Entscheidungsdatum
22.09.2021Norm
ASVG §351hSpruch
W270 2238043-1/14E
W270 2238045-1/14E
W270 2238047-1 /14E
W270 2238048-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Günther Grassl als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichterinnen und Laienrichter Dr.in Anna Bucsics, Mag.a Dr.in Sabine Vogler, ao. Univ.-Prof. Dr. Peter Placheta sowie Prof. Mag. Heinz Krammer als Beisitzer über die Beschwerden der XXXX , vertreten durch die Gillhofer & Plank Rechtsanwälte GesBR in 1010 Wien, Herrengasse 6-8/3/5, gegen die Bescheide des Dachverbands der Sozialversicherungsträger vom 20.11.2020, Zlen. XXXX , XXXX , XXXX sowie XXXX , betreffend Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex,
nach Verbindung dieser Rechtssachen gemäß § 17 VwGVG i.V.m. § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung,
zu Recht erkannt:
A)
I. Die Bescheide werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.
II. Ein Kostenersatz findet nicht statt.
B)
Die Revision gegen die Spruchpunkte A) I. und A) II. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Feststellungen:
1. Mit Eingaben vom 25.03.2020 beantragte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde unter Anschluss zahlreicher Unterlagen die Aufnahme von Arzneispezialitäten – in vier unterschiedlichen Dosierungen – in den Gelben Bereich des Erstattungskodex.
2. Während des verwaltungsbehördlichen Verfahrens modifizierte die Beschwerdeführerin diese Anträge.
3. Mit Bescheiden vom 20.11.2020, zu den Zlen. XXXX , XXXX , XXXX sowie XXXX , wies die belangte Behörde die Anträge ab. Ferner strich sie die Arzneispezialitäten jeweils aus dem Roten Bereich des Erstattungskodex.
4. Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin wegen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften sowie inhaltlicher Rechtswidrigkeiten Beschwerden.
5. Mit beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Erklärungen vom 18.08.2021 zog die Beschwerdeführerin die oben unter I.1. erwähnten Anträge zurück.
II. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen unter I. folgen aus Urkunden, die im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu den jeweiligen Verfahrenszahlen veraktet wurden. Insbesondere war an der Ernsthaftigkeit der Erklärung der Antragszurückziehung vom erkennenden Senat nicht der geringste Zweifel zu erheben.
III. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Zu Spruchpunkt A) I. – Ersatzlose Behebung der angefochtenen Bescheide:
1.1. Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen – wozu auch die am 25.03.2020 gestellten Anträge gehören – in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
1.2. Nach der Rechtsprechung ist die Zurückziehung so lange zulässig, als der Antrag noch unerledigt ist. Dies bedeutet für Fälle, in denen der Antrag auf Einleitung eines mit Bescheid abzuschließenden Verfahrens gerichtet ist, dass eine Antragszurückziehung bis zur Bescheiderlassung, im Fall einer Beschwerde bis zur enderledigenden Entscheidung über diese, möglich ist. Der Antragsteller hat damit das Recht, über seinen Antrag zu disponieren, auf die Motive des Antragstellers für die Zurückziehung seines Antrages kommt es nicht an, und die ausdrückliche Zurückziehung eines Antrages wird als prozessuale Willenserklärung mit dem Einlangen bei der zuständigen Behörde wirksam und damit unwiderruflich. Die Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages während des anhängigen Beschwerdeverfahrens bewirkt den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich die Rechtswidrigkeit des Bescheides. Das Verwaltungsgericht hat in einem solchen Fall den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 25.06.2021, Ro 2019/05/0018, Rn. 21 ff, mit zahlreichen weiteren Nennungen).
1.3. Vor diesem Hintergrund war die ersatzlose Behebung der bekämpften Bescheide auszusprechen.
2. Zu Spruchpunkt A) II. – Kostenersatz:
2.1. § 351j Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. 1955/189 i.d.F. BGBl. I 2021/114, lautet:
„§ 351j. (1) Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht werden durch einen pauschalierten Kostenersatz in der Höhe von 2 620 Euro abgegolten. Den Kostenersatz hat diejenige Partei des Beschwerdeverfahrens zu tragen, die im Beschwerdeverfahren unterlegen ist. Im Falle eines teilweisen Unterliegens ist der Kostenersatz von beiden Parteien zur Hälfte zu tragen. In Verfahren bei Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Dachverband hat den Kostenersatz jedenfalls der Dachverband zu tragen, wenn nicht die Beschwerde mangels Säumigkeit zurückgewiesen wird.“
2.2. Ein Kostenersatz findet gegenständlich nicht statt, weil von einem (auch nur teilweisen) „Unterliegen“ einer Partei nicht ausgegangen werden kann.
3. Zur Verbindung der Rechtssachen zur gemeinsamen Entscheidung:
3.1. § 39 Abs. 2 AVG, BGBl. I 1991/51 i.d.F. BGBl. I 2018/58, hat folgenden Wortlaut:
„Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.“
3.2. Schon aus verfahrensökonomischen Gründen konnten und waren die Rechtssachen zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden (vgl. dazu VwGH 17.11.2015, Ra 2015/03/0058).
4. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:
4.1. Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 leg. cit. kann die Verhandlung entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
4.2. Gegenständlich war schon angesichts der – als solches nicht weiter klärungsbedürftig anzusehenden – Aktenlage die Aufhebung der bekämpften Bescheide auszusprechen. Anhaltspunkte, die dennoch Veranlassung für die Durchführung eine mündliche Verhandlung gegeben hätten, lagen nicht vor (vgl. dazu auch VwGH 20.11.2014, Ra 2014/07/0052).
4.3. Die gegenständliche Entscheidung konnte daher unter Entfall der Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Zu B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor bzw. waren die anzuwendenden Vorschriften bereits für sich genommen als klar und eindeutig anzusehen (vgl. zum Ganzen auch insbesondere die oben zitierten Belegstellen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs).
Schlagworte
Antragszurückziehung Arzneimittel Bescheidbehebung Erstattungskodex Kostenersatz VerfahrensverbindungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W270.2238045.1.00Im RIS seit
28.10.2021Zuletzt aktualisiert am
28.10.2021