TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/30 L517 2241997-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.06.2021
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Entscheidungsdatum

30.06.2021

Norm

AlVG §17
AlVG §38
AlVG §44
AlVG §46
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch


L517 2241997-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den fachkundigen Laienrichtern Mag. Peter SIGHARTNER und Manuela PACHLER über die Beschwerde von Herrn XXXX , SVNr. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 10.03.2021, Geschäftszahl: XXXX , nach ergangener Beschwerdevorentscheidung vom 31.03.2021, GZ: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm §§ 38, 17 Abs 1 und §§ 44,46 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 (WV) idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl Nr 1/1930 idgF, nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

21.01.2021 – Übermittlung eines Antragsformulars auf Notstandshilfe an die beschwerdeführende Partei (bP) durch das AMS XXXX (belangte Behörde); Frist zur Rückübermittlung bis 04.02.2021

28.01.2021 – Anruf der bP in der Serviceline des AMS

11.02.2021 – weiterer Anruf der bP in der Serviceline des AMS

01.03.2021 – Einlangen einer E-Mail der bP beim AMS mit Formular der Arbeitslosenmeldung

03.03.2021 – Übermittlung eines neuen Antragsformulars auf Notstandshilfe durch die belangte Behörde

03.03.2021 – Einlangen des ausgefüllten Antrags auf Notstandshilfe durch die bP

10.03.2021 – Bescheid der belangten Behörde auf Zuerkennung der Notstandshilfe beginnend mit 03.03.2021

19.03.2021 – Beschwerde gegen den Bescheid vom 10.03.2021 mittels e-Mail

31.03.2021 – Beschwerdevorentscheidung, Abweisung der Beschwerde vom 19.03.2021; zugestellt am 02.04.2021

14.04.2021 – Vorlageantrag der bP

29.04.2021 - Beschwerdevorlage an das BVwG

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0.    Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP bezog von 10.03.2020 bis 30.01.2021 Arbeitslosengeld.

Am 21.01.2021 wurde der bP von der belangten Behörde ein Antragsformular für die Notstandshilfe übermittelt. Auf der ersten Seite des Antragsformulars wurde von der belangten Behörde vermerkt, dass der Antrag der belangten Behörde bis 04.02.2021 zurückzuübermitteln sei.

Unter dem vermerkten Abgabetermin am Deckblatt des Formulars befindet sich folgender Hinweis:

„Sollten Sie die Frist nicht einhalten können, vereinbaren Sie rechtzeitig eine Terminverlängerung, ansonsten kann die Leistung erst ab dem Tag gewährt werden, an dem Sie den Antrag einbringen“.

Am 28.01.2021 meldete sich die bP in der Serviceline des AMS um eine Bewerbung bekannt zu geben. Dabei wurde sie von der belangten Behörde darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Notstandshilfe noch nicht beim AMS eingelangt sei.

Der nächste Anruf der bP beim AMS erfolgte sodann am 11.02.2021, dabei gab die bP an, dass er den Antrag auf Notstandshilfe am 28.01.2021 per E-Mail an die belangte Behörde übermittelt habe. Des Weiteren führte die bP aus, dass er den Antrag nochmals übermitteln werde und ebenfalls auch einen Screenshot seines Handys vom 28.01.2021 als Nachweis, dass er den Antrag bereits zu diesem Zeitpunkt übermittelt habe.

Auch anlässlich dieses Gesprächs ist keine E-Mail mit dem Antrag bei der belangten Behörde eingelangt.

Das nächste Telefonat mit dem AMS fand sodann am 01.03.2021 statt, bei welchem die bP von der belangten Behörde wiederum darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die bP ihren Antrag auf Notstandshilfe noch nicht abgegeben habe. Die bP gab diesbezüglich erneut an, dass sie den Antrag bereits am 28.01.2021 an die belangte Behörde übermittelt habe; sie habe die E-Mail auch noch gespeichert. Die belangte Behörde forderte die bP daraufhin erneut auf, den Antrag und den Screenshot dem AMS umgehend zu übermitteln.

Anlässlich dieses Gesprächs wurde sodann auch am selben Tag, den 01.03.2021, eine E-Mail an die Behörde übermittelt. Ergänzend führte die bP in der E-Mail an, dass er den Antrag am 28.01.2021 an die belangte Behörde übermittelt habe.

Im Anhang der E-Mail befindet sich ein Screenshot des Handys der bP, welcher die erste Seite eines ausgefüllten Formulars für die Arbeitslosmeldung aufweist.

Aufgrund dieser eingelangten E-Mail wurde der bP von der belangten Behörde am 03.03.2021 nochmals ein Antragsformular für den Bezug von Notstandshilfe übermittelt.

Am selben Tag langte jedoch auch eine E-Mail der bP mit dem ausgefüllten Antragsformular auf Notstandshilfe, welches bereits am 21.01.2021 von der Behörde ausgegeben wurde, bei der belangten Behörde ein.

Aufgrund des eingelangten Antrags erging am 10.03.2021 der Bescheid der belangten Behörde, mit welchem ausgesprochen wurde, dass der bP die Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 17, 44, 46 AlVG beginnend ab 03.03.2021 gebührt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 17 Abs. 1 AlVG erst ab dem Tag der Geltendmachung gebühre. Da der Antrag auf Notstandshilfe erst am 03.03.2021 eingebracht wurde, gebühre der Anspruch erst ab diesem Tag.

Mit E-Mail vom 19.03.2021 erhob die bP fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 10.03.2021. Darin führte er aus, dass er am 03.02.2021 ein Formular für Notstandshilfe ausgefüllt und per E-Mail an die Behörde geschickt habe. Er habe von Frau XXXX einen Bescheid bekommen und telefonisch sei ihm von Frau XXXX bestätigt worden, dass sie das Formular erhalten habe und der Antrag bearbeitet werde. Leider sei ihm nun ein Monat nicht ausbezahlt worden, da es geheißen habe, er hätte seine Unterlagen nicht eingereicht. Er habe ein paar Mal geschickt und könne auch alles wieder zuschicken. Er bitte dringend um eine Lösung und Rückmeldung.

Mit gegenständlich bekämpfter Beschwerdevorentscheidung vom 31.03.2021 wies die belangte Behörde die Beschwerde vom 19.03.2021 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass die bP das am 21.01.2021 ausgefolgte Antragsformular nicht innerhalb der festgesetzten Frist bis 04.02.2021 abgegeben habe, sondern erst am 03.03.2021 per „TapScanner“ an das AMS übermittelt habe. Die bP habe am 28.01.2021 und am 11.02.2021 beim AMS angerufen, dazwischen habe kein Telefonat stattgefunden. Die Anrufe in der Serviceline würden sich aus den Reportingdaten des AMS-Datensystems ergeben. Weder am 28.01.2021 noch am 11.02.2021 sei eine E-Mail von der bP bei der Behörde eingelangt. Erst am 01.03.2021 sei eine E-Mail beim AMS eingegangen. Die bP habe in ihrer Beschwerde widersprüchlich angegeben, dass sie das Formular am 03.02.2021 per E-Mail an die Behörde übermittelt habe. Zuvor habe sie jedoch angegeben das Formular am 28.01.2021 übermittelt zu haben. Ferner sei mit der letztendlich eingelangten E-Mail nicht der Antrag auf Notstandshilfe, sondern ein Formular über die Arbeitslosenmeldung an das AMS übermittelt worden. Das AMS könne Notstandshilfe nur auf Antrag gewähren. Der Antrag sei erst dann gestellt, wenn das ausgefüllte Formular der regionalen Geschäftsstelle fristgerecht übergeben wurde. Das ausgefüllte Antragsformular sei erst am 03.03.2021, außerhalb der Frist bis 04.02.2021, beim AMS eingelangt. Ein Telefonat am 03.02.2021 mit dem AMS, wo Frau XXXX angeblich bestätigt habe, dass der Antrag eingelangt sei, sei nicht glaubwürdig. Ein triftiger Grund für eine Fristversäumnis liege nicht vor. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen könne der Anspruch daher erst ab 03.03.2021 beurteilt werden.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde der bP am 02.04.2021 zugestellt.

Am 14.04.2021 langte fristgerecht der Vorlageantrag der bP bei der belangten Behörde ein. Die bP brachte ergänzend zur Beschwerde vor, dass er nochmal ausdrücklich mitteile, dass er am 28.1.2021 den Antrag auf Notstandshilfe an das AMS per Mail geschickt habe. In diesem Mail sei nicht nur die Arbeitslosmeldung dabei gewesen, sondern auch der Antrag auf Notstandshilfe. Als Beweis schicke er den Ausdruck seines Mails vom 28.1.2021 mit.

Am 29.04.2021 erfolgte die Beschwerdevorlage an das BVwG.

2.0.    Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang sowie die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und darauf basierend schlüssig dargestellt, weshalb die Behörde im konkreten Fall aufgrund der vorgelegten Unterlagen den Antrag auf Notstandshilfe erst am 03.03.2021 als eingebracht anerkennt und folglich auch das Vorliegen der Voraussetzungen erst ab diesem Datum geprüft hat; das erkennende Gericht schließt sich diesen Ausführungen an und werden gegenständliche Ausführungen lediglich als Ergänzung und Konkretisierung zur Beweiswürdigung der Behörde aufgezeigt.

Der bP wurde gegenständlich aufgrund des Auslaufens seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld von der belangten Behörde am 21.01.2021 ein Antragsformular für Notstandshilfe übermittelt. Die Rückgabefrist war darauf mit 04.02.2021 vermerkt. Am 28.01.2021 und am 11.02.2021 fanden Telefonate zwischen der bP und dem AMS statt. Der Gesprächsnachweis der Telefonate bzw. der Auszug des AMS-Datensystems liegt im Akt auf. Bei diesen beiden Telefonaten wurde die bP ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Leistung aus dem Titel der Notstandshilfe noch nicht bei der Behörde eingelangt ist; ferner ist die bP von der Behörde am Telefon aufgefordert worden den Antrag so schnell wie möglich zu übermitteln. Erst aufgrund eines weiteren Telefonats am 01.03.2021 langte eine E-Mail bei der Behörde ein, welche im Anhang lediglich nur die erste Seite eines ausgefüllten Formulars für die Arbeitslosenmeldung enthielt. Am 03.03.2021 langte sodann auch das am 21.01.2021 ausgegebene Antragsformular für den Bezug der Notstandshilfe bei der Behörde ein.

Im AlVG gilt grundsätzlich das Antragsprinzip. Unterbleibt eine rechtzeitige Antragstellung, liegt das regelmäßig in der Risikosphäre der antragstellenden Person.

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in ständiger Rechtsprechung fest, dass Anträge nur dann als eingebracht gelten, wenn sie der Behörde auch tatsächlich zugekommen sind (VwSlg 17.177 A/2007; VwGH 25. 8. 2010, 2008/03/0077).

Der Antragsteller hat sich daher nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu vergewissern, ob die Übermittlung erfolgreich durchgeführt worden ist, dh der Antrag auch tatsächlich bei der Behörde eingelangt ist (VwSlg 17.177 A/2007; VwGH 25. 8. 2010, 2008/03/0077). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch hinsichtlich des Versandes von E-Mail Nachrichten klargestellt, dass sich der Absender zu vergewissern hat, dass die Daten in einer zur vollständigen Wiedergabe geeigneten Form eingelangt sind.

Die bP trifft folglich sowohl die Beweispflicht für die Behauptung, dass er den Antrag bereits am 28.01.2021 an die belangte Behörde übermittelt hat, als auch hinsichtlich des Umstandes, dass der Antrag bei der belangten Behörde eingelangt ist.

Bei der belangten Behörde ist erstmals am 01.03.2021 eine E-Mail Nachricht eingelangt, welche jedoch im Anhang nur die erste Seite eines Formulars zur Arbeitslosenmeldung enthielt. Das Einlagen des Antrags auf Notstandshilfe wurde erst mit 03.03.2021 festgestellt. Im Vorlageantrag wurde ausgeführt, dass die bP sowohl die Arbeitslosenmeldung als auch den ausgefüllten Antrag auf Notstandshilfe am 28.01.2021 der Behörde übermittelt habe.

Als Beweis legte er Screenshots des Antrags auf Notstandshilfe aus der Bilddatei seines Handys vor, welche mit dem 28.01.2021 datiert sind sowie einen Screenshot von einer E-Mail-Übersicht auf dessen (gesamter!) Seite auch grundsätzlich das Datum 28.01.2021 und das AMS XXXX namentlich an irgendeiner Stelle aufscheint.

Zu diesen vorgelegten Unterlagen ist jedoch auszuführen, dass diese Screenshots weder einen Beweis liefern, dass der Antrag, welcher in der Bilddatei vermutlich am 28.01.2021 gespeichert wurde, auch tatsächlich an die belangte Behörde übermittelt wurde, noch, dass am 28.01.2021 überhaupt ein E-Mail an die Behörde versendet wurde.

Ferner ist in der E-Mail-Übersicht bei jener Nachricht bei welcher in derselben Zeile das Datum 28.01.2021 aufscheint auch nicht das AMS- XXXX als Empfänger angegeben und fällt auf, dass bei einer weiteren Nachricht in der Übersicht von März ein Empfänger angegeben ist („to AMS- XXXX “). Da bei jener Nachricht bei welcher in derselben Zeile das Datum 28.01.2021 aufscheint kein Empfänger angegeben ist, bildet dies geradezu den Beweis, dass am betreffenden Datum eben keine E-Mail-Nachricht an die belangte Behörde übermittelt wurde.

Auch ist noch anzumerken, dass das Blatt mit der E-Mail-Übersicht ein solches Erscheinungsbild aufweist, dass Manipulationen seitens des BVwG nicht ausgeschlossen werden.

Die vorgelegten Unterlagen bilden folglich keinen Beweis, dass der Antrag bereits am 28.01.2021 an die Behörde übermittelt wurde. Ferner ist nochmals auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hinzuweisen, wonach sich der Absender zu versichern hat, dass der Antrag bei der Behörde eingelangt ist; was die bP ebenfalls nicht gemacht hat.

Aufgrund der Judikatur und der gesetzlichen Bestimmungen gilt der Antrag auf Notstandshilfe erst mit 03.03.2021 als eingebracht, weshalb der Anspruch gemäß dem Antragsprinzip erst ab diesem Zeitpunkt gebührt.

Die bP hat keine gesetzlich anerkannten Gründe für die verspätete Antragstellung vorgebracht, weshalb eine rückwirkende Zuerkennung der Notstandshilfe nicht möglich ist und die Notstandshilfe gemäß den §§ 17, 46 erst ab der Antragstellung gebührt.

3.0.    Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen im Allgemeinen:

- Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 idgF

- Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

3.2. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen im Speziellen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

3.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu Spruchteil A):

3.4. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten:

§ 33. AlVG (1) Arbeitslosen, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld erschöpft haben, kann auf Antrag Notstandshilfe gewährt werden.

(2) Notstandshilfe ist nur zu gewähren, wenn der (die) Arbeitslose der Vermittlung zur Verfügung steht (§ 7 Abs. 2 und 3) und sich in Notlage befindet.

(3) Notlage liegt vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.

(4) Notstandshilfe kann nur gewährt werden, wenn sich der Arbeitslose innerhalb von fünf Jahren nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld um die Notstandshilfe bewirbt. Die vorstehende Frist verlängert sich darüber hinaus um Zeiträume gemäß § 15 und gemäß § 81 Abs. 10.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 103/2001)

§ 38. AlVG Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.

§ 17.AlVG (1) Sind sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt und ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Anspruch gilt rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit

1. wenn diese ab einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag besteht und die Geltendmachung am ersten darauf folgenden Werktag erfolgt oder

2. wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gemäß § 46 Abs. 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen 10 Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das Arbeitsmarktservice nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat.

(2) Die Frist zur Geltendmachung verlängert sich um Zeiträume, während denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 16 Abs. 1 ruht, ausgenommen bei Auslandsaufenthalt gemäß lit. g. Ruht der Anspruch oder ist der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen, so gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Wiedermeldung oder neuerlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs. 5.

(3) Die Arbeitslosmeldung hat zumindest den Namen, die Sozialversicherungsnummer, die Anschrift, den erlernten Beruf, die zuletzt ausgeübte Beschäftigung und den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie die Angabe, auf welchem Weg eine rasche Kontaktaufnahme durch das Arbeitsmarktservice möglich ist (e-mail-Adresse, Faxnummer, Telefonnummer) zu enthalten. Für die Arbeitslosmeldung ist das bundeseinheitliche Meldeformular zu verwenden. Die Meldung gilt erst dann als erstattet, wenn das ausgefüllte Meldeformular bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt ist. Ist die Meldung aus Gründen, die nicht in der Verantwortung der Meldung erstattenden Person liegen, unvollständig, verspätet oder gar nicht eingelangt, so gilt die Meldung mit dem Zeitpunkt der nachweislichen Abgabe (Absendung) der Meldung als erstattet. Das Einlangen der Meldung ist zu bestätigen.

(4) Ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf einen Fehler der Behörde, der Amtshaftungsfolgen auslösen kann, wie zum Beispiel eine mangelnde oder unrichtige Auskunft, zurück zu führen, so kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten in einem Amtshaftungsverfahren zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt, ab dem die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen, ermächtigen.

§ 46. AlVG (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind. …

3.5. § 17 AlVG regelt den Beginn des Bezuges einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Dieser wird nur auf Antrag des Versicherten gewährt. Es gilt das Antragsprinzip, das bedeutet, dass der Leistungsanspruch nicht schon mit Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen besteht, sondern erst mit der persönlichen Geltendmachung bei der regionalen Geschäftsstelle und dem entsprechenden Antragsverfahren (vgl. Krapf/Keul Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz § 17 AlVG, Rz 408). Unter Geltendmachung ist idR die Abgabe des bundeseinheitlich geltenden Antragsformulars im Rahmen einer persönlichen Vorsprache zu verstehen. Hierbei handelt es sich um eine formelle Voraussetzung für die Gewährung des Bezuges von Arbeitslosengeld. Das streng formalisierte Verfahren zur Antragstellung nach § 46 AlVG soll für Klarheit sorgen und erfordert daher auch ein klares Vorgehen durch das AMS (VwGH 28.06.2006, 2005/08/0201).

3.6. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine rückwirkende Zuerkennung der Notstandshilfe nicht vor.

Die bP behauptete gegenständlich den Antrag auf Notstandshilfe bereits am 28.01.2021 an die Behörde übermittelt zu haben, während die Behörde feststellte, dass der Antrag auf Notstandshilfe erst am 03.03.2021 bei der Behörde eingelangt ist.

Im AlVG gilt grundsätzlich das Antragsprinzip. Unterbleibt eine rechtzeitige Antragstellung, liegt das regelmäßig in der Risikosphäre der antragstellenden Person.

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in ständiger Rechtsprechung fest, dass Anträge nur dann als eingebracht gelten, wenn sie der Behörde auch tatsächlich zugekommen sind (VwSlg 17.177 A/2007; VwGH 25. 8. 2010, 2008/03/0077).

Aufgrund der Rechtlage trägt folglich der Antragsteller die Beweislast, dass er einen Antrag eingebracht hat und hat er sich nach stRsp des VwGH bei der Übermittlung durch E-Mail zu vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt worden ist (siehe auch VwGH 24. 8. 1995, 94/04/0013; 17. 9. 1996, 96/14/0042; 15. 1. 1998, 97/07/0179), dh die Daten in einer zur vollständigen Wiedergabe geeigneten Form eingelangt sind.

Ein Einlangen des Antrags wurde von der belangten Behörde erst am 03.03.2021 festgestellt. Die Beweislast, dass diese Feststellung nicht zutrifft, trägt aufgrund der eben angeführten gesetzlichen Bestimmungen und der Judikatur des VwGH der Antragsteller.

Aus den in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegten Gründen, sind die vorgelegten Unterlagen weder geeignet um zu beweisen, dass der Antrag bereits am 28.01.2021 an die belangte Behörde übermittelt wurde, noch, dass der Antrag auch tatsächlich bei der belangten Behörde eingelangt ist.

Da der Gegenbeweis durch die bP nicht erbracht wurde, gilt der Antrag somit erst am 03.03.2021 als eingebracht.

Da die bP auch keine gesetzlich anerkannten Gründe für die verspätete Antragstellung vorgebracht hat, ist eine rückwirkende Zuerkennung der Notstandshilfe nicht möglich und gebührt die Notstandshilfe gemäß §§ 17, 46 daher erst ab der Antragstellung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.7. Absehen von der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 [GRC] entgegenstehen.

Der Sachverhalt steht aus Sicht des erkennenden Gerichtes fest und ist eine weitere Klärung des Sachverhaltes nicht zu erwarten, weswegen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung abgesehen werden konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Das BVwG stützt sich im Anlassfall auf die ständige und einheitliche Rechtsprechung des VwGH zu § 17 und § 46 AlVG, betreffend das Antragsprinzip im AlVG.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Antragsprinzip Beweislast Fristablauf Geltendmachung Notstandshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L517.2241997.1.00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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