TE Bvwg Beschluss 2021/6/2 L511 2235504-1

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Veröffentlicht am 02.06.2021
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Entscheidungsdatum

02.06.2021

Norm

BEinstG §14
BEinstG §2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


L511 2235504–1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a JICHA als Vorsitzende und den Richter Dr. DIEHSBACHER sowie den fachkundigen Laienrichter RR PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle XXXX vom 23.06.2020, Zahl: OB XXXX , betreffend Verlust der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der Bescheid vom 23.06.2020, Zahl: XXXX , behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I.       Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1.       Verfahren vor dem Sozialministeriumservice [SMS]

1.1.    Der Beschwerdeführer stellte am 01.10.2019 einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Rahmen eines Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten (Aktenzahl der elektronisch übermittelten Aktenteile [AZ] 2.6). Zuvor wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten mit Bescheid am 27.03.2019 abgewiesen und ausgesprochen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 40 vH betrage (AZ 1.2).

1.2.    Das SMS holte zunächst ein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizin vom 30.12.2019 (AZ 2.37) sowie eines der Orthopädie und der orthopädischen Chirurgie ein. Dieses Gutachten vom 23.03.2020 wurde auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.03.2020 unter Berücksichtigung eines Vorgutachtens vom November 2019 sowie Befunden aus den Jahren 2015 bis 2019 erstattet. Als Ergebnis der Begutachtung wurden die orthopädischen Funktionseinschränkungen den entsprechenden Leidenspositionen nach der Einschätzungsverordnung zugeordnet, ein Gesamtgrad der Behinderung [GdB] von 40 vH sowie die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus orthopädischer Sicht festgestellt (AZ 2.39).

Ergänzend wurde ein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin eingeholt. Dieses Gutachten vom 17.06.2020 wurde auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 09.03.2020 unter Berücksichtigung eines Vorgutachtens vom Februar 2019 erstattet. Als Ergebnis der Begutachtung wurden die internistischen Funktionseinschränkungen den entsprechenden Leidenspositionen nach der Einschätzungsverordnung zugeordnet und ein Gesamtgrad der Behinderung [GdB] von 20 vH sowie die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus internistischer Sicht festgestellt (AZ 2.41).

1.3.    Die Gutachten vom 23.03.2020 und 17.06.2020 wurden durch die Erstellung einer Gesamtbeurteilung vom 21.06.2020 zusammengefasst. Als Ergebnis der Begutachtung wurden die Funktionseinschränkungen den entsprechenden Leidenspositionen nach der Einschätzungsverordnung zugeordnet und ein Gesamtgrad der Behinderung [GdB] von 40 vH sowie die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt (AZ 2.42).

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Wirbelsäulenbeschwerden;

Radiologisch nachgewiesene degenerative Veränderungen der gesamten Wirbelsäule mit Bandscheibenvorfällen in der Lendenwirbelsäule, kein radikuläres neurologisches Defizit, belastungsabhängige Schmerzen, anhaltende Therapiebedarf, unveränderte Einschätzung zum Vorgutachten;

02.01.02

40

2

Verkalkungen an den Herzkranzgefäßen Es ist keine Intervention bislang erfolgt. Die Behandlung erfolgt mit Medikamenten (Blutfettsenkung, Thrombozytenaggregationshemmung). Klinisch finden sich keine

typischen Belastungsbeschwerden. In der Einschätzung sind die angegebenen Extraschläge berücksichtigt.

05.05.01

20

3

Hochdruckleiden.

Einstellung mit medikamentöser 2-fach-Behandlung. Die Behandlung ist tlw. überlappend mit der konservativen Behandlung der Herzkranzgefäßverengung.

05.01.02

20

4

Alkoholabhängigkeitssyndrom

Die Einschätzung folgt dem Neurologischen Fachgutachten 12/2019. Die Einschätzung erfüllter Suchtkriterien erfolgt durch den neurologischen Fachbereich.

03.08.01

20

5

Kniegelenksbeschwerden beidseits;

Bekannte degenerative Veränderungen in beiden Kniegelenken mit jeweils medialem Meniskusschaden, Bakerzyste, belastungsabhängige Schmerzen, gute Beweglichkeit, unveränderte Einschätzung zum Vorgutachten;

02.05.19

20

6

Schulterbeschwerden beidseits;

Schmerzen in beiden Schultern, bekannte degenerative Veränderungen links, belastungsabhängige Schmerzen, gute Beweglichkeit, kein aktueller radiologischer Befund vorliegend;

02.06.02

20

7

Histaminunverträglichkeit.

Unverändert zum Vorgutachten. Es besteht eine Unverträglichkeit von Histamin.

07.04.04

10

8

Karpaltunnelsyndrom beidseits;

Klinischer Hinweis auf Einengung des Nervus medianus im Karpalkanal beidseits, kein aktueller ENG-Befund vorliegend;

04.05.06

10

9

Schnellender Daumen links und Mittelfinger rechts;

Schmerzen, aber nur geringe funktionelle Einschränkung;

02.06.26

10

1.4.    Mit Bescheid des SMS vom 23.06.2020, Zahl: XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten abgewiesen und ausgesprochen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 40 vH betrage (AZ 1.9=2.43).

Begründend verwies das SMS auf die Ergebnisse des Gutachtens 23.03.2020, 17.06.2020 und 21.06.2020, welche als schlüssig erkannt wurden. Diese Unterlagen wurden als Beilage zum Bescheid übermittelt.

1.5.    Mit Schreiben vom 13.07.2020 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde [Bsw] gegen den oben bezeichneten Bescheid des SMS (AZ 1.3).

Darin kritisiert der Beschwerdeführer zusammengefasst, dass seine Alkoholabhängigkeit im Gutachten vom Dezember 2018 unbefristet mit 30 vH eingeschätzt worden sei, nunmehr jedoch mit 20 vH bewertet worden sei, und legte zahlreiche medizinische Unterlagen vor (AZ 2.11-2.27).

2.       Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 28.09.2020 die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt in elektronischer Form vor (Ordnungszahl des gegenständlichen Gerichtsaktes OZ 1 [=AZ 1.1-1.10, 2.1 -2.43]).

II.      Zu A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       entscheidungswesentliche Feststellungen

1.2.    Der Beschwerdeführer stellte am 01.10.2019 den gegenständlichen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung, im Rahmen eines Verfahrens zur Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (AZ 2.6).

1.1.    Im gegenständlichen Verfahren wurden Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizin vom 30.12.2019 (AZ 2.37), der Orthopädie und orthopädischen Chirurgie vom 23.03.2020 (AZ 2.39) sowie aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin vom 17.06.2020 (AZ 2.41) eingeholt.

1.1.1.  Das Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin vom 17.06.2020 (AZ 2.41) hält hinsichtlich des Alkoholabhängigkeitssyndrom folgendes fest: „Das Alkoholabhängigkeitssyndrom wird neurologisch eingeschätzt (lt. fachärztlichem Vorgutachten Pos. 03.08.01 mit 30% und Absenkung auf 20% 12/2019 bei fehlender spezifischer Dauermedikation) und ist nicht Fragestellung dieses Gutachtens. Die Einschätzung der Suchtkriterien obliegt dem Neurologischen Fachgutachten. Nicht objektivierbar ist eine spezifische neurologische Dauermedikation.“

1.1.2.  In der Gesamtbeurteilung vom 21.06.2020 (AZ 2.42) wurde das Alkoholabhängigkeitssyndrom mit 20 vH und nicht stufenerhöhend bewertet.

1.2.    In einem Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Psychiatrie vom 31.12.2018 wurde ein Alkoholabhängigkeitssyndrom (Pos.Nr. 03.08.01) beim Beschwerdeführer festgestellt, mit einem Grad der Behinderung von 30 vH bewertet und festgestellt, dass es sich dabei um einen Dauerzustand handle (AZ 2.34).

Dieses Gutachten vom 31.12.2018 wurde mit einem weiteren Gutachten aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizin einer Gesamtbeurteilung vom 21.02.2019 (AZ 2.36) unterzogen. Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule (Pos.Nr. 02.01.02) des Beschwerdeführers wurden in jener Gesamtbeurteilung mit einem Grad der Behinderung von 30 vH bewertet (Lfd.Nr. 1), das Alkoholabhängigkeitssyndrom (Lfd.Nr. 2) wurde dabei mit einem Grad der Behinderung von 30 vH bewertet. Es wurde in jener Gesamtbewertung ausgeführt, dass das führende Leiden die Nummer 1 sei und Nummer 2 den Gesamtgrad der Behinderung steigere, da es das Gesamtbild um eine Stufe verschlechtere. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde mit 40 vH festgesetzt.

1.3.    Ein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Psychiatrie im Hinblick auf das Alkoholabhängigkeitssyndrom wurde hinsichtlich des aktuell gestellten Antrages nicht eingeholt.

2.       Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1.    Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Auszüge aus dem Verwaltungsverfahrensakt, aus denen sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt (OZ 1). Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG insbesondere folgende Unterlagen herangezogen:

?        Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Psychiatrie vom 31.12.2018 (AZ 2.34) und Gesamtgutachten vom 21.02.2019 (AZ 2.36)

?        Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin vom 17.06.2020 (AZ 2.41) und Gesamtgutachten vom 21.06.2020 (AZ 2.42)

?        Bescheid des SMS vom 23.06.2020 (AZ 1.9=2.43)

?        Beschwerde vom 13.07.2020 (AZ 1.3)

2.2.    Sämtliche Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und sind im Verfahren unbestritten geblieben.

3.       Rechtliche Beurteilung

3.1.1.  Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Senat ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 19b Behinderteneinstellgesetz [BEinstG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die das SMS im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

3.1.2.  Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig (§ 7 und §9 VwGVG).

3.2.    Behebung des bekämpften Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG

3.2.1.  Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2). Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes [VwGH] zu § 28 VwGVG verlangt es das in § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 17.03.2016, Ra2015/11/0127; 29.04.2015, Ra2015/20/0038; 26.06.2014, Ro2014/03/0063 RS29).

3.2.2.  Das SMS stützt sich im vorliegenden Fall ausschließlich auf Gutachten aus den Fachgebieten der Orthopädie sowie der Inneren Medizin. Jenes der Inneren Medizin nahm keine eigene Bewertung hinsichtlich des Alkoholabhängigkeitssyndroms des Beschwerdeführers vor, sondern übernahm die Bewertung eines früheren Gutachtens aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizin vom 30.12.2019 (AZ 2.37). Dieses bewertete das Alkoholabhängigkeitssyndrom mit einem GdB von 20 vH sowie aufgrund Geringfügigkeit und fehlendem funktionellen Zusammenhang als nicht stufenerhöhend. Wobei an dieser Stelle festzuhalten ist, dass im Fachgutachten für Innere Medizin, offenbar davon ausgegangen wurde, dass das Alkoholabhängigkeitssyndrom neurologisch – also fachärztlich – eingestuft worden war: „Das Alkoholabhängigkeitssyndrom wird neurologisch eingeschätzt (It fachärztlichem Vorgutachten […]“.

Im psychiatrischen Gutachten vom 31.12.2018 (AZ 2.34) wurde das Alkoholabhängigkeitssyndrom hingegen mit einem GdB von 30 vH eingeschätzt und es wirkte sich stufenerhöhend aus, da es den Gesamtzustand des Beschwerdeführers verschlechterte.

3.2.3.  Trotz der eingetretenen Diskrepanz zwischen dem fachbezogenen psychiatrischen Gutachten vom 31.12.2018 und dem allgemeinmedizinischen Gutachten vom 30.12.2019 und obwohl dem SMS auf Grund des vorangegangenen Gutachtens aus 2018 und dem Hinweis im Gutachten aus dem Fachgebiet für Innere Medizin („neurologische Einschätzung“) bekannt war, dass das beim Beschwerdeführer bestehende Alkoholabhängigkeitssyndrom dem Fachgebiet der Psychiatrie zuzuordnen ist, wurde kein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Psychiatrie veranlasst.

3.2.4.  Das SMS hat damit gegenständlich jene Ermittlungstätigkeiten unterlassen, welche für die abschließende Beurteilung der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers unabdingbar sind und es liegen keine Ermittlungsergebnisse vor, welche das BvWG allenfalls im Zusammenhalt mit einer durchzuführenden Verhandlung ergänzen (und zu einer meritorischen Entscheidung heranziehen) könnte (vgl. dazu VwGH 09.03.2016, Ra 2015/08/0025, mwN; 10.09.2014, Ra 2014/08/0005), sondern es wäre das gesamte erforderliche Ermittlungsverfahren durch das BVwG durchzuführen.

3.2.5.  Wenn die belangte Behörde im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht iSd § 39 Abs. 2 AVG keine geeignete Schritte gesetzt hat, um die erforderlichen Beurteilungen vornehmen zu können, steht die Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde und die Zurückverweisung der Angelegenheit an dieselbe im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 17.03.2016, Ra 2015/11/0127), weshalb gegenständlich das dem BVwG gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung auszuüben und das Verfahren spruchgemäß an das SMS zur Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen ist.

4.       Entfall der mündlichen Verhandlung

Aufgrund der Behebung des angefochtenen Bescheides konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen

III.    ad B) Unzulässigkeit der Revision:

Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf die umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 VwGVG und bewegt sich im vom VwGH eng gesetzten Rahmen der Zulässigkeit einer Zurückverweisung. Etwa jüngst zur Zulässigkeit einer zurückverweisenden Entscheidung bei Fehlen jeglicher Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde VwGH 30.03.2017, Ra 2014/08/0050; 09.03.2016, Ra 2015/08/0025 und VwGH 17.03.2016, Ra 2015/11/0127 sowie grundlegend VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Alkoholabhängigkeit Ermittlungspflicht Grad der Behinderung Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L511.2235504.1.00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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