Entscheidungsdatum
14.07.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I421 2244007-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. MAROKKO, vertreten durch: die BBU, Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West (EASt-West) vom 08.06.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte am 26.05.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde dazu noch am selbigen Tag von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass in Marokko Armut sei und die Menschenrechte der Berber mit Füßen getreten werden und die Berber unterdrückt werden würden. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, verhaftet zu werden, weil er einer Studentenorganisation an der UNI angehöre, die für die Rechte der Berber kämpfe.
2. Am 02.06.2021 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) statt, in welcher der BF seinen Asylantrag damit begründete, dass er seine Lebensqualität im finanziellen Bereich verbessern möchte und den Verein in Marokko, der sich für die Volksgruppe der Berber einsetze, finanziell unterstützen möchte, weil die Berber in Marokko ein schlechtes Leben hätten, es keinen Strom und auch kein Internet für sie gäbe.
3. In einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 07.06.2021 erklärte der BF die Angaben der ersten Einvernahme aufrechtzuhalten und keine Stellungnahme abgeben zu wollen. Hinsichtlich der beabsichtigten Vorgangsweise der belangten Behörde gab er an, dies nicht zu verstehen, weil er ein Problem in Marokko habe und auch Beweise vorgelegt habe.
4. Mit dem Bescheid vom 08.06.2021, Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VI.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.).
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 30.06.2021, bei der belangten Behörde eingelangt am selbigen Tag, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, mangelhafter Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde auf das Vorbringen des BF nicht ausreichend eingegangen sei, sondern es gleich als unglaubwürdig eingestuft habe, obwohl der BF sehr wohl detaillierte Angaben dazu gemacht hätte. Hätte das BFA ihre Ermittlungspflicht in angemessener Weise wahrgenommen, hätte sie das Vorbringen als asylrelevant gesehen oder dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen. Beantragt werde daher, das Bundesverwaltungsgericht möge den hier angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben und der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde; in eventu den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko zuerkannt werde; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen; jedenfalls die gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufheben sowie die Abschiebung nach Marokko für unzulässig erklären.
6. Am 01.07.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht Außenstelle Innsbruck am 05.06.2021, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige, ledige BF ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Berber an und bekennt sich zum islamischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest. Seine Muttersprache ist die Berbersprache, er spricht auch Arabisch und Französisch und etwas Englisch.
Der BF stammt aus Marokko, wo er 8 Jahre die Grundschule und 8 Jahre die Hauptschule besucht hat. Nach seiner Matura hat er das Studium der Rechtswissenschaften begonnen, dies aber abgebrochen, und dann in einem Fast-Food Restaurant gearbeitet. Aufgrund seiner Schulausbildung in Marokko, seines jungen Alters und seiner Gesundheit hat er eine Chance auch hinkünftig im marokkanischen Arbeitsmarkt unterzukommen. Die Familie des BF bestehend aus Vater, Mutter, fünf Brüder und vier Schwestern lebt in Marokko.
Seit (mindestens) 26.05.2021 ist der BF in Österreich aufhältig und war vom 25.05.2021 bis zum 26.05.2021 im Polizeianhaltezentrum XXXX und vom 26.05.2021 bis zum 25.06.2021 in der Erstaufnahmestelle XXXX melderechtlich erfasst. Er ging in Österreich bis dato keiner Beschäftigung nach und hat bis 23.06.2021 Leistungen von der staatlichen Grundversorgung in der Erstaufnahmestelle XXXX bezogen.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020.
In Österreich verfügt der BF über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Der BF verfügt über keine Deutschkenntnisse. Der BF weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
Der BF ist in Österreich nicht vorbestraft.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Der BF reiste aus wirtschaftlichen Gründen aus seinem Herkunftsstaat aus. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF aufgrund des Umstandes, dass er sich für die Rechte der Berber in Marokko einsetzt, persönlich verfolgt wird oder wurde. Der BF ist in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zur berberischen Volksgruppe ausgesetzt.
Ein konkreter Anlass für ein (fluchtartiges) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Weiters konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF in Marokko aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird.
Der BF muss bei seiner Rückkehr nach Marokko nicht mit einer Verfolgung rechnen und wird mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein. Eine Rückkehr des BF nach Marokko ist möglich und zumutbar und führt nicht dazu, dass er dort in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde. Es ist ihm zumutbar wieder in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, sich dort eine Unterkunft zu nehmen, am Erwerbsleben teilzunehmen und sich daraus sein Einkommen zu sichern und sein Leben in seinem Herkunftsstaat wieder fortzuführen. Die Familie des BF lebt in Marokko. In Österreich verfügt er über keine familiären Anknüpfungspunkte. Der BF befindet sich erst seit ungefähr einen Monat in Österreich und ist hier daher nicht verfestigt.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Gemäß § 1 Z 9 der HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019) gilt Marokko als sicherer Herkunftsstaat.
Hinsichtlich der aktuellen Lage in Marokko sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 08.06.2021 getroffenen Feststellungen keine Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurden die essentiellen Auszüge des „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko, Stand 17.03.2021, zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens sind auch keine Änderungen der Lage bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
COVID-19 Situation in Marokko:
(https://covid19.who.int/region/emro/country/ma)
Basierend auf den Daten der WHO (Stand: 06.07.2021) ergeben sich 534.797 bestätigte COVID-19-Fälle mit 9.329 Verstorbenen. Bis zum 29.06.2021 wurden insgesamt 18.862.912 Impfstoffdosen verabreicht.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko mit Stand 18.03.2021.
Darüber hinaus wurden Auskünfte aus dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, der Grundversorgung und dem Strafregister eingeholt, weiters auch ein Sozialversicherungsdatenauszug zur Person der BF.
Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
2.3. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen auf den diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom 26.05.2021, AS 23 ff) und vor der belangten Behörde (Protokoll vom 02.06.2021, AS 97 ff). Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des BF aufgekommen.
Da der BF den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme führte er selbst aus, dass seine Muttersprache Berber sei, er aber auch Arabisch und Französisch und ein wenig Englisch spreche (Protokoll vom 02.06.2021, AS 98).
Die Feststellung zu seinem Gesundheitszustand basiert auf den eigenen Angaben des BF (Protokoll vom 02.06.2021, AS 98), worauf in der Folge unter Berücksichtigung seines erwerbsfähigen Alters die Feststellung zu dessen Arbeitsfähigkeit fußt. Daher haben sich auch keine Hinweise auf medizinische Indikationen für die Zuordnung des BF zur COVID-19-Risikogruppe entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19- Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/202 ergeben.
Dass der BF in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des BF anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde (Protokoll vom 02.06.2021, AS 99) sowie aus dem Umstand seines erst sehr kurzen Aufenthalts in Österreich.
Die Feststellung zu den in Marokko lebenden Familienangehörigen basiert auf den eigenen Ausführungen des BF im Rahmen seiner Erstbefragung (Protokoll vom 26.05.2021, AS 27) und hat der BF diese Angaben vor der belangten Behörde bestätigt (Protokoll vom 02.06.2021, AS 99).
Die Angaben bezüglich seiner Schulausbildung, seinem abgebrochenen Studium und der Arbeit in einem Fast-Food Restaurant gründen auf den Ausführungen des BF in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (Protokoll vom 02.06.2021, AS 101).
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 05.07.2021.
Die Feststellungen zu seinem Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 05.07.2021 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem und dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Dass der BF bis dato noch keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nachgegangen ist, war im AJ-WEB Auszug ersichtlich. Da der BF auch nicht Deutsch spricht und erst seit gut einem Monat in Österreich aufhältig ist, weist der BF auch keine Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
2.4. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Dass der BF seinen Herkunftsstaat ausschließlich aus finanziellen Überlegungen und ethnischen Gründen verlassen hat, ergibt sich aus seinen Angaben im Administrativverfahren. Auf seinen Ausführungen in Zusammenschau mit den aktuellen Länderberichten gründet die Feststellung, dass er wegen seiner berberischen Volksgruppenzugehörigkeit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung ausgesetzt sein wird.
So begründete der BF seinen Antrag auf internationalen Schutz zum einen mit der Armut in Marokko und zum anderen damit, dass die Menschenrechte der Berber mit den Füßen getreten werden und die Berber unterdrückt werden würden.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde führte er befragt zu den Fluchtgründen weiter aus, dass er seine Lebensqualität im finanziellen Bereich verbessern möchte und den Verein, der sich für die Berber in Marokko einsetze, finanziell unterstützen möchte. Dabei stimmte er selbst zu, dass er Marokko aus finanziellen Gründen verlassen habe und ergänzte, dass er nicht nach Marokko zurück wolle, weil er von Vertretern der Regierung belästigt werde. In diesem Zusammenhang führte der BF aus, dass er Aktivist in einer kulturellen Bewegung der Berber sei und er persönlich als Mitglied des Vereins mehrmals von anderen Studentenvereinen angegriffen worden sei.
Aus dem Vorbringen des BF betreffend seine Zugehörigkeit zu den Berbern lässt sich für den erkennenden Richter aus folgenden Gründen keine aktuelle, gegen den BF gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr ableiten:
Erstens erscheint es unglaubwürdig, dass der BF von anderen Studentenvereinen angegriffen worden sei und deshalb Marokko verlassen habe, weil er selbst angab, letztmalig während seines Studiums 2019 angegriffen worden zu sein und nach der Beendigung des Studiums keine Probleme mehr gehabt zu haben.
Zweitens wäre davon auszugehen, dass, wenn der behauptete Angriff durch die Privatpersonen eines Studentenvereins der Wahrheit entsprechen würde, sich der BF an die Polizei gewandt hätte und dies bei der Polizei gemeldet hätte. Der BF hingegen hatte die Angriffe nicht der Polizei gemeldet und konnte darüber hinaus ohne Probleme und legal mit dem Flugzeug aus Marokko ausreisen konnte. Damit konnte der BF eine Gefahr einer konkreten Verfolgung nicht glaubwürdig schildern und war aus diesem Grund auch den vagen und oberflächlichen Angaben, dass es im Falle einer Rückkehr sein könne, dass er verhaftet oder umgebracht werde, nicht zu glauben. Etwaige Fotos, die eine Folterung der Aktivisten belegen sollte, wurden nicht vorgelegt und auch in der Beschwerde mit keinem Wort mehr erwähnt.
In weiterer Folge war auch deshalb keine konkrete Verfolgungsgefahr zu erblicken, zumal der BF im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme die Frage, ob er in seinem Herkunftsstaat aufgrund Verfolgung von Dritten Probleme gehabt hatte, explizit verneinte.
Weiters vermeinte der BF auf die Frage, ob er bezüglich seiner Volksgruppenzugehörigkeit in Marokko Probleme gehabt hätte: „Nicht direkt, weil ich ein Berber bin. Ich hatte nur die vorhin geschilderten Probleme, weil ich für die Rechte der Berber bin.“
Zuletzt begründet sich die Feststellung, dass er in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zur berberischen Volksgruppe ausgesetzt ist, aus folgender Überlegung heraus: Wie soeben ausgeführt wurde fehlt es zunächst an einer konkreten Verfolgung des BF. Wenngleich auch eine Diskriminierung auf Grund der berberischen Herkunft im Einzelfall vorkommen kann, ergeben sich aus den Länderberichten keinerlei Anhaltspunkte für eine generelle und systematische Diskriminierung oder Verfolgung der Berber in Marokko. Im Gegenteil: Den Länderberichten nach ist die ethnische Diversität der Nation verfassungsrechtlich verankert und spielt die berberische Herkunft eine wichtige Rolle in der marokkanischen Identität. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass rund die Hälfte der marokkanischen Bevölkerung eine berberische Abstammung geltend macht und eine der drei in Marokko vertretenen Berbersprachen spricht. Auch von Seiten des marokkanischen Staats wird die Sprache und Kultur der Berber inzwischen aktiv gefördert.
Wie die vorangegangenen Ausführungen zweifelsfrei bestätigen, liegt keine persönliche Verfolgung des BF vor und vermochte er die Furcht vor einer drohenden Verfolgung seiner Person wegen seiner berberischen Volksgruppenzugehörigkeit auch nicht glaubhaft machen. Die Motive für seine Ausreise aus Marokko liegen somit ausschließlich in wirtschaftlichen Überlegungen. Auf Grundlage des zuvor Gesagten besteht für das Bundesverwaltungsgericht somit kein Grund, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln.
In weitere Folge war auch die Feststellung zu treffen, dass eine Rückkehr des BF nach Marokko nicht automatisch dazu führt, dass er einer wie auch immer gearteten existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein wird. Auch ist er angesichts der weitgehend stabilen Sicherheitslage nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
Da der BF im Herkunftsland über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, er gesund und arbeitsfähig ist und keine sonstigen außergewöhnlichen Umstände vorliegen, ist es für das erkennende Gericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde davon ausgeht, dass dem BF in Marokko keine Gefahren drohen, die einen subsidiären Schutz rechtfertigen würden.
Damit ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt.
2.5. Zu den Länderfeststellungen:
Wie bereits erwähnt gilt Marokko gemäß § 1 Z 9 der HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019) als sicherer Herkunftsstaat.
Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung von rund einem Monat haben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ergeben. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.
Auch wenn die angespannte wirtschaftliche Lage in Marokko durchaus nicht verkannt wird, steht für das Bundesverwaltungsgericht nach Würdigung sämtlicher Umstände fest, dass Marokko ein Staat ist, der hinsichtlich seiner Bürger schutzfähig und schutzwillig ist und dass dem jungen, gesunden und arbeitsfähigen BF daher aufgrund der Lage im Herkunftsstaat mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Gefahr an Leib und Leben oder einer unmenschlichen Strafe droht, wenn er nach Marokko zurückkehrt.
Der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen weder im Administrativverfahren noch im Beschwerdeverfahren substantiiert entgegen, sodass die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte nicht in Zweifel zu ziehen waren.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.4. bereits dargelegt wurde, konnten keine konkreten, gegen den BF persönlich gerichteten Verfolgungshandlungen festgestellt werden, zumal der BF sein Fluchtvorbringen zum einen nur mit wirtschaftlichen Gründen begründete und zum anderen eine konkrete gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung wegen seiner berberischen Volkszugehörigkeit nicht glaubhaft machen konnte.
Weiters verneinte der BF explizit die Frage betreffend Problemen wegen seiner Religionszugehörigkeit oder aufgrund einer Verfolgung durch Dritte und gab an nicht politisch tätig gewesen zu sein. Damit hat der BF Marokko nur wegen Armut und finanziellen Gründen verlassen und basiert das Verlassen seines Herkunftsstaates ausschließlich auf wirtschaftlichen Überlegungen. Die wirtschaftlichen Beweggründe für das Verlassen eines Herkunftsstaates werden von der Genfer Flüchtlingskonvention allerdings nicht abgedeckt und begründen somit keine Asylrelevanz.
Da sich der BF damit nicht aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden außerhalb von Marokko befindet, liegen die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht vor.
Daher ist festzustellen, dass dem BF im Herkunftsstaat Marokko keine Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und dem Vorbringen des BF keine Asylrelevanz zukommt. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage:
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 leg. cit. offen steht.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).
Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Dem BF droht in Marokko - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung. Zudem handelt es sich bei Marokko um einen sicheren Herkunftsstaat.
Auch dafür, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Auch wurden in der Beschwerde keine gewichtigen Gründe für die Annahme eines Risikos dargelegt, dass dem BF im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde.
Hinweise auf eine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen für Marokko nicht vor, sodass aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. In diesem Zusammenhang ist der Vollständigkeit halber aufgrund der aktuellen Situation festzuhalten, dass auch die COVID-19-Pandemie einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat nicht entgegensteht. So ist der BF jung, gesund und leidet an keinen Atemwegserkrankungen oder anderen chronischen Krankheiten. Er gehört somit nicht zur Risikogruppe im Sinne der COVID-19-Risikogruppe-Verordnung. Auch die offiziellen Zahlen der an COVID-19 Erkrankten in Marokko zeigen aktuell kein für eine Schutzgewährung hinreichend signifikantes Risiko für den BF auf.
Weiters hat der BF auch schon vor seiner Ausreise aus Marokko am Erwerbsleben teilnehmen können und ist ihm dies auch im Falle einer Rückkehr wieder zumutbar. Dabei verkennt das erkennende Gericht nicht, dass die wirtschaftliche Lage in Marokko nicht mit jener in Österreich verglichen werden kann. Dass der BF jedoch allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Außerdem lebt die Familie des BF nach wie vor gemeinsam in Marokko, sodass er im Fall seiner Rückkehr auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen kann, was ihm den Aufbau einer Existenz erheblich erleichtern sollte. Überdies kann er sich dort in seiner Muttersprache, der Berbersprache, oder in Arabisch verständigen, wohingegen er in Österreich – auch seines erst sehr kurzen Aufenthaltes geschuldet – weder über ein soziales Netzwerk noch über Deutschkenntnisse verfügt.
Zusammenfassend ist der BF durch die Abschiebung nach Marokko nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil Hinweise auf exzeptionelle Umstände fehlen und die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
3.3.1. Rechtslage
Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Im Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen - gemeint war wohl eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Asylgesetz 2005 - nicht erteilt werde.
Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
3.4.1. Rechtslage
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Zu prüfen ist, ob die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:
Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 26.05.2021 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 12.07.2021 lediglich eine Dauer von eineinhalb Monaten. Der seit 26.05.2021 andauernde Aufenthalt des BF beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.
Das Gewicht seiner etwaigen privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov).
Hinsichtlich eines in Österreich im Sinne des Art. 8 EMRK geschützten Familienlebens ist auszuführen, dass das Bestehen eines Familienlebens vom BF nicht behauptet wurde und der BF – wie die belangte Behörde zu Recht ausführt – nach eigenen Angaben in Österreich über keine Verwandten oder sonstigen familiären Anknüpfungspunkte verfügt. Somit stellt die Ausweisungsentscheidung schon aus dieser Erwägung keine Verletzung des Art. 8 EMRK dar (AsylGH 03.12.2009, A2 253.985-0/200853).
Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind schon im Hinblick auf die äußerst kurze Dauer seines bisherigen Aufenthalts in Österreich (seit Ende Mai 2021) nicht erkennbar.
Darüber hinaus hat sowohl der Verwaltungsgerichthof (vgl. VwGH vom 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, VwGH vom 10.04.2019, Ra, 2019/18/0049 und Ra 2019/18/0058, VwGH 19.06.2019, Ra 2019/01/0051), als auch der Verfassungsgerichtshof (26.04.2010, U 493/10-5, VfGH 12.06.2013, U485/2012), bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt und entspricht dies auch der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06).
Dem allenfalls bestehenden Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.
Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich.
Hinsichtlich seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit ist auszuführen, dass diese nach der Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (VwGH 21.01.1999, 98/18/0420), da der VwGH davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.
Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs. 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG abzuweisen war.
3.5. Zum Ausspruch, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt V.):
3.5.1. Rechtslage:
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.
Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 – 0062).
Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.
Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko erfolgte daher zu Recht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen war.
3.6. Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und in denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG erfolgt ist.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom 08.06.2021 die aufschiebende Wirkung – zu Recht, wie unten auszuführen sein wird – aberkannt.
Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Wie bereits oben erörtert, besteht bei der Rückkehr des BF nach Marokko keine Gefahr, dass diesem die Todesstrafe, die Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Ein von Art 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben ist ebenfalls mangels Bestehens eines schützenswerten Privat- und Familienleben in Österreich nicht zu befürchten. Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt, wie bereits oben ausgeführt, einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG gegeben.
Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs. 1a FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich damit insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.
3.7 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG kann vom BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt. Sichere Herkunftsstaaten sind ua die Herkunftsstaaten, die mit Verordnung der Bundesregierung als sichere Herkunftsstaaten festgestellt wurden (§ 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG).
Nach § 1 Z 9 Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr 130/2018 gilt Marokko als sicherer Herkunftsstaat.
Wenn im Beschwerdeschriftsatz ausgeführt wird, dass dem BF - trotz der Herkunft aus einem sicheren Staat - dennoch bei einer Abschiebung in das Herkunftsland eine asylrelevante Verfolgung bzw. zumindest eine unmenschliche erniedrigende Behandlung iSd Art 2 und 3 EMRK drohe und daher die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sei, so konnte eine solche durch den erkennenden Richter - wie oben dargelegt - nicht festgestellt werden.
Wie bereits mehrfach ausgeführt, hat die durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ein Überwiegen der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides ergeben, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen den gegenständlichen bekämpften Bescheid zulässig war.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 18 Abs. 1 BFA-VG abzuweisen war.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist – aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht knapp fünf Wochen liegen – die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen.
Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf und lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor. Der Sachverhalt ist aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.
Zudem liegt ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vor, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet binnen sieben Tagen zu entscheiden, es sei denn es lägen Gründe vor, die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs. 5 VFA-VG zuzuerkennen. Dies war im gegenständlichen Fall – wie oben dargelegt – aber nicht gegeben.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abschiebung Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall begründete Furcht vor Verfolgung berücksichtigungswürdige Gründe Fluchtgründe freiwillige Ausreise Frist Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete FurchtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I421.2244007.1.00Im RIS seit
27.10.2021Zuletzt aktualisiert am
27.10.2021