TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/12 W171 2243490-2

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Veröffentlicht am 12.07.2021
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Entscheidungsdatum

12.07.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch


W171 2243490-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX über die weitere Anhaltung des XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, alias Libyen in Schubhaft zu Recht:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der BF reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab aus Libyen zu stammen und libyscher Staatsangehöriger zu sein. Gegen den BF wurde durch das Bundesamt, nach Einholung eines Sprachgutachtens, mit Bescheid vom 05.06.2019 der Antrag negativ beschieden und unter anderem eine Rückkehrentscheidung für den Herkunftsstaat Algerien sowie ein befristetes Einreiseverbot in Ausmaß von drei Jahren erlassen. Diese Entscheidung erwuchs erstinstanzlich in Rechtskraft.

Seit 15.11.2019 verfügt der BF im Bundesgebiet über keine aufrechte Meldeadresse und war für die Behörde nicht erreichbar.

Der BF wurde in Österreich dreimal strafrechtlich verurteilt.

Am 11.03.2021 versuchte der BF, sich mit einem gefälschten bulgarischen Personaldokument bei einem Magistratsbeamten auszuweisen und behördlich zu melden. Im Zuge der Erhebungen wurde der BF festgenommen.

Mit Mandatsbescheid vom 11.03.2021 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Von 31.05.2021 - 08.06.2021 befand sich der BF im PAZ im Hungerstreik.

Am 15.06.2021 verhielt sich der BF in der Schubhaft unkooperativ und aggressiv. Es kam zu einer erheblichen Belastung von Mithäftlingen. Eine Disziplinierung des BF im PAZ erfolgte.

Gegen den Mandatsbescheid und die Anhaltung in Schubhaft erhob die Rechtsvertretung des BF mit Schriftsatz vom 16.06.2021 Beschwerde. Sie beantragte, den Bescheid zu beheben, die bisherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung nicht vorlägen.

Die Behörde legte die Akten vor, gab eine Stellungnahme im Rahmen des Akteninhalts ab und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Dabei wurde näher ausgeführt, der BF sei nach der negativen Entscheidung seines Asylverfahrens untergetaucht und somit für die ha. Behörde nicht mehr greifbar gewesen. Ein weiterer Bescheid mit dem über ihn eine Wohnsitzauflage angeordnet werden sollte, habe aufgrund seines Untertauchens nicht zugestellt werden können. Stattdessen sei der BF laut eigenen Angaben innerhalb Europas weitergereist und habe sich einen gefälschten bulgarischen Personalausweis besorgt, mit dem er versucht habe über seinen widerrechtlichen Aufenthalt im Bundesgebiet zu täuschen. Er selbst habe bei der Einvernahme keine tatsächliche Adresse nennen können an welcher er wohnhaft gewesen sei. Außerdem sei entgegen zu halten, dass der BF über ein Jahr unbekannten Aufenthaltes gewesen und nicht anzunehmen sei, dass er einer täglichen Meldeverpflichtung nachkommen würde. Ebenso habe der BF versucht, sich durch einen Hungerstreik aus der Schubhaft freizupressen und habe er auch während seiner Anhaltung aufgrund seines unkooperativen Verhaltens diszipliniert werden müssen. Begehrt werde der Ersatz für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand.

Am 17.06.2021 wurde die HRZ Abteilung des Bundesamts vom BVwG mittels schriftlichen Parteiengehör zur Stellungnahme betreffend dem Verfahren zur Außerlandesbringung aufgefordert. Diesem wurde mit 18.06.2021 entsprochen.

Mit Schriftsatz vom 18.06.2021 wurde dem BF sowohl die Stellungnahme der HRZ Abteilung, als auch die Stellungnahme der zuständigen Regionaldirektion zum Parteiengehör zugestellt und eine Frist zur Stellungnahme bis 21.06.2021 gewährt.

Mit Schriftsatz vom 18.06.2021 brachte der BF sinngemäß vor, dass auch die belangte Behörde zum Schluss komme, dass aktuell keine Flugverbindungen zwischen Wien und Algier verfügbar seien. Das Bundesamt benütze betreffend die Identifizierungsmöglichkeit des BF lediglich vage Begriffe. Des Weiteren stelle eine Verurteilung wegen eines Urkundedelikts keinen Fluchtgrund dar und auch könne dies keine Verhängung der Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Z 1 begründen. Abermals wurde auf die Wohnmöglichkeit des BF Bezug genommen, sowie dass der namhaft gemachte Freund auch für seinen Unterhalt bis zu seiner Abschiebung sorgen könne.

Am 21.06.2021 langten die medizinischen Unterlagen des PAZ betreffend dem BF samt amtsärztlichen Befund vom 21.06.2021.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 22.06.2021 sprach das Gericht aus, dass die (autonome) Beschwerde des BF als unbegründet abgewiesen werde und die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlagen.

Am 03.07.2021 legte das BFA erstmals den Verfahrensakt dem BVwG zur Entscheidung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG hinsichtlich der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer über die gesetzliche Dauer von vier Monaten dauernden Schubhaftfortführung vor. Mit gleichzeitig überreichter Stellungnahme wurde näher ausgeführt, dass im vorliegenden Fall weiterhin die im Bescheid vom 11.03.2021 angeführten Gründe für die Annahme von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit und die Notwendigkeit der Schubhaft vorlägen und weiterhin Haftfähigkeit des BF bestehe. Mit Erkenntnis des BVwG vom 22.06.2021 sei die zuvor eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt worden, dass die zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

Betreffend des Verfahrensganges und des aktuellen Stands zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde auf beiliegende Unterlagen verwiesen:

?        AV betreffend die 4. Schubhaftprüfung durch das BFA vom 28.06.2021

?        Erkenntnis des BVwG über die Schubhaftbeschwerde vom 22.06.2021

?        Stellungnahme der XXXX und der Fachabteilung, zuständig für die Erlangung von HRZ

?        Stellungnahme des BFA zur Schubhaftbeschwerde

Das Bundesverwaltungsgericht wurde um Feststellung ersucht, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Mit Schreiben des Gerichts vom 06.07.2021 wurde dem BF das Vorlageschreiben des BFA vom 07.04.2021 sowie der AV zur weiteren Anhaltung zur allfälligen Stellungnahme binnen kurzer Frist übermittelt. Eine Stellungnahme des BF hiezu erfolgte jedoch nicht.

Nach gerichtlicher Anfrage vom 06.07.2021 an die Abteilung „Heimreisezertifikate“ im BMI wurde mitgeteilt, dass sich seit der letzten Information vom 18.06.2021 der Stand der Dinge nicht verändert habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Allgemein:

1.1. Der Beschwerdeführer ist algerischer Staatsangehöriger und befindet sich seit 11.03.2021 in Schubhaft. Die gesetzliche Viermonatsfrist läuft am 11.07.2021 ab. Eine gerichtliche Entscheidung über die Weiterführung der Schubhaft hat bis zum 12.07.2021 zu ergehen.

1.2. Der gegenständliche Schubhaftbescheid ist zuvor bereits in Beschwerde gezogen worden. Mit Erkenntnis des BVwG vom 22.06.2021 wurde die Beschwerde abgewiesen und eine Fortsetzung der Schubhaft für rechtmäßig erklärt. Eine Änderung der Umstände seit der letzten gerichtlichen Entscheidung hat sich im Verfahren nicht ergeben.

1.3. Ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer liegt aktuell noch nicht vor.

1.4. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

Gesundheitszustand:

2.1. Der BF leidet an keinen unverhältnismäßigen, die Schubhaft unzulässig machenden gesundheitlichen Beschwerden und ist haftfähig.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

3.1. Das Bundesamt hat bereits nach Abschluss des Asylverfahrens ein HRZ Verfahren mit Algerien am 09.08.2019 gestartet. Nach dem Untertauchen des BF wurde das HRZ bis zu seinem Aufgriff im März 2021 regelmäßig urgiert. Seit März 2021 wird die HRZ Ausstellung priorisiert, die letzte Urgenz erfolgte am 17.06.2021. Ein Interview mit der Algerischen Botschaft ist geplant. Aufgrund des Lockdowns in Wien und einigen Corona - Fällen in der Algerischen Botschaft konnten bis Juni 2021 keine Interviewtermine organisiert werden. Unlängst fand ein höherrangiges Gespräch zwischen dem BMI und der Algerischen Botschaft statt. Erfahrungsgemäß ist davon auszugehen, dass nach höherrangigen Gesprächen zeitnah wieder Interviewtermine stattfinden werden.

Aufgrund der weltweiten Pandemie und der Einstellung der Flugverbindungen zwischen Wien und Algier, erfolgte die letzte Abschiebung nach Algier im März 2020. Die Wiederaufnahme der Flugverbindungen von Air Algier nach Frankreich und mit anderen Mitgliedstaaten ist bereits erfolgt. Laut der Angabe von Air Algier, dass auch an der Wiederaufnahme der Flugverbindungen von Wien nach Algier mit Hochdruck gearbeitet wird ist es realistisch, dass im Laufe des Juli 2021 die direkte Flugverbindung zwischen Wien und Algier wiederaufgenommen werden kann.

Das Bundesamt hat angemessene Bemühungen für die HRZ Ausstellung gesetzt. Ein Heimreisezertifikat für den BF liegt noch nicht vor. Eine Abschiebung des BF ist zeitnah, nach Identifizierung des BF durch die Algerische Botschaft – jedenfalls innerhalb der höchstmöglich Anhaltedauer – möglich.

Sozialer/familiärer Aspekt:

4.1. Der BF verfügt über keinerlei familiäre Kontakte, jedoch über freundschaftliche Beziehungen in Österreich, geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, könnte jedoch bei einem Freund Unterkunft nehmen.

Öffentliche Interessen:

5.1. Der BF ist illegal ins Land gekommen, ist nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens untergetaucht und hat seinen illegalen Aufenthalt dadurch erfolgreich prolongiert. Darüber hinaus ist er höchst mobil gewesen und nach eigenen Angaben in Europa herumgereist. Er konnte bisher nicht in seinen nunmehr feststehenden Herkunftsstaat zurückgebracht werden.

5.2. Der BF wurde im Bundesgebiet dreimal strafrechtlich verurteilt:

01) Am 14.06.2017 RK 19.06.2017 wegen § 27 (1) Z 1 8. Fall u (2a) 2. Fall SMG Datum der (letzten) Tat 09.06.2017 zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bedingt, Probezeit 3 Jahre.

02) Am 08.11.2017 RK 13.11.2017 wegen § 15 StGB § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagsätzen zu je 5,00 EUR (150,00 EUR) im NEF 15 Tage.

03) Am 20.04.2021 RK 24.04.2021 wegen §§ 223 (2), 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten auf eine Probezeit von 3 Jahren. Dieser Verurteilung wurde folgende erwiesene Tatsache zu Grunde gelegt: der BF hat am 11.03.2021 einen totalgefälschten bulgarischen Personalausweis, somit eine ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache und eines Rechtes, nämlich seiner Identität und seines legalen Aufenthalts im Bundesgebiet, gebraucht, indem er den falschen Ausweis beim Magistratischen Bezirksamt vorwies.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.: Die Angaben über den Verfahrensgang und die hiezu ergangenen Feststellungen beziehen sich auf die Angaben im vorliegenden Akt. Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit des BF ergibt sich aus dem seinerzeitigen Asylverfahren aufgrund des damals eingeholten Sprachgutachtens. Unter Heranziehung der Bestimmungen zur Fristenberechnung gemäß § 32 AVG ergibt sich, dass der Ablauf der Viermonatsfrist auf den 11.07.2021 fällt. Die gerichtliche Entscheidungsfrist endet somit einen Tag danach.

Zu. 1.2.: Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der seinerzeitige Schubhaftbescheid bereits in Beschwerde gezogen und der Sicherungsbedarf dabei überprüft wurde. Ebenso konnte aufgrund der Aktenlage festgestellt werden, dass sich die wesentlichen Umstände im Rahmen der Schubhaft seit der letzten gerichtlichen Prüfung nicht verändert haben. Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind daher unverändert gegeben.

Zu 1.3.: Ebenso aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass noch kein Heimreisezertifikat vorliegt. Es sind keine Gründe hervorgekommen, die die Annahme begründen würden, dass für den BF kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden könnte. Das Gericht schließt sich diesbezüglich der behördlichen Einschätzung an, dass aus derzeitiger Sicht von einer Besserung der pandemischen Situation auszugehen ist und ein Erhalt eines Heimreisezertifikates in den kommenden Wochen vertretbar angenommen werden kann. Auch ist davon auszugehen, dass es in diesem Zusammenhang bis zum Vorliegen eines Heimreisezertifikates ebenso zur Wiederaufnahme einer direkten Flugverbindung nach Algier kommen wird, da von einer Stabilisierung der pandemischen Situation auszugehen ist.

Zu 1.4.: Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die durchsetzbare Rückkehrentscheidung, welche seinerzeit die rechtliche Grundlage für die Erlassung des Schubhaftbescheides darstellte, nach wie vor Durchsetzbarkeit hat.

Zu 2.1.: Aus dem Akt ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt für eine Erkrankung des BF. Aus der Anhaltedatei sind keine wesentlichen Beschwerden und ärztlichen Behandlungen ersichtlich. Das Gericht geht daher in weiterer Folge davon aus, dass für eine Haftunfähigkeit oder eine Unverhältnismäßigkeit der Haft aufgrund gesundheitlicher Aspekte keine Anhaltspunkte gegeben sind.
Zu 3.1.: Die Feststellungen zum laufenden HRZ Verfahren ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und insbesondere aus der ausführlichen Anfragebeantwortung der HRZ Abteilung vom 18.06.2021 (OZ 14) die dem BF bereits im vorangegangenen Verfahren zum schriftlichen Parteiengehör übermittelt wurde. Aufgrund der umfassenden und glaubhaften Anfragebeantwortung durch die zuständige Referatsleiterin für HRZ des Bundesamts ergibt sich für das Gericht, dass dem Bundesamt keine Verzögerung im HRZ Verfahren zuzurechnen ist und dass, aufgrund des erst kürzlich stattgefundenen Gesprächs zwischen dem BMI und der algerischen Botschaft – gemessen an den bisherigen Erfahrungswerten - in Kürze wieder mit Interviewterminen gerechnet werden kann. Ebenso ist es glaubhaft, dass eine Wiederaufnahme des direkten Flugverkehrs zwischen Algier und Wien im Sommer 2021 als realistisch angesehen wird.

Zu 4.1.: Die Feststellungen zu 4.1. ergeben sich im Wesentlichen aus den bisherigen, unwidersprochen gebliebenen Feststellungen im Asylbescheid, im Schubhaftbescheid und im Schubhaftbeschwerdeerkenntnis vom 22.06.2021. Zeitnah an die vorliegende Entscheidung wurde vom BVwG festgehalten, dass der BF in Österreich keine nahen Verwandten (Kernfamilie) hat, jedoch freundschaftliche Beziehungen im Inland führt. Weder das Asylverfahren, noch das vorangegangene Schubhaftverfahren haben jedoch Anhaltspunkte dafür ans Tageslicht gebracht, dass der BF im Inland tatsächlich über derartige soziale Anknüpfungspunkte verfügen würde, die ihn von einem neuerlichen Untertauchen in die Anonymität, bzw. von einer Weiterreise in ein anderes Land abhalten könnten. Eine Wohnmöglichkeit konnte der BF im Rahmen des letzten Beschwerdeverfahrens glaubwürdig geltend machen. Aber selbst die Wohnmöglichkeit bei einem Freund kann dennoch das Bestehen eines Sicherungsbedarfes nicht neutralisieren, da der BF dort in der Vergangenheit nicht gemeldet war und er dennoch über längere Zeit untergetaucht ist.

Zu 5.1.: Die der Schubhaft zugrundeliegende Rückkehrentscheidung ist weiterhin durchsetzbar. Der BF befindet sich illegal in Österreich. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Akt, dass sich der BF in keiner Weise kooperativ oder aber rückkehrwillig gezeigt hat. Im Sinne der Bestrebung der Republik Österreich ein geordnetes Fremden- und Asylwesen zu haben, kommt daher dem öffentlichen Interesse im konkreten Fall ein merkbar höherer Stellenwert als den persönlichen Interessen des BF auf Freiheit zu. Zur Vermeidung einer neuerlichen Weiterreise innerhalb Europas sieht daher das Gericht das öffentliche Interesse an einer gesicherten Außerlandesbringung des BF weiterhin als unverändert hoch an und ist die Fortsetzung der Schubhaft daher auch weiterhin verhältnismäßig.

Die Feststellung zu 5.2. begründet sich auf die Angaben im Strafregister.

2.1. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.
Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die durch die schriftliche Parteiengehöre geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.1.2. Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe.“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008)

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene Viermonatsfrist hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse zeigt sich, dass lediglich freundschaftliche Beziehungen im Inland gegeben sind. Darüber hinaus hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass der BF nicht selbsterhaltungsfähig sowie mehrfach straffällig geworden ist. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass berücksichtigungswürdige starke soziale Bindungen in Österreich bisher nicht entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass der BF aufgrund seiner gesundheitlichen Situation durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt ist, zumal er auch diesbezüglich bei Bedarf einer medizinischen Kontrolle unterzogen wird bzw. eine adäquate Behandlung allfälliger Beschwerden sichergestellt ist.

Aufgrund der dem Gericht vorliegenden Informationen aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und den gerichtlichen Feststellungen im Vorverfahren, lässt sich aus derzeitiger Sicht erkennen, dass von deren Seite eine zügige Erlangung eines Heimreisezertifikates und eine anschließende zeitnahe Außerlandesbringung betrieben wird.

Für den BF wurde rechtzeitig ein Heimreisezertifikat beantragt. Die Behörde durfte bei Beantragung eines Heimreisezertifikates von einer realistischen Möglichkeit der Ausstellung eines Zertifikates ausgehen. Die Ausstellung eins HRZ in naher Zukunft ist, wie beweiswürdigend ausgeführt, nach einer Vorführung vor die Algerische Botschaft realistisch möglich. Aufgrund der hochrangigen Gespräche zwischen BMI und der Algerischen Botschaft ist ein Vorführtermin in naher Zukunft sehr wahrscheinlich. Wie sich den Ausführungen der behördlichen Stellungnahme entnehmen lässt, ist die Wiederaufnahme der Flugverbindung Wien – Algier in naher Zukunft wahrscheinlich. Die laufende Schubhaft ist daher auch aus diesem Gesichtspunkt weiter verhältnismäßig. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand – kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt - mit einigen Monaten einzustufen.

Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand durchaus möglich, und auch im Laufe der kommenden Monate trotz der coronabedingten Einschränkungen realistisch erscheint. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des BF durchzuführen sein. Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass eine Fortsetzung der Schubhaft durch Überschreitung der Viermonatsfrist des § 22a Abs. 4 BFA-VG weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch die Voraussetzungen für eine nunmehr über die Viermonatsfrist hinausgehende Schubhaft weiter vorliegen.

Im vorliegenden Fall konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte. Der Sachverhalt konnte aus den Akten (Behördenakt und gerichtliche Vorakte) abschließend ermittelt und beurteilt werden. Gründe für die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung liegen daher nicht vor. Das Gericht weicht nicht von der Beweiswürdigung der Behörde, bzw. des Gerichts im Rahmen der Vorentscheidung ab und hat sich bereits aus dem vorliegenden Akteninhalt klar ergeben, dass zur Klärung der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Schubhaft die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen ist.

Zu Spruchpunkt B. – Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt A. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft illegaler Aufenthalt öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W171.2243490.2.00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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