TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/22 I414 2201846-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.07.2021
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Entscheidungsdatum

22.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I414 2201846-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christian EGGER über die Beschwerde des XXXX , StA. IRAK, vertreten durch den Verein LegalFocus, gegen den Bescheid des BFA, RD Niederösterreich Außenstelle Wr. Neustadt (BFA-NOE-ASt Wiener Neustadt) vom 11.07.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.07.2021 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.11.2015 gab er hinsichtlich seiner Fluchtgründe an, den Irak aufgrund der angespannten Sicherheitslage verlassen zu haben. Er habe in XXXX studiert und IS Truppen seien in der Nähe gewesen. Der IS habe in dieser Region mehrmals Angriffe auf das kurdische Gebiet ausgeübt. Aus Angst um sein Leben habe er schließlich den Irak verlassen. Zudem wolle er in Österreich sein Studium fortsetzen.

Am 11.04.2018 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) einvernommen. In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde korrigierte er sein Vorbringen dahingehend, dass er am 16.09.2015 sein Heimatland verlassen habe und nicht wie in der Erstbefragung angegeben am 03.10.2015, da er zu diesem Zeitpunkt in Bulgarien gewesen sei. Weiters sei seine Mutter 1962 geboren und nicht wie protokolliert worden sei 1968. Zudem sei seine Wohnsitzadresse nicht in Arbil, sondern in XXXX . Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass am 16.06.2015 ein Angriff des IS auf Kirkuk stattgefunden habe. Die schiitischen Milizen und das irakische Militär seien auf dem Vormarsch gewesen. Er habe aus Angst XXXX verlassen, da es immer heftigere Auseinandersetzungen gegeben habe. Schließlich haben die irakische Armee und die schiitischen Milizen den IS besiegt, zuerst in Mossul und danach auch in Kirkuk. Er könne nicht nach XXXX zurückkehren, da zurzeit schiitische Milizen in XXXX stationiert seien und ihr Verhalten gegenüber der Bevölkerung genauso schlimm sei, wie das vom IS. Sein Bruder habe zudem immer wieder Schwierigkeiten mit der schiitischen Miliz und der irakischen Armee. Dieser sei mit dem Tode bedroht worden, wenn er XXXX nicht verlassen würde. Es würden täglich Leute entführt werden und er wolle nicht in diese Situation zurückkehren. Es gebe eine Assimilation- und Vertreibungspolitik, da sie XXXX von den Kurden befreien bzw. die Kurden vertreiben wollen würden.

Mit dem Bescheid vom 11.07.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Irak zulässig ist (Spruchpunkt IV. und V.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak zulässig sei, und schließlich eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt VI.). Das BFA konnte eine aktuell drohende individuelle Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und nahm aufgrund der persönlichen Merkmale und der Sicherheitslage an, dass der Beschwerdeführer sich bei einer Rückkehr in den Irak eine zumutbare Lebensgrundlage sichern könne und ihm keine unmenschliche Behandlung drohen würde.

Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 24.07.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und hierbei moniert, dass die Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde mangelhaft und nicht nachvollziehbar seien. Weiters lasse der Bescheid eine hinreichende Auseinandersetzung mit der Sache sowie der sicherheitspolitischen Lage im Irak vermissen. Die belangte Behörde hätte in Anbetracht der konkreten Umstände des Falles bei richtiger rechtlicher Beurteilung zum Ergebnis gelangen müssen, dass dem Beschwerdeführer der Status von Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG zustehe.

Mit Schriftsatz vom 02.07.2021 wurde eine Vollmacht für den Verein LegalFocus und dessen Obfrau RA Mag. Eva VELIBEYOGLU vorgelegt. Gleichzeitig wurden Integrationsunterlagen nachgereicht.

Mit Schreiben vom 06.07.2021 legte die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (kurz BBU) die Vollmacht zurück.

Am 09.07.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung und eines Dolmetschers für die Sprache Kurdisch Sorani eine mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Irak, ist in der Stadt Kirkuk geboren und in XXXX , Gouvernement Kirkuk aufgewachsen. Er gehört der Volksgruppe der Kurden an. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, er steht nicht in medizinischer Behandlung und nimmt keine Medikamente ein. Er fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020.

Bis zu seiner Ausreise aus dem Irak lebte der Beschwerdeführer in der Provinz Kirkuk in der Ortschaft XXXX . Als der IS in die Nähe seines Heimatlandes vorgestoßen ist, ist er für eine Woche nach Arbil gereist und von dort aus mit dem Flugzeug am 16.09.2015 legal in die Türkei gereist. In weiterer Folge gelang er schlepperunterstützend mit dem Auto und anschließend zu Fuß nach Bulgarien. Von dort aus hat ihn ein anderer Schlepper mit verschiedenen Verkehrsmitteln bis zur serbisch-kroatischen Grenze begleitet, wo er sich dem Flüchtlingsstrom anschloss und über die Länder Kroatien und Ungarn mit dem Zug zur österreichischen Grenze reiste. Von dort überschritt er die österreichische Grenze zu Fuß und stellte am 14.10.2015 verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er hält sich seit (mindestens) der Asylantragstellung in Österreich auf.

In Österreich lebt der Vater des Beschwerdeführers, Herr K.S., welcher sich seit 1994 in Österreich aufhält und die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Der Vater des Beschwerdeführers hat eine Freundin mit welcher er ein gemeinsames Kind hat. Es besteht kein gemeinsamer Haushalt und kein Abhängigkeitsverhältnis. Ansonsten verfügt er in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte. Die Mutter, die Schwester und der Bruder des Beschwerdeführers leben im Irak. Die Mutter und der Bruder des Beschwerdeführers leben in Alin Köprü im Gouvernement Kirkuk, zu seiner im Irak lebenden Familienangehörigen hat er regelmäßig Kontakt.

Der Beschwerdeführer besuchte in XXXX die Grundschule und absolvierte dort seine weitere Schulausbildung. In Arbil ging er in das Gymnasium und kehrte nach Absolvierung der Matura wieder nach XXXX zurück, um dort zu studieren. Das Studium an der Universität hat der Beschwerdeführer nicht beendet. Der Beschwerdeführer hat schon während er noch zur Schule gegangen ist, nebenher in einer Boutique sowie in einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet. Zudem wurde er von seinem Bruder finanziell unterstützt. Aufgrund seiner Ausbildung und der bereits gesammelten Arbeitserfahrung im Irak hat er eine Chance, auch hinkünftig am dortigen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer bezieht seit seiner Einreise laufend Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und ist in einer privaten Unterkunft in Wien untergebracht.

Der Beschwerdeführer besuchte mehrere Deutschkurse auf unterschiedlichem Niveau. Er hat am 20.08.2019 die Prüfung auf dem Deutsch-Niveau B1 absolviert und verfügt über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache.

Der Beschwerdeführer verrichtete geringfügige sowie gemeinnützige Tätigkeiten. Eine Erwerbstätigkeit am regulären Arbeitsmarkt hatte der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt, jedoch verfügt er über einen Arbeitsvorvertrag. Er fungiert als Dolmetscher und arbeitet derzeit gemeinnützig in Wien. Unter der Bedingung einer Ergänzungsprüfung Deutsch und Ergänzungsprüfung Mathematik und Physik ist der Beschwerdeführer zu den Bachelorstudien der Informatik an der Technischen Universität Wien zugelassen.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer wird in seinem Herkunftsstaat weder aus Gründen seiner politischen oder religiösen Einstellung noch wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, Rasse oder Nationalität verfolgt.

Der Beschwerdeführer hat den Irak aus anderen Gründen, als auf wohlbegründeter Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen. Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise einer individuellen und aktuellen Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen wäre bzw. im Fall seiner Rückkehr in den Irak der Gefahr einer solchen ausgesetzt sein würde.

Im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat Irak wird der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgungsgefahr aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt sein. Es liegen auch keine sonstigen Gründe vor, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat Irak entgegenstünden.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass er bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat aus in seiner Person gelegenen Gründen oder auf Grund der allgemeinen Lage vor Ort der realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder 13 zur EMRK geschützten Rechte ausgesetzt wäre oder er als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Irak ausgesetzt wäre.

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat einer Verfolgung aufgrund seines Glaubens ausgesetzt war oder im Falle einer Rückkehr in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

Festgestellt wird, dass er aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort und den wirtschaftlichen Gegebenheiten seinen Herkunftsstaat verlassen hat.

Die Stadt Kirkuk ist im Wege des Flughafens Arbil und anschließend über die Fernstraßen 2 und 3 über XXXX direkt und sicher erreichbar.

Der Beschwerdeführer ist ein gesunder, arbeitsfähiger junger Mann mit mehrjähriger Schulbildung sowie Berufserfahrung als Textil- und Lebensmittelverkäufer. Der Beschwerdeführer verfügt über eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherten Existenzgrundlage in seinem Herkunftsstaat und über bestehende familiäre Anknüpfungspunkte im Gouvernement Kirkuk. Dem Beschwerdeführer ist ferner die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu Sicherstellung des eigenen Auskommens möglich und zumutbar.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Irak:

Das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Irak wird zu den Feststellungen erhoben und werden fallbezogen nachstehende Passagen daraus hervorgehoben:

Zur gegenwärtigen Lage im Gouvernment Kirkuk werden folgende Feststellungen getroffen:

Kirkuk (früher: al-Tamim) ist eine Provinz im Norden des Irak. Es umfasst vier Bezirke: Kirkuk mit der gleichnamigen Bezirkshauptstadt, Dibis, al-Hawidscha (al-Hawija) und Daquq.

Das häufig als „Mikrokosmos Iraks“ beschriebene Kirkuk hat eine vielfältige und gemischte Bevölkerung, die ein Reihe ethnischer und religiöser Gruppen umfasst, darunter (sunnitsche) Araber, (sunnitische) Kurden, aber auch Turkmenen (Schiiten und Sunniten) und eine kleine Gemeinschaft chaldo-assyrischer Christen. Vorherrschende Glaubensgemeinschaft in der Provinz sind die sunnitischen Muslime.

Neueste Sicherheitstrends und die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung

Der UN-Sicherheitsrat berichtete von häufigen asymmetrischen Anschlägen des ISIL gegen Sicherheitskräfte und Zivilpersonen in mehreren Provinzen einschließlich Kirkuk in den Jahren 2019 und 2020.

Laut einer Analyse von Michael Knights vom Mai 2020 verübte der ISIL 2018 in der Provinz Kirkuk 30,8 Anschläge pro Monat (höchste Zahl aller Provinzen), 11,2 Anschläge pro Monat im Jahr 2019 (dritthöchste Zahl aller Provinzen) und 15,3 Anschläge pro Monat im ersten Quartal 2020 (fünfthöchste Zahl aller Provinzen). Die Zahl der vom ISIL in der Provinz verübten „größer angelegten“ Anschläge (nach der Klassifikation des Analysten zählen zu „größer angelegten“ Anschlägen wirksame Sprengfallen an Straßen, Versuche, Kontrollpunkte oder Außenposten irakischer Sicherheitskräfte zu überrennen, gezielte Anschläge auf bestimmte Personen und versuchte Anschläge auf Menschenmengen) ging in der Zeit zwischen 2018 und dem ersten Quartal 2020 zurück (von 15,1 größer angelegten Anschlägen/Monat im Jahr 2018 auf 3,2 in der zweiten Jahreshälfte 2019 und 3,6 im ersten Quartal 2020). Trotz dieses Rückgangs wies die gleiche Quelle darauf hin, dass es dem ISIL 2019 gelungen war, Anschläge mit USBV gegen Zivilpersonen in Kirkuk-Stadt zu verüben, in einer Kampagne Schikanen gegen die rund um die Fernstraße Kirkuk-Bagdad lebende Kaka’i-Minderheit durchzuführen, Anführer von Gemeinschaften zu ermorden, Bauern zur Erpressung von Lösegeld zu entführen und Zivilpersonen zu erpressen. Berichten zufolge soll der ISIL 2019 gegen Sicherheitskräfte und Anführer von Gemeinschaften mit Angriffen durch Heckenschützen, Brandstiftungen, Entführungen und Ermordungen vorgegangen sein. Weitere Ziele des ISIL waren zivile Infrastrukturen wie Wasser und Elektrizitätsanlagen in Kirkuk.

Ein von der ICG im März 2019 befragter Sicherheitsbeauftragter erklärte, dass in an die Bezirke Dibis und Daquq grenzenden Gebieten des Bezirks al-Hawidscha der ISIL häufig mit Sprengfallen an Straßen gegen Sicherheitskräfte vorging und gelegentlich auf Dörfer und Städte Mörsergranaten abfeuerte. Im Dezember 2019 hieß es in einem Bericht des Center for Civilians in Conflict, Überbleibsel des ISIL seien in ländlichen Gebieten von Daquq und al-Hawidscha aktiv, wo sie angeblich mit der Regierung zusammenarbeitende Zivilpersonen einschüchterten, Entführungen durchführten, Anschläge auf mukhtars und Stammesführer verübten, Lebensmittel und Vorräte stahlen und Felder niederbrannten.

Regelmäßige Anschläge durch bewaffnete Akteure, darunter den ISIL, wurden 2019 für den Bezirk Daquq gemeldet, die sich gegen Dörfer wie Ali Saray, Heftagar, Dara und Zanqir richteten.

Nach der Analyse von Michael Knights der Aktivität des ISIL in Irak führte der ISIL 2019 in Kirkuk einige höchst raffinierte Techniken für Sprengfallen an Straßen vor, wie USBV an Standorten von Granatwerfern, Bomben und an Körpern versteckte Sprengladungen. Vom USDOD zitierten offen zugänglichen Daten von ACLED, EPIC und Jane’s Terrorism and Insurgency Database zufolge verübte der ISIL von Januar bis März 2020 zwischen 30 und 40 Anschläge in der Provinz Kirkuk. Einer im März 2020 veröffentlichen Analyse des Middle East Institute war zu entnehmen, dass sich Anschläge, für die der ISIL die Verantwortung übernahm, hauptsächlich gegen die ISF und gegen Anführer von Gemeinschaften richteten. In den Städten Abassi und Zab (Bezirk al Hawidscha) der Provinz Kirkuk setzte der ISIL seine Aktivitäten fort. Mullahs und andere Anführer von Gemeinschaften flohen weiter immer wieder aus der Stadt al-Hawidscha nach Kirkuk-Stadt, da sie für den ISIL beliebte Ziele geworden sind.

Für den Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2020 verzeichnete das USDOD 70 Anschläge in Kirkuk, für die der ISIL die Verantwortung übernahm oder bei denen er der Verdächtige war; das war die zweithöchste Zahl in allen Provinzen im Berichtszeitraum. In einer Analyse vom Mai 2020 zitierte die ICG den Scheich eines Stamms aus dem Gebiet Kirkuk, der zur Präsenz des ISIL Folgendes sagte: „Er ist nicht in Städten oder städtischen Gebieten zu finden. Er hält sich draußen, in den [ländlichen] Bezirken und Teilbezirken auf, im Buschland oder in Schluchten und den Bergen“. Im Mai 2020 wurden zwei weitere Brigaden der Bundespolizei in die Bezirke Dibis und al-Hawidscha entsandt, in denen Schläferzellen des ISIL besonders aktiv waren.

Für den Referenzzeitraum 1. Januar bis 30. März 2020 meldete das US Combined Joint Task Force-OIR, dass in der Provinz Kirkuk von den ISF mit nachrichtendienstlicher und Feuerunterstützung durch die Internationale Koalition mehr als 20 Militäroperationen und ein größerer Räumungseinsatz gegen den ISIL durchgeführt wurde. Eine im Juni 2020 durchgeführte Militäroperation mit dem Namen „Iraqi Heroes“, bei der der Südwesten von Kirkuk mit den vereinten Kräften von ISF, kurdischen Peschmerga und Anti-ISIL-Koalition von Überbleibseln des ISIL geräumt werden sollte, wurde von den Behörden nach der Beschlagnahme von Waffenverstecken, Ressourcen und Unterschlupfen des ISIL als Erfolg bezeichnet.

Ende Dezember 2019 kam es zu einem größeren Sicherheitsvorfall, als bei einem der Kataib Hisbollah zugeschriebenen Raketenangriff auf den von den USA kontrollierten Militärstützpunkt K-1 nahe Kirkuk in Nordirak ein US-Auftragnehmer ums Leben kam und mehrere US-Soldaten verwundet wurden.886 Im März 2020 übertrugen die Streitkräfte der von den USA angeführten Koalition die Kontrolle über vier irakische Militärstützpunkte in dem Gebiet einschließlich des K-1-Stützpunkts in der Nähe der Stadt Kirkuk an die ISF. Auf dem Stützpunkt waren Streitkräfte der Koalition stationiert, und er diente seit 2017 als Ausgangspunkt für Operationen gegen den ISIL. Einheiten von ISF und Anti Terror-Dienst nutzten den Stützpunkt für Sicherheitsoperationen gegen den ISIL im Hamrin- und im Mamah Gorah-Gebirge.

Im Verlauf des Jahres 2019 kam es in Kirkuk zu einer Reihe von Protestdemonstrationen, doch fielen sie deutlich kleiner aus als in anderen Teilen Iraks. Die Proteste gingen 2020 weiter. Nachstehend eine nicht erschöpfende Auflistung von Sicherheitsvorfällen, die sich Berichten zufolge 2019 und in den ersten sieben Monaten des Jahres 2020 in der Provinz Kirkuk ereignet haben:

Einige Beispiele für Sicherheitsvorfälle:

• Am 15. und 16. Mai 2019 wurden sieben Angehörige der ISF in Kirkuk bei zwei Blitzangriffen durch ISIL-Kämpfer getötet.

• Am 30. Mai 2019 wurden bei verschiedenen Bombenattentaten mit USBV in Kirkuk-Stadt fünf Personen getötet und 18 verletzt. Die Anschläge wurden dem ISIL zugeschrieben.

• Am 24. August 2019 kamen auf einem Fußballfeld in der Nähe eines schiitischen Schreins in Daquq bei einem offensichtlich vom ISIL verübten Mörserangriff sechs Zivilpersonen ums Leben und wurden neun weitere verletzt.

• Am 27. Dezember 2019 wurden bei einem Kataib Hisbollah zugeschriebenen Anschlag auf einen irakischen Militärstützpunkt nahe Kirkuk, auf dem US-Streitkräfte untergebracht waren, ein US-Auftragnehmer getötet und zwei US-Dienstangehörige verwundet.

• Am 28. Dezember 2019 wurde eine fünfköpfige Familie an einem fingierten Kontrollpunkt ermordet, den der ISIL im Teilbezirk Rashad im Bezirk al-Hawidscha errichtet hatte.

• Am 15. Januar 2020 ermordete der ISIL zwei Bauern im Zughaytun-Tal südlich der Provinz Kirkuk.

• Am 4. Februar 2020 entführte der ISIL zwei Schafhirten aus dem Bezirk al-Hawidscha.

• Am 18. Februar 2020 griffen mutmaßliche ISIL-Kämpfer eine Versammlung von Jugendlichen in dem Dorf Chakhmakha nordwestlich von Kirkuk an.

• Am 9. März 2020 wurden zwei Angehörige einer Eliteeinheit der US-Marines, die an einer Räumungsoperation eines großen Höhlenkomplexes teilnahmen, von ISIL-Kämpfern in der Nähe von Kirkuk-Stadt getötet.

• Am 9. April 2020 wurden zwei Angehörige der ISF von ISIL-Kämpfern bei einem Anschlag südlich von Kirkuk getötet. Am gleichen Tag kamen zwei PMU-Kämpfer bei einem Zusammenstoß mit dem ISIL südlich von Kirkuk ums Leben.

• Am 28. April 2020 versuchte ein einzelner ISIL-Angreifer einen Selbstmordanschlag auf ein Geheimdiensthauptquartier in Kirkuk-Stadt. Der Angreifer brachte seinen Sprengstoff noch vor Erreichen des Gebäudes zur Explosion. Mehrere Männer wurden verwundet, jedoch keiner getötet.

• Am 10. Mai 2020 stürmte der ISIL ein Dorf nahe Rashad und entführte den Sohn eines Stammesführers.

• Am 16. Mai 2020 griff der ISIL einen Sicherheitskontrollpunkt im südlichen Kirkuk an und tötete einen Polizisten.

• Am 7. Juli 2020 schlugen zehn Mörsergranaten in einem Dorf im Bezirk Buhriz ein und verletzten fünf Zivilpersonen.

• Am 16. Juli 2020 explodierte eine USBV im Zentrum Kirkuks, beschädigte einen Laden und ein Fahrzeug, und wurden durch eine weitere USBV nahe dem Gebiet Mussalla im Zentrum Kirkuks eine Zivilperson verletzt und mehrere Fahrzeuge beschädigt.

Zahl der zivilen Opfer

Die nachstehende Tabelle gibt Auskunft über mit bewaffneten Konflikten zusammenhängende Vorfälle und zivile Opfer in der Provinz, die von der UNAMI für den Zeitraum 1. Januar 2019 - 31. Juli 2020 erfasst wurden. Tabelle 9: Zahl der mit bewaffneten Konflikten zusammenhängenden Vorfälle und zivilen Opfer, 1. Januar 2019 - 31. Juli 2020 erfasst wurden.

Quelle

EASO – European Asylum Support Office: Irak; Sicherheitslage, Oktober 2020
https://www.ecoi.net/en/file/local/2044976/10_2020_EASO_COI_Report_Iraq_Security_situation_DE.pdf (Zugriff am 20. Juli 2021)

Sicherheitslage im Distrikt Dibis, Gouvernement Kirkuk; Sicherheitslage Erbil

Nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, das der sogenannte Islamische Staat (IS) nach wie vor in Kirkuk aktiv ist, insbesondere in den ländlichen Gebieten des Distrikts Hawija, die an die Distrikte Dibis und Daquq angrenzen. Kirkuk ist neben Diyala ein Hauptaktionsgebiet des IS, wobei sich die meisten Vorfälle im Süden des Gouvernements ereignen, von wo der IS nie vertrieben wurde. Für den Distrikt Dibis wurden seit 1.1.2020 bis 4.12.2020 17 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet.

Im Gouvernement Erbil ist der IS vor allem im südlichen Distrikt Makhmour aktiv, einem sogenannten umstrittenen Gebiet, in dem der IS Sicherheitslücken zwischen Regierungs- und kurdischen Sicherheitskräften ausnutzt. Der IS ist hier seit Anfang 2020 aktiv.

(Quelle: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA an das BFA vom 04.12.2020)

In einem Bericht vom 05.06.2021 führt die Journalistin Birgit Svensson, die derzeit selbst in der Stadt Kirkuk an einem Projekt – vom deutschen Auswärtigen Amt finanziert - für Kinder arbeitetet, aus:

[…]

„In der Provinz Kirkuk sieht es dagegen ganz anders aus. Dort muss man die Provinzhauptstadt Kirkuk vom Umland trennen. Kirkuk-Stadt ist so sicher wie schon lange nicht, eigentlich wie noch nie seit 2003, während in Hauwija, Dakuk und anderen Städten der Provinz wieder fast täglich Anschläge zu verzeichnen sind. Kirkuk-Stadt hat ein eigenes Sicherheitskonzept entwickelt. Nur Polizisten aus Angehörigen der unterschiedlichen Volksgruppen, die in Kirkuk leben, dürfen in der Stadt Dienst tun. Andere nicht. Keine Soldaten, keine Armee. Der kurdische Geheimdienst Asajesh, der vordem die Stadt dominierte, musste abziehen. Seitdem ist Ruhe. Das sagen auch Kurden, die in der Stadt leben. Auffällig ist, dass jetzt viele Frauen auch abends noch auf den Straßen zu sehen sind und zuweilen alleine in die Coffee Shops und Restaurants gehen, ein Phänomen, das neu ist für Kirkuk. Kirkuk ist neben Bagdad die Stadt im Irak, wo wirklich alle Volksgruppen zusammenleben: Kurden, Araber, Turkmenen, Assyrer. Ich selbst arbeite gerade in der Stadt Kirkuk mit einem Projekt für Kinder, das vom deutschen Auswärtigen Amt finanziert wird. In der Stadt fühle ich mich sicher, um Umland nicht.“

Politische Lage

Letzte Änderung: 14.05.2020

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018) und es wurde ein neues politisches System im Irak eingeführt (Fanack 2.9.2019). Gemäß der Verfassung vom 15.10.2005 ist der Irak ein islamischer, demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.1.2019; vgl. GIZ 1.2020a; Fanack 2.9.2019), der aus 18 Gouvernements (muhafaz?t) besteht (Fanack 2.9.2019). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Kurdische Region im Irak (KRI) ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Gouvernements Dohuk, Erbil und Sulaymaniyah. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung (Kurdistan Regional Government, KRG), verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 2.9.2019). Beherrschende Themenblöcke der irakischen Innenpolitik sind Sicherheit, Wiederaufbau und Grundversorgung, Korruptionsbekämpfung und Ressourcenverteilung, die systemisch miteinander verknüpft sind (GIZ 1.2020a).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuww?b, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat) für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und kann einmal wiedergewählt werden. Er genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt, mit denen er den Präsidialrat bildet, welcher einstimmige Entscheidungen trifft (Fanack 2.9.2019).

Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (Fanack 2.9.2019; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik und ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 2.9.2019). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 28.2.2020; vgl. GIZ 1.2020a). Neun Sitze werden den Minderheiten zur Verfügung gestellt, die festgeschriebene Mindest-Frauenquote im Parlament liegt bei 25% (GIZ 1.2020a).

Nach einem ethnisch-konfessionellen System (Muhasasa) teilen sich die drei größten Bevölkerungsgruppen des Irak - Schiiten, Sunniten und Kurden - die Macht durch die Verteilung der Ämter des Präsidenten, des Premierministers und des Parlamentspräsidenten (AW 4.12.2019). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018). Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten, Schiiten und Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.1.2019).

Am 12.5.2018 fanden im Irak Parlamentswahlen statt, die fünfte landesweite Wahl seit der Absetzung Saddam Husseins im Jahr 2003. Die Wahl war durch eine historisch niedrige Wahlbeteiligung und Betrugsvorwürfe gekennzeichnet, wobei es weniger Sicherheitsvorfälle gab als bei den Wahlen in den Vorjahren (ISW 24.5.2018). Aufgrund von Wahlbetrugsvorwürfen trat das Parlament erst Anfang September zusammen (ZO 2.10.2018).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih von Patriotischen Union Kurdistans (PUK) zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018; vgl. ZO 2.10.2018; KAS 5.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (DW 2.10.2018). Nach langen Verhandlungsprozessen und zahlreichen Protesten wurden im Juni 2019 die letzten und sicherheitsrelevanten Ressorts Innere, Justiz und Verteidigung besetzt (GIZ 1.2020a).

Im November 2019 trat Premierminister Adel Abdul Mahdi als Folge der seit dem 1.10.2019 anhaltenden Massenproteste gegen die Korruption, den sinkenden Lebensstandard und den ausländischen Einfluss im Land, insbesondere durch den Iran, aber auch durch die Vereinigten Staaten zurück (RFE/RL 24.12.2019; vgl. RFE/RL 6.2.2020). Präsident Barham Salih ernannte am 1.2.2020 Muhammad Tawfiq Allawi zum neuen Premierminister (RFE/RL 6.2.2020). Dieser scheiterte mit der Regierungsbildung und verkündete seinen Rücktritt (Standard 2.3.2020; vgl. Reuters 1.3.2020). Am 17.3.2020 wurde der als sekulär geltende Adnan al-Zurfi, ehemaliger Gouverneur von Najaf als neuer Premierminister designiert (Reuters 17.3.2020).

Im Dezember 2019 hat das irakische Parlament eine der Schlüsselforderung der Demonstranten umgesetzt und einem neuen Wahlgesetz zugestimmt (RFE/RL 24.12.2019; vgl. NYT 24.12.2019). Das neue Wahlgesetz sieht vor, dass zukünftig für Einzelpersonen statt für Parteienlisten gestimmt werden soll. Hierzu soll der Irak in Wahlbezirke eingeteilt werden. Unklar ist jedoch für diese Einteilung, wie viele Menschen in den jeweiligen Gebieten leben, da es seit über 20 Jahren keinen Zensus gegeben hat (NYT 24.12.2019).

Die nächsten Wahlen im Irak sind die Provinzwahlen am 20.4.2020, wobei es sich um die zweite Verschiebung des ursprünglichen Wahltermins vom 22.12.2018 handelt. Es ist unklar, ob die Wahl in allen Gouvernements des Irak stattfinden wird, insbesondere in jenen, die noch mit der Rückkehr von IDPs und dem Wiederaufbau der Infrastruktur zu kämpfen haben. Die irakischen Provinzwahlen umfassen nicht die Gouvernements Erbil, Sulaymaniyah, Duhok und Halabja, die alle Teil der KRI sind, die von ihrer eigenen Wahlkommission festgelegte Provinz- und Kommunalwahlen durchführt (Kurdistan24 17.6.2019).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker, https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker-180915115434675.html, Zugriff 13.3.2020

AW - Arab Weekly, The (4.12.2019): Confessional politics ensured Iran’s colonisation of Iraq, https://thearabweekly.com/confessional-politics-ensured-irans-colonisation-iraq, Zugriff 13.3.2020

CIA - Central Intelligence Agency (28.2.2020): The World Factbook – Iraq, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html, Zugriff 13.3.2020

DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salih-as-new-president/a-45733912, Zugriff 13.3.2020

Fanack (2.9.2019): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 13.3.2020

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2020a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 13.3.2020

ISW - Institute for the Study of War (24.5.2018): Breaking Down Iraq's Election Results, http://www.understandingwar.org/backgrounder/breaking-down-iraqs-election-results, Zugriff 13.3.2020

KAS - Konrad Adenauer Stiftung (5.10.2018): Politische Weichenstellungen in Bagdad und Wahlen in der Autonomen Region Kurdistan, https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=e646d401-329d-97e0-6217-69f08dbc782a&groupId=252038, Zugriff 13.3.2020

KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 13.3.2020

Kurdistan24 (17.6.2019): Iraq's electoral commission postpones local elections until April 2020, https://www.kurdistan24.net/en/news/80728bf3-eb95-4e76-a30f-345cf9a48d3c, Zugriff 13.3.2020

NYT - The New York Times (24.12.2019): Iraq’s New Election Law Draws Much Criticism and Few Cheers, https://www.nytimes.com/2019/12/24/world/middleeast/iraq-election-law.html, Zugriff 13.3.2020

Reuters (17.3.2020): Little-known ex-governor Zurfi named as new Iraqi prime minister-designate, https://www.reuters.com/article/us-iraq-pm-designate/iraqi-president-salih-names-adnan-al-zurfi-as-new-prime-minister-designate-state-tv-says-idUSKBN21419J?il=0, Zugriff 17.3.2020

Reuters (1.3.2020): Iraq's Allawi withdraws his candidacy for prime minister post: tweet, https://www.reuters.com/article/us-iraq-politics-primeminister/iraqs-allawi-withdraws-his-candidacy-for-prime-minister-post-tweet-idUSKBN20O2AD, Zugriff 13.3.2020

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (6.2.2020): Iraqi Protesters Clash With Sadr Backers In Deadly Najaf Standoff, https://www.ecoi.net/en/document/2024704.html, Zugriff 13.3.2020

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (24.12.2019): Iraqi Parliament Approves New Election Law, https://www.ecoi.net/de/dokument/2021836.html, Zugriff 13.3.2020

RoI - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 13.3.2020

Standard, Der (2.3.2020): Designierter irakischer Premier Allawi bei Regierungsbildung gescheitert, https://www.derstandard.at/story/2000115222708/designierter-irakischer-premier-allawi-bei-regierungsbildung-gescheitert, Zugriff 13.3.2020

ZO - Zeit Online (2.10.2018): Irak hat neuen Präsidenten gewählt, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-10/barham-salih-irak-praesident-wahl, Zugriff 13.3.2020

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 14.05.2020

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen, territorialen Sieg über den Islamischen Staat (IS) (Reuters 9.12.2017; vgl. AI 26.2.2019). Die Sicherheitslage hat sich, seitdem verbessert (FH 4.3.2020). Ende 2018 befanden sich die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) in der nominellen Kontrolle über alle vom IS befreiten Gebiete (USDOS 1.11.2019).

Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 12.1.2019).

In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.1.2019). Insbesondere in Bagdad kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen, die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (FIS 6.2.2018). Die Zahl der Entführungen gegen Lösegeld zugunsten extremistischer Gruppen wie dem IS oder krimineller Banden ist zwischenzeitlich zurückgegangen (Diyaruna 5.2.2019), aber UNAMI berichtet, dass seit Beginn der Massenproteste vom 1.10.2019 fast täglich Demonstranten in Bagdad und im gesamten Süden des Irak verschwunden sind. Die Entführer werden als „Milizionäre“, „bewaffnete Organisationen“ und „Kriminelle“ bezeichnet (New Arab 12.12.2019).

Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA stellen einen zusätzlichen, die innere Stabilität des Irak gefährdenden Einfluss dar (ACLED 2.10.2019a). Nach einem Angriff auf eine Basis der Volksmobilisierungskräfte (PMF) in Anbar, am 25. August (Al Jazeera 25.8.2019), erhob der irakische Premierminister Mahdi Ende September erstmals offiziell Anschuldigungen gegen Israel, für eine Reihe von Angriffen auf PMF-Basen seit Juli 2019 verantwortlich zu sein (ACLED 2.10.2019b; vgl. Reuters 30.9.2019). Raketeneinschläge in der Grünen Zone in Bagdad, nahe der US-amerikanischen Botschaft am 23. September 2019, werden andererseits pro-iranischen Milizen zugeschrieben, und im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und dem Iran gesehen (ACLED 2.10.2019b; vgl. Al Jazeera 24.9.2019; Joel Wing 16.10.2019).

Als Reaktion auf die Ermordung des stellvertretenden Leiters der PMF-Kommission, Abu Mahdi Al-Muhandis, sowie des Kommandeurs der Quds-Einheiten des Korps der Islamischen Revolutionsgarden des Iran, Generalmajor Qassem Soleimani, durch einen Drohnenangriff der USA am 3.1.2020 (Al Monitor 23.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020; Joel Wing 15.1.2020) wurden mehrere US-Stützpunkte durch den Iran und PMF-Milizen mit Raketen und Mörsern beschossen (Joel Wing 15.1.2020).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019a): Mid-Year Update: Ten Conflicts to Worry About in 2019, https://www.acleddata.com/2019/08/07/mid-year-update-ten-conflicts-to-worry-about-in-2019/, Zugriff 13.3.2020

ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019b): Regional Overview – Middle East 2 October 2019, https://www.acleddata.com/2019/10/02/regional-overview-middle-east-2-october-2019/, Zugriff 13.3.2020

AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Iraq [MDE 14/9901/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2003674/MDE1499012019ENGLISH.pdf, Zugriff 13.3.2020

Al Jazeera (24.9.2019): Two rockets 'hit' near US embassy in Baghdad's Green Zone, https://www.aljazeera.com/news/2019/09/rockets-hit-embassy-baghdad-green-zone-190924052551906.html, Zugriff 13.3.2020

Al Jazeera (25.8.2019): Iraq paramilitary: Israel behind drone attack near Syria border, https://www.aljazeera.com/news/2019/08/iraq-paramilitary-israel-drone-attack-syria-border-190825184711737.html, Zugriff 13.3.2020

Al Monitor (23.2.2020): Iran struggles to regain control of post-Soleimani PMU, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/02/iraq-iran-soleimani-pmu.html, Zugriff 13.3.2020

Diyaruna (5.2.2019): Baghdad sees steep decline in kidnappings, https://diyaruna.com/en_GB/articles/cnmi_di/features/2019/02/05/feature-02, Zugriff 13.3.2020

FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Iraq, https://freedomhouse.org/country/iraq/freedom-world/2020, Zugriff 13.3.2020

FIS - Finnish Immigration Service (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving, https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable_but_improving/10061710, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (15.1.2020): Pro-Iran Hashd Continue Attacks Upon US Interests In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/pro-iran-hashd-continue-attacks-upon-us.html, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (16.10.2019): Islamic State Not Following Their Usual Pattern In Attacks In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/10/islamic-state-not-following-their-usual.html, Zugriff 13.3.2020

MEMO - Middle East Monitor (21.1.2020): Iraq’s PMF appoints new deputy head as successor to Al-Muhandis, https://www.middleeastmonitor.com/20200221-iraqs-pmf-appoints-new-deputy-head-as-successor-to-al-muhandis/, Zugriff 13.3.2020

New Arab, The (12.12.2019): 'We are not safe': UN urges accountability over spate of kidnappings, assassinations in Iraq, https://www.alaraby.co.uk/english/news/2019/12/11/un-urges-accountability-over-spate-of-iraq-kidnappings-assassinations, Zugriff 13.3.2020

Reuters (9.12.2017): Iraq declares final victory over Islamic State, https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-iraq-islamicstate/iraq-declares-final-victory-over-islamic-state-idUSKBN1E30B9, Zugriff 13.3.2020

Reuters (30.9.2019): Iraqi PM says Israel is responsible for attacks on Iraqi militias: Al Jazeera, https://www.reuters.com/article/us-iraq-security/iraqi-pm-says-israel-is-responsible-for-attacks-on-iraqi-militias-al-jazeera-idUSKBN1WF1E5, Zugriff 13.3.2020

USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2019162.html, Zugriff 13.3.2020

Sicherheitslage Bagdad

Letzte Änderung: 14.05.2020

Das Gouvernement Bagdad ist das kleinste und am dichtesten bevölkerte Gouvernement des Irak mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit des Gouvernements wird sowohl vom „Baghdad Operations Command“ kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst bezieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).

Entscheidend für das Verständnis der Sicherheitslage Bagdads und der umliegenden Gebiete sind sechs mehrheitlich sunnitische Regionen (Latifiya, Taji, al-Mushahada, al-Tarmia, Arab Jibor und al-Mada'in), die die Hauptstadt von Norden, Westen und Südwesten umgeben und den sogenannten „Bagdader Gürtel“ (Baghdad Belts) bilden (Al Monitor 11.3.2016). Der Bagdader Gürtel besteht aus Wohn-, Agrar- und Industriegebieten sowie einem Netz aus Straßen, Wasserwegen und anderen Verbindungslinien, die in einem Umkreis von etwa 30 bis 50 km um die Stadt Bagdad liegen und die Hauptstadt mit dem Rest des Irak verbinden. Der Bagdader Gürtel umfasst, beginnend im Norden und im Uhrzeigersinn die Städte: Taji, Tarmiyah, Baqubah, Buhriz, Besmaja und Nahrwan, Salman Pak, Mahmudiyah, Sadr al-Yusufiyah, Fallujah und Karmah und wird in die Quadranten Nordosten, Südosten, Südwesten und Nordwesten unterteilt (ISW 2008).

Fast alle Aktivitäten des Islamischen Staate (IS) im Gouvernement Bagdad betreffen die Peripherie der Hauptstadt, den „Bagdader Gürtel“ im äußeren Norden, Süden und Westen (Joel Wing 5.8.2019; vgl. Joel Wing 16.10.2019; Joel Wing 6.1.2020; Joel Wing 5.3.2020), doch der IS versucht seine Aktivitäten in Bagdad wieder zu erhöhen (Joel Wing 5.8.2019). Die Bestrebungen des IS, wieder in der Hauptstadt Fuß zu fassen, sind Ende 2019 im Zuge der Massenproteste ins Stocken geraten, scheinen aber mittlerweile wieder aufgenommen zu werden (Joel Wing 3.2.2020; vgl. Joel Wing 5.3.2020).

Dabei wurden am 7.und 16.9.2019 jeweils fünf Vorfälle mit „Unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen“ (IEDs) in der Stadt Bagdad selbst verzeichnet (Joel Wing 16.10.2019). Seit November 2019 setzt der IS Motorrad-Bomben in Bagdad ein. Zuletzt detonierten am 8. und am 22.2.2020 jeweils fünf IEDs in der Stadt Bagdad (Joel Wing 5.3.2020).

Für den Zeitraum von November 2019 bis Jänner 2020 wurden im Gouvernement Bagdad 60 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 42 Toten und 61 Verletzten verzeichnet (Joel Wing 2.12.2019; vgl. Joel Wing 6.1.2020; Joel Wing 3.2.2020), im Februar 2020 waren es 25 Vorfälle mit zehn Toten und 35 Verletzten (Joel Wing 5.3.2020). Die meisten dieser sicherheitsrelevanten Vorfälle werden dem IS zugeordnet, jedoch wurden im Dezember 2019 drei dieser Vorfälle pro-iranischen Milizen der Volksmobilisierungskräfte (PMF) zugeschrieben, ebenso wie neun Vorfälle im Jänner 2020 und ein weiterer im Februar (Joel Wing 6.1.2020; vgl Joel Wing 5.3.2020)

Die Ermordung des iranischen Generals Suleimani und des stellvertretenden Kommandeurs der PMF, Abu Muhandis, durch die USA führte unter anderem in der Stadt Bagdad zu einer Reihe von Vergeltungsschlägen durch pro-iranische PMF-Einheiten. Es wurden neun Raketen und Mörserangriffe verzeichnet, die beispielsweise gegen die Grüne Zone und die darin befindliche US-Botschaft sowie das Militärlager Camp Taji gerichtet waren (Joel Wing 3.2.2020).

Seit 1.10.2019 kommt es in mehreren Gouvernements, darunter auch in Bagdad, zu teils gewalttätigen Demonstrationen.

[Anm.: Weiterführende Informationen zu den Demonstrationen können dem Kapitel 11.1.1 Protestbewegung entnommen werden.]

Quellen:

Al Monitor (11.3.2016): The rise of Islamic State sleeper cells in Baghdad, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2016/03/iraq-baghdad-belts-harbor-islamic-state.html, Zugriff 13.3.2020

ISW - Institute for the Study of War (2008): Baghdad Belts, http://www.understandingwar.org/region/baghdad-belts, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (5.3.2020): Violence Largely Unchanged In Iraq In February 2020, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/03/violence-largely-unchanged-in-iraq-in.html, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (3.2.2020): Violence Continues Its Up And Down Pattern In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/02/violence-continues-its-up-and-down.html, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (6.1.2020): Islamic State Makes Its Return In December 2019, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/islamic-state-makes-its-return-in.html, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (2.12.2019): Islamic State Waits Out The Protests In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/12/islamic-state-waits-out-protests-in-iraq.html, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (16.10.2019): Islamic State Not Following Their Usual Pattern In Attacks In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/10/islamic-state-not-following-their-usual.html, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (5.8.2019): Islamic State’s Offensive Could Be Winding Down, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/08/islamic-states-offensive-could-be.html, Zugriff 13.3.2020

OFPRA - Office Français de Protection des Réfugiés et Apatrides (10.11.2017): The Security situation in Baghdad Governorate, https://www.ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/39_irq_security_situation_in_baghdad.pdf, Zugriff 13.3.2020

Islamischer Staat (IS)

Letzte Änderung: 14.05.2020

Seit der Verkündigung des territorialen Sieges des Irak über den Islamischen Staat (IS) durch den damaligen Premierminister al-Abadi im Dezember 2017 (USCIRF 4.2019; vgl Reuters 9.12.2017) hat sich der IS in eine Aufstandsbewegung gewandelt (Military Times 7.7.2019) und kehrte zu Untergrund-Taktiken zurück (USDOS 1.11.2019; vgl. BBC 23.12.2019; FH 4.3.2020). Zahlreiche Berichte erwähnen Umstrukturierungsbestrebungen des IS sowie eine Mobilisierung von Schläferzellen (Portal 9.10.2019) und einen neuerlichen Machtzuwachs im Norden des Landes (PGN 11.1.2020).

Der IS unterhält ein Netz von Zellen, die sich auf die Gouvernements Ninewa, Salah ad-Din, Kirkuk und Diyala konzentrieren, während seine Taktik IED-Angriffe auf Sicherheitspersonal, Brandstiftung auf landwirtschaftlichen Flächen und Erpressung von Einheimischen umfasst (Garda 3.3.2020). Der IS führt in vielen Landesteilen weiterhin kleinere bewaffnete Operationen, Attentate und Angriffe mit improvisierten Sprengkörpern (IED) durch (USCIRF 4.2019). Er stellt trotz seines Gebietsverlustes weiterhin eine Bedrohung für Sicherheitskräfte und Zivilisten, einschließlich Kinder, dar (UN General Assembly 30.7.2019). Er ist nach wie vor der Hauptverantwortliche für Übergriffe und Gräueltaten im Irak, insbesondere in den Gouvernements Anbar, Bagdad, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din (USDOS 11.3.2020; vgl. UN General Assembly 30.7.2019). Im Jahr 2019 war der IS insbesondere in abgelegenem, schwer zugänglichem Gelände aktiv, hauptsächlich in den Wüsten der Gouvernements Anbar und Ninewa sowie in den Hamrin-Bergen, die sich über die Gouvernements Kirkuk, Salah ad-Din und Diyala erstrecken (ACLED 2.10.2019a). Er ist nach wie vor dabei sich zu reorganisieren und versucht seine Kader und Führung zu erhalten (Joel Wing 16.10.2019).

Der IS setzt weiterhin auf Gewaltakte gegen Regierungziele sowie regierungstreue zivile Ziele, wie Polizisten, Stammesführer, Politiker, Dorfvorsteher und Regierungsmitarbeiter (ACLED 2.10.2019a; vgl. USDOS 1.11.2019), dies unter Einsatz von improvisierten Sprengkörpern (IEDs) und Schusswaffen sowie mittels gezielten Morden (USDOS 1.11.2019), sowie Brandstiftung. Die Übergriffe sollen Spannungen zwischen arabischen und kurdischen Gemeinschaften entfachen, die Wiederaufbaubemühungen der Regierung untergraben und soziale Spannungen verschärfen (ACLED 2.10.2019a).

Insbesondere in den beiden Gouvernements Diyala und Kirkuk scheint der IS im Vergleich zum Rest des Landes mit relativ hohem Tempo sein Fundament wieder aufzubauen, wobei er die lokale Verwaltung und die Sicherheitskräfte durch eine hohe Abfolge von Angriffen herausfordert (Joel Wing 16.10.2019). Der IS ist fast vollständig in ländliche und gebirgige Regionen zurückgedrängt, in denen es wenig Regierungspräsenz gibt, und wo er de facto die Kontrolle über einige Gebiete insbesondere im Süden von Kirkuk und im zentralen und nordöstlichen Diyala aufgebaut hat (Joel Wing 3.2.2020).

Im Mai 2019 hat der IS im gesamten Mittelirak landwirtschaftliche Anbauflächen in Brand gesetzt, mit dem Zweck die Bauernschaft einzuschüchtern und Steuern einzuheben, bzw. um die Bauern zu vertreiben und ihre Dörfer als Stützpunkte nutzen zu können. Das geschah bei insgesamt 33 Bauernhöfen - einer in Bagdad, neun in Diyala, 13 in Kirkuk und je fünf in Ninewa und Salah ad-Din - wobei es gleichzeitig auch Brände wegen der heißen Jahreszeit und infolge lokaler Streitigkeiten gab (Joel Wing 5.6.2019; vgl. ACLED 18.6.2019). Am 23.5.2019 bekannte sich der Islamische Staat (IS) in seiner Zeitung Al-Nabla zu den Brandstiftungen. Kurdische Medien berichteten zudem von Brandstiftung in Daquq, Khanaqin und Makhmour (BAMF 27.5.2019; vgl. ACLED 18.6.2019). Im Jänner 2020 hat der IS eine Büffelherde in Baquba im Distrikt Khanaqin in Diyala abgeschlachtet, um eine Stadt einzuschüchtern (Joel Wing 3.2.2020; vgl. NINA 17.1.2020).

Mit Beginn der Massenproteste im Oktober 2019 stellte der IS seine Operation weitgehend ein, wie er es stets während Demonstrationen getan hat, trat aber mit dem Nachlassen der Proteste wieder in den Konflikt ein (Joel Wing 6.1.2020).

Quellen:

ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019a): Mid-Year Update: Ten Conflicts to Worry About in 2019, https://www.acleddata.com/2019/08/07/mid-year-update-ten-conflicts-to-worry-about-in-2019/, Zugriff 13.3.2020

ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (18.6.2019): Regional Overview – Middle East 18 June 2019, https://www.acleddata.com/2019/06/18/regional-overview-middle-east-18-june-2019/, Zugriff 13.3.2020

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (27.5.2019): Briefing Notes 27. Mai 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010482/briefingnotes-kw22-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

BBC News (23.12.2019): Isis in Iraq: Militants 'getting stronger again', https://www.bbc.com/news/world-middle-east-50850325, Zugriff 13.3.2020

FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Iraq, https://freedomhouse.org/country/iraq/freedom-world/2020, Zugriff 13.3.2020

Garda World (3.3.2020): Iraq Country Report, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/iraq, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (3.2.2020): Violence Continues Its Up And Down Pattern In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/02/violence-continues-its-up-and-down.html, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (6.1.2020): Islamic State Makes Its Return In December 2019, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/islamic-state-makes-its-return-in.html, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (16.10.2019): Islamic State Not Following Their Usual Pattern In Attacks In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/10/islamic-state-not-following-their-usual.html, Zugriff 13.3.2020

Joel Wing, Musings on Iraq (5.6.2019): Islamic State’s Revenge Of The Levant Campaign In Full Swing, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/06/islamic-states-revenge-of-levant.html, Zugriff 13.3.2020

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NINA - National Iraqi News Agency (17.1.2020): ISIS Elements executed a herd of buffalo by firing bullets northeast of Baquba. http://ninanews.com/Website/News/Details?key=808154, Zugriff 13.3.2020

PGN - Political Geography Now (11.1.2020): Iraq Control Map & Timeline - January 2020, https://www.polgeonow.com/2020/01/isis-iraq-control-map-2020.html, Zugriff 13.3.2020

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USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (4.2019): United States Commission on International Religious Freedom 2019 Annual Report; Country Reports: Tier 2 Countries: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008186/Tier2_IRAQ_2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019– Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026340.html, Zugriff 13.3.2020

USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2019162.html, Zugriff 13.3.2020

Sicherheitsrelevante Vorfälle, Opferzahlen

Letzte Änderung: 14.05.2020

Vom Irak-Experten Joel Wing wurden im Lauf des Monats November 2019 für den Gesamtirak 55 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 47 Toten und 98 Verletzten verzeichnet, wobei vier Vorfälle, Raketenbeschuss einer Militärbasis und der „Grünen Zone“ in Bagdad (Anm.: ein geschütztes Areal im Zentrum Bagdads, das irakische Regierungsgebäude und internationale Auslandvertretungen beherbergt), pro-iranischen Volksmobilisierungskräften (PMF) zugeschrieben werden (Joel Wing 2.12.2019). Im Dezember 2019 waren es 120 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 134 Toten und 133 Verletzten, wobei sechs dieser Vorfälle pro-iranischen Gruppen zugeschrieben werden, die gegen US-Militärlager oder gegen die Grüne Zone gerichtet waren (Joel Wing 6.1.2020). Im Jänner 2020 wurden 91 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 53 Toten und 139 Verletzten verzeichnet, wobei zwölf Vorfälle, Raketen- und Mörserbeschuss, pro-iranischen PMF, bzw. dem Iran zugeschrieben werden, während der Islamische Staat (IS) für die übrigen 79 verantwortlich gemacht wird (Joel Wing 3.2.2020). Im Febraur 2020 waren es 85 Vorfälle, von denen drei auf pro-iranischen PMF zurückzuführen sind (Joel Wing 5.3.2020).

Der Rückgang an Vorfällen mit IS-Bezug Ende 2019 wird mit den Anti-Regierungsprotesten in Zusammenhang gesehen, da der IS bereits in den vorangegangenen Jahren seine Angriffe während solcher Proteste reduziert hat. Schließlich verstärkte der IS seine Angriffe wieder (Joel Wing 3.2.2020).

Die folgende Grafik von ACCORD zeigt im linken Bild, die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle mit mindestens einem Todesopfer im vierten Quartal 2019, nach Gouvernements aufgeschlüsselt. Auf der rechten Karte ist die Zahl der Todesopfer im Irak, im vierten Quartal 2019, nach Gouvernements aufgeschlüsselt, dargestellt (ACCORD 26.2.2020).

[Grafik im Original ersichtlich]

(ACCORD 26.2.2020)

Die folgenden Grafiken von Iraq Body Count (IBC) stellen die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer dar. Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar. Das erste Diagramm stellt die von IBC dokumentierten zivilen Todesopfer im Irak seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken) (IBC 2.2020).

[Grafik im Original ersichtlich]

(IBC 2.2020)

Die zweite Tabelle gibt die Zahlen selbst an. Laut Tabelle dokumentierte IBC im Oktober 2019 361 zivile Todesopfer im Irak, im November 274 und im Dezember 215, was jeweils einer Steigerung im Vergleich zum Vergleichszeitraum des Vorjahres entspricht. Im Jänner 2020 wurden 114 zivile Todesopfer verzeic

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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