Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FlKonv Art33;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. November 1994, Zl. SD 924/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. November 1994 wurde der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 19. Juni 1990 in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der abgewiesen worden sei. In weiterer Folge seien dem Beschwerdeführer Sichtvermerke erteilt worden, wobei der letzte am 17. März 1993 seine Gültigkeit verloren habe. Seit diesem Zeitpunkt verfüge der Beschwerdeführer, der dies auch nicht in Abrede stelle, über keine Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet. In einem solchen Fall sei die Ausweisung zu verfügen, sofern nicht § 19 FrG entgegenstehe.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so könne sich der Beschwerdeführer auf keine familiären Bindungen zu Österreich berufen. Aufgrund seines relativ langen Aufenthaltes und im Hinblick darauf, daß er hier einer Beschäftigung nachgegangen sei, sei die belangte Behörde von einem mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ausgegangen. Dessen ungeachtet sei aber seine Ausweisung im Interesse eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Immerhin sei der Beschwerdeführer - wie er selbst zugebe - mit einem gefälschten Sichtvermerk nach Österreich eingereist und halte sich seit etwa eineinhalb Jahren unrechtmäßig im Inland auf. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers stelle eine Beeinträchtigung des bezeichneten maßgeblichen öffentlichen Interesses von solchem Gewicht dar, daß die Ausweisung dringend geboten und damit zulässig im Sinne des § 19 FrG sei. Hinzu komme, daß dem Beschwerdeführer - mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz des Aufenthaltsgesetzes normierten Voraussetzung, daß sein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen sei - auch nicht die erforderliche Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden dürfe, solange er das Bundesgebiet nicht verlasse. Bei Abstandnahme von der Ausweisung würde sich der Beschwerdeführer durch Umgehung der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen können, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens ebenfalls zuwiderliefe.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdemeinung, daß auf den Beschwerdeführer ausschließlich die Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, anzuwenden und somit die Anwendung des § 17 FrG auf ihn ausgeschlossen sei, ist verfehlt. Fremde - d.h. (wie die Beschwerde selbst ausführt):
Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen - fallen grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Fremdengesetzes. § 9 des Asylgesetzes 1991 legt fest, daß lediglich für Flüchtlinge, die Asyl haben, für Asylwerber, denen eine vorläufige asylrechtliche Aufenthaltsberechtigung zukommt, und für Fremde mit befristeter asylrechtlicher Aufenthaltsberechtigung bestimmte dort genannte Bestimmungen des Fremdengesetzes nicht zum Tragen kommen; zu diesen Bestimmungen zählt auch § 17 FrG. Der Beschwerdefall ist aber dem § 9 des Asylgesetzes 1991 nicht unterstellbar, da dem Beschwerdeführer (auch nach dem Beschwerdevorbringen) weder Asyl gewährt wurde noch eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 des Asylgesetzes 1991 noch eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach § 8 leg. cit. zukommt. Der Beschwerdefall unterliegt somit dem Anwendungsbereich der §§ 17 und 19 FrG.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, daß gegen ihn (da er "materiell" als Flüchtling nach der genannten Konvention anzusehen sei) im Lichte des Art. 33 dieser Konvention eine "Ausweisung" nicht verfügt werden dürfe, ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach Art. 33 leg. cit. nicht die Ausweisung (mit dem Begriffsinhalt einer Ausreiseverpflichtung, wie dies auf § 17 FrG zutrifft), sondern das Refoulement-Verbot (Z. 1) und die Refoulement-Befugnis (Z. 2) zum Gegenstand hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Juni 1994, Zl. 94/18/0346, und vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0188). Die im Zusammenhang mit diesem Vorbringen stehenden Beschwerdeausführungen betreffend die Lage im Heimatland des Beschwerdeführers (bzw. das Vorbringen betreffend einen "unsicheren Drittstaat") vermögen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, wird doch mit einer Ausweisung nicht darüber abgesprochen, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen hat oder daß er (allenfalls) abgeschoben wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 95/18/0479).
2. Vor dem Hintergrund des Gesagten ist der Rüge, die belangte Behörde habe "die Durchführung jeglichen Beweisverfahrens zu den Tatsachenvoraussetzungen der materiellen Flüchtlingseigenschaft" unterlassen bzw. sie hätte dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör eingeräumt, im Rahmen dessen er darlegen hätte können, daß seine "Ausweisung gemäß Art. 33 (der genannten Konvention) unzulässig ist und daß daher die Interessenabwägung des Art. 8 Abs. 2 MRK zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen", der Boden entzogen.
3. Da nach den obigen Ausführungen dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995180513.X00Im RIS seit
20.11.2000