TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/31 W228 2245714-1

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Veröffentlicht am 31.08.2021
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Entscheidungsdatum

31.08.2021

Norm

AlVG §10
AlVG §38
AVG §6
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W228 2245714-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Kurt Schebesta sowie Philipp KUHLMANN als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , SV XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Austria Campus vom 01.08.2021 in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Austria Campus (im Folgenden: AMS) vom 01.08.2021 wurde der Vorlageantrag der XXXX , SV XXXX , (im Folgenden: Beschwerdeführer) datierend auf 20.09.2019 gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 10.09.2019, nach Zustellversuch am 16.09.2019, am 17.09.2019 hinterlegt wurde und die Rechtsmittelfrist somit bis 01.10.2019 lief. Innerhalb dieser Frist langte beim AMS generell und beim Arbeitsmarktservice Wien Austria Campus speziell kein Vorlageantrag ein.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben datierend auf 16.08.2021 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass sie die Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung rechtzeitig beim zuständigen Bundesverwaltungsgericht eingebracht habe.

Die Beschwerde wurde unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 24.08.2021 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Rechtsmittelbelehrung der AMS Beschwerdevorentscheidung vom 10.09.2019 lautete: „Sie können binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung bei der oben angeführten Regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird. Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und ein Begehren zu enthalten.“

Die Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 10.09.2019, wurde nach Zustellversuch am 16.09.2019, am 17.09.2019 hinterlegt und lief die Rechtsmittelfrist somit bis 01.10.2019.

Die BF hat einen Vorlageantrag, datierend auf 20.09.2019, gegen die Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 10.09.2019 beim BVwG direkt eingebracht. Dieser langte am 24.09.2019 ein. Dieser wurde als OZ 2 unter der Aktenzahl W260 2220832-1 protokolliert. Dem Inhalt des Schreibens ist der Betreff „Beschwerde gegen den Bescheid vom AMS Wien Dresdner Straße“ und die Sozialversicherungsnummer zu entnehmen. Es erfolgten inhaltliche Ausführungen, ohne Nennung des Beschwerdevorentscheidungsdatums.

Ab dem Einlangen des Vorlageantrags betrug die verbleibende Rechtsmittelfrist, den Tag des Einlangens mitgerechnet, 6 Arbeitstage.

Datierend auf 25.10.2019 erging an die BF ein Parteingehör (in der Folge: PG) des BVwG unter der Aktenzahl W260 2220832-1/5Z, welches abschriftlich an das AMS versandt wurde. Beilage zum Parteiengehör war der Vorlageantrag. Dieses PG wurde am 28.10.2019 an die Bundesgeschäftsstelle Treustraße 35-43, und somit nach Ende der Rechtsmittelfrist, elektronisch zugestellt.

Am 29.07.2021 erfolgte unter der Aktenzahl W260 2226079-1/3Z eine explizit benannte Weiterleitung des Vorlageantrags an das Arbeitsmarktservice Wien Austria Campus. Die elektronische Zustellung erfolgte am 29.07.2021 an das AMS Österreich, ebenso nach Ende der Rechtsmittelfrist.

Innerhalb der Rechtsmittelfrist zur Bekämpfung der Beschwerdevorentscheidung vom 10.09.2019 langte somit kein Vorlageantrag der BF beim AMS als zuständiger Behörde ein.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Rechtsmittelbelehrung der Beschwerdevorentscheidung vom 10.09.2019 ergibt sich aus demselbigen und ist unstrittig. Die Zustellung durch Hinterlegung ergibt sich aus dem Rückschein im Akt und wurde ebenfalls nicht bestritten.

Die direkte Einbringung des Vorlageantrags, datierend auf 20.09.2019, beim BVwG durch die BF ergibt sich aus ihren eigenen Angaben in Zusammenhang mit dem protokollierten Einlangen beim BVwG unter der Aktenzahl W260 2220832-1.

Die Anzahl der verbleibenden Arbeitstage innerhalb der Rechtsmittelfrist ergibt sich aufgrund der angeführten Kalenderdaten.

Die Übermittlung des Vorlageantrags an das AMS nach Ablauf der Rechtsmittelfrist ergibt sich aus den elektronischen Zustellprotokollen zu W260 2220832-1/5Z sowie W260 2226079-1/3Z. Somit ergibt sich auch die Feststellung als Schlussfolgerung, dass innerhalb der Rechtsmittelfrist zur Bekämpfung der Beschwerdevorentscheidung vom 10.09.2019 somit kein Vorlageantrag der BF beim AMS einlangte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS Wien Austria Campus.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Hinsichtlich der Weiterleitung des Anbringens an die zuständige Stelle auf Gefahr des Einschreiters ist auf die ständige Judikatur des VwGH zu diesem Thema zu verweisen. Demonstrativ wird hier der Rechtssatz 4 zur Entscheidung vom 12.11.2019, Ra 2019/16/0110, verwiesen: „Gemäß § 6 AVG hat die Behörde, bei welcher Anbringen einlangen, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen. Der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht die bei ihm einlangende Eingabe dem Verwaltungsgerichtshof nicht innerhalb der noch offenen Frist weitergeleitet oder die Antragstellerin an diesen verwiesen hat, könnte einen Wiedereinsetzungsgrund dann darstellen, wenn die Antragstellerin durch ein "krasses Fehlverhalten" der zur Weiterleitung verpflichteten Stelle an der Einhaltung der Frist gehindert worden wäre. Im vorliegenden Fall wäre dem Bundesverwaltungsgericht aber ein Zeitraum von rund einer Woche zur Verfügung gestanden, um die Eingabe innerhalb der offenen Mängelbehebungsfrist dem Verwaltungsgerichtshof weiterzuleiten oder die Antragstellerin an diesen zu verweisen. Schon angesichts des dem Gericht zuzugestehenden Zeitraums für eine geschäftsordnungsgemäße Behandlung der Eingabe kann jedenfalls nicht von einer "extremen Verzögerung" oder von einem "krassen Fehlverhalten" in diesem Sinn gesprochen werden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine Weiterleitung auch nach Ablauf der Mängelbehebungsfrist (hier zwei Wochen) nicht erfolgte (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0331). Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Frist zur Behebung der der Revision anhaftenden Mängel war daher abzuweisen. (Hier: Der verbesserte Schriftsatz langte beim Bundesverwaltungsgericht statt beim Verwaltungsgerichtshof ein.)“

Fallgegenständlich bedeutet dies, dass eine restliche Frist von 6 Arbeitstagen dem Bundesverwaltungsgericht für die Weiterleitung zur Verfügung stand. Da dies, angesichts des dem Gericht zuzugestehenden Zeitraums für eine geschäftsordnungsgemäße Behandlung der Eingabe, keine „extreme Verzögerung“ oder ein „krasses Fehlverhalten“ darstellt, würde auch eine allfällige Umdeutung der Beschwerde in einen Wiedereinsetzungsantrag nicht zum Erfolg führen. Daher hat das AMS korrekterweise den Vorlageantrag wegen Verspätung zurückgewiesen.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Entscheidung orientiert sich an der, in der rechtlichen Würdigung zu Spruchpunkt A) zitierten VwGH Entscheidung.

Schlagworte

Beschwerdevorentscheidung Rechtsmittelfrist Verspätung Vorlageantrag Weiterleitung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W228.2245714.1.00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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