TE Bvwg Beschluss 2021/8/18 W282 2239897-7

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Veröffentlicht am 18.08.2021
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Entscheidungsdatum

18.08.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W282 2239897-7/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko, im amtswegig am 17.08.2021 eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft:

A)

Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist marokkanischer Staatsbürger, verfügt über kein Reisedokument und ist im Bundesgebiet mit verschiedenen Aliasidentitäten in Erscheinung getreten. Er ist nicht ausreisewillig und hat sich in der Vergangenheit seiner geplanten Abschiebung nach Marokko bereits mit Gewalt widersetzt. Es wurde bereits ein Heimreisezertifikat für den BF seitens der marokkanischen Botschaft ausgestellt, jedoch vereitelte er durch sein renitentes Verhalten seiner Abschiebung am 07.07.20201.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX .2020 wurde über den BF (erstmals) die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt und dem BF der Bescheid an diesem Tage übergeben. Mit jeweils mündlich verkündeten Erkenntnissen des BVwG wurde in den Verfahren 2239897-1 bis 2239897-6 jeweils (letztmalig am 27.07.2021) festgestellt, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung in Schubhaft vorliegen und die Anhaltung verhältnismäßig ist.

3. Der BF wird seit XXXX .2020 in Schubhaft angehalten, wobei diese durch den gescheiterten Abschiebeversuch vom 14.08.2021 bis 15.08.2021 unterbrochen wurde. Für den BF liegt bereits ein Heimreisezertifikat (HRZ) der marokkanischen Botschaft vor. Der BF sollte bereits am 07.07.2021 mit einem Linienflug nach Marrakesch abgeschoben werden. Der BF vereitelte seine Abschiebung durch Leistung körperlichen Widerstands, wodurch er nicht in das Flugzeug gebracht werden konnte. Der nächste Abschiebetermin wurde für den 14.08.2021 organisiert und ein Flug via Paris nach Marrakesch gebucht. Der BF wurde hierzu am 11.08.2021 in ein PAZ nach Wien überstellt. Am 14.08.2021 flog der BF mit Eskortbeamten via Paris nach Marrakesch. Bei der Einreise behauptete der BF aber plötzlich ggü. den marokkanischen Behörden mehrfach und nachhaltig kein Marokkaner zu sein. Trotz des vorliegenden laissez-passer der marokkanischen Botschaft in Wien musste der BF somit rückübernommen werden und flogen die Beamten samt dem BF am 15.08.2021 via Paris nach Österreich zurück. Der BF wurde am 15.08.2021 nach der Wiedereinreise nach Österreich festgenommen und in ein PAZ zurückgebracht. Mit neuerlichem Schubhaftbescheid des Bundesamtes vom XXXX .2021 wurde über den BF erneut die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Der BF wird seit XXXX .2021 wieder in Schubhaft angehalten.

4. Am XXXX .2021 legte das Bundesamt dem BVwG den ggst. Verwaltungsakt zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft nach weiteren vier Wochen gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

5. Mit Schreiben vom 18.08.2021 zog das Bundesamt die ggst. Aktenvorlage gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zurück und teilte mit, diese sei irrtümlich erfolgt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt des Bundesamtes und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie den in das Verfahren eingebrachten Akten de Vorverfahren des BVwG zu den Verfahrenszahlen 2239897-1 bis 2239897-6. Einsicht genommen wurde weiters in das Melderegister, in das Strafregister sowie in die Anhaltedatei des BMI.

Die Zurückziehung der Aktenvorlage basiert auf dem diesbezüglich unmissverständlichen Schreiben des Bundesamtes vom 18.08.2021 (OZ 7)

3. rechtliche Beurteilung

Zu A)

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakten rechtzeitig zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist und danach über weitere vier Wochen hinausgehen soll, vorzulegen. Die amtswegige Überprüfung durch das BVwG hätte daher im ggst. Fall spätestens mit 27.08.2021 ergehen müssen (vgl. VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0163, Rz. 11) . Gleichzeitig verbleibt dem BVwG ein Spielraum zur Entscheidung von einer Woche vor diesem Termin (VwGH 16.7.2020, Ra 2020/21/0099).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Die Entscheidung über die Verfahrenseinstellung war daher in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen (vgl. VwGH vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

§ 28 Abs. 1 VwGVG legt nicht fest, wann das Verfahren einzustellen ist, sodass insoweit auf die diese Frage regelnden Vorschriften abzustellen ist. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG gilt die Aktenvorlage des Bundesamtes an das BVwG als Einbringung einer (amtswegigen) Beschwerde für den in Schubhaft angehaltenen Beschwerdeführer. Eine derartige Aktenvorlage ist daher als Anbringen des Bundesamtes zu werten, dass aufgrund der Qualifikation in § 22a Abs. 4 BFA-VG als Beschwerde im Hinblick auf die weitere Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft zu sehen ist. Anbringen können gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

Im ggst. Verfahren hat das Bundesamt die ggst. Aktenvorlage gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG und somit das verfahrenseinleitende Anbringen mit Schreiben vom 18.08.2021 (OZ 7) unmissverständlich zurückgezogen. Dem BVwG ist – ungeachtet ob diese Zurückziehung im Hinblick auf die mögliche Zusammenrechnung der Schubhaftdauern iSd § 80 Abs. 4 FPG und die diesbzgl. Rsp. des VwGH (VwGH v. 11.05.2021, Ra 2021/21/0066 inbs. Rn. 30ff) inhaltlich korrekt ist – damit die Entscheidungsgrundlage im ggst. Fall entzogen, weshalb das ggst. Verfahren einzustellen ist.

Das ggst. Verfahren war daher gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss einzustellen.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Schubhaft Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W282.2239897.7.00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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