TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/23 W156 2236651-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.09.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z4

Spruch


W156 2236651-1/12E

I M N A M E N D E R R E P U B L I K !

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , VSNR XXXX , gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Landesstelle Niederösterreich, vom 22.10.2020, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 22.10.2020 hat die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Landesstelle Niederösterreich (in Folge als belangte Behörde bezeichnet). festgestellt, dass Herr XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer) vom 01.01.2003 bis 31,12,2008 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliege. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Einkommenssteuerbescheide des Beschwerdeführers für die Jahre 2003 bis 2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb über der Versicherungsgrenze auswiesen und aufgrund der alleinigen Geschäftsführung der XXXX GmbH sowie aus dem Gesellschaftsvertrag der XXXX GmbH eine betriebliche Tätigkeit abzuleiten sei.

Bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides aus dem die Versicherungsgrenze übersteigende Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, sei Versicherungspflicht nach der zuletzt genannten Bestimmung festzustellen, sofern aufgrund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist.

2. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 02.11.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen damit begründet, dass der BF sei dem 30.11.2002 kein selbständiges Unternehmen mehr führe.

3. Mit Schreiben vom 6.11.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Stellungnahme sowie den bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

4. In Folge wurde eine Vielzahl von Eingaben des BF an die belangte Behörde an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt, die im Wesentlichen beinhalten, dass der BF seit 2002 kein Unternehmen mehr habe.

5. Mit Schreiben vom 15.09.2021 legte die belangte Behörde die Bestätigung des Finanzamtes XXXX betreffend Berücksichtigung einer Betriebsausgabenpauschale für die steuerliche Veranlagung der Jahre 2003 – 2008 des BF vor.

6. Am 17.09.2021 fand im Beisein einer Vertreterin der belangten Behörde und des BF eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF war im Zeitraum von 08.11.2002 bis 29.10.2005 alleiniger Geschäftsführer der XXXX GmbH.

Mit 08.11.2002 meldete der BF den Nichtbetrieb des Gewerbes als Versicherungsmakler.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 11.02.2003 wurde die XXXX GmbH mit Geschäftssitz in Irkutsk gegründet, an der der BF sowie seine damalige Lebensgefährtin mit jeweils 50% beteiligt waren und laut Punkt IV. 4.1. berechtigt waren, an der Leitung der Gesellschaft unmittelbar oder durch die von der Gesellschaft gebildeten Organe zur Leitung und Kontrolle - Hauptversammlung der Teilhaber und Revisionskommission – teilzunehmen.

Mit Schreiben vom 01.03.2003 trat der BF seine Firmenwerte und Provisionen an die XXXX GmbH ab. Die XXXX GmbH wurde mit 20.09.2012 in Russland aufgelöst.

Mit 15.8.2007 gab der BF seine Anteile an der XXXX GmbH zurück, übte aber weiterhin Tätigkeiten für diese aus.

Über das Vermögen des BF wurde mit Beschluss des BF XXXX vom 23.12.2009 ein Insolvenzverfahren eröffnet, das mit Beschluss vom 24.07.2020 gemäß § 139 IO aufgehoben wurde.

Der BF reichte für die verfahrensrelevanten Jahre keine Steuererklärungen ein. Aufgrund der Mitteilungen gemäß § 109a EStG erfolgte die Veranlagung nachstehender Einkommenssteuerbescheide unter Berücksichtigung der Betriebsausgabenpauschale von amtswegen.

Der Einkommenssteuerbescheid 2003 vom 27.04.2005, bei der belangten Behörde eingelangt am 02.09.2005, weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 25.500 € aus.

Der Einkommenssteuerbescheid 2004 vom 13.12.2005, bei der belangten Behörde eingelangt am 03.03.2006, weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 21.839,91 € aus.

Der Einkommenssteuerbescheid 2005 vom 19.02.2007, bei der belangten Behörde eingelangt am 18.04.2007, weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 16.045,46 € aus.

Der Einkommenssteuerbescheid 2006 vom 13.03.2008, bei der belangten Behörde eingelangt am17.06.2008, weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 12.840,90 € aus.

Der Einkommenssteuerbescheid 2007 vom 20.04.2009, bei der belangten Behörde eingelangt am17.06.2009, weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 50.000,00 € aus.

Der Einkommenssteuerbescheid 2008 vom 02.10.2009, bei der belangten Behörde eingelangt am 01.12.2009, weist Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 26.351,80 € aus.

Bei den Einnahmen aus Gewerbebetrieb der Jahre 2003 bis 2008 handelt es um Folgeprovisionen aus der Tätigkeit als Versicherungsvertreter.

Der BF legte im Verfahren keine Einkommensunterlagen der Jahre 2003 bis 2008 vor.

Der BF bezieht eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer seit dem 01.01.2016.

2.       Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die entscheidungsrelevanten Sachverhaltsfeststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage und mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Die Feststellungen zur Tätigkeit als alleiniger Geschäftsführer der XXXX GmbH ergeben sich aus dem Firmenbuch.

Die Feststellung zur Gewerbeberechtigung als Versicherungsmakler ergeben sich aus dem Gewerberegister.

Die Feststellungen zur XXXX GmbH ergeben sich aus den dem Akt erliegenden Unterlagen.

Die Feststellungen betreffend das Insolvenzverfahren ergeben sich durch Einsichtnahme in die Ediktsdatei.

Die Feststellungen zu den Einkünften ergeben sich aus den dem Akte erliegenden Unterlagen betreffend Einkommenssteuerbescheide sowie der Information des Finanzamtes XXXX vom 13.09.2021.

Die Feststellung, dass die Einnahme aus Gewerbebetrieb, Folgeprovisionen sind, ergibt sich aus dem Protokoll beim BG XXXX vom 21.01.2010 sowie der Stellungnahme des Masseverwalters vom 08.09.2015 an das BG XXXX , wonach noch am 15.05.2015 Folgeprovisionsauszahlungen an die Masse erfolgten, und wurde vom BF auch nicht bestritten.

Zum Vorbringen des BF, dass er die in Rede stehenden Einkommenssteuerbescheide nicht erhalten und beantragt habe, ist anzumerken, dass die gegenständlichen Einkommenssteuerbescheide vor Eröffnung der Insolvenz und somit Bestellung des Masseverwalters am 23.12.2009 erlassen wurde, der jüngste am 02.10.2009, und an den BF adressiert sind. Für den Erhalt der Einkommenssteuerbescheide 2003 bis 2008 spricht auch, dass sich der BF in seinen Eingaben auf die durch den Massenverwalter eingereichten Erklärungen bezieht (vgl. Beilage 12 des Verwaltungsaktes), diese aber erst den Zeitraum nach Konkurseröffnung, somit ab dem 23.12.2009, betreffen.

Zudem gab der BF im Protokoll betreffend Konkurseröffnung vom 22.12.2009 an, dass bis 2007 seinen Einnahmen etwa EUR 12.000 pro Jahr betragen hätten, dann habe ihn das Finanzamt zu hoch eingeschätzt. Daraus ist zu schließen, dass dem BF die Einkommenssteuerbescheide zugekommen und bekannt sein mussten Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass sich der BF bei diesem Vorbringen auf die Einkommenssteuerbescheide 2009 bis 2012 bezieht, die jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens sind.

Die Frage, ob in den verfahrensrelevanten Jahren eine betriebliche Tätigkeit des BF, welche eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ausgelöst hat, vorgelegen ist, ist im gegenständlichen Fall einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden materiellrechtlichen Bestimmungen lauten:

§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG:

Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im nachhinein festzustellen.

§ 7 Abs. 4 Z 1 GSVG:

Bei den im § 2 Abs. 1 Z 4 genannten Personen endet die Pflichtversicherung mit dem Letzten des Kalendermonates, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt; hat der Versicherte die Abmeldung nicht innerhalb der Frist gemäß § 18 erstattet, mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt, es sei denn, der Versicherte macht glaubhaft, daß er die betrieblichen Tätigkeiten zu einem früheren Zeitpunkt beendet hat;

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, pflichtversichert, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis Zl. 2003/08/0132 vom 07.09.2005 ausgeführt, werden die Kriterien der "neuen Selbständigkeit" im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG damit umschrieben, dass es sich (1) um selbständig erwerbstätige Personen handelt, die (2) auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit (3) bestimmte Arten von Einkünften im Sinne des EStG 1988 beziehen. Der Gesetzgeber nimmt damit sowohl auf die selbständige Erwerbstätigkeit als auch auf die betriebliche Tätigkeit zweimal Bezug, einmal ausdrücklich und ein zweites Mal indirekt durch die Zitierung der §§ 22 und 23 EStG 1988. Bezüglich der Frage, ob der ausdrücklichen Erwähnung "auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit" eine eigenständige Bedeutung zukommt, bringt der Gesetzgeber nicht ausdrücklich zum Ausdruck, was er darunter versteht. Nach den Gesetzesmaterialien (EB zur RV, 886 Blg. NR XX. GP) wollte man damit am Betriebsbegriff des Einkommensteuerrechtes anknüpfen. Als Grund wird dafür genannt, dass die Versicherungspflicht auf die betriebliche Tätigkeit abstelle und Beginn und Ende derselben für die zeitliche Abgrenzung der Versicherungspflicht von Bedeutung sei.

Mit dem an sich unklaren, weil nicht definierten Begriff "betriebliche Tätigkeit" wird zunächst - wie Tomandl (ZAS 1998, 9) überzeugend vertritt - die betriebliche/berufliche Tätigkeit  gegenüber privaten Tätigkeiten abgegrenzt. Die Frage der Betriebsmittelausstattung spielt hierbei keine entscheidende Rolle. Die Versicherungspflicht der "neuen Selbständigen" soll demnach für jedes Erwerbseinkommen bestehen, das nicht der Privatsphäre zuzurechnen ist.

In seinem Erkenntnis vom 26.11.2008, Zl. 2005/08/0139, stellt der Verwaltungsgerichtshof klar, dass mit der unmittelbaren Anknüpfung an die steuerrechtlichen Tatbestände der Gesetzgeber zudem keinen Raum dafür lässt, aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen und damit materiell die im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides von den Finanzbehörden im Hinblick auf die Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten entschiedene Rechtsfrage erneut zu prüfen. Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG richtet sich daher - soweit es um die Art der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit geht - nach der Einkommensteuerpflicht, sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die Versicherungsgrenzen übersteigende Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach der zuletzt genannten Bestimmung besteht, sofern auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz - etwa im Fall des § 4 ASVG - eingetreten ist.

Aus dem zitierten Erkenntnis ergibt sich, dass die mit rechtskräftigem Einkommensteuerbescheid getroffene Zuordnung der Einkünfte zu den Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 somit auch für die Sozialversicherungsanstalt bindend ist. Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, ist dem Verfahren betreffend die Versicherungspflicht nach dem GSVG nicht mehr zu prüfen (vgl. VwGH vom 24.01.2006, Zl. 2003/08/0231).

In seinem Erkenntnis vom 29.03.2006, Zl. 2004/08/0094, führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass für das Bestehen der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG es nicht darauf ankommt, ob die Einkünfte nach Maßgabe des Einkommensteuerbescheides aus Tätigkeiten stammen, die (zeitgleich) im selben Kalenderjahr entfaltet wurden. Für die zeitliche Abgrenzung der Versicherungspflicht ist nur der Beginn und das Ende der betrieblichen Tätigkeit von Bedeutung. Dabei ist das bloße zeitweise Nichttätigsein, eine Betriebsunterbrechung, ja sogar die Stilllegung eines Betriebes noch keine Beendigung, wenn noch weitere betriebliche Tätigkeiten beabsichtigt werden bzw. die betrieblich eingesetzten Wirtschaftsgüter weder in das Privatvermögen übernommen noch veräußert worden sind. Tritt daher z. B. ein Vortragender immer wieder auf, so ist auch während jener Zeit eine betriebliche Tätigkeit anzunehmen, in welcher er (vorübergehend) keine Vortragstätigkeit entfaltet (Hinweis E 18.12.2003, 2000/08/0068). Weiters führt er im selben Erkenntnis aus, dass die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG auch auf Einkünfte gegründet werden kann, bei denen es sich um Tantiemen (Verwertung von Urheberrechten) handelt, die für Werke geleistet wurden, die in früheren Jahren geschaffen worden sind, sofern diese versicherungspflichtige Tätigkeit auch noch im betreffenden Kalenderjahr ausgeübt wurde (Hinweis E 19.10.2005, 2003/08/0276).

Der Beschwerdeführer hat im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2008 Einkünfte aus für § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevante Tätigkeiten bezogen, die bereits in vergangenen Jahren entfaltet wurden. Im vorliegenden Verfahren ist daher entscheidend, ob der Beschwerdeführer während dieses Zeitraums weiterhin eine zur Versicherungspflicht führende Tätigkeit ausgeübt hat.

Wie aus den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.11.2008, Zl. 2005/08/0139, und vom 07.09.2005, Zl. 2003/08/0132, hervorgeht, wollte der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unmittelbar an den Betriebsbegriff des Einkommensteuerrechts anknüpfen. Dies lässt keinen Raum, um aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbstständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen.

Unstrittig ist, dass die vom Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum erzielten Einkünfte Gegenstand der amtswegigen Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2008 waren und im Zuge der steuerlichen Veranlagung der Einnahmen das Betriebskostenpauschale gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 berücksichtigt worden ist. Daraus ist abzuleiten, dass die Steuerbehörden im Zuge der steuerrechtlichen Beurteilung der (auch hier gegenständlichen) Einkunftsarten vom Vorliegen einer aktiven betrieblichen Tätigkeit ausgegangen sind. Die den verfahrensgegenständlichen Zeitraum betreffenden steuerrechtlichen Bescheide und somit die steuerrechtliche Beurteilung seiner Betriebsausgaben erwuchsen in Rechtskraft.

Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Einkünfte, die sich hier auch auf die Frage der Weiterausübung des Betriebes erstreckt, ist an die steuerrechtlichen Entscheidungen, die von einer rechtmäßigen Inanspruchnahme der Betriebskostenpauschale ausgehen, gebunden. Wie oben ausgeführt, hat die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unmittelbar an den Betriebsbegriff des Einkommensteuerrechts anzuknüpfen. Mit dieser unmittelbaren Anknüpfung an die steuerrechtlichen Tatbestände lässt der Gesetzgeber aber keinen Raum dafür, aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen.

Die Anknüpfung an steuerrechtliche Tatbestände über die Art der Einkünfte und den Betriebsbegriff ist im vorliegenden Gesamtzusammenhang eng mit der Frage, ob weiterhin ein aufrechter Betrieb gegeben war, verknüpft. Dies muss zur Konsequenz führen, dass auch die steuerrechtliche Beurteilung der Frage, ob eine betriebliche Tätigkeit weiter ausgeübt wurde, die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung binden muss.

Zur Beurteilung des vorliegenden Falles wird zusätzlich das Erkenntnis des VwGH vom 22.02.2012, Zl. 2011/08/0339, herangezogen, in welchem ausgeführt wird, dass eine selbständige betriebliche Tätigkeit gegeben ist, wenn nach Ruhendmeldung der Gewerbeberechtigungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in einer die maßgebende Versicherungsgrenze überschreitenden Höhe bezogen sowie pauschale Betriebsausgaben geltend gemacht werden (vgl auch VwGH vom 20. März 2014, 2013/08/0012).

Es steht fest, dass den erzielten Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit auch Betriebsausgaben im Rahmen eines Betriebsausgabenpauschals gegenüberstanden, die eine betriebliche Tätigkeit auch während dieses Zeitraums voraussetzen.

Es ist daher in Bindung an die steuerrechtlichen Entscheidungen davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG jedenfalls während des Zeitraumes 01.01.2003 bis 31.12.2008 weiterhin ausgeübt hat.

Der Beschwerdeführer hat zwar die Beendigung seiner die Wirtschaftskammerzugehörigkeit begründenden selbständigen Tätigkeit behauptet (hätte er diese Tätigkeit trotz Ruhendmeldung des Gewerbes nicht tatsächlich eingestellt, wäre ungeachtet der Ruhendmeldung weiterhin Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG gegeben, vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 2010, Zl. 2010/08/0145), kann damit aber die auf die Einkommensteuerbescheide gestützte Beurteilung, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eine betriebliche Tätigkeit entfaltet wurde, nicht entkräften. Auch, dass die festgestellten Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit zu einer anderen Pflichtversicherung geführt hätten, wird vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.

Die die Versicherungsgrenze übersteigenden Einkünfte des Beschwerdeführers laut Einkommensteuerbescheide aus seiner Versicherungsagententätigkeit der Vorjahre sind in den Jahren 2003 bis 2008 zweifellos gegeben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die zahlreiche oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

betriebliche Tätigkeit Einkommenssteuerbescheid Geschäftsführung Gewerbeberechtigung Pflichtversicherung Versicherungsgrenze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W156.2236651.1.00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten