Entscheidungsdatum
22.09.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W228 2246003-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , SVNR: XXXX , gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB), vom 15.04.2021, GZ: XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 22.06.2021, GZ: XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen, sodass im Ergebnis eine Zuerkennung des Versorgungsbezuges für den Zeitraum ab 11/2019 bis 12/2020 abgelehnt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Am 16.12.2020 langte ein auf 09.12.2020 datierendes Schreiben der PVA bei der BVAEB ein, in welchem ausgeführt wird: „Der verstorbene Versicherte XXXX bezog bis zu seinem Tod einen Ruhegenuss. Wir ersuchen Sie um weitere Bearbeitung.“ Dies wurde seitens der BVAEB als Antrag der Beschwerdeführerin gem. § 19 Abs. 2 PG 1965 gewertet.
Mit angefochtenen Bescheid der BVAEB, vom 15.04.2021, GZ: XXXX , wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin durch Gewährung eines Versorgungsbezuges ab 01.01.2021 in der Höhe von monatlich € 220,89 brutto gefolgt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mangels Antragstellung binnen 6 Monaten ab dem Sterbetag der Versorgungsgenuss ab dem Monatsersten, welcher auf die Einbringung des Antrages folgt, gewährt werde. Weiters wurde die Berechnung dargelegt.
Mit Schreiben vom 15.06.2021 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Bescheid und führte aus, dass sie eine Zuerkennung ab 11/2019 anstrebe. Der geschiedene Gatte sei am 16.10.2019 verstorben. Am 03.11.2019 habe sie einen schweren Unfall gehabt. Monatelange Behandlungen erstreckten sich bis Herbst unterbrochen von Corona Gegebenheiten. Daher habe sie erst im Herbst Kontakt zu einer näher genannten Rechtsanwaltskanzlei aufnehmen können.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.06.2021 wurde die Beschwerde betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Bei der Frist in § 19 Abs. 2 PG 1965 handle es sich um eine materiell-rechtliche Frist, daher sei eine Wiedereinsetzung nicht zulässig. Verwiesen wurde auf die VwGH Entscheidung vom 15.03.1995, 95/01/0035.
Mit Schreiben datierend auf 02.07.2021 wurden seitens der Beschwerdeführerin folgende Fragen gestellt: 1.) Bedeute eine Zustimmung zur Beschwerdevorentscheidung gleichzeitig das Aussetzen der festgesetzten, monatlichen Zahlungen des Versorgungsgenusses bis zur BVwG Entscheidung seitens der BVAEB? 2.) Wieso ist eine Zusendung einer neuen e-Card erfolgt? 3.) Sie ersuchte mit Bezug auf ihre Berufstätigkeit um ergänzende Gestaltung, nur für einen Monat vor allem, steuerlich - eigene Pension/PVA und Versorgungsgenuss/BVA - und aus versicherungsgründen. Die BVAEB wertete – nach zwischenzeitlichem weiteren Schriftverkehr – dieses Schreiben als Vorlageantrag.
Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 03.09.2021 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 16.12.2020 langte ein auf 09.12.2020 datierendes Schreiben der PVA bei der BVAEB ein, in welchem ausgeführt wird: „Der verstorbene Versicherte XXXX bezog bis zu seinem Tod einen Ruhegenuss. Wir ersuchen Sie um weitere Bearbeitung.“ Dies wurde seitens der BVAEB als Antrag der Beschwerdeführerin gem. § 19 Abs. 2 PG 1965 gewertet.
Eine frühere Antragstellung seitens der Beschwerdeführerin fand nicht statt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts. Es ist festzuhalten, dass der gegenständliche Sachverhalt im Wesentlichen unstrittig ist, und insbesondere nicht bestritten wird, dass die Einbringung des gegenständlichen Antrages am 09.12.2020 erfolgte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da die maßgebenden Rechtsvorschriften des PG 1965 keine Senatszuständigkeit vorsehen, hat die gegenständliche Entscheidung mittels Einzelrichter zu erfolgen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 32 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz beginnen nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Tag zu laufen, an dem das fristenauslösende Ereignis stattgefunden hat, und enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Der verfahrensgegenständliche Antrag wurde unstrittig erst im Dezember 2020 bei der BVAEB eingebracht.
Im vorliegend Fall ist für die weitere Beurteilung von Bedeutung, ob es sich bei der in § 19 Abs. 2 PG 1965 enthaltenen Frist um eine verfahrensrechtliche oder eine materiellrechtliche Frist handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof stellt bei der Abgrenzung auf die Natur der Rechtswirkungen ab, die durch die befristete Rechtshandlung ausgelöst werden sollen. Verfahrensrechtlichen Charakter hat eine Frist demnach dann, wenn dadurch die Möglichkeit, eine Handlung zu setzen, die prozessuale Rechtswirkungen auslösen soll (Verfahrenshandlung), zeitlich beschränkt wird (Hengstschläger/Leeb, AVG § 32, Rz 3, Stand 01.01.2014, rdb.at). Dies trifft insbesondere auf die in den Verfahrensgesetzen einschließlich des AVG normierten bzw. grundgelegten Fristen zu, also vor allem auf Fristen für Rechtsbehelfe aber auch auf Fristen für sonstige Akte, die auf Erlassung einer Entscheidung gerichtet sind. Aber auch in Materiengesetzen finden sich Fristen mit verfahrensrechtlichem Charakter. Bei der Ermittlung des Charakters einer Frist kommt sowohl der Einordnung einer Vorschrift im betreffenden Gesetz als auch der ausdrücklichen Anordnung, dass die Versäumung der Frist zur Zurückweisung eines Antrags führt, Indizwirkung zu (Hengstschläger/Leeb, AVG § 32, Rz 3 mwN, Stand 01.01.2014, rdb.at).
Insoweit eine Rechtshandlung hingegen auf den Eintritt materieller Rechtswirkungen gerichtet ist, qualifiziert der Verwaltungsgerichtshof eine dafür vorgesehene Zeitspanne als materiellrechtliche Frist. Nach der rechtsschutzfreundlichen Ansicht des VwGH hat der Gesetzgeber die Wertung als materiellrechtliche Frist eindeutig zum Ausdruck zu bringen, oder, anders gewendet, es ist im Zweifel von einer verfahrensrechtlichen Frist auszugehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 32, Rz 3, Stand 01.01.2014, rdb.at). Keinen solchen Zweifelsfall begründet nach dieser Rechtsprechung aber etwa beispielsweise § 33 Abs 1 ASVG, der den Dienstgeber zur Anmeldung seiner Dienstnehmer beim zuständigen Träger der Krankenversicherung verpflichtet (VwSlg 11.776 A/1985) (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 32, Rz 3, Stand 01.01.2014, rdb.at)
Für die Annahme einer materiellrechtlichen Frist ist dabei nicht erforderlich, dass in der Rechtsgrundlage ausdrücklich angeführt wird, dass der Anspruch – im den Grenzbetrag überschreitenden Ausmaß – bei verspäteter Geltendmachung untergeht (vgl. VwGH 05.09.2018, Ra 2018/03/0085 mHa VwGH 27.9.2007, 2003/11/0063).
Zur vorliegend relevanten sechsmonatigen Frist des § 19 Abs. 2 PG 1965 ist auszuführen, dass diese nicht auf prozessuale Rechtswirkungen, sondern die innerhalb der Frist vorgesehene Handlung – nämlich die Antragstellung – zweifelsfrei auf den Eintritt materieller Rechtswirkungen gerichtet ist. Die Notwendigkeit der Geltendmachung des Anspruches innerhalb der vorgesehenen Frist ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung, der Untergang des Rechtsanspruchs ist sogar ausdrücklich erwähnt: „In allen übrigen Fällen gebührt der Versorgungsgenuß von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an; wird der Antrag an einem Monatsersten gestellt, so gebührt der Versorgungsgenuß von diesem Tag an.“ Es handelt sich bei der Frist nach § 19 Abs. 2 PG 1965 somit um eine materiellrechtliche Frist.
Die Antragstellung mit Dezember 2020 erfolgte mehr als sechs Monate nach dem Todestag des geschiedenen Gatten außerhalb der in § 19 Abs. 2 PG 1965 vorgesehenen sechsmonatigen Frist lag und damit verspätet. Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, dass durch Krankheit und Behandlungen keine frühere Antragstellung erfolgte, ist dies für den Lauf der verfahrensgegenständlichen Frist nicht relevant und vermag an der Beurteilung hinsichtlich der verspäteten Einbringung des Antrages nichts zu ändern.
Die BVAEB deutete die Beschwerde als Wiedereinsetzungsantrag. Da es sich gegenständlich um eine materiell-rechtliche Frist handelt (vgl. VwGH 21.12.2004, 2003/04/0138),, ist diese einer Wiedereinsetzung gemäß § 71 AVG bzw. § 33 VwGVG nicht zugänglich. Daher erfolgte korrekterweise die Zurückweisung der Beschwerde durch die BVAEB. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen, sodass im Ergebnis eine Zuerkennung des Versorgungsbezuges für den Zeitraum ab 11/2019 bis 12/2020 abgelehnt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Fall wird über eine verspätete Antragstellung entschieden. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung hinsichtlich verspäteter Antragstellungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antragszeitpunkt materiellrechtliche Frist Versorgungsanspruch verspäteter AntragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W228.2246003.1.00Im RIS seit
28.10.2021Zuletzt aktualisiert am
28.10.2021