TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/1 W249 2140860-2

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Veröffentlicht am 01.07.2021
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Entscheidungsdatum

01.07.2021

Norm

AVG §13 Abs7
B-VG Art132 Abs1
B-VG Art133 Abs4
EisbG §48 Abs2
EisbG §48 Abs3
EisbG §49 Abs2
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W249 2140860-2/76E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des BUNDESMINISTERS FÜR VERKEHR, INNOVATION UND TECHNOLOGIE vom XXXX , GZ. XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , GZ. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt (Pkt. A I.) bzw. beschlossen (Pkt. A II.):

A)

I. Aufgrund der Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages der mitbeteiligten Partei XXXX vom XXXX wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.

II. Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm Art. 132 Abs. 1 B-VG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die XXXX (in der Folge „mitbeteiligte Partei“) stellte als Eisenbahnunternehmen am XXXX beim Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (Oberste Eisenbahnbehörde, nunmehr Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie; in der Folge „belangte Behörde“) einen Antrag auf bescheidmäßige Regelung der Kostentragung nach § 48 Abs. 2 EisbG bzw. § 48 Abs. 3 EisbG betreffend die Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km XXXX auf der XXXX -Strecke XXXX .

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX , GZ. XXXX , wurde von der belangten Behörde wie folgt ausgesprochen:

„Gemäß § 49 Abs 2 in Verbindung mit § 48 Abs 2 EisbG sind die Kosten für die Herstellung der mit Bescheid des Landeshauptmanns von XXXX vom XXXX , GZ XXXX , festgelegten erforderlichen Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km XXXX der XXXX -Strecke XXXX mit einer Gemeindestraße in der XXXX in Höhe von EUR XXXX sowie die Kosten für die Erhaltung dieser Eisenbahnkreuzung in Höhe von EUR XXXX zur Hälfte von der XXXX und zur Hälfte von der XXXX , somit in Höhe von jeweils EUR XXXX , zu tragen.“

3. Mit Beschwerde vom XXXX wurde der gegenständliche Bescheid von der XXXX (in der Folge „Beschwerdeführerin“) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, zur Gänze angefochten. Es wurde um Stattgebung der Beschwerde und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung angesucht sowie, dass der Antrag der mitbeteiligten Partei als unzulässig zurückgewiesen werde; in eventu, dass dieser als unbegründet abgewiesen; in eventu, dass dieser zur nochmaligen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen werde.

4. Mit Bescheid vom XXXX , GZ. XXXX , erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG, in Folge derer der Spruch des vorangegangenen Bescheides insofern abgeändert wurde, dass nunmehr ausdrücklich eine angemessene Leistungsfrist bestimmt wurde sowie wer welche Kosten wann an wen zu leisten habe.

5. Die Beschwerdeführerin stellte mit Schriftsatz vom XXXX fristgerecht einen Vorlageantrag; sie hielt dabei ihre gestellten Anträge in der Beschwerde vom XXXX aufrecht. Es wurde darüber hinaus der Antrag gestellt, die belangte Behörde möge die Beschwerde vom XXXX gegen den Bescheid vom XXXX dem zuständigen Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorlegen.

6. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom XXXX , hg. eingelangt am XXXX , vorgelegt.

7. Mit hg. Beschluss vom XXXX , XXXX , erklärte sich das Bundesverwaltungsgericht für unzuständig und leitete die Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht XXXX weiter.

8. Das Landesverwaltungsgericht XXXX erklärte sich wiederum mit Beschluss vom XXXX , für unzuständig und eine Revision für zulässig.

9. Das Bundesverwaltungsgericht beharrte auf seiner Unzuständigkeit mit Beschluss vom XXXX , und ließ die Revision an den Verwaltungsgerichtshof aufgrund des negativen Kompetenzkonfliktes zu. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch die mitbeteiligte Partei nahmen am XXXX die Gelegenheit zur Revision wahr.

10. Die belangte Behörde erstattete am XXXX eine Revisionsbeantwortung.

11. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom XXXX und XXXX , wurde der angefochtene Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

12. Im weiteren Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden insbesondere XXXX mündliche Verhandlungen abgehalten (am XXXX ), ein Amtssachverständiger bestellt (hg. Beschluss vom XXXX ) und Parteiengehöre, vor allem zu vom erkennenden Gericht aufgetragenen vorgelegten Unterlagen, gewährt.

13. Mit Schriftsatz vom XXXX teilte die mitbeteiligte Partei mit, dass sie den verfahrensleitenden Antrag vom XXXX in Folge eines rechtsverbindlichen Einvernehmens zwischen den Verfahrensparteien über die Regelung der Kostentragung zurückziehe.

14. Mit gemeinsamen Schriftsatz der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei, ebenfalls vom XXXX , wurde wiederholt, dass zwischen den Verfahrensparteien eine rechtsverbindliche Einigung über die Regelung der Kostentragung erzielt worden sei; das von der Beschwerdeführerin eingeleitete Beschwerdeverfahren sei daher gegenstandslos. Die Parteien beantragten, das Beschwerdeverfahren einzustellen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die mitbeteiligte Partei stellte als Eisenbahnunternehmen am XXXX bei der belangten Behörde einen Antrag auf bescheidmäßige Regelung der Kostentragung nach § 48 Abs. 2 EisbG bzw. § 48 Abs. 3 EisbG betreffend die Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km XXXX auf der XXXX -Strecke XXXX .

2. Über diesen Antrag entschied die belangte Behörde mit Bescheid vom XXXX , GZ. XXXX , und Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , GZ. XXXX .

3. Mit Schriftsatz vom XXXX zog die mitbeteiligte Partei den verfahrensleitenden Antrag vom XXXX in Folge des rechtsverbindlichen Einvernehmens zwischen den Verfahrensparteien über die Regelung der Kostentragung zurück.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen sich auf die jeweils erwähnten Unterlagen und Schriftsätze, die Teil des dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensaktes sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) I.

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

Die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages bewirkt den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist in diesem Fall angehalten, den bekämpften Bescheid (ersatzlos) zu beheben (VwGH 19.11.2016, Ra 2016/04/0127; 21.12.2016, Ra 2016/04/0127).

Im gegenständlichen Fall hat die mitbeteiligte Partei mit Eingabe vom XXXX den verfahrenseinleitenden Antrag vom XXXX auf bescheidmäßige Regelung der Kostentragung nach § 48 Abs. 2 EisbG bzw. § 48 Abs. 3 EisbG während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausdrücklich zurückgezogen.

Mit der Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags ist die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des Bescheides vom XXXX und der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX nachträglich weggefallen, sodass der bekämpfte Bescheid vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos zu beheben war.

Zu A) II.

Eine Einstellung steht am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers kann eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung, als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018], § 28 VwGVG mit Verweis auf Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG ErgBd § 28 VwGVG; vgl. auch VwGH 31.01.2018, Ra 2018/10/0022 [Hervorhebungen nicht im Original]: „Hinsichtlich der […] erteilten Bewilligung lag das Rechtsschutzbedürfnis der Amtsrevisionswerberin im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde […] hingegen zwar noch vor, es war aber im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Beschlusses weggefallen. Das Beschwerdeverfahren wäre insoweit vom Verwaltungsgericht einzustellen und nicht zurückzuweisen gewesen.“).

Da es dem VwGVG an einer Regelung mangelt, wann ein Verfahren einzustellen ist, ist ein Beschwerdeverfahren, in dem ein Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr vorweisen kann, nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund der soeben dargelegten Überlegungen in Anlehnung an § 33 Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) einzustellen: Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass die Überlegungen über das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses als Voraussetzung für eine zulässige Beschwerdeerhebung auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden können (VwGH 27.07.2017, Ra 2017/07/0014; 28.01.2016, Ra 2015/11/0027).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird – neben formeller Klaglosstellung – angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (VwGH 21.11.2018, Ro 2018/03/0004, mwN). Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Einzelnen keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles keinen objektiven Nutzen hat (VwGH 30.06.2016, Ro 2016/21/0008).

Die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides (Spruchpunkt A I.) bewirkt, dass der Erledigungsanspruch der Beschwerdeführerin nach Beschwerdeeinbringung verloren gegangen ist. Die Beschwerde ist nicht mehr geeignet, das angestrebte Rechtsschutzziel zu erreichen.

Folglich war die Beschwerde der Beschwerdeführerin gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm Art. 132 Abs. 1 B-VG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Beschwerdeverfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zum Vorgehen des Bundesverwaltungsgerichtes bei Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages (s. dazu die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragszurückziehung Behebung der Entscheidung Beschwerdevorentscheidung Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Eisenbahnkreuzung ersatzlose Behebung Gegenstandslosigkeit Kassation Kompetenzkonflikt Kompetenzkonflikt zwischen Verwaltungsgerichten Kostentragung mündliche Verhandlung Vereinbarung Verfahrenseinstellung Vorlageantrag Wegfall des Rechtsschutzinteresses Wegfall rechtliches Interesse Zurückziehung Zurückziehung Antrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W249.2140860.2.00

Im RIS seit

27.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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