TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/25 L517 2240984-1

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Veröffentlicht am 25.05.2021
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Entscheidungsdatum

25.05.2021

Norm

AlVG §10
AlVG §38
AlVG §9
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch


L517 2240984-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter*innen Mag. SIGHARTNER und Mag?. MEINDL als Beisitz über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom XXXX nach ergangener Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm §§ 38 und 10 Abs 1 Z 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 (WV) idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

09.10.2020 – Betreuungsvereinbarung zwischen XXXX (in der Folge bP) und dem AMS XXXX (in der Folge AMS bzw. bP)

29.10.2020 – verbindliches Vermittlungsangebot als Produktionsmitarbeiter bei der Firma XXXX

07.11.2020 – Bewerbungsmail der bP an Fa. XXXX

09.11.2020 – SfU-Meldung

23.11.2020 – Stellungnahme der bP

10.12.2020 – Bescheid

11.01.2021 – Beschwerde

24.02.2021 – KZR-Auskunft de BMI

08.03.2021 – Beschwerdevorentscheidung

25.03.2021 – Vorlageantrag der bP

01.04.2021 – Beschwerdevorlage beim BVwG

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

I. Verfahrensgang:

Das AMS schloss am 01.10.2020 mit der bP eine Betreuungsvereinbarung für eine Voll- bzw. Teilzeitstelle. Festgehalten wurde, dass der Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein muss.

Am 29.10.2020 übermittelte das AMS der bP ein Stellenangebot als Arbeiter für die Produktion bei der Firma XXXX . Die Arbeitszeiten sind im Stellenangebot mit Montag bis Freitag von 8.00 bis 12.00 und von 13.00 bis 17.00 angegeben. Es handelt sich um eine Vollzeitstelle. Die bP war zwischen 24.06.2020 und 15.02.2021 als obdachlos mit der Kontaktadresse XXXX gemeldet. Von dieser Adresse aus beträgt die Wegzeit für die Hinfahrt zur o.a. Arbeitsstelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln 1 Std. 05 Min., die Rückfahrt kann in 1 Std. 13 Min. zurückgelegt werden. Sowohl die Betreuungsvereinbarung als auch das Stellenangebot enthalten den Hinweis, dass die bP das AMS innerhalb von 8 Tagen über das Ergebnis bzw. den aktuellen Stand ihrer Bewerbung informieren soll.

Ob die bP die Firma XXXX bereits am 02.11.2020 telefonisch kontaktiert hat, kann nicht festgestellt werden. Am 07.11.2020 bewarb sich die bP bei der XXXX per mail. Als Anhang war der E-Mail ein Einschreiben der bP an das AMS mit dem Betreff „Mitteilung über Bezugseinstellung“ beigefügt. In diesem Schreiben wendet sich die bP gegen eine Einstellung von Geldleistungen durch das AMS.

Am 08.11.2020 erfolgte eine Rückmeldung des potentiellen Dienstgebers beim SfU, wonach die bP anstatt eines Bewerbungsschreibens das o.a. Einschreiben an das AMS mitgeschickt habe mit der Bemerkung, dass an so einer Bewerbung niemand interessiert sei.

Am 23.11.2020 gab die bP sinngemäß folgende Stellungnahme ab: Die angebotene Arbeitsstelle sei für ihn in 81 Minuten erreichbar, der Vermittlungsvorschlag sei daher unzumutbar. Sie habe sich bereits am 02.11.2020 telefonisch beworben und einige Tage später zusätzlich per E-Mail.

Am 10.12.2020 erließ die bB einen Bescheid mit dem Ausspruch, dass die bP den Anspruch auf Notstandshilfe gem. § 38 iVm § 10 des Arbeitslsosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) für den Zeitraum 09.11.2020 – 03.01.2021 verloren habe. Nachsicht sei nicht erteilt worden. Begründend führte die bP aus, dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass die bP eine mögliche Arbeitsaufnahme bei der Firma XXXX vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

Dagegen erhob die bP am 11.01.2021 rechtzeitig Beschwerde und machte darin nochmals die Unzumutbarkeit der Wegzeit geltend bzw. führte sinngemäß aus, sie habe ausreichende Anstrengungen gemacht, sich für das Stellenangebot zu bewerben.

Am 23.11.2020 führte die bP im Rahmen einer Stellungnahme neben der nochmaligen Geltendmachung der Unzumutbarkeit der Wegzeit, da der Hinweg 81 min. betrage, sinngemäß aus, sie habe sich am 02.11.2020 vormittags beworben, es sei ihr ein Rückruf zugesagt worden, der nicht stattgefunden habe. Sie habe sich dann nach ein paar Tagen zusätzlich per E-Mail beworben und ihre Unterlagen gesendet. Sie habe dann die Antwort bekommen, dass die offene Stelle leider bereits vergeben sei.

Am 24.02.2021 wurde vom BMI eine KZR-Auskunft erteilt, wonach auf die bP seit 29.09.2020 ein Fiat Ducato zugelassen ist.

Am 08.03.2021 erging die Beschwerdevorentscheidung der bB gem. § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG, die Beschwerde der bP vom 11.01.2021 gegen den Bescheid des AMS XXXX vom 10.12.2020 wurde abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die bP sei zuletzt aus einer Selbständigkeit vom 01.10.2019 bis 30.04.2020 arbeitslosenversichert gewesen. Zuletzt unselbständig sei sie im Zeitraum vom 30.09.2013 bis 10.10.2013 tätig gewesen.

Die letzte Anwartschaft auf Arbeitslosengeld habe die bP mit 16.04.2020 erfüllt. Ab 16.04.2020 habe die bP zunächst das Arbeitslosengeld weiter bis zum gesetzlichen Höchstausmaß bezogen. In der Zeit vom 20.08.2021 bis 30.09.2020 sei bereits eine Ausschlussfrist nach § 10 ALVG verhängt worden.

Seit 05.10.2020 stehen die bP mit einer Unterbrechung wegen einem Kontrollmeldeversäumnis vom bis 17.01.2021 im Bezug der Notstandshilfe.

Laut vorliegendem Lebenslauf haben Sie die Lehrabschlussprüfung zum Masseur.

Laut der Betreuungsvereinbarung vom 09.10.2020 unterstütze das AMS die bP bei der Suche nach einer Stelle als Bademeister bzw. Saunawärter oder im allgemeinen Hilfs- und Anlernbereich entsprechend den Notstandshilferichtlinien für Voll- oder Teilzeitstellen ab 20 Wochenstunden. Die Vermittlung werde durch eine mangelnde Mobilität erschwert. Der Arbeitsplatz müsse mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein, da die bP angegeben habe, keinen Privat-PKW zu besitzen.

Am 29.10.2020 sei der bP per eAMS-Konto ein Stellenvorschlag als Produktionsarbeiter/in in Vollzeit bei der Finna XXXX mit folgendem Anforderungsprofil übermittelt worden:

-        körperlich fit

-        ausreichende Deutschkenntnisse um mit den Kunden sprechen zu können

-        Belastbarkeit und selbständiges Arbeiten

-        von Vorteil: Staplerschein - kann man aber auch nachmachen

-        von Vorteil: handwerkliche Berufsausbildung.

Es wurde keine Berufspraxis gewünscht. Auf diese Stelle habe sich die bP beworben.

Den Nachweis ihrer schriftlichen Bewerbung vom 07.11.2020 um 14:33 Uhr (laut Text liegen Ihre Bewerbungsunterlagen bei) habe sie selbst zusammen mit dem Antwortschreiben des Dienstgebers vom 08.11.2020 um 20:20 Uhr, wonach die offene Stelle bereits vergeben sei, ihrer Beschwerde beigelegt.

Der Dienstgeber habe mit Mail vom 08.11.2020 um 20:58 Uhr das AMS darüber informiert, dass die offene Stelle vergeben worden sei und gleichzeitig mitgeteilt, dass die bP anstatt eines Bewerbungsschreibens ein Einschreiben an das AMS mit dem Betreff „Mitteilung über Bezugseinstellung“ mitgeschickt habe. Der Anhang wurde dem AMS vom Dienstgeber übermittelt.

Es handle sich dabei um ein Schreiben der bP an das AMS XXXX vom 08.09.2020, in dem sie sehr ausführlich darauf hinweise, dass durch die vermutlich rechtswidrige Bezugseinstellung verursachte Schäden und Kosten im Zuge der Amtshaftung geltend gemacht werden können. Laut Rückmeldung des Dienstgebers sei „an so einer Bewerbung niemand interessiert“.

Laut Routenplaner der ÖBB, Scotty benötige man für die XXXX inclusive Fußweg bei einer Ankunftszeit um 07:39 Uhr 57 Minuten. Der Rückweg wieder inclusive Fußweg könne in 1 Stunde und 5 Minuten in der Zeit von 17:09 Uhr XXXX bis 18:14 Uhr XXXX abgelegt werden.

Laut Abfrage im Kfz-Zentralregister des Bundesministeriums für Inneres (KZR) sei seit 29.09.2020 ein Lastkraftwagen der Marke Fiat Ducato auf die bP zugelassen.

Rechtlich beurteilte die bB zusammengefasst den Sachverhalt dahingehend, dass der bP die Beschäftigung bei der Firma XXXX zumutbar sei, da die Arbeitsstelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 2 Stunden und 2 Minuten erreichbar sei. Auch besitze die bP einen Privat-PKW und wäre daher sehr wohl in der Lage gewesen, den Arbeitsort sehr gut zu erreichen.

Die bP habe Ihrem Bewerbungsmail nicht ihre Bewerbungsunterlagen sondern ein Einschreiben an das AMS mit dem Betreff „Mitteilung über Bezugseinstllung“ angehängt. Sie habe den Dienstgeber damit über ihre früheren Probleme mit angebotenen Stellen informiert und zumindest in Kauf genommen, dass diese Information ihre Bewerbungschancen schmälere. Insgesamt kam die bB daher zu dem Ergebnis, dass der Tatbestand der Arbeitsvereitelung vorliege und keine berücksichtigungswürdigen Gründe festgestellt werden konnten, die eine Nachsicht gem. § 10 Abs 3 AlVG bewirken könnten. Die Beschwerdevorentscheidung wurde der bP am 11.03.2021 durch Hinterlegung zugestellt.

Mit Schreiben vom 25.03.2021 beantragte die bP die Vorlage ihrer Beschwerde beim BVwG, sie führte darin diverse Gesetzesbestimmungen an und führte zusammengefasst aus, es gebe noch keine rechtskräftigen Urteile zu der Ausschlussfrist nach § 10 AlVG und zur Kontrollmeldeversäumnis, es liege kein gültiger Betreuungsplan vor, sie habe per E-Mail an den potentiellen Dienstgeber ein Bewerbungsschreiben mit einem Lebenslauf geschickt und habe niemals einen eingeschriebenen Brief an die Firma XXXX geschickt. Laut google.com/maps sei der Arbeitsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln (nur Hinweg) mindestens in 81 Min. erreichbar. Sie habe einen LKW, der auf sie zugelassen sei, weil man in öffentlichen Straßen ohne Kennzeichen nicht parken dürfe. Der Wagen sei nicht fahrtüchtig und stelle das Gefahr beim Verkehr dar. Somit nur Besitz den Auto bedeute nicht, das sie dürfe mit diesem Auto fahren, somit den Mobilität nicht erhöht sei. Die bP beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, ihre Parteieneinvernahme und die Einvernahme des potentiellen Dienstgebers.

Die bB legte am 01.04.2021 dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwlatungsakt in elektronischer Form vor, über Ersuchen des BVwG wurden weitere Aktenteile vorgelegt.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Die Feststellungen zur Wegzeit der bP von der Kontaktadresse XXXX zum Arbeitsort in XXXX wurden anhand einer Überprüfung der Ergebnisse der bB durch das erkennende Gericht getroffen. Sowohl bei Ermittlung der Wegzeit über das Fahrplanauskunftsprogramm der ÖBB als auch eine weitere Überprüfung der Berechnung über den Pendlerrechner des Bundesministeriums für Finanzen ergab maximale Wegzeiten für eine einfache Strecke von 1 Std. 13 Min.

Eine Feststellung zum angeblichen Telefonat der bP mit dem potentiellen Arbeitgeber am 02.11.2020 konnte nicht getroffen werden. Laut Betreuungsplan und Stellenausschreibung vom 29.10.2020 wäre die bP jedenfalls dazu verhalten gewesen, das AMS binnen 8 Tagen nach Erhalt der Stellenausschreibung über das Ergebnis bzw. den aktuellen Stand ihrer Bewerbung zu informieren. Wäre die bP dieser Verpflichtung im Sinne ihrer Sorgfaltspflichten als Arbeitssuchender nachgekommen, hätte sie die bB über das erfolgte Telefonat unterrichtet und hätte es bei der bB auch entsprechende Aufzeichnungen zu einem derartigen Telefonat gegeben.

Dass auf die bP ein Lastkraftwagen der Marke Fiat Ducato seit 29.09.2020 zugelassen ist, ergibt sich aus der von der bB eingeholten KZR-Auskunft und wurde im Übrigen von der bP auch nicht bestritten.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

- Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 (WV) idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 56 Abs. 4 AlVG steht das Vorschlagsrecht für die Bestellung der erforderlichen Anzahl fachkundiger Laienrichter und Ersatzrichter für den Kreis der Arbeitgeber der Wirtschaftskammer Österreich und für den Kreis der Arbeitnehmer der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte zu. Die vorgeschlagenen Personen müssen über besondere fachliche Kenntnisse betreffend den Arbeitsmarkt und die Arbeitslosenversicherung verfügen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BGBl. I Nr. 10/2013).

Gegenständlich liegt Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden. Abweichend dazu normiert § 56 Abs. 2 AlVG in Verfahren betreffend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung eine Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung von zehn Wochen.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfungsumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.3. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten:

Gemäß § 7 Abs. 1 hat Anspruch auf Arbeitslosengeld wer u.a. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht.

Gemäß § 7 Abs. 2 steht der Arbeitsvermittlung insbesondere zur Verfügung, wer arbeitswillig ist.

Arbeitswilligkeit

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

(3) – (8) […]

§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

Z 2 – Z 4 […]

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

(2) […]

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

(4) […]

§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.

3.4 Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, dh bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. (vgl. zB VwGH 19.09.2007, 2006/08/0157, mwN und jüngst VwGH 08.09.2014, Zl. 2013/08/0005)

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden. (vgl. VwGH 18.01.2012, Zl. 2008/08/0243 und jüngst VwGH: 08.09.2014, Zl. 2013/08/0005 sowie 15.10.2015, Zl. Ro 2014/08/0042)

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin. (vgl. VwGH 18.11.2009, Zl. 2009/08/0228; 26.10.2010, Zl. 2008/08/0244 sowie jüngst VwGH 15.10.2015, Zl. Ro 2014/08/0042).

Während § 9 AlVG den Begriff der Arbeitswilligkeit definiert und Kriterien für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer durch das Arbeitsmarktservice bzw. einen von diesem beauftragten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung bzw. Nach(Um)schulung oder Wiedereingliederungsmaßnahme enthält, sanktioniert § 10 AlVG durch befristeten Leistungsausschluss das Verhalten desjenigen, der die Beendigung des Zustandes der Arbeitslosigkeit schuldhaft zu vereiteln sucht. Wenn ein Arbeitsloser somit eine zumutbare Beschäftigung im Sinne des § 9 AlVG nicht annimmt bzw. die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, so führt dies gemäß § 10 AlVG zum temporären Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe.

Bereits ein zu langes Zuwarten oder eine fehlende bzw. zweifelhafte Art der Kontaktaufnahme kann für sich genommen schon zur Annahme einer Vereitelungshandlung führen (vgl. Pfeil (Hrsg), Alv-Kommentar, 58 lfg.; § 10 Rz 22).

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass die bP das Zustandekommen einer ihr zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung vereitelt hat.

Für das ho. Gericht stellte sich der Sachverhalt basierend auf den durchgeführten Beweisverfahren so wie oben ausgeführt dar.

3.5 Gegenständlich ist zunächst strittig, ob das vermittelte Beschäftigungsverhältnis bei der Firma XXXX der bP aufgrund der Wegzeit zumutbar ist.

Gem. § 9 Abs 2 AlVG beträgt die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

Im vorliegenden Fall beträgt die Wegzeit insgesamt 138 Minuten. Die laut Gesetz zumutbare Wegzeit für eine Vollzeitbeschäftigung von jedenfalls zwei Stunden wird damit lediglich geringfügig überschritten, sodass diese der bP zumutbar ist.

3.6 Nach der Rechtsprechung des VwGH hat sich der Arbeitslose - zur Vermeidung einer Sanktion gemäß § 10 AlVG - unverzüglich nach Erhalt von Stellenangeboten zu bemühen, sich um die insoweit offerierten Stellen zu bewerben.

Unabhängig davon, ob die bP den potentiellen Dienstgeber bereits am 02.11.2020 telefonisch kontaktiert hat, hat sie sich mit Anschreiben per E-Mail am 07.11.2020 zu bewerben versucht. Die Bewerbung der bP war jedoch unvollständig und kann nicht als ordnungsgemäße Bewerbung bezeichnet werden. Entgegen ihrer Ausführungen im Vorlageantrag hat die bP ihrer E-Mail keinen Lebenslauf beigefügt, sondern einen Anhang, aus dem für den potentiellen Dienstgeber zu entnehmen ist, dass es im Zusammenhang mit der Arbeitssuche der bP und damit in Verbindung stehender Bewerbungen zurückliegend zu Schwierigkeiten und in der Folge zu einer Bezugssperre nach § 10 AlVG gekommen war. Es überrascht keineswegs, dass ein potentieller Dienstgeber kein weiteres Interesse an einem Arbeitssuchenden hat, der ihm ein Schreiben als Bewerbungsunterlage übermittelt, dem er unter anderem entnehmen kann, dass die bP auf zwei andere Schreiben an das AMS verweist, wo sie Gründe (Wegzeit zum Arbeitsort, Unterqualifikation, keine Erfahrung) für die Unzumutbarkeit der angebotenen Stelle geltend macht.

Als Arbeitssuchender, der ernsthaft an einer Bewerbung für die ihm zugewiesene Stelle interessiert ist, hätte die bP im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten jedenfalls prüfen müssen, welchen Anhang sie ihrer E-Mail an die Firma XXXX beifügt.

Der bP ist daher jedenfalls bedingter Vorsatz vorzuwerfen, da sie durch die an den Tag gelegte Vorgangsweise jedenfalls in Kauf genommen hat, aufgrund der von ihr unterlassenen ordnungsgemäßen Bewerbung einen weiteren Bewerbungsprozess beim potentiellen Dienstgeber in Gang zu setzen. Dass die unterlassene ordnungsgemäße Bewerbung dazu führte, dass das Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kam, ist notorisch, es liegt daher der für den Ausspruch des Verlustes der Notstandshilfe erforderliche Vorsatz vor (vgl. VwGH vom 21.12.2011, Zl. 2009/08/0264).

Wenn die belangte Behörde daher bei Würdigung des Gesamtverhaltens der bP von einer Vereitelung im Sinn des § 10 Abs. 1 AIVG ausgegangen ist, ist dem nicht entgegenzutreten. Die bB hat daher auch zu Recht die verfahrensgegenständliche Sanktion verhängt.

3.7 Obwohl die amtswegige Prüfung des Sachverhalts zumindest eine Auseinandersetzung mit möglichen Nachsichtsgründen iSd § 10 Abs. 3 AlVG gebietet, muss die Behörde nur solche Gründe prüfen, die der Arbeitslose vorbringt oder für die es sonstige Hinweise in den Akten gibt (VwGH vom 19.07.2013, Zl. 2012/08/0176). Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG liegen nicht vor und sind auch sonst nicht bekannt geworden, sodass die dem BVwG vorgelegte Beschwerde gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

Die bP wäre, um sich arbeitswillig zu zeigen und nicht das Zustandekommen eines den Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses verschuldet zu vereiteln, angehalten gewesen, sich auf die ihr zugewiesene Stelle ordnungsgemäß zu bewerben und die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit in einem Vorstellungsgespräch zu erörtern (vgl. VwGH vom 15.05.2013, Zl. 2010/08/0257).

Voraussetzung für die Kausalität ist nicht, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre (vgl. VwGH 20.9.2006, Zl. 2005/08/0106). Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 15.10.2014, Zl. Ro 2014/08/0042), was im gegenständlichen Fall als gegeben anzusehen ist.

Die bP wäre im Sinne der oben zitierten Judikatur jedenfalls dazu verpflichtet gewesen, ohne alle Einzelheiten, die für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung von Bedeutung sein können, zu kennen, entsprechende Bewerbungsschritte zu setzen. Das von der bB vorgeschlagene Stellenprofil weist keine Anhaltspunkte der Unzumutbarkeit für die bP auf. Die angebotene Beschäftigung war der bP sowohl in gesundheitlicher, sittlicher, beruflicher, familiärer und Hinsicht tauglich. Weiters liegen keine Hinweise vor, dass der Dienstgeber für die Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses von der bP die Annahme vertraglicher Bedingungen verlangen würde, die in wesentlichen Punkten zwingenden Rechtsnormen widersprechen würden. Der erkennende Senat geht davon aus, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten der bP jenen entsprechen, die an der zugewiesenen Arbeitsstelle verlangt werden (Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil; vgl. VwGH vom 17.10.2007, Zl. 2006/08/0016).

Die bB hat daher aufgrund der Sachlage zu Recht die Erfüllung des Tatbestandes des § 10 AlVG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht bejaht. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht iSd § 10 Abs. 3 AlVG konnten nicht festgestellt werden.

Der von der bP im Vorlageantrag vom 25.03.2021 ins Treffen geführte Umstand, dass es noch keine rechtskräftigen Urteile zu der Ausschlussfrist nach § 10 AlVG und der Kontrollmeldeversäumnis gäbe, ist für die hier maßgebliche Überprüfung, ob die bP durch ihr Verhalten eine Vereitelungshandlung im Sinne des § 10 Abs 1 Z 1 gesetzt hat, irrelevant. Für den Fall, dass diese Verfahren rechtskräftig zu Lasten der bP abgeschlossen wurden, sei darauf hingewiesen, dass künftig jedenfalls eine Einstellung der Notstandshilfe wegen genereller Arbeitsunwilligkeit der bP im Raum steht.

3.8 Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden.

Gegenständlich stellt sich der relevante Sachverhalt nicht als ergänzungsbedürftig dar, insbesondere liegt auch kein Rechtsschutzdefizit der bP vor und ließe eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich daher als nicht erforderlich.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG (im Übrigen wurde ein Antrag nicht gestellt) von einer Verhandlung absehen, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dies ist eben dann der Fall, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre.

Des Weiteren ist in Ergänzung des eben Ausgeführten auch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der bestehende Corona-Pandemie die Durchführung einer Verhandlung ein Gesundheitsrisiko für alle Verhandlungsteilnehmer darstellt. Zwar ist gemäß § 2 Abs 1 Z 6 und § 16 Abs 1 Z 3 der 3. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung die Verwaltung und die Justiz von der angeordneten Ausgangsbeschränkung ausgenommen und können unaufschiebbare behördliche und gerichtliche Wege, einschließlich der Teilnahme an mündlichen Verhandlungen der Gerichte, von der Bevölkerung wahrgenommen werden, jedoch steht für das erkennende Gericht der entscheidungserhebliche Sachverhalt fest und bedarf dieser keine Ergänzungen mehr, weshalb das Gericht auch im Hinblick auf das erhöhte Infektionsrisiko bei Verhandlungen von der Durchführung einer solchen Abstand nimmt.

Schlussfolgernd hat das erkennende Gericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen.

3.9 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum AlVG. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Anspruchsverlust Bewerbung Notstandshilfe Vereitelung Weg- und Wartezeit zumutbare Beschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L517.2240984.1.00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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