Entscheidungsdatum
30.09.2021Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W250 2242527-4/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , alias XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria alias Liberia in Schubhaft zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise am 24.11.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz unter einer im Spruch angegebenen Alias Identität, der mit Bescheid vom 15.12.2005 vollinhaltlich abgewiesen wurde. Sowohl eine Beschwerde an den Unabhängigen Bundesasylsenat als auch eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof blieben erfolglos. Der mittlerweile mehrfach strafgerichtlich verurteilte BF kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und verblieb ab dem Jahr 2008 illegal im Bundesgebiet. Weitgehend führte er ein Leben im Verborgenen und war behördlich über längere Zeiträume nicht gemeldet.
2. Am 21.09.2012 stellte der BF einen Antrag auf Aufhebung des Rückkehrverbotes welcher am 24.04.2013 mit Bescheid einer Bundespolizeidirektion abgewiesen wurde. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Am 03.12.2012 wurde sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung, den er am 23.08.2012 gestellt hatte, rechtskräftig abgewiesen.
3. Am 21.11.2016 erlangte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) erstmals Kenntnis von der tatsächlichen Identität des BF, insbesondere dass es sich bei ihm um einen nigerianischen Staatsangehörigen handelt, da eine Kopie seines nigerianischen Reisepasses, ausgestellt durch die nigerianische Vertretungsbehörde in Österreich, von dritter Seite dem Bundesamt zugespielt wurde.
4. Am 20.04.2017 wurde der BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zufällig aufgegriffen. Am 21.04.2017 wurde über den BF eine erste Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die nigerianische Vertretungsbehörde wurde zugesagt, nachdem der BF noch am Tag der Anordnung der Schubhaft als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert worden war. Durch das Verschlucken eines abgebrochenen Löffelstiels presste sich der BF unmittelbar vor der geplanten Abschiebung aus der Schubhaft frei. Seine Abschiebung musste storniert und der BF aus der Schubhaft entlassen werden.
5. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 28.04.2017 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Gleichzeitig wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.07.2017 als unbegründet abgewiesen. Eine hiergegen eingebrachte Revision beim Verwaltungsgerichtshof blieb ebenfalls erfolglos. Eine Ausreise des BF erfolgte abermals nicht.
6. Am 09.05.2018 wurde der BF im Zuge einer Personenkontrolle erneut aufgegriffen und am 10.05.2018 neuerlich Schubhaft über ihn angeordnet. Am 12.09.2018 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen, da keine Ausstellung eines Heimreisezertifikates möglich war. Dem BF wurde eine Wohnsitzauflage erteilt, die dieser jedoch nicht einhielt.
7. Am 10.07.2019 wurde der BF nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung festgenommen und in eine Justizanstalt verbracht. Ein Landesgericht verurteilte ihn am 25.10.2019 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren. Diese verbüßte der BF bis 09.04.2021
8. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 31.03.2021 wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über den BF angeordnet. Am 09.04.2021 wurde der BF bedingt aus der Strafhaft entlassen und daran anschließend bis 15.04.2021 in Verwaltungsstrafhaft angehalten. Am 15.04.2021 wurde der Schubhaftbescheid vom 31.03.2021 in Vollzug gesetzt, seither wird der BF in Schubhaft angehalten. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.05.2021 als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
9. Für den BF wurde am XXXX von der nigerianischen Vertretungsbehörde erneut die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesagt. Der BF verweigerte seither fünf Mal vorsätzlich die Durchführung eines PCR-Tests im Zusammenhang mit den Einreisebestimmungen Nigerias, um seine Abschiebung zu vereiteln.
10. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.08.2021 und 06.09.2021 wurde jeweils festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft vorliegen.
11. Am 24.09.2021 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur erneuten Überprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG vor und erstattete eine Stellungnahme, welche dem BF zum Parteiengehör übermittelt wurde. Das Bundesamt führte in seiner Stellungnahme insbesondere aus, dass am 12.10.2021 die Abschiebung des BF geplant sei. An diesem Termin sei auch die Abschiebung von Personen möglich, die die Vornahme des für die Einreise nach Nigeria grundsätzlich erforderlichen PCR-Tests verweigern.
12. Der BF gab im Rahmen des Parteiengehörs im Wege seiner Rechtsvertreterin im Wesentlichen an, dass er einen minderjährigen Sohn habe, der von einem Verein, der sich um die Unterbringung und Betreuung von entwicklungsgefährdeten Kindern und Jugendlichen kümmere, betreut werde. Da die Kindesmutter schwer an Krebs erkrankt sei, habe sein Sohn nur den BF als Bezugsperson. Der BF telefoniere täglich mit seinem Sohn und werde von diesem zwei Mal pro Woche in der Schubhaft besucht. Es sei daher nicht nur im Interesse des BF sondern ganz besonders im Interesse seines Sohnes, dass der BF ehest möglich aus der Schubhaft entlassen werde und die Möglichkeit habe, in Österreich zu bleiben um sich aktiv um die Obsorge kümmern zu können. Diesbezüglich habe er auch die nigerianische Vertretungsbehörde um Unterstützung ersucht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Zum Verfahrensgang (I.1. – I.12.)
Der unter Punkt I.1. – I.12. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
2. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Der BF ist ein volljähriger Staatsangehöriger Nigerias, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
2.2. Der BF wird seit 15.04.2021 in Schubhaft angehalten, die gesetzliche Frist zur neuerlichen Überprüfung der Schubhaft endet am 04.10.2021. Der BF wurde bereits von 21.04.2017 bis 22.06.2017 und von 10.05.2018 bis 12.09.2018 in Schubhaft angehalten.
2.3. Der BF leidet an Bluthochdruck und einem Problem mit seinem Augenlid. Der BF ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.
2.4. Der BF weist in Österreich folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:
2.4.1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 31.03.2005, rechtskräftig am 04.04.2005, wurde der BF wegen der teils vollendeten teils versuchten Vergehen nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 erster Fall Suchtmittelgesetz – SMG und § 15 Strafgesetzbuch – StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Der BF hat am 24.02.2005 entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift (Kokain und Heroin) anderen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen und zu überlassen versucht.
2.4.2. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 17.02.2006, rechtskräftig am 17.02.2006, wurde der BF nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 SMG und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Die mit Urteil vom 31.03.2005 erteilte Strafnachsicht wurde widerrufen. Der BF hat von Mitte Jänner 2006 bis 02.02.2006 entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift (Marihuana und Heroin) anderen gewerbsmäßig überlassen und zu überlassen versucht.
2.4.3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 11.10.2007, rechtskräftig am 11.10.2007, wurde der BF nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Der BF hat am 31.08.2007 entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift (Kokain) gewerbsmäßig anderen überlassen.
2.4.4. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 25.06.2010, rechtskräftig am 28.06.2010, wurde der BF wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Der BF gebrauchte am 13.03.2010 in einem öffentlichen Verkehrsmittel ein total gefälschtes spanisches Schengenvisum, mithin eine ausländische öffentliche Urkunde, die inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, im Rechtsverkehr durch Vorweisen bei einer Personenkontrolle der Polizei zum Beweis seines Namens sowie zum Beweis des Rechtes auf Aufenthalt im Schengenraum.
2.4.5. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 10.07.2014, rechtskräftig am 15.07.2014, wurde der BF wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB sowie wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Der BF hat am 31.12.2013 mit dem Vorsatz sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern einen Dritten durch Täuschung über Tatsachen, nämlich ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Gast zu sein, zu der Bereitstellung von Getränken verleitet. Der BF hat am 31.12.2013 die Eingangstüre eines Lokals durch Einschlagen beschädigt.
2.4.6. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 25.10.2019, rechtskräftig am 25.10.2019, wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Der BF hat Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich Heroin (Wirkstoff Heroin) und Kokain (Wirkstoff Cocain)
A./ durch gewinnbringenden Verkauf nachgenannten Personen überlassen, insgesamt zumindest Heroin mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 3,77 % Heroin, 0,2 % Acetylcodein und 0,4 % Monoacetylmorphin und Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 31,11 % Cocain, zum Preis von 30,- Euro für eine Kugel Kokain und 24,- Euro für eine Kugel Heroin, und zwar einem verdeckten Ermittler insgesamt 3,5 Gramm Heroin, und zwar am 24.05.2019 zwei Kugeln mit insgesamt 1,5 Gramm Heroin, am 06.06.2019 ein Gramm Heroin, am 19.06.2019 ein Gramm Heroin; einer weiteren Person insgesamt zumindest 38 Kugeln Kokain, und zwar im Zeitraum von Anfang April 2019 bis 10.07.2019 in 35 Angriffen insgesamt zumindest 35 Kugeln, am 10.07.2019 drei Kugeln mit drei Gramm brutto; einer weiteren Person im Zeitraum von Anfang April 2019 bis 10.07.2019 in 20 Angriffen insgesamt zumindest 20 Gramm Kokain; einer weiteren Person im Zeitraum von Anfang des Jahres 2018 bis Ende des Jahres 2018 in 20 Angriffen zumindest 20 Gramm Heroin; einer weiteren Person im Zeitraum von Anfang des Jahres 2019 bis 10.07.2019 in 100 Angriffen zumindest 30 Gramm Kokain; einer weiteren Person im Zeitraum von März 2019 bis 10.07.2019 in 20 Angriffen 10 Gramm Heroin und 10 Gramm Kokain; einer weiteren Person im Zeitraum von Jänner 2019 bis 10.07.2019 in zehn Angriffen ein Gramm Kokain und zumindest 20 Gramm Heroin; einer weiteren Person von April 2019 bis 10.07.2019 in mehreren Angriffen insgesamt zumindest 20 Gramm Kokain; einer weiteren Person insgesamt zumindest 10 Gramm Kokain und zwar im Dezember 2018 in fünf Angriffen fünf Kugeln Kokain und fünf Kugeln Heroin und im Zeitraum von Juni 2019 bis 10.07.2019 in zehn Angriffen insgesamt zumindest 10 Gramm Kokain; einer weiteren Person und einem unbekannten Abnehmer im Zeitraum von Anfang Mai bis 10.07.2019 in zehn Angriffen insgesamt zumindest zehn Gramm Kokain; einer weiteren Person im Zeitraum von Dezember 2018 bis 10.07.2019 in acht Angriffen insgesamt acht Gramm Kokain und vier Gramm Heroin; einer weiteren Person seit Juni 2019 bis 10.07.2019 in vier Angriffen insgesamt vier Gramm Kokain und eine Kugel Heroin; einer weiteren Person im Zeitraum von Jänner 2019 bis 21.06.2019 in sechs Angriffen zumindest sechs Gramm Kokain; einer weiteren Person im Zeitraum von März 2019 bis Anfang Juli 2019 in mehreren Angriffen insgesamt zumindest 10 Gramm Kokain; einer weiteren Person insgesamt zumindest acht Gramm Heroin im Zeitraum von April 2019 bis 15.06.2019 in sechs Angriffen; einer weiteren Person und einem unbekannten Abnehmer im Zeitraum von Mai 2019 bis Ende Juni 2019 in zumindest acht Angriffen insgesamt zumindest fünf Gramm Kokain; einer weiteren Person seit Juni 2019 bei zwei Treffen insgesamt zwei Kugeln Kokain; einer weiteren Person im Zeitraum von Anfang Juni 2019 bis 10.07.2019 in zumindest vier Angriffen insgesamt drei Gramm Heroin; einer weiteren Person im Zeitraum von Mai 2019 bis 29.06.2019 in vier Angriffen insgesamt vier Gramm Kokain; einer weiteren Person im Zeitraum von März 2019 bis 09.07.2019 in zumindest vier Angriffen insgesamt fünf Gramm Kokain; einer weiteren Person im Zeitraum von Mai 2019 bis Ende Juni 2019 in zehn Angriffen 10 Gramm Kokain; einer weiteren Person im Zeitraum von Anfang des Jahres 2019 bis 10.07.2019 in 25 Angriffen insgesamt 25 Kugeln Kokain;
B./ zu überlassen versucht, und zwar am 10.07.2019 8,2 Gramm netto Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 31,11 % Cocain und 19,7 Gramm netto Heroin mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 3,77 % Heroin, 0,2 % Acetylcodein und 0,4 % Monoacetylmorphin, an Reinsubstanz sohin 2,55 Gramm Cocain, 0,74 Gramm Heroin, 0,04 Gramm Acetylcodein und 0,08 Gramm Monoacetylmorphin, indem er das Suchtgift zum unmittelbar bevorstehenden Verkauf bereits in Kugeln verpackt bereithielt.
3. Zur Fluchtgefahr, zum Sicherungsbedarf und zur Verhältnismäßigkeit:
3.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 28.04.2017 wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt, die aufschiebende Wirkung gegen eine Rückkehrentscheidung aberkannt und ein Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren verhängt. Das Bundesverwaltungsgericht gab einer Beschwerde hiergegen nicht Folge. Es besteht gegen den BF eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.
3.2. Der BF ist nicht ausreisewillig und wirkt am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung nicht mit. Er verweigert Angaben zu seiner Identität und nutze bereits mehrfach Alias-Identitäten um seine wahre Identität zu verschleiern.
3.3. Der BF befand sich bereits im Jahr 2017 in Schubhaft und war seine Abschiebung bereits organisiert. Der BF hat durch Verschlucken eines abgebrochenen Löffels seine Abschiebung am 22.06.2017 vereitelt und konnte sich so aus der Schubhaft freipressen. Der BF ist in der Vergangenheit mehrfach untergetaucht und war für die Behörden nicht greifbar.
3.4. Eine mit Bescheid des Bundesamtes vom 13.02.2019 erteilte Wohnsitzauflage befolgte der BF nicht.
3.5. Der BF verfügt in Österreich seit Beginn seiner Strafhaft im Jahr 2019 weder über einen gesicherten Wohnsitz noch über wesentliche soziale Beziehungen. Der BF hat einen minderjährigen Sohn im Bundesgebiet, zu dem er seit dem Jahr 2017 Kontakt hat. In Schubhaft hat der BF regelmäßig telefonischen Kontakt zu seinem Sohn und wird von diesem regelmäßig besucht. In einem gemeinsamen Haushalt hat der BF mit seinem Sohn bisher nicht gewohnt. Der BF geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat in Österreich kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. Der BF verfügt aktuell über keine nennenswerten Barmittel. Er hat in Österreich mehrfach im Verborgenen Unterkunft genommen und sich nicht behördlich angemeldet.
3.6. Seit 11.01.2021 müssen alle nach Nigeria rückzuführenden Personen ein mehrstufiges Quarantäneprotokoll befolgen. Ein Teil dieses Quarantäneprotokolls verlangt, dass vor dem Abflug ein PCR-Test vorzuweisen ist, der nicht älter als 96 Stunden (vier Tage) alt sein darf. Eine schriftliche Ausfertigung dieses Testergebnisses muss in englischer Sprache als Nachweis bei der Übergabe in Nigeria an die Behörden vorgelegt werden. Die notwendigen Tests werden im Zuge der Anhaltung einige Tage vor dem Charter durch die LPD durchgeführt. Personen, die die Durchführung des Tests verweigern, werden in einem anschließenden Gespräch mit der Rückkehrberatung, der Schubhaftbetreuung und im Beisein eines Dolmetschers nochmals aufgeklärt. Durch derartige Gespräche lassen sich manchmal Unklarheiten beseitigen und die Tests werden nachgeholt. Der BF hat die für seine Abschiebung erforderlichen PCR-Tests bisher verweigert, sodass es nicht möglich war, den BF im Rahmen von Charterflügen am 26.05.2021, 22.06.2021, 27.07.2021, 24.28.2021 und 21.09.2021 abzuschieben.
3.7. Am XXXX wurde von der nigerianischen Botschaft ein bis XXXX gültiges Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt. Am XXXX wurde von der nigerianischen Botschaft neuerlich ein Heimreisezertifikat ausgestellt, welches bis XXXX gültig war. Am XXXX wurde ein bis XXXX gültiges Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt.
3.8. Die Abschiebung des BF nach Nigeria ist für den 12.10.2021 geplant. An diesem Termin werden auch Personen, die den PCR-Test verweigern, von Nigeria übernommen.
3.9. Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten in besonders ausgeprägtem Maß vertrauensunwürdig und nicht kooperativ. Der BF wird im Falle der Entlassung aus der Schubhaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit untertauchen um sich seiner Abschiebung zu entziehen.
3.10. Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft zu Gunsten des BF hat sich seit der letzten Überprüfung ihrer Verhältnismäßigkeit im Verfahren nicht ergeben.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren des BF betreffend, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das asyl- und fremdenrechtliche Verfahren des BF betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft:
1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren des BF betreffend, aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das asyl- und fremdenrechtliche Verfahren des BF betreffend, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem von der nigerianischen Vertretungsbehörde ausgestellten Heimreisezertifikat. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Da sein Asylantrag rechtskräftig vollinhaltlich abgewiesen wurde handelt es sich beim BF weder um einen Asylberechtigten noch um einen subsidiär Schutzberechtigten.
1.3. Der Zeitpunkt, seit dem der BF in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei. Da die letzte Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft am 06.09.2021 erfolgte, endet die vierwöchige Frist zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit am 04.10.2021. Dass der BF bereits in den Jahren 2017 und 2018 in Schubhaft angehalten wurde ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.
1.4. Die Feststellung, wonach der BF haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten. Auch im Rahmen des Parteiengehörs wurde vom BF kein Vorbringen erstattet, das auf gesundheitliche Beschwerden hindeutet.
1.5. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF beruhen auf den vom Bundesamt im Rahmen der ersten Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vorgelegten Urteilsausfertigungen.
2. Zur Fluchtgefahr, zum Sicherungsbedarf und zur Verhältnismäßigkeit:
2.1. Die Feststellungen zur rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung beruhen auf dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen den diesbezüglichen Bescheid des Bundesamtes vom 28.04.2017 betreffend.
2.2. Dass der BF nicht rückkehrwillig ist, ergibt sich aus seinem gesamten Verhalten im bisherigen Verfahren. Der BF hat sämtliche Entscheidungen, die seine Ausreise nach sich ziehen müssten, bisher ignoriert, so er nicht in Strafhaft war. Weiters hat der BF bis zum letztmöglichen Zeitpunkt seine wahre Identität verschleiert.
2.3. Dass sich der BF seiner Abschiebung im Jahr 2017 durch Schlucken eines Gegenstandes widersetzte und sich so aus der Schubhaft freipresste basiert auf der Stellungnahme des Bundesamtes und der Anhaltedatei.
2.4. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass dem BF mit Bescheid des Bundesamtes vom 13.02.2019 eine Wohnsitzauflage erteilt worden ist. Aus einer im Verwaltungsakt einliegenden Mitteilung des Bundesamtes vom 20.02.2019 ergibt sich, dass sich der BF nicht an der aufgetragenen Adresse eingefunden hat. Eine Überprüfung durch eine Landespolizeidirektion am letzten gemeldeten Wohnsitz des BF ergab am 15.04.2019, dass sich der BF auch dort nicht aufhielt.
2.5. Die Feststellungen zur fehlenden sozialen und beruflichen Integration und dem fehlenden Wohnsitz ergeben sich aus seiner Einvernahme vor dem Bundesamt. Die Feststellungen zu seinen finanziellen Verhältnissen ergeben sich aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums. Die Tatsache, dass der BF im Bundesgebiet nie berufstätig war, ergibt sich aus einem Versicherungsdatenauszug.
Die Feststellung zur Unterkunftnahme im Verborgenen ergibt sich aus dem ZMR, da hierzu unter der tatsächlichen Identität des BF längere Meldelücken aufscheinen. Dass dem BF sein Quartier nach dem Ende der Strafhaft noch zur Verfügung gestanden wäre, ist nicht ersichtlich.
Die Feststellungen zum Sohn des BF und der Häufigkeit des Kontakts ergeben sich aus der Stellungnahme des Bundesamtes sowie aus der Stellungnahme des BF hierzu. Aufgrund der eigenen Angaben des BF im Rahmen des Parteiengehörs vom 17.02.2021 und dem vorgelegten Schreiben des Vereins „Oase“ vom 21.01.2021 ergibt sich, dass der BF mit seinem Sohn seit Oktober 2017 regelmäßigen Kontakt hat. Der BF gibt hierzu an, mit seinem Sohn täglich telefoniert zu haben und von ihm in der Haft auch besucht worden zu sein. Ein gemeinsames Familienleben etwa mit demselben Wohnsitz ist jedoch klar nicht gegeben. Weiters gibt der BF den Namen und die Adresse eines Freundes in Wien und einer Freundin in Oberösterreich an. Darüberhinausgehende soziale bzw. familiäre Kontakte wurden weder bescheinigt noch sind diese im Verfahren hervorgekommen. Der BF hat auch bisher nach dem Akteninhalt von Sozialleistungen gelebt und war zur eigenen dauerhaften Existenzsicherung nicht in der Lage. Die Feststellung, dass der BF im Verfahren keinen gesicherten Wohnsitz bescheinigen konnte, beruht darauf, dass der BF lediglich behauptete bei einem namentlich genannten Freund nach der Haft unterkommen zu können.
2.6. Die Feststellungen zu den Einreisevoraussetzungen in Nigeria beruhen ebenso auf der Stellungnahme des Bundesamtes wie jene zu der bisherigen Weigerung des BF, einen PCR-Test durchzuführen. Die Feststellungen zum Heimreisezertifikat, den geplanten bzw. stornierten Charterflügen, der 5-maligen Verweigerung des BF zur Durchführung eines Covid-PCR-Tests sowie den Bemühungen des Bundesamtes in Bezug auf Testverweigerer ergeben sich aus den Stellungnahmen des Bundesamtes anlässlich der Aktenvorlage sowie den aktuellen Informationen des Bundesamtes zu Rückführungen. Diesen Informationen ist insbesondere zu entnehmen, dass für 12.10.2021 eine Abschiebung auch jener Personen organisiert wurde, die die Durchführung eines PCR-Tests verweigern. Dass für den BF ein gültiges Heimreisezertifikat vorliegt, ergibt sich aus dem Zentralen Fremdenregister.
2.7. Es besteht fallbezogen kein Zweifel daran, dass der BF alles tun wird um seine Abschiebung zu vereiteln bzw. zu verhindern. Er ist schon aus diesen Gründen als höchst unkooperativ einzustufen. Auch zeigen seine Suchtgiftstraftaten im Jahr 2019 wie schnell der BF strafrechtlich rückfällig wird. Aber auch die anderen verübten Straftaten (etwa Betrug, Urkundendelikte und Sachbeschädigung) verstärken seine maßgebliche Vertrauensunwürdigkeit. Die fehlende Rückkehrwilligkeit ergibt sich aus seiner schriftlichen Erklärung im Rahmen des Parteiengehörs vor Verhängung der Schubhaft in welcher er eine freiwillige Rückkehr deutlich ausschloss sowie der anfangs konsequenten Verweigerung der Rückkehrberatung durch die BBU. Trotz nun mehrfacher Beratung ist der BF nach wie vor nicht rückkehrwillig. Auf die wiederholte Verweigerung des PCR-Tests als Voraussetzung für die Flugabschiebung wurde bereits oben eingegangen.
Dass der BF nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des BF, aus den unrichtigen Angaben zu seiner Identität, seinen strafrechtlichen Verurteilungen – insbesondere der Tatsache, dass er durch gefälschte Urkunden einen Aufenthaltstitel vortäuschte – sowie auch seinem Verhalten während der Anhaltung in Schubhaft.
Das Gericht geht daher davon aus, dass der BF bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten werde. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der BF sein bisher gezeigtes Verhalten ändern werde.
2.8. Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft zu Gunsten des BF seit ihrer letzten Überprüfung ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
§ 77 Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
3.1.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).
3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich ist.
3.1.4. Die Anhaltung in Schubhaft und die Fortsetzung derselben gründen sich im Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG, da eine durchsetzbare aufenthaltsbeende Maßnahme gegen den BF vorliegt.
3.1.5. Hinsichtlich der Fluchtgefahrtatbestände des §76 Abs. 3 FPG hat sich in Hinblick auf die letzte Überprüfung der Verhältnismäßigkeit zur gegenständlich zu überprüfenden Schubhaft die Fluchtgefahr nicht vermindert. Die Schubhaft ist weiterhin jedenfalls wegen hoher Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem Verhalten des BF mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden kann, dass er seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Es besteht daher jedenfalls Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 8 und 9 FPG und ist auch weiterhin Sicherungsbedarf gegeben.
Zu § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG ist insbesondere festzuhalten, dass der BF über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet verfügt. Er hat in Österreich keinen Wohnsitz mehr, sondern hat bisher teilweise im Verborgenen gelebt. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. Zwar verfügt er über einen Sohn, mit dem er regelmäßig telefoniert und der ihn auch in der Schubhaft besucht, jedoch lebte er mit diesem bisher nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Der BF hat seinen Sohn entsprechend dem im Rahmen des Parteiengehörs erstatteten Vorbringen erst im Jahr 2017 kennen gelernt und hatte bisher ausschließlich im Rahmen von Besuchen bzw. telefonisch Kontakt zu ihm. Zu beachten ist auch, dass der BF trotz dieses familiären Anknüpfungspunktes untergetaucht ist und massiv straffällig geworden ist. Er verfügt im Inland nicht über ein tragfähiges soziales Netz und auch nicht über einen gesicherten Wohnsitz. Er lebte immer wieder über mehrere Wochen ohne behördliche Meldung und missachtete eine Wohnsitzauflage. Seine wenigen Bezugspersonen waren in der Vergangenheit weder in der Lage den BF von der mehrmaligen Begehung von Straftaten abzuhalten, noch ihn vor dem Untertauchen zu bewahren.
3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
In Bezug auf die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland ist festzuhalten, dass der BF zwar den regelmäßigen Kontakt mit seinem mj. Sohn ins Treffen führen konnte, aber sonst keinerlei nennenswerte familiäre oder soziale Kontakte im Inland hat, die im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zugunsten einer Freilassung bzw. eines Belassen in Freiheit zu beeinflussen ausreichend waren. Der BF hat durch seine Ignoranz der ihn treffenden Ausreiseverpflichtung und seine wiederholte Be- bzw. Verhinderung seiner Abschiebungen durch Testverweigerung und sogar Schlucken von Gegenständen klar zum Ausdruck gebracht, dass er keinesfalls ausreisewillig ist und er fremdenrechtliche Bestimmungen gänzlich ignoriert. Er hat in Österreich erfolglos einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt wobei eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen wurde, die der BF ebenso konsequent jahrelang ignoriert hat. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des BF weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an seiner baldigen gesicherten Außerlandesbringung.
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
Der BF weist sechs Vorstrafen auf, wobei er vier Mal nach den Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes rechtskräftig verurteilt wurde. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass er sich durch den Verkauf von Drogen eine Einnahmequelle erschlossen hat und weder durch gerichtlichen Verurteilungen noch durch die Anhaltung in Strafhaft von weiteren einschlägigen Straftaten abgehalten werden konnte. Im Gegenteil steigerte der BF sein kriminelles Verhalten bis hin zum Suchtgifthandel, den er über einen längeren Zeitraum und in einem größeren Ausmaß betrieb. Gerade an der Verhinderung der Drogenkriminalität liegt ein besonders hohes öffentliches Interesse und ist im Fall des BF mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er neuerlich rückfällig wird. Dies insbesondere auch deshalb, da er über keine finanzielle Mittel verfügt und seinen Aufenthalt in der Vergangenheit bereits mehrfach durch den Verkauf von Suchtmittel finanziert hat. Das öffentliche Interesse an der gesicherten Außerlandesbringung des BF überwiegt daher den Schutz der persönlichen Freiheit des BF bei weitem.
Der BF wird seit 15.04.2021 in Schubhaft angehalten. Die Dauer der Anhaltung des BF in Schubhaft ist nur auf seine mangelnde Mitwirkung bzw. mehrfachte aktive Vereitelung seiner Abschiebungen zurückzuführen. Verzögerungen, die in der Sphäre des Bundesamtes liegen, sind nicht zu erkennen. Der BF ist für seine noch immer andauernde Anhaltung in Schubhaft daher selbst verantwortlich. Für den BF wurden bereits mehrfach Heimreisezertifikate von der nigerianischen Botschaft ausgestellt, die aber nicht genutzt werden konnten, da der BF den für den (regulären) Abschiebeflug notwendigen PCR-Test absichtlich und im Vorsatz seine Abschiebung hierdurch zu vereiteln, bisher 5 Mal verweigert hat.
Das Bundesamt hat aber in seiner Stellungnahme glaubwürdig und nachvollziehbar dargelegt, am 12.10.2021 auch Testverweigerer nach Nigeria abschieben zu können. Dass der BF bis dahin in Schubhaft angehalten wird, hat er sich im Sinne des Tatbestandes des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG ausschließlich selbst zuzuschreiben, stellt doch seine Verweigerung der (harm- und schmerzlosen) PCR-Tests den einzigen Grund dar, aus dem die Anhaltung des BF überhaupt noch andauert. Aus diesem Grund ist die Anhaltung des BF in Schubhaft auch unter Berücksichtigung der in den Jahren 2017 und 2018 in Schubhaft verbrachten Zeiträumen verhältnismäßig.
Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des BF daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung und steht auch sein Gesundheitszustand seiner weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht entgegen.
Das Bundesverwaltungsgericht geht sohin davon aus, dass die seit 14.05.2021 aufrechte Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.
3.1.7. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens und angesichts fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens des BF besteht. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere auch, dass dem BF bereits im Jahr 2019 die Auflage erteilt wurde, an einer bestimmten Adresse Unterkunft zu nehmen, er diese Auflage jedoch ignoriert hat und untergetaucht ist.
Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.
3.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
3.1.9. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.
3.2. Zu Spruchteil B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Identität Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Ultima Ratio Untertauchen Vereitelung VerhältnismäßigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W250.2242527.4.00Im RIS seit
28.10.2021Zuletzt aktualisiert am
28.10.2021