Entscheidungsdatum
29.09.2021Norm
AMSG §37bSpruch
W228 2246672-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Kurt Schebesta sowie Philipp KUHLMANN als Beisitzer in der Beschwerdesache der XXXX GmbH, vertreten durch XXXX & Co KG, XXXX , 1010 Wien, gegen das Schreiben vom 08.07.2021, XXXX , in Zusammenhalt mit dem Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien vom 19.08.2021 betreffend Nichtgewährung einer COVID-19-Kurzarbeitsbeihilfe gem. § 37b AMSG in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben des AMS Wien vom 08.07.2021 wurde der XXXX GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) mitgeteilt, dass das Begehren auf Gewährung von Kurzarbeitshilfe gem. § 37b Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) aus näher genannten Gründen nicht bewilligt werden könne.
Gegen dieses Schreiben erhob die BF mit Schreiben datierend auf 05.08.2021 fristgerecht „Beschwerde“. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass, sofern der Bescheid (Schreiben) des AMS vom 08.07.2021, XXXX , als Bescheid qualifiziert werde, so fehle es diesem an den zwingenden Formvoraussetzungen und zwingenden Bestandteilen nach AVG. Es fehle die ausdrückliche Bescheidbezeichnung sowie eine Rechtsmittelbelehrung. Auch die Begründung sie für eine Rechtsverfolgung nach AVG nicht ausreichend. Die „Beschwerde“ geht selbst im Punkt 4.1.6 davon aus, dass es sich beim Schreiben vom 08.07.2021, XXXX , um ein formloses Schreiben handelt, dem keine Bescheidqualität innewohnt. Die Beschwerdeführerin begehrt die Zuerkennung der Kurzarbeitshilfe, die Verweigerung sei willkürlich und gleichheitswidrig. Die Beschwerdeführerin nimmt Bezug auf die Fiskalgeltung der Grundrechte unter Zitierung verschiedenster OGH Judikate. Für die Verneinung der Leistungspflicht eines staatlichen Rechtsträgers genüge der Hinweis auf die Regelung über den Mangel eines Rechtsanspruches auf Leistung in einem Selbstbindungsgesetz nicht. Die Beschwerdeführerin sieht eine Ungleichbehandlung zu anderen Mitbewerbern als Förderungsnehmer. Es wurde gegen die Begründungspflicht verstoßen, da die verpflichtende Beratung zwischen AMS und Arbeitgeber gem. § 37b Abs. 1 Z 2 AMSG nicht stattgefunden habe, kein Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde und keine Stellungnahmemöglichkeit eingeräumt wurde. Das Recht auf ein faires Verfahren und rechtliches Gehör sei verletzt worden.
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien vom 19.08.2021 wurde die „Beschwerde“ gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art 132 Abs. 1 Z 1 B-VG gegen den „Bescheid (richtig: Mitteilung)“ betreffend Nichtgewährung einer COVID-19-Kurzarbeitsbeihilfe gem. § 37b AMSG als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin zutreffend ausführe, dass das Schreiben vom 08.07.2021 weder inhaltlich noch formal den Kriterien gem. § 58 AVG bzw. § 18 Abs. 4 AVG entspreche. Es werde nicht als Bescheid bezeichnet, es enthalte keine Rechtsmittelbelehrung und es sei auch nicht unterschrieben. Die Grußformel „Sehr geehrter Herr M.“ bzw. „Mit freundlichen Grüßen“ und die Formulierung „Leider müssen wir Ihnen mitteilen,…“ ließen erkennen, dass seitens des AMS keine normative Entscheidung getroffen, sondern lediglich die mangelnde Bereitschaft zum Abschluss einer Fördervereinbarung, mitgeteilt wurde (vgl. VwGH 18.12.2020, Ra 2017/08/0096). Beihilfen nach § 37b AMSG fielen unter die Privatwirtschaftsverwaltung und unterlägen daher keiner bescheidmäßigen Erledigung. Die „Beschwerde“ gehe selbst im Punkt 4.1.6 davon aus, dass es sich beim Schreiben vom 08.07.2021, XXXX , um ein formloses Schreiben handelt, dem keine Bescheidqualität innewohnt. Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens könne nur ein Bescheid sein.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben datierend auf 03.09.2021 fristgerecht einen „Vorlageantrag“. Darin wurde ausgeführt, dass gegen den Bescheid vom 08.07.2021, XXXX , „Beschwerde“ erhoben wurde, das AMS diese mit „Beschwerdevorentscheidung“ datierend auf 19.08.2021 erledigt habe, dem „Beschwerdeantrag“ nicht stattgegeben wurde und sich das Rechtsmittel nunmehr auf Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht richte.
Die Beschwerde wurde unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 23.09.2021 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Begehren auf Gewährung von Kurzarbeitshilfe gem. § 37b Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) wurde von der Beschwerdeführerin am 11.05.2021 gestellt. Darin enthalten ist eine Verpflichtungserklärung für Förderungsnehmer.
Das Schreiben vom 08.07.2021, XXXX , lautete:
„Mitteilung zur COVID-19-Kurzarbeitsbeihilfe gemäß § 37b Arbeitsmarktservicegesetz XXXX
Sehr geehrter Herr M.,
wir haben von Ihnen am 11.05.2021 ein Begehren um Gewährung einer Kurzarbeitsbeihilfe erhalten.
Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Ihr Begehren nicht bewilligt werden konnte, da eine Beihilfengewährung nur möglich ist, wenn eine Zustimmung durch die Sozialpartner erfolgt. Die Fachgewerkschaft XXXX hat Ihren Antrag zur COVID- 19-Kurzarbeitsbeihilfe abgelehnt.
Wenn Sie Fragen zur Ablehnung haben, dann wenden Sie sich bitte direkt an die Fachgewerkschaft XXXX .
Beachten Sie bitte, dass auf die Gewährung von Beihilfen gemäß § 34 (3) Arbeitsmarktservicegesetz kein Rechtsanspruch besteht.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Landesgeschäftsführerin
XXXX Arbeitsmarktservice Wien“
Dieses Schreiben ist nicht als Bescheid bezeichnet und ist weder elektronisch oder handschriftlich unterfertigt noch beglaubigt. Es fehlt eine Rechtsmittelbelehrung.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Begehren auf Gewährung von Kurzarbeitshilfe und zum Schreiben vom 08.07.2021, XXXX , ergeben sich aus denselbigen und ist unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS Wien aufgrund des Bescheids vom 19.08.2021.
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
§ 37b AMSG lautet im einleitenden Satz: „Kurzarbeitsbeihilfen können Arbeitgebern gewährt werden, die zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit Kurzarbeit für Arbeitnehmer durchführen, wenn 1. der Betrieb durch vorüber gehende nicht saisonbedingte wirtschaftliche Schwierigkeiten betroffen ist, 2. die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice rechtzeitig verständigt wurde und in einer zwischen dem Arbeitsmarktservice und dem Arbeitgeber erfolgenden Beratung, der vom Arbeitsmarktservice der Betriebsrat und die gemäß Z 3 in Betracht kommenden kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer beizuziehen sind, keine andere Lösungsmöglichkeit für die bestehenden Beschäftigungsschwierigkeiten gefunden wurde und 3. zwischen den für den Wirtschaftszweig in Betracht kommenden kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer unabhängig vom Bestehen eines Betriebsrates Vereinbarungen über die Leistung einer Entschädigung während der Kurzarbeit (Kurzarbeitsunterstützung) und die näheren Bedingungen der Kurzarbeit sowie die Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes getroffen werden. […]“
Systematisch ist § 37b AMSG im 2. Abschnitt Besondere Vorschriften für Beihilfen zur Deckung des Lebensunterhaltes angesiedelt. Dieser 2. Abschnitt ist wiederum in 3. Hauptstück Finanzielle Leistungen eingegliedert. In diesem Hauptstück findet sich im 1. Abschnitt Allgemeines § 34 Abs. 3 AMSG mit folgender Textierung: „Beihilfen § 34. […] (3) Auf Beihilfen besteht kein Rechtsanspruch. […]“
Der VfGH führt im Rechtssatz vom 23.06.2021, KI14/2020, aus: „Aufhebung der Beschlüsse des Bezirksgerichts Klagenfurt v 06.03.2019, Z23 C 36/19p, und des Landesgerichts Klagenfurt v 03.04.2019, Z4 R 82/19d. Es ist offenkundig, dass im vorliegenden Fall in derselben Sache - die Unterbringung in einer stationären Einrichtung nach §11 K-MSG - ein Gericht und eine Verwaltungsbehörde (die Kärntner Landesregierung, mit Bescheid vom 05.12.2019, 05-P-AHPH-27079/36-2019) die Zuständigkeit abgelehnt haben, diese Ablehnung aber in einem Fall zu Unrecht erfolgt ist. Sowohl das Landesgericht Klagenfurt als auch die Kärntner Landesregierung verneinten ihre Zuständigkeit zur Entscheidung über die von der antragstellenden Partei geltend gemachten Ansprüche auf Unterbringung in einer stationären Einrichtung nach §11 Abs1 K-MSG: Das Landesgericht Klagenfurt geht davon aus, dass die Entscheidung über den Anspruch im Verwaltungsweg zu ergehen habe, da nach §49 K-MSG lediglich Ersatzansprüche nach §§47 und 48 K-MSG im Zivilrechtsweg geltend zu machen seien. Die Kärntner Landesregierung nimmt demgegenüber auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift des §61 K-MSG an, dass hinsichtlich dieses Anspruches für die Erlassung eines Bescheides kein Raum bleibe. Das Landesgericht Klagenfurt hat seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint: Das Land Kärnten gewährt Leistungen der sozialen Mindestsicherung unter bestimmten Voraussetzungen auch durch Unterbringung, Verpflegung sowie Betreuung und Hilfe in stationären Einrichtungen (§11 K-MSG). In der taxativen Aufzählung der Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht (§8 Abs2 K-MSG), ist hinsichtlich §11 K-MSG nur Abs2 leg cit genannt, also der Anspruch auf ein Taschengeld für Hilfe Suchende, die soziale Mindestsicherung in einer stationären Einrichtung erhalten. Die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung sowie Hilfe in stationären Einrichtungen nach §11 Abs1 K-MSG selbst ist jedoch nicht aufgezählt; dies steht auch im Einklang mit dem Wortlaut - "Soziale Mindestsicherung kann [...] durch Unterbringung, Verpflegung sowie Betreuung und Hilfe in stationären oder teilstationären Einrichtungen [...] geleistet werden" - des §11 Abs1 K-MSG. Bei der Unterscheidung zwischen behördlichen und nichtbehördlichen Aufgaben nach §§60 und 61 K-MSG idF LGBl 16/2012 zählt die Unterbringung von Hilfe Suchenden in Einrichtungen gemäß §11 K-MSG ausdrücklich zu den nichtbehördlichen Aufgaben, die dem Land als Träger von Privatrechten obliegen (§61 Abs1 lity K-MSG). Diese ausdrückliche Zuständigkeit wurde mit LGBl 97/2010 eingefügt. Hingegen ist die Landesregierung im Fall einer Unterbringung nach §11 K-MSG für sonstige erforderliche Maßnahmen des 3. Abschnitts, auf die ein Rechtsanspruch besteht, und die Bezirksverwaltungsbehörde für alle (sonstigen) behördlichen Maßnahmen - soweit durch das K-MSG nicht anderes bestimmt ist - zuständig. Zum Ersten besteht damit auf die Unterbringung in einer Einrichtung nach §11 Abs1 K-MSG als eine Leistung der sozialen Mindestsicherung kein Rechtsanspruch (vgl "kann" in §11 Abs1 K-MSG und §8 Abs2 iVm §11 Abs2 K-MSG). In diesem Zusammenhang ist aber zu berücksichtigen, dass die vom Gesetzgeber vorgesehenen Leistungen zwar (teilweise) im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erbracht werden. Aus der Fiskalgeltung der Grundrechte folgt aber, dass Betroffene einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf haben, dass ihnen solche Förderungen in gleichheitskonformer Weise und nach sachlichen Kriterien ebenso wie anderen Förderungswerbern gewährt werden. Zum Zweiten zählt §61 Abs1 lity K-MSG idF LGBl 16/2012 ausdrücklich die Unterbringung in Einrichtungen nach §11 K-MSG als eine nichtbehördliche, vom Land als Träger von Privatrechten zu vollziehende Aufgabe auf. Dies steht auch im Einklang mit den behördlichen Aufgaben nach §60 K-MSG idF LGBl 16/2012: Nach Abs1 litc leg cit sind behördliche, der Landesregierung obliegende Aufgaben nur jene Maßnahmen, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Das ist im Falle einer Unterbringung in einer Einrichtung nach §11 K-MSG der Anspruch auf Taschengeld (§8 Abs2 iVm §11 Abs2 K-MSG). Die "Auffangklausel" in §60 Abs2 litb K-MSG idF LGBl 16/2012 - wonach die Bezirksverwaltungsbehörde für alle behördlichen Maßnahmen nur dann zuständig ist, wenn das Gesetz nicht anderes bestimmt - berücksichtigt, dass die Unterbringung in Einrichtungen nach §11 K-MSG gemäß §61 Abs1 lity K-MSG idF LGBl 16/2012 als eine nichtbehördliche und somit nicht in die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde fallende Aufgabe ausdrücklich festgelegt ist. Zum Dritten ist gemäß §57 Abs4 K-MSG ein Bescheid nur hinsichtlich Leistungen zu erlassen, auf die ein Rechtsanspruch besteht (sowie über die dafür einzusetzenden eigenen Mittel, Rückerstattungspflichten und die Einstellung der Leistungen). Ein Rechtsanspruch besteht nach der ausdrücklichen Regelung in §8 Abs2 K-MSG hinsichtlich der sozialen Mindestsicherung in stationären Einrichtungen nach §11 K-MSG aber lediglich hinsichtlich des Taschengeldes. Dem steht auch nicht die Auffassung des Landesgerichtes Klagenfurt entgegen, dass grundsätzlich auf das auf Antrag oder von Amts wegen eingeleitete Verfahren über Leistungen sozialer Mindestsicherung die Vorschriften des AVG anzuwenden sind und nach §49 K-MSG bloß Ersatzansprüche des Landes gegenüber ehemaligen Empfängern und Dritten im Zivilrechtsweg geltend zu machen sind. Denn §1 JN weist die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen, soweit sie nicht durch besondere Gesetze vor andere Behörden oder Organe verwiesen sind, den ordentlichen Gerichten zu. Der Landesgesetzgeber hat durch die ausdrückliche Regelung, dass kein Rechtsanspruch besteht, unzweifelhaft festgelegt, dass diese Art der Förderung im Wege der nicht hoheitlichen Verwaltung erfolgen soll. Bei staatlichen Förderungen, die nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung geleistet werden, ist die Rechtsbeziehung zwischen dem Rechtsträger des zur Gewährung solcher Förderungen (hier: gemäß §61 K-MSG) ermächtigten Organs und dem Bewerber/Antragsteller um eine solche Förderung als bürgerliche Rechtssache iSd §1 JN anzusehen. Es trifft demgemäß nicht zu, dass die Ansprüche auf Unterbringung in einer Einrichtung gemäß §11 K-MSG öffentlich-rechtlich geregelt und Streitigkeiten im Verwaltungsweg auszutragen sind. Nach dem Gesagten sind diese Ansprüche vielmehr als bürgerliche Rechtssachen in der Bedeutung des §1 JN anzusehen und daher vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgen.“
Fallgegenständlich folgt aus der Anordnung des § 34 Abs. 3 AMSG „kein Rechtsanspruch“ und der Textierung des § 37b AMSG „können“, dass sich kein Rechtsanspruch aus letztgenannter Bestimmung ableiten lässt. Auch aufgrund der Einordnung im Hauptstück „Finanzielle Leistungen“ ist vom Handeln im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung der Landesgeschäftsstelle des AMS seitens des erkennenden Senates auszugehen.
Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.
Ein Fehlen der Bescheidbezeichnung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid dann unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält. Aus dem Spruch muss sich in diesem Fall eindeutig ergeben, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt ist aus der Form und Formulierung der behördlichen Erledigung abzuleiten. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, sowie Hinweise auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden.
In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung (also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung) Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist somit die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Für die Beurteilung als Bescheid sind die objektiven Merkmale eines Schriftstückes maßgebend und nicht die subjektive Absicht der Behörde, von der das Schriftstück ausgegangen ist (vgl. zuletzt VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0007 sowie 01.09.2015, Ra 2015/03/0060, mwN). Nach Form und Inhalt der Erledigung muss für jedermann erkennbar sein, dass es sich um einen Bescheid handelt (vgl. VwGH vom 30.10.2015, Ra 2015/03/0051). An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muss hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. VwGH vom 23.11.2011, 2009/11/0022 mwN).
Im gegenständlichen Fall hat das AMS der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 08.07.2021 mitgeteilt, dass das Begehren auf die Beihilfe nicht bewilligt werde. Es handelt sich hier um ein Mitteilungsschreiben, nicht jedoch um einen Bescheid, was sich insbesondere auch daraus ergibt, dass dieses Schreiben keine Bescheidbezeichung aufweist, vom „Begehren um Gewährung einer Kurzarbeitshilfe“ spricht, und darauf verwiesen wird, dass kein Rechtsanspruch bestehe. Die briefförmigen Einleitungs- und Schlussfloskeln weisen darauf hin. Abschließend entspricht auch die mit „P“ einleitende Geschäftszahl nicht jenen Geschäftszahlen, mit denen üblicherweise Bescheide erlassen werden. Diese Geschäftszahlen bestehen in der Regel aus vier, durch Bindestriche getrennte, Zahlenblöcken, beginnend mit der Jahreszahl.
Des Weiteren ist das Schreiben vom 08.07.2021 als Antwort auf das „Begehren um Beihilfengewährung gem. § 37b Arbeitsmarktservicegesetz“ zu sehen. In diesem Begehren ist eine Verpflichtungserklärung für Förderungsnehmer enthalten.
Die mangelnde Unterfertigung kann aus Sicht des erkennenden Senates jedoch nicht als stichhaltiges Kriterium zur Unterscheidung dienen, gilt es doch zu berücksichtigen, dass Bescheide des AMS, die im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung erstellt wurden, aufgrund der Normierung in § 47 Abs. 1 letzter Satz AlVG weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedürfen und somit in der Regel keine Unterschrift aufweisen.
Vor dem dargelegten Hintergrund ist das Schreiben des AMS vom 08.07.2021 in Abwägung aller Kriterien nicht als Bescheid zu qualifizieren. Dieses weist nicht die äußere Form eines Bescheides auf, da es weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung gegliedert ist.
Das Schreiben des AMS vom 08.07.2021 stellt sohin keinen rechtswirksam erlassenen Bescheid dar.
Soweit daher die Beschwerdeführerin die Überprüfung der Ablehnung des Förderungsbegehrens beabsichtigt, ist die Beschwerdeführerin auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Dies ergibt sich auch aus der „Beschwerde“ datierend auf 05.08.2021, die diesbezüglich selbst auf unzählige OGH Entscheidungen verweist und gerade nicht auf Entscheidungen des VwGH.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.
Es ist keine Rechtsprechung des VwGH zur Einordnung von, die Gewährung von Kurzarbeitshilfe ablehnenden, Mitteilungen gem. § 37b ASVG als Form des hoheitlichen oder privatwirtschaftlichen Wirkens der Landesgeschäftsstelle des AMS vorhanden.
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidqualität Kurzarbeitsbeihilfe Mitteilung Privatwirtschaftsverwaltung Rechtsanspruch Rechtsmittelbelehrung Revision zulässig ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W228.2246672.1.00Im RIS seit
28.10.2021Zuletzt aktualisiert am
28.10.2021