Entscheidungsdatum
23.09.2021Norm
ASVG §113 Abs1 Z1Spruch
W145 2240289-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , BKNR XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Niederösterreich, vom 19.01.2021, Zl. XXXX idF der Beschwerdevorentscheidung vom 25.02.2021 betreffend die Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG in Höhe von EUR 1.400, -- zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 19.01.2021, Zl. XXXX , hat die Österreichische Gesundheitskasse, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde), über XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer), BKNR XXXX , einen Beitragszuschlag in Höhe von EUR 1.400, -- verhängt.
Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen der am 18.11.2020 erfolgten Betretung durch die Finanzpolizei XXXX /für das Finanzamt XXXX , XXXX , festgestellt worden sei, dass für XXXX , VSNR XXXX und XXXX , VSNR XXXX , die Anmeldungen zur Pflichtversicherung als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 1 ASVG nicht vor Arbeitsantritt erstatten worden seien.
2. Mit Schreiben vom 05.02.2021 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte aus, die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung sei unrichtig. Am 18.11.2021 sei die gegenständliche Baustelle besichtigt worden, um einen konkreten Kostenvoranschlag seiner Auftraggeberin mitteilen zu können. Vor der Anreise habe er kurzfristig ein Gespräch mit XXXX geführt, in dem dieser dem Beschwerdeführer mitgeteilt habe, dass er mit seinem derzeitigen Dienstgeber nicht zufrieden sei und eine neue Beschäftigung suche. XXXX habe sich freiwillig bereit erklärt mit zur Besichtigung zu fahren und dem Beschwerdeführer beim Arbeiten zuzusehen bzw. ihm gegebenenfalls mit dem Beschwerdeführer gemeinsam die Arbeiten ab dem 19.11.2020 zu erledigen. Als der Beschwerdeführer mit der Kostenschätzung fertig gewesen sei, habe er mit XXXX Rücksprache gehalten und dieser teilte ihm mit, dass er ab morgen, dem 19.11.2020, mit dem Beschwerdeführer gemeinsam die Arbeiten erledigen könne, weshalb der Beschwerdeführer ihn am 18.11.2020 über ELDA angemeldet habe. XXXX habe mit XXXX , ohne Wissen des Beschwerdeführers, in Kontakt gestanden, weshalb dieser zur Besichtigung mitgefahren sei, aber keinerlei Tätigkeit durchgeführt habe. Nach der Besichtigung habe sich der Beschwerdeführer entschieden, XXXX fallweise zu beschäftigen, weshalb er ihn am 18.11.2020 für den Dienstbeginn am 19.11.2020 angemeldet habe, es sich aber herausgestellt habe, dass XXXX weder über eine Niederlassungsbewilligung noch eine Aufenthaltsbewilligung besessen habe, weshalb der Beschwerdeführer von einer Beschäftigung Abstand genommen habe.
3. Mit Bescheid vom 25.02.2021 hat die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG erlassen, im Zuge derer die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde.
4. Mit Schrieben vom 05.03.2021 stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag und führte ergänzend aus, dass die Personendatenblätter von XXXX und XXXX in seiner Abwesenheit ausgefüllt worden seien. Diese seien der deutschen Sprache in Wort und Schrift nicht vollkommen mächtig. Der Beschwerdeführer habe mit XXXX die Baustelle besichtigt, um einen konkreten Kostenvoranschlag zu erstellen, die Arbeiten hätten am 19.11.2020 erledigt werden sollen. Die beiden Herren seien komplett aus freien Stücken mitgefahren und hätten den Beschwerdeführer auch aus freien Stücken zur Besichtigung begleitet. Sie seien zu keinem Zeitpunkt an eine Weisung oder Entgelt gebunden gewesen. An XXXX sei kein Cent ausbezahlt worden und es habe auch sonst keine Gegenleistung gegeben. An XXXX wäre erst ab 19.11.2020 ein Entgelt vereinbart gewesen.
5. Mit Schreiben vom 10.03.2021 wurde die verfahrensgegenständliche Angelegenheit dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
6. Mit Schreiben vom 11.06.2021 übermittelte die Bezirkshauptmannschaft XXXX das seit 14.07.2021 rechtskräftige Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft XXXX , Fachgebiet Strafen, vom 10.06.2021, GZ XXXX , wegen der Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG iVm § 33 Abs. 1 und Abs 1a ASVG, in dem der Beschwerdeführer zu einer Verwaltungsstrafe in Höhe von EUR 1.606, --- verurteilt wurde.
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.07.2021 wurde dem Beschwerdeführer das Straferkenntnis übermittelt und im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit eingeräumt, bis spätestens 06.08.2021 Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme erfolgte bis dato nicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 18.11.2020 wurde um 11:45 Uhr durch die Finanzpolizei XXXX , in XXXX , XXXX , eine Kontrolle durchgeführt. Im Zuge der Kontrolle wurden drei Personen bei Arbeiten am Sockel des Gebäudes angetroffen. Bei diesen Personen handelte es sich um den Beschwerdeführer sowie um XXXX , VSNR XXXX und XXXX , VSNR XXXX . XXXX und XXXX waren zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht zur Sozialversicherung angemeldet.
XXXX nahm am Kontrolltag um 08:30 Uhr seine Tätigkeit auf. Als Arbeitszeit war 08:30 bis 16:00 Uhr vereinbart. XXXX erhielt für seine Tätigkeit Essen und Trinken, sowie eine Unterkunft. Über den Lohn war zum Kontrollzeitpunkt noch nicht gesprochen worden.
XXXX nahm ebenfalls am 18.11.2020 seine Tätigkeit für den Beschwerdeführer auf. Als Arbeitszeit waren von Montag bis Freitag jeweils 8 Stunden vereinbart. Für seine Tätigkeit erhält er netto EUR 80, -- täglich sowie Essen, Trinken und eine Unterkunft.
XXXX und XXXX wurden vom Beschwerdeführer beauftragt die Sockelarbeiten durchzuführen und erfolgte die Erteilung der Weisung ebenfalls durch den Beschwerdeführer. Die beiden Betretenen waren bei der Ausübung ihrer Tätigkeit an den Arbeitsort in XXXX gebunden und hätten diesen nicht abändern können.
Am 18.11.2020 um 15:19 Uhr erfolgte für XXXX eine Vor-Ort-Anmeldung per 19.11.2020. Am 20.11.2020 wurde XXXX mittels ELDA per 19.11.2020 zur Sozialversicherung angemeldet.
Am 18.11.2020 um 13:40 Uhr erfolgte für XXXX eine Vor-Ort-Anmeldung per 18.11.2020. Eine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgte bislang nicht.
Mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft XXXX , Fachgebiet Strafen, vom 10.06.2021, GZ XXXX , wurde über den Beschwerdeführer wegen der Verletzung von § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG unter Anwendung des § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.606,00 verhängt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
Beweiswürdigend ist vor allem auf das rechtskräftige Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft XXXX , Fachgebiet Strafen, vom 10.06.2021, GZ XXXX , zu verweisen. In dem Straferkenntnis wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer XXXX , vom 18.11.2020 um 8:30 Uhr (Arbeitsantritt) bis zum 18.11.2020 um 11:45 Uhr (Zeitpunkt der Kontrolle), als Arbeiter (ausgeübte Tätigkeit: Fassadenarbeiten – Anbringen eines Sockelputzes), auf der Baustelle in XXXX , XXXX , zu einem vereinbarten Lohn in unbekannter Höhe zuzüglich Essen/Trinken und Unterkunft, beschäftigt hat, ohne diesen Dienstnehmer als in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Anmeldung über ELDA erfolgte erst am 18.11.2020 um 15:19 Uhr, mit Wirksamkeit 19.11.2020.
Desweiteren hat der Beschwerdeführer als Dienstgeber XXXX vom 18.11.2020 um 08:30 Uhr (Arbeitsantritt) bis zum 18.11.2020 um 11:45 Uhr (Zeitpunkt der Kontrolle), im Ausmaß von Montag bis Freitag je 8 Stunden als Arbeiter (ausgeübte Tätigkeit: Fassadenarbeiten – Anbringen eines Sockelputzes), auf der Baustelle in XXXX , XXXX , zu einem vereinbarten Lohn von EUR 10 pro Stunde zuzüglich Essen/Trinken und Unterkunft, beschäftigt, ohne diesen Dienstnehmer als in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die rückwirkende Anmeldung über ELDA erfolgte erst am 18.11.2020 um 13:40 Uhr. Der Beschwerdeführer hat eine Verwaltungsübertretung gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG begangen.
Diese Erkenntnis weist den vollkommen – sprich 1:1 – identischen Sachverhalt auf, der Grundlage für das beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Verfahren ist. Es ist auszuführen, dass das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft XXXX für das gegenständliche Verfahren Indizwirkung hat und nach dem ASVG eine unangemeldete Beschäftigung (als Dienstnehmer nach § 4 Abs. 2 ASVG) von XXXX und XXXX feststellt. Aus dieser rechtskräftigen Entscheidung ist für das Bundesverwaltungsgericht die von der belangten Behörde im gegenständlichen Verfahren festgestellte Tatsache, dass XXXX und XXXX als Dienstnehmer des Beschwerdeführer iS eines persönlichen und wirtschaftlich abhängigen Dienstverhältnisses nach dem ASVG beschäftigt gewesen sind, eindeutig belegt.
2.2. Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach der Rechtsprechung des EGMR kann eine mündliche Verhandlung in Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK unterbleiben, wenn besondere beziehungsweise außergewöhnliche Umstände dies rechtsfertigen (vgl. EGMR 05.09.2002, Speil/Österreich, Appl. 42057/98, VwGH 17.09.2009, 2008/07/0015). Derartige außergewöhnliche Umstände hat der EGMR etwa bei Entscheidungen über sozialversicherungsrechtliche Ansprüche, die ausschließlich rechtliche oder in hohem Maße technische Fragen aufwerfen, als gegeben erachtet. Hier kann das Gericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf Grundlage der Akten und schriftlichen Stellungnahmen der Parteien als angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z. 37 ff.; EGMR 8.2.2005, Fall Miller Appl. 55.853/00).
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von der Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und der Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1985, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl. Nr. 83 vom 30.03.2010, S. 389 entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache mehr zu erwarten war und sich der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt darstellte. Die belangte Behörde führte ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren durch. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Es wurden keine Rechts- und Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. ua VwGH 18.06.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist).
Dem Entfall der mündlichen Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs.1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Bescheide einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend die Österreichische Gesundheitskasse.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
In Ermangelung einer entsprechenden Anordnung der Senatszuständigkeit liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.3. Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden. Abweichen dazu normiert § 56 Abs. 2 AlVG in Verfahren betreffend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung eine Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung von zehn Wochen.
Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels gesetzlicher Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3).
3.4. § 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: „Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
„§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.
3.5. Zu A) Abweisung der Beschwerde
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß § 4 Abs. 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Gemäß § 35 Abs. 1 1. ASVG gilt als Dienstnehmer im Sinne des ASVG unter anderem derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstgeber in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmern durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist.
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn
1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder
2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder
3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.
Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Falle des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörde des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten wird. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf EUR 400, -- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf EUR 600, --.
Gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf bis zu EUR 300, -- herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.
Im Beschwerdefall betreffend die Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ist als Vorfrage zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin daher verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger zu melden.
Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitestgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) – nur beschränkt ist (VwGH 19.02.2014, 2013/08/0267; vgl. verstärkter Senat 10.12.1986, 83/08/0200).
Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich der Feststellung der Umstände der Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Nach dieser gilt, dass die Behörde berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. VwGH 21.04.2004, Zl. 2003/08/0182; VwGH 08.08.2008, Zl. 2008/09/0119). Spricht die Vermutung also für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. auch VwGH 26.05.2014, Zl. 2013/08/0165). Weiters kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitere Untersuchung vorausgesetzt werden (vgl. VwGH 20.09.2006, Zl. 2003/08/0274).
Verfahrensgegenständlich wird die Dienstnehmereigenschaft der Betretenen als erwiesen angesehen. XXXX und XXXX wurden bei Fassadenarbeiten – Anbringen eines Sockelputzes in Begleitung des Beschwerdeführers angetroffen und waren nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Bei dieser Art von Arbeit handelt es sich um eine solche einfache manuelle Tätigkeit, bei der nach der Lebenserfahrung kein ins Gewicht fallender Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers vorhanden ist und nach der Lebenserfahrung üblicherweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG erbracht wird. Demnach war ohne weiteres vom Vorliegen einer Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen.
Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH 02.12.2013, 2013/08/0191; 21.02.2001, 96/08/0028).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für das Vorliegen der Entgeltlichkeit einer Beschäftigung nicht darauf an, ob ein Entgelt vereinbart wurde oder eine solche Vereinbarung unterblieben ist, gilt doch im Zweifel für die Erbringung von Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Folglich ist die Unentgeltlichkeit einer Verwendung nicht schon beim Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten, sie muss vielmehr ausdrücklich und erwiesenermaßen – wenigstens konkludent – vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. 19.12.2012, 2012/08/0165). Dabei ist es Sache der Partei, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. VwGH 14.03.2013, 2010/08/0229). Konkrete Beweise, dass kein Entgelt vereinbart wurde, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, weshalb von Entgeltlichkeit anzunehmen ist.
In einer Gesamtschau ist daher im gegenständlichen Fall vom Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG von XXXX und XXXX zum Beschwerdeführer auszugehen.
Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung („Bearbeitungskosten“) auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten auch verursacht hat („Verursacherprinzip“) und damit als Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 07.08.2002, 99/08/0074).
Zufolge der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 10.07.2013, 2013/08/0117) ist die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nicht als Verwaltungsstrafe zu werten, sondern als eine wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung, ist die Frage des subjektiven Verschuldens am Meldeverstoß gleichgültig aus welchen Gründen. Die Frage des subjektiven Verschuldens ist aus diesem Grunde auch nicht näher zu untersuchen.
Die belangte Behörde hat daher den Beitragszuschlag zu Recht vorgeschrieben, der Beschwerdeführer als Dienstgeber hat es unterlassen, die betretenen Dienstnehmer vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden. Er hat daher gegen die ihm obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten verstoßen und den Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG erfüllt. Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag dem Grunde nach berechtigt.
Der in einem solchen Fall für die gesonderte Bearbeitung gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG vorzuschreibende Teilbetrag von EUR 400, -- je nicht angemeldeter Person und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz von EUR 600, --, somit insgesamt EUR 1.400, --, wurde daher von der belangten Behörde zu Recht eingefordert.
Es entspricht zudem der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers im Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist, und dass die Folgen des Meldeverstoßes in einem solchen Fall nicht (iSd § 111 Abs. 1 letzter Satz bzw. iSd § 113 Abs. 2 ASVG) als unbedeutend anzusehen sind (vgl. VwGH 14.03.2013, Zl. 2011/08/0187 und Zl. 2012/08/0125; 10.04.2013, Zl. 2013/08/0041). Deshalb ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie gem. § 113 Abs. 2 ASVG den Teilbetrag für den Prüfeinsatz nicht bis auf EUR 300, -- herabsetzte bzw. den Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung nicht entfallen ließ.
Die Vorschreibung des gegenständlichen Beitragszuschlages erfolgte demnach auch der Höhe nach zu Recht.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3.6. Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum ASVG. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
Schlagworte
Beitragszuschlag Dienstnehmereigenschaft Dienstverhältnis Meldeverstoß Sozialversicherung StraferkenntnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W145.2240289.1.00Im RIS seit
28.10.2021Zuletzt aktualisiert am
28.10.2021