiters wurde begründet, weshalb der Revisionswerber die Zuteilungsgebühren jedenfalls im guten Glauben empfangen habe.
12 Im fortgesetzten Verfahren hob das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. Juli 2018 den Bescheid der Dienstbehörde vom 14. Juli 2014 auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück.
13 Mit (Ersatz)Bescheid vom 27. Juli 2018 stellte die Dienstbehörde fest, dass dem Revisionswerber für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 gemäß § 22 Abs. 1 und Abs. 8 RGV Zuteilungsgebühren nicht gebührten (Spruchpunkt I.). Weiters wurde festgestellt, dass der Revisionswerber die ehemals für die Zuteilung im Dezember 2013 und Jänner 2014 erhaltenen Zuteilungsgebühren in Höhe von € 477,14 gemäß § 13a Z 1 GehG im guten Glauben empfangen und dem Bund nicht zu ersetzen habe (Spruchpunkt II.). Es wurde wiederum der Standpunkt vertreten, die über 180 Tage andauernde Dienstzuteilung sei nicht in der Natur des Dienstes gelegen. Weil der Revisionswerber beim Empfang der ursprünglich angewiesenen Zuteilungsgebühren für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 gutgläubig gewesen sei, habe er diese dem Bund jedoch nicht zu ersetzen.
14 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde „mangels Rechtsschutzinteresses“ zurück.
15 In dieser Beschwerde bekämpfte der Revisionswerber Spruchpunkt II. des Bescheides der Dienstbehörde für den Fall, dass seiner Beschwerde gegen dessen Spruchpunkt I. nicht stattgegeben werde, ausdrücklich nicht. Es wurde somit ausschließlich die gegen Spruchpunkt I. des dienstbehördlichen Bescheides erhobene Beschwerde zurückgewiesen.
16 Es führte aus, bei einer Bescheidbeschwerde bestehe das Rechtschutzinteresse im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse werde daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr mache, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibe oder aufgehoben werde bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen habe, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen nur (mehr) theoretische Bedeutung besäßen. Daraus folge, dass ein Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht keinen Anspruch auf die bloße Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides habe; das Verwaltungsgericht sei nicht berufen, eine Entscheidung lediglich über abstrakte theoretische Rechtsfragen zu treffen, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen könne.
17 Der Gesetzgeber verstehe das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Liege diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Beschwerde nicht vor, sei diese unzulässig, falle die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Beschwerde weg, so führe dies zu einer Einstellung des Verfahrens.
18 Im vorliegenden Fall habe der Revisionswerber für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 eine Zuteilungsgebühr erhalten, welche in weiterer Folge von der belangten Behörde als Übergenuss einbehalten worden sei. Mit dem nun angefochtenen Bescheid werde klargestellt, dass der Revisionswerber die empfangene Zuteilungsgebühr für die Monate Dezember 2013 und Jänner 2014 nicht zurückzahlen müsse. Die Frage, aus welchem Titel dem Revisionswerber die Zuteilungsgebühr gebühre, stelle sich vor dem Hintergrund des abgeschlossenen Zeitraums als rein theoretische Rechtsfrage dar, der keine praktische Relevanz mehr zukommen könne, weil der Revisionswerber das Geld bereits erhalten habe und auch nicht zurückzahlen müsse.
19 Damit sei das Rechtsschutzbedürfnis des Revisionswerbers an einer Entscheidung bereits bei Einbringung seiner Beschwerde weggefallen (gewesen), weshalb die Beschwerde unzulässig sei.
20 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision, mit der beantragt wird, diesen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
21 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
22 Die Revision ist aufgrund des Vorbringens, das Bundesverwaltungsgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das rechtliche Interesse des Revisionswerbers an der Erlassung eines Feststellungsbescheides zu Unrecht verneint, zulässig. Bei Fortdauer des Feststellungsinteresses ist der Revisionswerber nämlich durch Spruchpunkt I. des behördlichen Bescheids beschwert. Sie ist auch berechtigt.
23 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein rechtliches Interesse einer Partei an einer bescheidmäßigen Feststellung bei Fällen, in denen die Erlassung eines Feststellungsbescheides im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, gegeben, wenn der Feststellungsbescheid für die Partei ein geeignetes Mittel zur Beseitigung aktueller oder zukünftiger Rechtsgefährdung ist. Der Feststellung muss somit die Eignung zukommen, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechtes des Antragstellers zu beseitigen (vgl. etwa VwGH 22.11.2017, Ro 2017/03/0012; 30.3.2017, Ra 2016/07/0108).
24 Hinsichtlich der Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens ist von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 4.2.2009, 2007/12/0062; 22.5.2012, 2011/12/0170, jeweils mwN) auszugehen, wonach die Partei des Verwaltungsverfahrens berechtigt ist, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insoferne im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse setzt voraus, dass dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft auch tatsächlich klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen (vgl. VwGH 14.10.2013, 2013/12/0042).
25 Im Hinblick auf die „Doppelfunktion“ der Dienstbehörde (Ausübung der Befugnisse des Dienstgebers und - vorläufige - Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der eigenen Anordnungen) kommt dem dienstrechtlichen Feststellungsbescheid eine gewisse Ausgleichsfunktion in dem grundsätzlich auf Lebenszeit angelegten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu, weshalb die rechtlichen Anforderungen an die Klarstellungsfunktion für die Zukunft und die Beseitigung künftiger Rechtsgefährdung nicht übertrieben hoch anzusetzen sind (VwGH 14.5.2004, 2000/12/0272).
26 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für das Vorliegen einer „erforderlichen Klarstellung für die Zukunft“ würde es im Revisionsfall ausreichen, wenn nicht auszuschließen wäre, dass der Revisionswerber neuerlich über einen länger als 180 Tage andauernden Zeitraum zum KKD dienstzugeteilt werde, sodass die Dienstbehörde wiederum davon ausginge, dass eine Zuteilungsgebühr gemäß § 22 Abs. 8 RGV nicht gebühre. Dies könnte etwa dann ausgeschlossen werden, wenn das Dienstverhältnis aufgelöst wäre oder der Revisionswerber in den Ruhestand getreten wäre (vgl. VwGH 23.7.2020, Ra 2020/12/0017, mwN, betreffend eine Weisung). Für das Vorliegen derartiger Umstände liegen allerdings keinerlei Anhaltspunkte vor. Auch der Umstand, dass bei Überschreitung von 180 Tagen und Verneinung des Anspruchs auf Zuteilungsgebühr die Erlassung entsprechender Feststellungsbescheide beantragt werden könnte, macht für sich den vorliegenden Feststellungsantrag nicht unzulässig (vgl. VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0069, betreffend eine wiederholte Weisung).
27 Es ist im Revisionsfall daher davon auszugehen, dass das Bundesverwaltungsgericht zu Unrecht die Beschwerde zurückgewiesen hat. Entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts besteht sohin nach wie vor ein rechtliches Interesse des Revisionswerbers an der Erlassung eines (negativen) Feststellungsbescheides, sodass er durch Spruchpunkt I. des dienstbehördlichen Bescheides vom 27. Juli 2018 beschwert ist, wurde doch bei Vertreten der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Feststellung der Nichtgebührlichkeit der Zuteilungsgebühr auf Dauer Teil des Rechtsbestandes. Der angefochtene Zurückweisungsbeschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
28 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 30. September 2021
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020120034.L00Im RIS seit
29.10.2021Zuletzt aktualisiert am
05.11.2021