Entscheidungsdatum
09.07.2021Norm
BBG §40Spruch
G303 2227327-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, mit Schreiben vom 21.11.2019 ausgestellten Behindertenpass mit Bescheidcharakter, OB: XXXX , wegen dem ausgewiesenen Grad der Behinderung von 60 (sechzig) von Hundert, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 06.08.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ein. Dem Antrag war ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurden ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
2.1. Im eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 08.11.2019, wurde basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF am 06.11.2019 gutachterlich festgehalten, dass der Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H. betrage.
3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 20.11.2019 wurde dem BF das Ergebnis des medizinischen Beweisverfahrens mitgeteilt. Danach betrage der Grad der Behinderung 60%. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Der Inhaber des Passes ist Träger einer Orthese“, würden vorliegen. Der Behindertenpass werde unbefristet ausgestellt.
4. Mit weiterem Schreiben der belangten Behörde vom 21.11.2019 wurde dem BF der Behindertenpass im Scheckkartenformat übermittelt.
5. Gegen diesen Behindertenpass mit Bescheidcharakter vom 21.11.2019 erhob der BF mit Schreiben vom 13.12.2019 fristgerecht Beschwerde bei der belangten Behörde.
Begründend führte der BF zusammengefasst aus, dass er mit der Einstufung des rechten Unterarmes nicht einverstanden sei. Die ganzen Untersuchungen und Therapien diesbezüglich hätten beim BF zu keiner Verbesserung des Zustandes geführt. Der BF habe seit 2015 am rechten Unterarm zwei Mal Rotlauf (Erysipel) gehabt, wodurch eine Tachykardie ausgelöst worden sei, die in Klagenfurt in der kardiologischen Abteilung behandelt worden sei. Da das Risiko eines erneuten Ausbruches von Rotlauf sehr groß sei, müsse der BF ein Notfallpaket mitführen. Auch sei das Risiko einer weiteren Tachykardie sehr groß. Der BF trage deshalb keinen Strumpf, um seinen Arm auf Unregelmäßigkeiten kontrollieren zu können. Des Weiteren habe der BF Rücken- und Hüftbeschwerden, die sich insbesondere beim Autofahren bemerkbar machen würden. Auch könne der BF keine 10 Minuten stehen, da er ein unangenehmes Ziehen und Stechen im Rücken und in der Hüfte spüre. Aufgrund der Herzerkrankung, die sein Leben um ein Vielfaches zum Negativen verändert habe, trage der BF bei pulssteigenden Tätigkeiten einen Pulsmesser um den Puls ständig zu kontrollieren. Der BF könne Hobbies wie Laufen, Wandern oder Radfahren aufgrund des Risikos einer Tachykardie nicht mehr ausüben. An heißen Tagen sei dieses Risiko noch höher, wodurch es bereits beim Stiegensteigen zum unkontrollierten Ansteigen des Pulses komme. Der BF ersuche um neuerliche Prüfung der Einstufung.
6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde vorgelegt und langten diese am 10.01.2020 ein.
7. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichts ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
Im medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Traumatologie, vom 15.03.2021, werden, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF am selben Tag, folgende Gesundheitsschädigungen angeführt:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Herzmuskelerkrankung fortgeschrittener Ausprägung
Unterer Rahmenwert bei arrhythmogener rechtsventrikulärer Dysplasie, ventrikulärer Tachykardie und rechtsventrikulärer Kardiomyopathie, Zustand nach mehrfacher Ablation, Zustand nach Implantation eines ICD, vorhandene Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit
05.02.02
50
2
Chronisches Lymphödem des rechten Armes, Zustand nach mehreren Erysipelen, vorhandene Umfangsdifferenz
Eine Stufe über dem unteren Rahmenwert bei ausgeprägter Schwellneigung ohne wesentliche Beeinträchtigung der Beweglichkeit des Ellbogengelenkes
05.08.01
20
3
Chronische Schmerzen der Wirbelsäule
Unterer Rahmenwert bei radiologischen Veränderungen,
keine Dauerschmerzmedikation
02.01.02
30
Gesamtgrad der Behinderung
60 v.H.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass die Gesundheitsschädigung (GS) 1 führend sei, weil sie die Schwerwiegendste sei. Die GS 2 und GS 3 würden als unabhängige Krankheitsbilder ein relevantes Ausmaß erreichen, und die Mobilität und Belastbarkeit zusätzlich einschränken und deshalb um eine Stufe steigern.
Die Einschätzung aus dem Vorgutachten entspreche den Leiden des BF und sei konform mit der Einschätzungsverordnung. Die einzelnen Positionen und der Gesamtgrad der Behinderung würden unverändert bleiben.
8. Das Ergebnis des medizinischen Beweisverfahrens wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 21.04.2021 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
8.1. Eine Stellungnahme bzw. Äußerung wurde dazu nicht erstattet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung in Höhe von 60 von Hundert und hat einen Wohnsitz im Inland.
Er leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:
- Herzmuskelerkrankung mit fortgeschrittener Ausprägung (Grad der Behinderung: 50 %)
- Chronisches Lymphödem des rechten Armes, Zustand nach mehreren Erysipelen, vorhandene Umfangsdifferenz (Grad der Behinderung: 20 %)
- Chronische Schmerzen der Wirbelsäule (Grad der Behinderung: 30 %)
Der Gesamtgrad der Behinderung ergibt sich aus dem führenden Leiden (Herzmuskelerkrankung) und wird durch die weiteren festgestellten Erkrankungen (Lymphödem und Wirbelsäulenschmerzen) um insgesamt eine Stufe gesteigert.
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt somit 60 (sechzig) von Hundert.
2. Beweiswürdigung:
Der unter I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen zum Besitz des Behindertenpasses und den bisherigen Grad der Behinderung ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, der Beschwerde sowie nunmehr aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben des BF im verfahrenseinleitenden Antrag.
Der Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. wurde aufgrund des vom erkennenden Gericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Traumatologie, vom 15.03.2021, objektiviert.
Dieses Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurden bei der Begutachtung sämtliche in Vorlage gebrachte Befunde berücksichtigt und ein persönlicher Untersuchungsbefund erhoben. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen, deren Wechselwirkungen zueinander und ihre korrekte und nachvollziehbare Einschätzung entsprechend den Vorgaben in der Anlage zur Einschätzungsverordnung ergeben sich daraus.
Insgesamt konnte im Rahmen des Beschwerdeverfahrens keine Veränderung des Gesamtgrades der Behinderung festgestellt werden.
Der Inhalt des eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 15.03.2021 wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Es blieb dabei unbestritten.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keinerlei Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des medizinischen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX und wird dieses daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.
Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht entgegen.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 idgF, angehören.
Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen. Da gemäß § 45 Abs. 2 BBG dem ausgestellten Behindertenpass Bescheidcharakter zukommt, war gegenständlich dieser zu überprüfen.
Die Beschwerde richtet sich insbesondere gegen die Höhe des Grades der Behinderung, welche im ausgestellten Behindertenpass mit 60 von Hundert eingetragen wurde.
Dazu ist festzuhalten, dass in der vorliegenden Rechtssache gemäß § 41 Abs. 1 BBG unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen nach Beschwerdeerhebung der Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung nochmals eingeschätzt wurde. Danach wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 60 von Hundert objektiviert und festgestellt, da auch die Gesamteinschätzung unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen ist (vgl. VwGH 18.10.2000, Zl. 99/09/0097).
Das medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des erkennenden Gerichtes zu Grunde gelegt. Das zitierte Gutachten erfüllt sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen, insbesondere erfolgte die Bewertung der angegebenen Beschwerden und Krankheitszustände hinsichtlich des Grades der Behinderung korrekt und nachvollziehbar.
Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Umstände hervorgekommen, die eine Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit dem ausgestellten Behindertenpass anzeigen.
Die vorliegende Beschwerde war somit spruchgemäß abzuweisen.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:G303.2227327.1.00Im RIS seit
28.10.2021Zuletzt aktualisiert am
28.10.2021