TE Pvak 2021/6/21 A22-PVAB/21

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Veröffentlicht am 21.06.2021
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Norm

PVG §22 Abs2
PVG §22 Abs3
PVG §22 Abs4
PVG §41 Abs1
AVG §7

Schlagworte

Antragsberechtigung PV; Befangenheit; gesetzmäßige Zusammensetzung von PVO; Beschlussfassung; Leitung von Sitzungen bei Verhinderung des Vorsitzenden

Text

 

 

A 22-PVAB/21

Bescheid

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag des Abteilungsinspektors A (Antragsteller) vom 18. Mai 2021, die Geschäftsführung des Dienststellenausschusses bei der Justizanstalt (JA) *** für die Bediensteten des Exekutivdienstes (DA) in seiner Sitzung vom 21. Jänner 2021 wegen der Anwesenheit eines befangenen DA-Mitglieds bei der Debatte und Beschlussfassung über einen Besetzungsvorschlag und wegen der Vorsitzführung durch den stellvertretenden DA-Vorsitzenden auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, gemäß § 41 Abs. 1 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG) entschieden:

1.   Insoweit sich der Antrag auf die Anwesenheit eines befangenen DA-Mitglieds bei der Debatte und Beschlussfassung zum TOP „Besetzungsvorschlag Traktkommandant*in in der JA ***“ richtet, wird ihm stattgegeben und festgestellt, dass der DA während der Behandlung dieses TOP in gesetzwidriger Geschäftsführung unrichtig zusammengesetzt war.

2.   Insoweit sich der Antrag gegen die Vorsitzführung des stellvertretenden DA-Vorsitzenden richtet, wird er mangels Gesetzwidrigkeit der Geschäftsführung des DA abgewiesen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2021 beantragte Abteilungsinspektor A (Antragsteller), die Geschäftsführung des DA in seiner Sitzung vom 21. Jänner 2021 wegen der Anwesenheit eines befangenen DA-Mitglieds und der Vorsitzführung des stellvertretenden DA-Vorsitzenden auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.   Der DA besteht aus vier gewählten Mitgliedern, und zwar dem DA-Vorsitzenden B, dem stellvertretenden DA-Vorsitzenden C, dem DA-Schriftführer D und dem DA-Mitglied A (Antragsteller).

2.   In der DA-Sitzung vom 21. Jänner 2021 führte der stellvertretende DA-Vorsitzende C anstelle des verhinderten DA-Vorsitzenden den Vorsitz.

3.   In dieser DA-Sitzung wurde der TOP „Besetzungsvorschlag Traktkommandant*in der JA ***“ behandelt.

4.   Um diese Funktion hatte sich auch DA-Mitglied D beworben.

5.   D beteiligte sich nicht an der Debatte und Beschlussfassung über diesen Besetzungsvorschlag, blieb aber bei der Sitzung „inaktiv“ anwesend, um seinen Aufgaben als DA-Schriftführer nachzukommen.

6.   Der Antragsteller wurde bei dieser Sitzung durch Ersatzmitglied E vertreten. E sprach sich lt. genehmigtem Protokoll der Sitzung gegen die Anwesenheit von D bei der Beratung und Abstimmung über den Besetzungsvorschlag aus.

Da der Ablauf und das genehmigte Protokoll der DA-Sitzung vom 21. Jänner 2021 den Parteien des Verfahrens im Detail bekannt sind, war ein Vorgehen nach § 45 Abs. 3 („Parteiengehör“) des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) nicht erforderlich und hatte aus Gründen der Raschheit des Verfahrens und der Verfahrensökonomie daher zu unterbleiben.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 41 Abs.1 PVG sind antragsberechtigt an die PVAB u.a. Personen, die die Verletzung ihrer Interessen durch gesetzwidrige Geschäftsführung eines Personalvertretungsorgans behaupten. Zu diesen Personen zählen auch die Mitglieder eines Personalvertretungsorgans (PVO), weil diesen das Recht auf gesetzmäßige Geschäftsführung des PVO auch im Innenverhältnis zukommt.

Der Antragsteller ist Mitglied des DA und fühlt sich durch die seiner Meinung nicht ordnungsgemäße Zusammensetzung des DA und die Vorsitzführung des stellvertretenden DA-Vorsitzenden bei der DA-Sitzung vom 21. Jänner 2021 in seinen ihm durch das PVG gewährleisteten Rechten auf gesetzmäßige Geschäftsführung des DA verletzt. Er war bei der Sitzung nicht anwesend, sondern wurde durch das Ersatzmitglied E vertreten, das sich lt. genehmigtem Protokoll bei dieser Sitzung gegen die Anwesenheit des befangenen Schriftführers D bei der Debatte und Beschlussfassung ausgesprochen hatte. Seine Antragsberechtigung ist gegeben.

Zu Spruchpunkt 1

Es steht nicht nur außer Zweifel, sondern auch unbestritten fest, dass DA-Mitglied D bei der Behandlung des TOP „Besetzungsvorschlag Traktkommandant*in in der JA ***“ in der Sitzung vom 21. Jänner 2021 befangen war, weil er sich selbst um die ausgeschriebene Funktion beworben hatte.

Nach der Rechtsprechung der Personalvertretungs-Aufsichtskommission (PVAK), an der die PVAB unverändert festhält, ist es unvermeidlich, dass ein Personalvertreter gehemmt sein kann, seine wahre Meinung kundzutun, wenn er seinen Debattenbeitrag in Anwesenheit des betroffenen Personalvertreters zu leisten und über ihn abzustimmen hat.

Es genügt daher nicht, dass sich ein vom Gegenstand eines TOP unmittelbar betroffener Personalvertreter an Debatte und Abstimmung über den ihn betreffenden TOP nicht aktiv beteiligt. Er darf vielmehr an der Sitzung bei Behandlung dieses TOP auch inaktiv nicht teilnehmen, weil die Befangenheit eines DA-Mitglieds dessen Verhinderung iSd § 22 Abs. 3 zweiter Satz PVG auslöst.

Ein Kollegialorgan ist unrichtig zusammengesetzt, wenn an seiner Sitzung ein Mitglied teilnimmt, das von der Abstimmung ausgeschlossen ist (PVAK 12.12.1985, A 27-PVAK/85).

Somit war der DA durch die Anwesenheit des befangenen DA-Mitglieds D bei der Debatte und Beschlussfassung über den Besetzungsvorschlag zu einer Funktion, um die sich auch der DA-Schriftführer beworben hatte, bei der Behandlung dieses Besetzungsvorschlags unrichtig zusammengesetzt, wodurch seine Geschäftsführung insoweit mit Gesetzwidrigkeit belastet wurde.

Zu Spruchpunkt 2

Nach § 22 Abs. 2 erster Satz PVG sind die DA-Sitzungen von den DA-Vorsitzenden, im Fall ihrer Verhinderung von deren Stellvertreter/innen zu leiten. Da C gewählter Stellvertreter des DA-Vorsitzenden ist, erfolgte seine Vorsitzführung in der DA-Sitzung vom 21. Jänner 2021 in gesetzmäßiger Geschäftsführung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 21. Juni 2021

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2021:A22.PVAB.21

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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