TE Pvak 2021/6/18 A16-PVAB/21

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Veröffentlicht am 18.06.2021
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Norm

PVG §22 Abs1
PVG §22 Abs3
PVG §22 Abs4

Schlagworte

Abwesenheit des DA; Abwesenheit des DA-Vorsitzenden; Verhinderung an der Ausübung seiner Funktion; Vertretung; Weiterführung der Geschäfte des DA

Text

 

 

A 16-PVAB/21

Bescheid

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag von Chefinspektor A (Antragsteller) vom 19. April 2021, die Geschäftsführung des Dienststellenausschusses bei der Justizanstalt *** (DA) wegen seiner im elektronischen Postfach des DA dokumentierten Abwesenheit vom 17.04.2021 bis 03.05.2021 und der dadurch bedingten Unterbrechung der Aufgabenwahrnehmung des DA auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, gemäß § 41 Abs. 1 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG) entschieden:

Dem Antrag wird stattgegeben und festgestellt, dass der DA-Vorsitzende, der trotz krankheitsbedingter Verhinderung seines Stellvertreters für die Zeit seiner urlaubsbedingten Abwesenheit vom 17. April 2021 bis 3. Mai 2021 nicht für seine ordnungsgemäße Vertretung und die Weiterführung der Geschäfte des DA Sorge getragen hat, die Geschäftsführung des DA insoweit mit Gesetzwidrigkeit belastet hat.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 19. April 2021 beantragte Chefinspektor A, die Geschäftsführung des DA, dem er als Mitglied angehört, wegen der ihm übermittelten Abwesenheitsnotiz im elektronischen Postfach des DA auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen. Diese dem Antragsteller am 17.04.2021 elektronisch übermittelte Abwesenheitsnotiz lautete: „DA *** ist außer Haus (Rückkehr am 03.05.2021)“ – Ich kehre zurück am 03.05.2021“. Demzufolge war der DA in der Zeit vom 17.04.2021 bis 03.05.2021 von der Dienststelle abwesend.

Aufgrund des Antragsvorbringens, der Stellungnahme des DA vom 17. Mai 2021 und der im Verfahren vorgelegten Dokumente wurde folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

1.   Der DA besteht aus insgesamt sieben Mitgliedern, darunter BInsp B (DA-Vorsitzender), BInsp C (stellvertretender DA-Vorsitzender) und ChefInsp A (Antragsteller).

2.   Mit E-Mail vom 28. Jänner 2021 teilte der Antragsteller u.a. dem DA mit, dass BezInsp D in der Zeit von 01.02.2021 bis einschließlich 30.04.2021 in Vertretung des Antragstellers dessen Mandat im DA ausüben werde.

3.   In der DA-Sitzung vom 15. April 2021 vertrat der Antragsteller den erkrankten stellvertretenden DA-Vorsitzenden C als nur für diese Sitzung namhaft gemachtes Ersatzmitglied.

4.   Mit E-Mail vom 17. April 2021 richtete der Antragsteller an den Funktionspostkasten des DA einen Antrag mit dem Betreff „Antrag mit der Bitte um Beantwortung“. Er erhielt eine automatische Abwesenheitsnotiz mit folgendem Wortlaut: „DA *** ist außer Haus (Rückkehr am 03.05.2021)“.

5.   Der Vorsitzende hatte lt. DA-Stellungnahme beabsichtigt, sein Mandat als Vorsitzender ordnungsgemäß an den stellvertretenden DA-Vorsitzenden C zu übergeben, was jedoch wegen dessen Erkrankung nicht erfolgen und somit auch nicht vorab in der DA-Sitzung vom 15.04.2021 behandelt werden konnte.

6.   Am 17.04.2021 trat der DA-Vorsitzende seinen Urlaub an. Lt. IKT-Richtlinie der Zentralstelle (Pkt. VIII/b) ist bei Abwesenheit von mehr als einem Arbeitstag für das persönliche E-Mail-Konto eine Abwesenheitsnachricht und für Funktionspostkörbe eine Vertretung einzurichten.

7.   Lt. DA-Stellungnahme habe sich der DA-Vorsitzende geirrt, indem er die annähernd identen Oberflächenansichten von persönlichem E-Mail-Konto und DA-Funktionspostkasten verwechselt und daher im Funktionspostkasten eine Abwesenheit eingetragen hatte. Eine Vertretung für den Funktionspostkasten wurde von ihm nicht eingerichtet.

8.   Die Abwesenheitsnotiz im Funktionspostkasten blieb bis nach der Rückkehr des DA-Vorsitzenden vom Urlaub (03.05.2021) unverändert aufrecht.

9.   Lt. Recherche des vom DA-Vorsitzenden nach seiner Rückkehr vom Urlaub damit beauftragten DA-Schriftführers BInsp E könne die Abwesenheitsnotiz im Funktionspostkasten von jedem Teilnehmer einer FuPo-Gruppe angelegt und auch gelöscht werden.

10. Alle während der Abwesenheit des DA-Vorsitzenden an den Funktionspostkasten des DA gerichteten E-Mails trafen dort ein und werden/wurden unmittelbar nach dessen Rückkehr vom Urlaub behandelt.

11. Während der Abwesenheit des DA-Vorsitzenden wurden die dem Funktionspostkasten zugeleiteten E-Mails nicht behandelt.

Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen wurden den Parteien des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit Schriftsatz vom 18. Mai 2021 zur Kenntnisnahme übermittelt und ihnen Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen.

Der Antragsteller hat in seiner fristgerecht eingelangten Stellungnahme vom 24. Mai 2021 gegen die Punkte 1, 2, 3, 4, 6, 8, 9, 10 und 11 des Sachverhalts keine Einwände erhoben. Zu Pkt. 5 des Sachverhalts führte der Antragsteller aus, dass der DA-Vorsitzende schon vor Beginn der DA-Sitzung vom 15. April 2021 davon Kenntnis hatte, dass sich der im Krankenstand befindliche stellvertretende DA-Vorsitzende C dabei durch den Antragsteller vertreten ließ. Zu Pkt. 7 des Sachverhalts merkte der Antragsteller an, dass der Vorsitzende möglicherweise nicht versehentlich, sondern bewusst die Abwesenheitsnotiz gesetzt haben könnte. Dies deshalb, weil auch während der Abwesenheit des DA-Vorsitzenden Bearbeitungsschritte seinerseits im E-Mail-System verzeichnet worden seien.

Der DA hat in seiner nach Fristerstreckung zeitgerecht vorgelegten Stellungnahme vom 1. Juni 2021 gegen die Punkte 1, 2, 3, 6, 7, 9, 10 und 11 des Sachverhalts keine Einwände erhoben. Zu Pkt. 5 führte der DA aus, es sei nicht erforderlich gewesen, in der DA-Sitzung vom 15. April 2021 die Übergabe des Vorsitzendenmandates zu behandeln, da dem Vorsitzenden bis zu seinem Urlaubsantritt am 17. April 2021 genügend Zeit zur Verfügung gestanden sei, die entsprechenden Veranlassungen zu treffen. Zu Pkt. 8 wurde ergänzt, dass der Abwesenheitsassistent durch den DA-Schriftführer am 28. April 2021 aufgehoben wurde. Zur Frage der PVAB nach der Dauer des Krankenstandes des stellvertretenden DA-Vorsitzenden wurde aus Datenschutzgründen auf die Zuständigkeit der Zentralstelle verwiesen.

Letztlich wurde vom DA betont, dass der Antragsteller aufgrund seiner Verhinderung gar nicht berechtigt gewesen wäre, in den Funktionspostkasten des DA Einsicht zu nehmen. Dem ist entgegenzuhalten, dass dieser Frage keine verfahrensrechtliche Relevanz zukommt, ganz abgesehen davon, dass für die Handlungen und Unterlassungen einzelner Personalvertreter/innen keine Zuständigkeit der PVAB besteht, sofern diese nicht dem DA als Kollegialorgan zurechenbar sind, was bei einer – berechtigten oder unberechtigten - Einsichtnahme des Antragstellers als einzelner Personalvertreter in den Funktionspostkasten des DA jedoch nicht der Fall ist.

Dem Hinweis des DA auf die Aufhebung der Abwesenheitsnotiz durch DA-Schriftführer E wird Rechnung getragen, weshalb der Sachverhalt mit der Maßgabe feststeht, dass Pkt. 8 wie folgt lautet:

8.   Die Abwesenheitsnotiz im Funktionspostkasten blieb bis zum 28.04.2021 (Deaktivierung durch den DA-Schriftführer E) unverändert aufrecht.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 41 Abs.1 PVG sind antragsberechtigt an die PVAB u.a. Personen, die die Verletzung ihrer Interessen durch gesetzwidrige Geschäftsführung eines Personalvertretungsorgans behaupten. Zu diesen Personen zählen auch die Mitglieder eines PVO, weil diesen Anspruch auf gesetzmäßige Geschäftsführung des PVO auch im Innenverhältnis zukommt, sofern sie die nunmehr von ihnen bekämpften Entscheidungen nicht mitgetragen haben. Der Antragsteller ist Mitglied des DA und fühlt sich durch die im Funktionspostkasten des DA ausgewiesene Abwesenheit des DA von der Dienststelle und dessen Geschäftsführungsstillstand während des Urlaubs des DA-Vorsitzenden in seinen ihm durch das PVG gewährleisteten Rechten auf gesetzmäßige Geschäftsführung des DA verletzt. Er konnte dieser Vorgangsweise nicht zustimmen, weil sie weder in einer DA-Sitzung noch im Umlaufwege behandelt wurde. Seine Antragsberechtigung ist gegeben.

Die PVAB ist gemäß § 41 Abs. 1 PVG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung von Personalvertretungsorganen (PVO) berufen und nicht zur Beurteilung des Verhaltens einzelner Personalvertreter/innen, es sei denn, deren Verhalten ist dem PVO zuzurechnen.

Es steht außer Zweifel, dass die Handlungen und Unterlassungen des DA-Vorsitzenden B für den DA dem DA als Kollegialorgan zuzurechnen sind und dessen Geschäftsführung, sofern sie entgegen den Bestimmungen des PVG erfolgen, mit Gesetzwidrigkeit belasten.

Nach PVG ist eine Abwesenheit des DA nicht vorgesehen. Der Gesetzgeber geht ganz im Gegenteil davon aus, dass ein gewählter DA ständig seine gesetzlichen Aufgaben wahrzunehmen hat. Diesem Zweck dienen u.a. die Stellvertretungsregelungen für die Funktionäre des DA sowie die Bestimmungen des § 23 Abs. 3 und 4 PVG, wonach der DA sogar nach Beendigung seiner Tätigkeit die Geschäfte weiterzuführen hat, und dass nur durch Beschluss der Dienststellenversammlung die Zuständigkeiten des DA auf den Fach(Zentral)ausschuss übertragen werden können.

Daraus folgt zweifelsfrei, dass jeder Stillstand bzw. jede Unterbrechung der Aufgabenwahrnehmung des DA dessen Geschäftsführung mit Gesetzwidrigkeit belastet.

Ist ein DA-Vorsitzender an der Ausübung seiner Funktion verhindert, sind seine Aufgaben von der gewählten Stellvertretung wahrzunehmen. Im vorliegenden Fall war der einzige gewählte Stellvertreter des DA-Vorsitzenden jedoch seit 8. Februar 2021 krankheitsbedingt an der Ausübung seines Mandates verhindert und auch bei der letzten DA-Sitzung am 15. April 2021 vor Urlaubsantritt des DA-Vorsitzenden am 17. April 2021 nicht anwesend. Eine Regelung der Vertretung des DA-Vorsitzenden während der Zeit seines Urlaubs wurde vom DA in dieser Sitzung unter dem Vorsitz des DA-Vorsitzenden nicht beschlossen, ganz im Gegenteil, der DA-Vorsitzende erwähnte seinen unmittelbar bevorstehenden Urlaub nicht einmal.

Die Aussage des DA-Vorsitzenden, er hätte „beabsichtigt, sein Vorsitzendenmandat ordnungsgemäß zu übergeben“ ist daher ebenso wenig nachvollziehbar wie sein Hinweis, die Behandlung der Übergabe des Vorsitzmandates in der DA-Sitzung vom 15. April 2021 sei nicht erforderlich gewesen, weil er bis zu seinem Urlaubsantritt am 17.04.2021 „noch genügend Zeit, diese entsprechend zu veranlassen“, gehabt habe.

Zum einen war der einzige gewählte Stellvertreter des DA-Vorsitzenden krankheitsbedingt abwesend, zum anderen steht es nicht im Belieben eines DA-Vorsitzenden, seine Vorsitzfunktion nach seinen Vorstellungen an irgendein DA-Mitglied zu übertragen, weshalb offenbar eine solche eigenmächtige Übertragung durch den DA-Vorsitzenden auch nicht erfolgte. Gemäß § 22 Abs. 1 PVG hat der DA die Ausschussfunktionäre und deren Stellvertretung zu wählen, woraus folgt, dass es der Beschlussfassung des DA obliegt, im Fall der Verhinderung des Vorsitzenden und seiner einzigen Stellvertretung einen Vorsitzenden für die Dauer dieser Verhinderung zu wählen. Zudem steht fest, dass der Vorsitzende, wie bereits erwähnt, trotz seiner Kenntnis von der länger dauernden Erkrankung seines Stellvertreters C seine bevorstehende Abwesenheit in der DA-Sitzung vom 15. April 2021 nicht thematisiert hatte und daher nicht dafür Sorge getragen hatte, dass der DA unter seinem Vorsitz eine temporäre Vertretungsregelung für die Zeit der Verhinderung seines Vorsitzenden und dessen Stellvertreters beschließen konnte.

Ob der DA-Vorsitzende die Abwesenheitsnotiz versehentlich oder absichtlich aktiviert hat, mag dahingestellt bleiben. Unbestritten steht jedenfalls fest, dass vom DA-Vorsitzenden für die Dauer seiner urlaubsbedingten Abwesenheit weder Sorge für seine entsprechende Vertretung im DA getragen noch eine Vertretung für den Funktionspostkasten des DA eingerichtet wurde und dass während der Abwesenheit des DA-Vorsitzenden die dem Funktionspostkasten zugeleiteten E-Mails nicht behandelt wurden, sondern deren Bearbeitung erst nach dessen Rückkehr vom Urlaub von diesem in Angriff genommen wurde.

Daraus folgt ohne jeden Zweifel, dass die Aufgaben des DA während des Urlaubs seines Vorsitzenden nicht entsprechend wahrgenommen wurden, der DA daher also tatsächlich vom 17.04.2021 bis zum 03.05.2021 „außer Haus“ gewesen ist.

Dass der DA-Vorsitzende trotz der Verhinderung auch seines Stellvertreters für keine ordnungsgemäße Vertretung während der Zeit seiner Abwesenheit sowie die Weiterführung der Geschäfte Sorge getragen hat und die im Funktionspostkasten des DA eingelangten Poststücke erst nach seiner Rückkehr vom Urlaub von ihm ihrer Erledigung zugeführt wurden, ist dem DA als Kollegialorgan zuzurechnen und belastet die Geschäftsführung des DA mit Gesetzwidrigkeit.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 18. Juni 2021

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2021:A16.PVAB.21

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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