TE Bvwg Beschluss 2021/5/18 L517 2241530-1

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Veröffentlicht am 18.05.2021
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Entscheidungsdatum

18.05.2021

Norm

AlVG §14
AlVG §19
AlVG §21
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


L517 2241530-1/6E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den fachkundigen Laienrichtern Mag. Peter SIGHARTNER und Mag. Eva-Maria MEINDL über die Beschwerde von Herrn XXXX , SVNr. XXXX , vertreten durch Dr.in Elfgund ABEL-FRISCHENSCHLAGER gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 05.01.2021, Geschäftszahl: XXXX , nach ergangener Beschwerdevorentscheidung vom 23.03.2021, GZ: XXXX , den Beschluss gefasst:

A)

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben und

die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 21 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 (WV), zur neuerlichen Entscheidung über den Antrag vom 02.10.2020, zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl Nr 1/1930 idgF, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

11.02.2020 - Ausstellung der Bescheinigung E301/U1 für die beschwerdeführende Partei (bP)- Bestätigung von Versicherungszeiten in Österreich für Tschechien

02.10.2020 – Arbeitslosmeldung der bP beim AMS XXXX (in Folge mit belangte Behörde bzw. bB bezeichnet)

15.10.2020 – fristgerechtes Einlangen des Antrags auf Arbeitslosengeld bei der Behörde; E-Mail der bP an die belangte Behörde betreffend anrechenbarer Versicherungszeiten aus Tschechien

10.11.2020 – Übermittlung des Formulars über anrechenbare Versicherungszeiten aus Tschechien (U1) an die belangte Behörde

13.11.2020 – niederschriftliche Befragung der bP bei der belangten Behörde hinsichtlich der Grenzgängereigenschaft

20.11.2020 – weitere E-Mail Nachricht der bP an die belangte Behörde; ua. Übermittlung der Dienstbestätigung für Juli-September 2020 bei Fa. „ XXXX “

25.11.2020 – Mitteilung über den Leistungsanspruch

30.11.2020 – E-Mail-Verkehr mit der belangten Behörde wegen geringen Leistungsanspruch

11.12.2020 – weitere Mitteilung der bP, er habe nur in Österreich und nicht in Tschechien einen Wohnsitz

22.12.2020 – Beschwerde der bP gegen den Leistungsanspruch

05.01.2021 – Bescheid über die Festsetzung des Leistungsanspruchs ab 02.10.2020 iHV tägl. € 6,52 gemäß § 21 Abs. 3 und Abs. 5 AlVG

01.02.2021 – Beschwerde gegen den Bescheid

25.02.2021 – Ergänzende Ermittlungen, Aussendung eines Parteiengehörs an die bP; Stellungnahmefrist bis 12.03.2021

12.03.2021 – Stellungnahme der bP

23.03.2021 – Beschwerdevorentscheidung, Abweisung der Beschwerde vom 01.02.2021; Neuberechnung und Minderung des Arbeitslosengeldes ab 02.10.2020 auf € 2,19 täglich; BVE zugestellt am 25.03.2021

07.04.2021 – Vorlageantrag der bP

16.04.2021 - Beschwerdevorlage an das BVwG

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0.    Feststellungen (Sachverhalt):

Der bP wurde von der belangten Behörde am 11.02.2020 eine Bestätigung von Versicherungszeiten in Österreich für Tschechien (Bescheinigung E301/U1) ausgestellt, um Leistungen im Ausland (Tschechien) zu beziehen.

Am 02.10.2020 erfolgte die Arbeitslosmeldung der bP bei der belangten Behörde. Dabei wurde der bP ein Antragsformular auf Arbeitslosengeld mit einer Frist bis zum 23.10.2020 ausgehändigt.

Am 15.10.2020 langte fristgerecht das ausgefüllte Antragsformular auf Arbeitslosengeld bei der belangten Behörde ein. Ferner teilte die bP der belangten Behörde in einer separaten E-Mail mit, dass er auch aus Tschechien die Ausstellung eines U1-Formulars beantragt habe um Versicherungszeiten aus Tschechien anrechnen lassen zu können.

Am 10.11.2020 wurde sodann von der bP das Formular über anrechenbare Versicherungszeiten aus Tschechien (U1) an die belangte Behörde übermittelt. Daraus geht hervor, dass er zuletzt von 01.07.2020 bis 30.09.2020 in Tschechien versicherungspflichtig beschäftigt war. Auch aus den vorangegangenen Jahren werden dadurch Versicherungszeiten in Tschechien nachgewiesen.

Am 13.11.2020 erfolgte eine persönliche niederschriftliche Befragung der bP bei der belangten Behörde hinsichtlich seiner Grenzgängereigenschaft. Dabei gab die bP an, dass er während der Beschäftigung im Ausland durchgehend in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen sei. Dies sei auch durch den Meldezettel bestätigt. Er habe in Österreich durchgehend eine Wohnung gemietet gehabt, im Beschäftigungsstaat habe er hingegen keine Unterkunft gehabt. Seine letzte Beschäftigung im Ausland dauerte von 01.07.2020 bis 30.09.2020, diesbezüglich habe er auch den Arbeitsvertrag vorgelegt.

Am 20.11.2020 erfolgte sodann eine weitere Vorlage von Unterlagen durch die bP. Vorgelegt wurden die Anmeldebescheinigung für EU-Bürger als Arbeitnehmer iSd § 51 Abs. 1 Z1 NAG vom 07.03.2019, sowie der Arbeitsvertrag bei der Firma „ XXXX “ für den Zeitraum 01.07.2020 bis 30.09.2020 in tschechischer Sprache und der Mietvertrag für die Wohnung an der Meldeadresse in Österreich. Ergänzend dazu führte die bP aus, dass es sich beim Arbeitgeber um eine Wohltätigkeitsorganisation handle, bei welcher er in Teilzeit beschäftigt gewesen sei. Dabei hätten sie ein medizinisches Forschungsprojekt mit dem Klinikum Phyrn-Eisenwurzen XXXX und dem Neuromed-Campus der JKU XXXX vorbereitet. Er hätte dabei auch nicht ins Ausland reisen müssen.

Am 25.11.2020 erfolgte die Mitteilung an die bP über den Leistungsanspruch an Arbeitslosengeld ab 02.10.2020. Dabei wurde ausgeführt, dass aufgrund der von der bP vorgelegten Unterlagen sowie seiner Angaben und den gesetzlichen Bestimmungen das Arbeitsmarktservice die Leistung für den Zeitraum 02.10.2020 bis 09.10.2021 anhand der Bemessungsgrundlage von € 330,48 mit täglich € 6,52, bemessen habe.

Am 30.11.2020 meldete sich die bP per E-Mail bei der belangten Behörde. Dabei führte er aus, dass ihm nicht verständlich sei, weshalb als Bemessungsgrundlage € 330,48 herangezogen worden sei. Außerdem sei seine Adresse in XXXX , XXXX immer seine einzige Adresse gewesen.

Darauf antwortete die belangte Behörde am selben Tag zurück, dass die Bemessungsgrundlage aufgrund des letzten Dienstverhältnisses in Tschechien hergenommen werden musste. Aus dem Formular U1 habe die Tschechei bestätigt, dass die bP 3.000 Tschechische Krone pro Monat verdient habe.

Darauf stellte die bP nochmals eine Anfrage, ob denn sein Einkommen im Jahr 2019 nicht berücksichtigt werde.

Darauf meldete die belangte Behörde zurück, dass sie das leider nicht berücksichtigen hätten können. Sie hätten im Fall der bP den Lohn vom letzten Dienstverhältnis in Tschechien nehmen müssen.

Am 11.12.2020 meldete sich die bP nochmals mittels E-Mail bei der belangten Behörde. Er führte dabei aus, dass seine Meldeadresse in Österreich seine einzige Adresse sei. Aus rechtlichen Gründen sei er zwar in der Tschechischen Republik registriert, er lebe dort aber nicht.

Mit E-Mail vom 22.12.2020 meldete die bP der belangten Behörde, dass er gegen die Entscheidung über den Leistungsanspruch „Berufung“ einlegen wolle. Er sei im Zeitraum von April bis September 2020 kein Grenzgänger gewesen. Er habe während seiner letzten Beschäftigung von Juli bis September 2020 in Home-Office gearbeitet. Sein Wohnort sei auch zu dieser Zeit immer seine Meldeadresse in XXXX gewesen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 05.01.2021 wurde in Folge ausgesprochen, dass das Arbeitslosengeld der bP ab 02.10.2020 gemäß § 21 Abs. 3 und Abs. 5 AlVG in der Höhe von täglich € 6,52 bemessen werde. Ferner wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass als Berechnungsgrundlage für die Höhe des Arbeitslosengeldes die Monatsbeitragsgrundlage 2020 mit einer monatlichen brutto Bemessung von € 330,48 herangezogen worden sei. Die bP sei bei der Firma „ XXXX “ in Tschechien für den Zeitraum von 01.07.2020 bis 30.09.2020 beschäftigt gewesen. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen (§21 AlVG) wurde das Arbeitslosengeld in der täglichen Höhe von € 6,52 bemessen.

Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde ausgeführt, dass wenn bei einem Antrag auf Arbeitslosengeld die Höhe des Arbeitslosengeldes entsprechend bemessen worden sei, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht kommen würde, weil dies zur Folge hätte, dass die Rechtslage so zu beurteilen wäre, als ob über die Höhe des Arbeitslosengeldes noch nicht entschieden worden wäre, wodurch aber auch keine vorläufige Anweisung der beantragten Leistung erfolgen könne.

Am 01.02.2021 erhob die bP fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 05.01.2021. In der Beschwerde führte die bP aus, dass er von 1.12.2018 bis 31.1.2020 in zwei Teilzeitstellen in Österreich mit einem Durchschnittseinkommen von Euro 3.300,- brutto beschäftigt gewesen sei. Anschließend sei er von 1.7.2020 bis 30.9.2020 in Tschechien mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von Euro 330,48 beschäftigt gewesen.

Für die Bemessung des Arbeitslosengeldes sei nach § 21 AlVG das Einkommen der 12 Monate nach Ablauf der Berichtigungsfrist heranzuziehen. Für die Berechnung des Arbeitslosengeldes hätte daher in seinem Fall das Durchschnittseinkommen von Jänner bis September 2019 herangezogen werden müssen und nicht das Einkommen Juli bis September 2020.

Aufgrund der Beschwerde wurden von der belangten Behörde ergänzende Ermittlungen geführt. Am 25.02.2021 erfolgte die Aussendung eines Parteiengehörs an die bP. Darin wurde von der belangten Behörde der bisher festgestellte Sachverhalt dargelegt. Die belangte Behörde führte dabei aus, dass die bP in Österreich zuletzt vom 1.12.2018 bis 30.11.2019 bei der XXXX und vom 12.12.2018 bis 31.1.2020 bei der Firma XXXX beschäftigt gewesen sei. Nach Ende der Beschäftigung in Österreich haben sich die bP nicht in Österreich arbeitslos gemeldet. Er sei in sein Heimatland Tschechien zurückgekehrt und habe sich bei der tschechischen Arbeitsmarktverwaltung als Arbeitsuchender gemeldet. Tschechien habe der bP vom 1.2.2020 bis 30.6.2020 Leistungen aus der tschechischen Arbeitslosenversicherung gewährt. Das AMS gehe davon aus, dass die bP sich vom 1.2.2020 bis 30.6.2020 – trotz aufrechter Meldeadresse in Österreich – in Tschechien aufgehalten habe. Die bP habe bei der schriftlichen Befragung am 13.11.2020 angegeben, dass er sich ab dem 27.6.2020 nicht mehr in Tschechien aufgehalten habe. Er habe auch erklärt, dass er nur über einen Wohnsitz in Österreich verfüge und dies seine einzige Adresse sei. In Tschechien sei er lediglich registriert. Er habe während seiner letzten Beschäftigung in der Tschechei von Juli bis September 2020 in Home-Office von XXXX aus gearbeitet.

Gemäß Art. 65 Abs. 2 VO (EG) 883/04 sei Österreich als „Wohnmitgliedstaat“ für die Leistungsgewährung aus der Arbeitslosenversicherung zuständig, auch wenn die bP zuletzt in Tschechien beschäftigt war aber während dieser Beschäftigung in Österreich gewohnt habe.

Für die Berechnung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit gilt im Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 deren Art. 62. Gemäß Art. 62 Abs. 3 VO (EG) 883/2002 sei bei der Bemessung das Entgelt heranzuziehen, dass die bP während seiner letzten Beschäftigung im Beschäftigungsstaat erhalten habe.

Die Bemessung auf Basis des in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Entgelts ist anhand der Bestätigung des zuständigen Trägers des jeweiligen Mitgliedstaates durchzuführen. Laut U1 Formular vom 10.11.2020 habe die bP vom 1.7.2020 bis zum 30.9.2020 monatlich K? 3000,00 verdient. Diese entspreche einem monatlichen Entgelt von € 111,03. Dieser Betrag sei als monatliche Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

Bei der Erstbemessung sei ein Betrag von monatlich € 330,48 herangezogen worden und auf dieser Basis ein Tagsatz von € 6,52 berechnet worden; dass sei jedoch nicht korrekt.

Als Bemessungsgrundlage sei nämlich das zuletzt bezogene Entgelt der bP von € 111,03 monatlich heranzuziehen, wofür in Österreich keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen würden. Dies entspreche einem Einkommen von täglich netto € 3,65. Da der Grundbetrag in Höhe von täglich € 2,01 (= 55% von € 3,65) den Ausgleichszulagenrichtsatz in Höhe von täglich € 32,22 unterschreitet, gebühre Ihnen das tägliche Arbeitslosengeld gemäß § 21 Abs. 5 AlVG höchstens in der Höhe von 60 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent.

Die korrekte Höhe des Arbeitslosengeldes betrage daher ab dem 02.10.2020 tägl. € 2,19 (= 60% von € 22,52). Falls die bP nicht bis 12.03.2021 schriftlich Stellung nehme, würde die Behörde anhand dieser Aktenlage entscheiden. Ferner wurde die bP aufgefordert Unterlagen, insbesondere den Nachweis über die Mietzahlungen für die österreichische Wohnung, vorzulegen.

Am 12.03.2021 langte die schriftliche Stellungnahme der bP bei der belangten Behörde ein. Darin führte die bP aus, dass er in der Tschechischen Republik als arbeitslos registriert wurde um sich nach zwei Herzoperationen um seine 81-jährige Mutter kümmern zu können. Nach dem 27.6.2020 sei er nicht mehr zum Büro des Arbeitgebers in XXXX gereist; er habe seine Mutter besucht, als sie seine Hilfe gebraucht habe. Von 1.2.2020 bis 30.6.2020 sei er in der Tschechischen Republik als arbeitslos registriert gewesen; dass sei auch die Zeit der Operationen seiner Mutter gewesen. Von 1.7.2020 bis 30.9.2020 sei er Teilzeit (15%) in XXXX beschäftigt gewesen. Er habe dabei eine medizinische Untersuchung neuer diagnostischer Verbindungen vorbereitet, die in Prag und Göteborg entwickelt worden seien. Die Untersuchung sei für die Jahre 2020-2021 in XXXX und in XXXX geplant gewesen. Er habe in dieser Zeit auch seine Mutter besucht.

Im Anhang übermittelte er auch noch die angeforderten Unterlagen übe die Abbuchungen des Mietzinses für seine Wohnung in XXXX für das Jahr 2020.

Mit gegenständlich bekämpfter Beschwerdevorentscheidung vom 23.03.2021 wies die belangte Behörde die Beschwerde vom 01.02.2021 ab. Dabei erfolgte eine Neuberechnung und Minderung des Arbeitslosengeldes ab 02.10.2020 auf € 2,19 täglich. Begründend wurde dies im Wesentlichen mit jenem festgestellten Sachverhalt der Behörde, welcher der bP bereits mit dem Parteiengehör vom 25.02.2021 zur Kenntnis gebracht wurde.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde der bP am 25.03.2021 zugestellt.

Am 07.04.2021 wurde von der bP der Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht eingebracht. Darin führte er nochmals aus, dass er während seiner Beschäftigung von 01.07.2020 bs 30.09.2020 für das XXXX niemals am ausländischen Firmensitz gearbeitet habe, sondern ausschließlich in Österreich; konkret an seinem Wohnsitz in XXXX und in den Krankenhäusern XXXX und XXXX . Auch im Arbeitsvertrag sei als Dienstort XXXX genannt. Das Arbeitsverhältnis sei aus monetären Gründen von Anfang an befristet gewesen. Nach seiner Ansicht sei er kein Grenzgänger gewesen, weshalb bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht das Einkommen aus seinem letzten Arbeitsverhältnis, sondern das in Österreich erzielte Arbeitslosengeld heranzuziehen gewesen wäre.

Am 16.04.2021 wurde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

2.0.    Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang sowie die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

Der Bescheid der belangten Behörde vom 05.01.2021, Geschäftszahl: XXXX , und die die aufgrund der Beschwerde vom 01.02.2021 ergangene Beschwerdevorentscheidung vom 23.03.2021, GZ: XXXX , wurden in Verkennung der Rechtslage getroffen, weshalb die Entscheidung der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufzuheben ist und zur neuerlichen Beurteilung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuweisen ist.

Die Rechtssache wird an die belangte Behörde zurückverwiesen und hat diese die Anspruchsberechtigung der bP neu zu prüfen sowie, sofern ein Anspruch besteht, die Höhe des Arbeitslosengeldes aufgrund des Antrags der bP vom 02.10.2020, neu zu berechnen.

Der entscheidungserhebliche Sachverhalt steht aus Sicht des erkennenden Gerichts nicht fest, weshalb die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückverwiesen wird. Bei der neuerlichen Entscheidung ist die Behörde verpflichtet gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat im gegenständlichen Fall erwogen:

Grenzgänger erhalten die Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dessen Gebiet sie wohnen, so als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates gegolten hätten. Für Grenzgänger ist daher nicht der Staat der letzten Beschäftigung, sondern der Wohnstaat zuständig. Daher hat der Wohnstaat die EU-/EWR-Auslandszeiten auch dann zu berücksichtigen, wenn zuletzt im Wohnstaat keine Versicherungszeiten erworben wurden.

Eine Grenzgängereigenschaft liegt vor:

"Grenzgänger" eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt und in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, in den sie in der Regel täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich zurückkehrt.

Die Grenzgängereigenschaft ist folglich für den Arbeitslosen günstiger, da er keine Anrechnungszeiten verliert, auch wenn er nach der Beschäftigung im Ausland nicht zumindest einen Tag in Österreich ein versicherungspflichtiges Dienstverhältnis aufnimmt (Ein-Tages-Regel)

(MAG. ANDREAS GERHARTL *), Arbeitslosigkeit bei Auslandsbezug, ASoK 2007, 471 (476)).

Bei der bP handelt es sich ohne Zweifel um einen Grenzgänger, weshalb neben der Berücksichtigung von Versicherungszeiten in Österreich auch die Versicherungszeiten in Tschechien zu berücksichtigen sind, auch wenn nach Beendigung des Dienstverhältnisses bei der tschechischen Firma kein Dienstverhältnis in Österreich mehr aufgenommen wurde.

Für die Berechnung der Anwartschaft, des Grundbetrags sowie Dauer des Anspruchs ist im gegenständlichen Fall die österreichische Rechtslage anzuwenden.

Für die Anwartschaft gilt § 14 AlVG. Um diese zu erfüllen muss die bP in den letzten 2 Jahren vor der Antragstellung (Beginn der Rahmenfrist somit 02.10.2018) 52 Wochen anrechenbare Zeiten vorweisen können. Nimmt eine Person nicht zum ersten Mal Arbeitslosengeld in Anspruch, so ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 28 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Die Anwartschaft ist im Falle einer weiteren Inanspruchnahme auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose die Anwartschaft gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz erfüllt.

§ 14 Abs. 5 AlVG ordnet an, dass Ausländische Beschäftigungs- oder Versicherungszeiten auf die Anwartschaft anzurechnen sind, soweit dies durch zwischenstaatliche Abkommen oder internationale Verträge geregelt ist.

Gemäß Art. 61 Abs. 1 der EG-VO 883/2004 sind bei der Beurteilung der Anwartschaft Versicherungszeiten und ihnen gleichgestellte Zeiten in anderen Mitgliedstaaten sowie Beschäftigungszeiten, die in Österreich versicherungspflichtig wären, zu berücksichtigen.

Für die bP ergeben sich folglich innerhalb der Rahmenfrist (also 2 Jahre im Falle des § 14 Abs. 1 AlVG, sohin von 02.10.2018 bis 02.10.2020) für die Anwartschaft folgende anrechenbare Versicherungszeiten:

Im Inland:

12.12.2018 – 31.01.2020, XXXX in Seierberg

01.12.2018 – 30.11.2019, XXXX XXXX

Im Ausland:

02.10.2018- 30.11.2018, im Ausland beschäftigt

30.12.2019, im Ausland beschäftigt

01.07.2020 – 30.09.2020, im Ausland beschäftigt

Für die Berechnung des Arbeitslosengeldes gilt §21 AlVG.

Am 01.07.2020 trat eine Gesetzesänderung in Kraft; mit dieser änderte sich der Bemessungszeitraum für die Berechnung des Arbeitslosengeldes gemäß § 21 AlVG. Ausschlaggebend ist dann der individuelle Tag der Geltendmachung (Antragstellung). Dabei wird das Einkommen vor Ablauf der einjährigen Berichtigungsfrist herangezogen. Und zwar ebenfalls ein Betrachtungszeitraum von 12 Monaten.

Hinsichtlich der Anrechnung der Beschäftigungszeiten im Ausland nach EU-Recht ist auszuführen, dass § 21 Abs. 7 AlVG, anordnet, dass wenn es sich bei dem Arbeitslosen um einen Grenzgänger handelt, das im Ausland erzielte Entgelt maßgeblich ist.

Da es sich bei der bP für den Zeitraum der Beschäftigung in Tschechien von 01.07.2020 bis 30.09.2020 definitionsgemäß um einen Grenzgänger handelt, ist für den Zeitraum der Beschäftigung im Ausland auch das dort erzielte Entgelt bei der Berechnung der Anwartschaft heranzuziehen und bei der Festsetzung des Grundbetrags zu berücksichtigen.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt zu dem Schluss, dass die belangte Behörde die Rechtslage gröblich verkannt hat, indem sie für die Berechnung des Arbeitslosengeldes der bP den Betrachtungszeitraum von 01.07.2020 bis 30.09.2020, somit lediglich einen Betrachtungszeitraum von 3 Monaten, wo die bP eine geringfügige Beschäftigung im Ausland ausgeübt hat, herangezogen hat und auch die Berechnung beim BRZ lediglich mit diesen Daten durchführte. Für die Berechnung des Grundbetrags des Arbeitslosengeldes ist nach österreichischem Recht jedoch das durchschnittliche Entgelt für einen Betrachtungszeitraum von 12 Monaten (vor der Berichtigungsfrist) heranzuziehen, sofern eine Beitragsgrundlage für diese Zeitspanne vorliegt, was gegenständlich jedenfalls der Fall ist.

Die Heranziehung eines Betrachtungszeitraums von drei Monaten ergibt sich weder aus dem anzuwendenden österreichischen Recht noch aus dem Europarecht und der EG-VO 883/2004. Auch anhand der von der belangten Behörde in ihrer Entscheidung zitierten Bestimmungen kann die rechtliche Beurteilung der Behörde durch das erkennende Gericht nicht nachvollzogen werden und hat die belangte Behörde die rechtlichen Bestimmungen willkürlich angewandt.

Das Ergebnis der Berechnung beim BRZ ergibt sich daraus, dass lediglich ein Berechnungszeitraum von 01.07.2020 bis 30.09.2020 eingegeben wurde und ist die Berechnung des Arbeitslosengeldes, wie sie letztendlich mit Bescheid vom 23.03.2021 ausgesprochen wurde, rechtswidrig.

Die belangte Behörde hat eine Neuberechnung durchzuführen und hat in weiterer Folge auch zu ermitteln, inwieweit eine Teilzeitbeschäftigung bei der Festlegung des Grundbetrags zu berücksichtigen ist.

Nach Ansicht des Gerichts ist die ausgeübte Teilzeittätigkeit in der Tschechei für den Zeitraum 01.07.2020 bis 30.09.2020 im gegenständlichen Fall bei der Berechnung des Grundbetrags nicht relevant, weil der Verdienst noch vor Ablauf der Berichtigungsfrist fällt (beachte dabei § 21 Abs. 1 AlVG).

In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass Beschäftigungszeiten nur dann wie inländische Versicherungszeiten berücksichtigt werden, wenn sie nach den inländischen Vorschriften als Versicherungszeiten gegolten hätten. Österreich berücksichtigt daher jedenfalls ausländische Versicherungszeiten und diesen gleichgestellten Zeiten. Hingegen sind ausländische Beschäftigungszeiten nur dann zu berücksichtigen, wenn diese in Österreich arbeitslosenversichert gewesen wären (was zB auf Tätigkeiten unter der Geringfügigkeitsgrenze nicht zutrifft) (MAG. ANDREAS GERHARTL *), Arbeitslosigkeit bei Auslandsbezug, ASoK 2007, 471 (476)).

Die belangte Behörde hat in ihrer Entscheidung auch in keiner Weise berücksichtigt, dass aus dem Akt hervorgeht, dass die bP im Februar 2020 die Ausstellung der Bescheinigung E301/U1 (die Bestätigung von Versicherungszeiten in Österreich für Tschechien) beantrag hat um Sozialleistungen in Tschechien zu beziehen bzw. den Anspruch auf Export des Arbeitslosengeldes geltend zu machen. Die belangte Behörde hat in weiterer Folge zu ermitteln, wie lange und in welcher Höhe Sozialleistungen in Tschechien bezogen wurden und ob ein Fortbezug in Österreich möglich ist.

Gegebenenfalls ist von der bP das Formular über den Weiterbezug von Arbeitslosengeld (PDU 2) auszufüllen.

Auslandszeiten, die aufgrund des EU-Rechts zu berücksichtigen sind, sind für die Bemessung einer Leistung auch dann heranzuziehen, wenn sie auch bereits für die Zuerkennung einer ausländischen Leistung berücksichtigt wurden; allerdings ist die Dauer des Anspruches um die Tage des ausländischen Bezuges zu verkürzen. Diese Bezugsdauerverkürzung kann bei Leistungen aus dem Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit auch dazu führen, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits erschöpft ist, sodass (bei Vorliegen der dafür notwendigen Voraussetzungen) sofort ein Anspruch auf Notstandshilfe statt auf Arbeitslosengeld besteht.

Hat ein Arbeitsloser daher (während oder nach Ablauf des Mitnahmezeitraums) eine Beschäftigung im Ausland aufgenommen, kann er die (mitgenommene) Leistung fortbeziehen, wenn er den Anspruch innerhalb der Fortbezugsfrist in Österreich geltend macht.

Die vorgebrachten Beschwerdegründe sind berechtigt. Der gegenständlich angefochtene Bescheid war aufgrund gröblicher Verkennung der Rechtslage zu beheben und hat die Behörde über den Antrag der bP vom 02.10.2020 neuerlich zu entscheiden.

3.0.    Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen im Allgemeinen:

- Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF

- Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991

- Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

3.2. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen im Speziellen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

3.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 28. Abs. (3) AlVG Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Zu Spruchteil A):

3.4. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten:

§ 14.
(1) Bei der erstmaligen Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Handelt es sich jedoch um einen Arbeitslosen, der das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt, ist die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 26 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.

(2) Bei jeder weiteren Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 28 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Die Anwartschaft ist im Falle einer weiteren Inanspruchnahme auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose die Anwartschaft gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz erfüllt.

[…]

(5) Ausländische Beschäftigungs- oder Versicherungszeiten sind auf die Anwartschaft anzurechnen, soweit dies durch zwischenstaatliche Abkommen oder internationale Verträge geregelt ist.

§ 19.

(1) Arbeitslosen, die das zuerkannte Arbeitslosengeld nicht bis zur zulässigen Höchstdauer in Anspruch nehmen, ist der Fortbezug des Arbeitslosengeldes für die restliche zulässige Bezugsdauer zu gewähren,

a) wenn die Geltendmachung innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren, gerechnet vom Tag des letzten Bezuges des Arbeitslosengeldes, erfolgt und

b) wenn, abgesehen von der Anwartschaft, die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind.

Die Frist nach lit. a verlängert sich darüber hinaus um Zeiträume gemäß § 15 und gemäß § 81 Abs. 10 und 8.

(2) Der Anspruch auf Fortbezug des Arbeitslosengeldes ist nicht gegeben, wenn der Arbeitslose die Voraussetzungen für eine neue Anwartschaft erfüllt.

(3) Durch den Bezug von Karenzgeld ist ein allfälliger Anspruch auf Fortbezug von Arbeitslosengeld nicht mehr gegeben, es sei denn, daß das Kind, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzgeldes war, während des Bezuges des Karenzgeldes gestorben ist.

§ 21.

(1) Für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ist das Entgelt der letzten zwölf zum Zeitpunkt der Geltendmachung nach Ablauf der Berichtigungsfrist gemäß § 34 Abs. 4 ASVG liegenden Kalendermonate aus den beim Dachverband der Sozialversicherungsträger (Dachverband) gespeicherten Beitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem laufenden Entgelt, mangels solcher aus anderen gespeicherten Beitragsgrundlagen heranzuziehen. Monatliche Beitragsgrundlagen, die bezogen auf den Zeitpunkt der Geltendmachung aus dem vorvorigen oder einem noch früheren Kalenderjahr stammen, sind mit den Aufwertungsfaktoren gemäß § 108 Abs. 4 ASVG der betreffenden Jahre aufzuwerten. Sonderzahlungen im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 49 ASVG) sind pauschal durch Hinzurechnung eines Sechstels zu den jeweiligen Beitragsgrundlagen aus laufendem Entgelt zu berücksichtigen. Durch Teilung des Entgelts der gesamten Beitragsgrundlagen (einschließlich Sonderzahlungen) durch zwölf ergibt sich das monatliche Bruttoeinkommen. Beitragsgrundlagen, die Zeiten einer gemäß § 1 Abs. 2 lit. e von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommenen krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit enthalten, gelten als Beitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt. Für Personen, die gemäß § 3 versichert waren, sind die entsprechenden Beitragsgrundlagen in der Arbeitslosenversicherung heranzuziehen. Bei Zusammentreffen von Beitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt mit Beitragsgrundlagen auf Grund der Versicherung gemäß § 3 ist die Summe beider Beitragsgrundlagen heranzuziehen. Kalendermonate, die folgende Zeiträume enthalten, bleiben außer Betracht:

1.       Zeiträume, in denen infolge Erkrankung (Schwangerschaft) nicht das volle Entgelt bezogen wurde;

2.       Zeiträume, in denen wegen Beschäftigungslosigkeit nicht das volle Entgelt bezogen wurde;

3.       Zeiträume einer Versicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. e (Entwicklungshelfer);

4.       Zeiträume einer Versicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 (Praktikanten) oder Z 5 (Krankenpflegeschüler) ASVG;

5.       Zeiträume des Bezuges von Karenzgeld, Pflegekarenzgeld, Kinderbetreuungsgeld, Kombilohn (§ 34a AMSG) oder Bildungsteilzeitgeld (§ 26a AlVG);

6.       Zeiträume der Herabsetzung der Normalarbeitszeit zum Zwecke der Sterbebegleitung eines nahen Verwandten oder der Begleitung eines schwerst erkrankten Kindes gemäß § 14a oder § 14b des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, oder einer Pflegekarenz gemäß § 14c AVRAG oder einer Pflegeteilzeit gemäß § 14d AVRAG oder einer gleichartigen Regelung;

7.       Zeiträume des Bezuges einer Lehrlingsentschädigung, wenn die sonst heranzuziehenden Beitragsgrundlagen günstiger sind.

(2) Liegen zum Zeitpunkt der Geltendmachung weniger als zwölf nach Ablauf der Berichtigungsfrist gemäß § 34 Abs. 4 ASVG liegende Kalendermonate, jedoch mindestens sechs derartige Kalendermonate vor, so ist für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes das Entgelt dieser Kalendermonate heranzuziehen und durch die Anzahl der Kalendermonate zu teilen. Liegen Beitragsgrundlagen für weniger als sechs derartige Kalendermonate vor, so ist für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes das Entgelt der vorliegenden Kalendermonate heranzuziehen und durch die Anzahl der Kalendermonate zu teilen. Im Übrigen ist Abs. 1 entsprechend anzuwenden. Abs. 1 letzter Satz ist nicht anzuwenden, wenn andernfalls keine Beitragsgrundlagen für eine Bemessung herangezogen werden könnten. Liegen ausschließlich Teile von Kalendermonaten vor, für die eine Beitragsgrundlage gespeichert ist, so ist das (gegebenenfalls aufgewertete) laufende Entgelt in diesen bis zu zwölf letzten Kalendermonaten durch die Zahl der Versicherungstage mit laufendem Entgelt zu teilen und mit 30 zu vervielfachen sowie die sich ergebende Summe um ein Sechstel zu erhöhen.

(2a) Zeiträume, in denen Wiedereingliederungsgeld bezogen wurde, sind wie Zeiträume, in denen infolge Erkrankung nicht das volle Entgelt bezogen wurde, zu behandeln.

(2b) Zeiträume, in denen Rehabilitationsgeld bezogen wurde, sind wie Zeiträume zu behandeln, in denen infolge Erkrankung nicht das volle Entgelt bezogen wurde.

(3) Als Grundbetrag des Arbeitslosengeldes gebühren täglich 55 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent. Zur Ermittlung des täglichen Nettoeinkommens ist das nach Abs. 1 oder Abs. 2 ermittelte monatliche Bruttoeinkommen um die zum Zeitpunkt der Geltendmachung für einen alleinstehenden Angestellten maßgeblichen sozialen Abgaben und die maßgebliche Einkommensteuer unter Berücksichtigung der ohne Antrag gebührenden Freibeträge zu vermindern und sodann mit zwölf zu vervielfachen und durch 365 zu teilen. Das monatliche Einkommen ist nur bis zu der drei Jahre vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes für den Arbeitslosenversicherungsbeitrag maßgeblichen Höchstbeitragsgrundlage (§ 2 Abs. 1 AMPFG) zu berücksichtigen.

(4) Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt einschließlich eines allenfalls erforderlichen Ergänzungsbetrages mindestens in der Höhe eines Dreißigstels des Betrages, der dem Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a lit. bb ASVG entspricht, soweit dadurch die Obergrenzen gemäß Abs. 5 nicht überschritten werden, kaufmännisch gerundet auf einen Cent.

(5) Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt Arbeitslosen mit Anspruch auf Familienzuschläge höchstens in der Höhe von 80 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent. Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt Arbeitslosen ohne Anspruch auf Familienzuschläge höchstens in der Höhe von 60 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent.

(6) Eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes des Arbeitsmarktservice ist zur Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes nur heranzuziehen, wenn kein Entgelt aus vorhergehender Beschäftigung vorliegt, das eine Festsetzung nach Abs. 1 ermöglicht, oder dieses niedriger als das für die Bemessung der Beihilfe herangezogene Bruttoentgelt ist. In diesem Fall ist die Beihilfe einem Nettoentgelt gleichzuhalten und der Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ein diesem Nettoentgelt entsprechendes Bruttoentgelt zu Grunde zu legen.

(7) Wird die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld durch Heranziehung von Zeiten im Ausland gemäß § 14 Abs. 5 erfüllt, so gilt für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes:

1.       War der Arbeitslose nach seiner Beschäftigung im Ausland mindestens vier Wochen im Inland beschäftigt, so ist das im Inland erzielte Entgelt maßgeblich.

2.       War der Arbeitslose nach seiner Beschäftigung im Ausland weniger als vier Wochen im Inland beschäftigt, so ist das Entgelt maßgeblich, das am Wohnort oder Aufenthaltsort des Arbeitslosen für eine Beschäftigung üblich ist, die der Beschäftigung, die er zuletzt im Ausland ausgeübt hat, gleichwertig oder vergleichbar ist.

3.       War der Arbeitslose Grenzgänger, so ist das im Ausland erzielte Entgelt maßgeblich.

(8) Hat ein Arbeitsloser das 45. Lebensjahr vollendet, so ist abweichend von Abs. 1 ein für die Bemessung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes herangezogenes monatliches Bruttoentgelt auch bei weiteren Ansprüchen auf Arbeitslosengeld so lange für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes heranzuziehen, bis ein höheres monatliches Bruttoentgelt vorliegt.

3.5. Maßgebliche Rechtsprechung zur Zuständigkeit nach internationalen Bestimmungen; Verordnung (EG) Nr. 883/2004 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 29. April 2004:

Der VwGH stellte in seiner Entscheidung Geschäftszahl Ra 2016/08/0050 Entscheidungsdatum

19.11.2019 zur Zuständigkeit eines Mitgliedstaates in der Arbeitslosenversicherung folgendes fest:

Zutreffend ist, dass Personen, für die die VO 883/2004 gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterliegen (Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004). Dies ist - für die hier im Blick stehenden Leistungen bei Arbeitslosigkeit - grundsätzlich der Mitgliedstaat, in dem zuletzt eine Beschäftigung ausgeübt wurde (Beschäftigungsmitgliedstaat) (vgl. Art. 11 Abs. 3 lit. a VO 883/2004). Allerdings sieht Art. 65 VO 883/2004 (iVm Art. 11 Abs. 3 lit. c VO 883/2004) unter den dort genannten Voraussetzungen einen Zuständigkeitsübergang (Statutenwechsel) auf den Wohnmitgliedstaat bei einem arbeitslosen Grenzgänger (einer Person, die in der Regel täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich in den Wohnmitgliedstaat zurückgekehrt ist.

Zutreffend ist ferner, dass eine vollarbeitslose Person (gleichgültig ob Grenzgänger oder "Nicht-Grenzgänger") nur dann Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit hat, wenn sie sich der Arbeitsverwaltung des für sie zuständigen Mitgliedstaats zur Verfügung stellt (vgl. insbesondere Art. 65 Abs. 2 VO 883/2004), wobei die Verfügbarkeit dann vorliegt, wenn die Person sich bei den zuständigen Stellen dieses Staats als Arbeitssuchender meldet und sich deren Kontrolle unterwirft (vgl. auch Art. 65 Abs. 3 VO 883/2004; EuGH 1.2.1996, Naruschawicus, C-308/94).

3.6. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:

Aufgrund der angeführten Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass im vorliegenden Fall Österreich als Wohnsitzstaat für die bP aufgrund der Eigenschaft als arbeitsloser Grenzgänger zuständig ist und wurde dies auch durch die belangte Behörde nicht bestritten. Die Behörde hat jedoch den vorliegenden grenzüberschreitenden Sachverhalt rechtlich falsch beurteilt und wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt wurde, durch willkürliche Gesetzesanwendung eine rechtswidrige Entscheidung erlassen und jedenfalls den Leistungsanspruch falsch berechnet.

Darüber hinaus hat es die belangte Behörde auch unterlassen den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu ermitteln, indem sie nicht festgestellt hat ob die Versicherungszeiten aus Tschechien bei welchen es sich um eine geringfügige Beschäftigung mit geringem Verdienst handelt, in Österreich anrechenbar sind und ob im Hinblick auf den Leistungsexport im Februar 2020 ein Fortbezug der Leistung möglich ist oder der Anspruch bereits erschöpft ist.

Der entscheidungserhebliche Sachverhalt steht nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht fest.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.7. Absehen von der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 [GRC] entgegenstehen.

Der Sachverhalt steht aus Sicht des erkennenden Gerichtes fest und ist eine weitere Klärung des Sachverhaltes nicht zu erwarten, weswegen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung abgesehen werden konnte.

Des Weiteren ist in Ergänzung des eben Ausgeführten auch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der bestehende Corona-Pandemie die Durchführung einer Verhandlung ein Gesundheitsrisiko für alle Verhandlungsteilnehmer darstellt. Zwar ist gemäß § 2 Abs 1 Z 6 und § 16 Abs 1 Z 3 der 3. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung die Verwaltung und die Justiz von der angeordneten Ausgangsbeschränkung ausgenommen und können unaufschiebbare behördliche und gerichtliche Wege, einschließlich der Teilnahme an mündlichen Verhandlungen der Gerichte, von der Bevölkerung wahrgenommen werden, jedoch steht für das erkennende Gericht der entscheidungserhebliche Sachverhalt fest und bedarf dieser keine Ergänzungen mehr, weshalb das Gericht auch im Hinblick auf das erhöhte Infektionsrisiko bei Verhandlungen von der Durchführung einer solchen Abstand nimmt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Das BVwG stützt sich im Anlassfall auf die ständige und einheitliche Rechtsprechung des VwGH zu § 14 Abs. 5 AlVG betreffend die Anrechnung von Beschäftigungszeiten im Ausland sowie auch der ständigen Rechtsprechung des VwGH zum im Anlassfall ergangenen EU-Recht.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Arbeitslosengeld Berechnung Ermittlungspflicht Grenzgänger Kassation Leistungsanspruch mangelnde Sachverhaltsfeststellung Willkür

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L517.2241530.1.00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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