TE Vwgh Beschluss 2021/9/30 Ra 2021/18/0265

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Veröffentlicht am 30.09.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des S P, vertreten durch Mag. Sandra Alton, Rechtsanwältin in 1130 Wien, Altgasse 16, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 2021, L506 2188939-1/25E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 17. Februar 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er zunächst mit seinem bereits im Iran bestehenden Interesse am Christentum und später im Wesentlichen damit begründete, dass er aufgrund einer außerehelichen Beziehung mit einer verheirateten Frau (seiner nunmehrigen Lebensgefährtin) von deren Ehemann sowie der iranischen Polizei verfolgt werde.

2        Mit Bescheid vom 6. Februar 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz vollinhaltlich ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, das BVwG habe eine unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen und sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Ermittlungspflicht und zum Überraschungsverbot abgewichen. Das BVwG habe dem angefochtenen Erkenntnis überdies veraltete Länderberichte zugrunde gelegt.

5        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese im Einzelfall in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 11.3.2021, Ra 2021/18/0059, mwN).

10       Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung legt die Revision nicht dar: Das BVwG führte eine mündliche Verhandlung durch, in der es den Revisionswerber ausführlich zu den vorgebrachten Fluchtgründen befragte, und gelangte zum Ergebnis, er habe eine Verfolgung durch staatliche Behörden oder den Ehemann seiner Lebensgefährtin nicht glaubhaft machen können. Dazu stellte es unter anderem fest, dass der angeblichen Bedrohung des Revisionswerbers durch den Ehemann seiner Freundin und Verfolgungshandlungen durch die iranische Polizei aus näher dargestellten Gründen kein Glauben geschenkt werden könne. Das BVwG würdigte in diesem Zusammenhang - in nicht unvertretbarer Weise - insbesondere, dass der Revisionswerber seinen Antrag zunächst mit der ihm drohenden Verfolgung aufgrund seiner Kreuz-Tätowierung und seiner Kirchenbesuche begründet, dies jedoch im späteren Verfahren zurückgenommen habe. Hingegen habe er eine Bedrohung durch den Ehemann seiner Lebensgefährtin zunächst gar nicht explizit erwähnt. Außerdem erachtete das BVwG das Vorbringen aus zahlreichen weiteren, im Einzelnen genannten Gründen (so hätten etwa weder der Revisionswerber noch die Lebensgefährtin den Beginn der Beziehung datumsmäßig fixieren können) als unplausibel und widersprüchlich. Zusätzlich führte das BVwG aus, näher angeführten Länderberichten sei zu entnehmen, dass der Revisionswerber wegen seiner Beziehung mit der Freundin bei Rückkehr in den Iran keine (maßgebliche) Bestrafung zu erwarten habe.

11       Die Revision macht vor allem geltend, das BVwG habe dem Umstand, dass es sich bei der Freundin des Revisionswerbers - nach den vorgelegten Personaldokumenten - um eine verheiratete Frau handle, keine ausreichende Beachtung geschenkt. Sie verweist darauf, dass der Ehebruch im Iran für Frauen in der jüngeren Vergangenheit mit Steinigung bestraft worden sei. Dabei lässt die Revision zum einen außer Acht, dass das BVwG den behaupteten Verfolgungshandlungen gegenüber dem Revisionswerber wegen des angeblichen Ehebruchs vor der Flucht aus dem Iran in einer (zumindest) schlüssigen Beweiswürdigung keinen Glauben geschenkt hat. Zum anderen zeigt sie nicht hinreichend auf, dass und aus welchen Gründen dem (männlichen) Revisionswerber aufgrund der festgestellten Beziehung zu seiner Freundin bei Rückkehr in den Iran eine asylrelevante Verfolgung drohen würde oder ihm am Maßstab des § 8 AsylG 2005 subsidiärer Schutz zu gewähren wäre.

12       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021180265.L00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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