TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/28 I419 2244572-1

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Veröffentlicht am 28.07.2021
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Entscheidungsdatum

28.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I419 2244572-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX , StA. MAROKKO, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.06.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III des bekämpften Bescheids zu lauten hat: „Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt.“

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer beantragte nach illegaler Einreise internationalen Schutz. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA den Antrag betreffend die Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Marokko als unbegründet ab (Spruchpunkte I und II), wobei es dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“ erteilte, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erließ und feststellte, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkte III bis V).

Ferner sprach es aus, es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI), aberkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt VII) und erließ wider den Beschwerdeführer ein zweijähriges Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII).

2. Die Beschwerde richtet sich gegen die Spruchpunkte II bis VIII. Beschwerdehalber wird vorgebracht, Marokko sei kein sicherer Herkunftsstaat und der Beschwerdeführer würde nach einer Rückkehr wegen der ungemein schlechten und durch die Pandemie verschärften Wirtschaftslage keine Erwerbsarbeit finden, in eine aussichtslose Lage geraten und weder sich noch seine Familie versorgen können.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Anfang 20, Staatsangehöriger von Marokko, Sunnit und Araber. Er spricht Arabisch als Muttersprache. Seine Identität steht nicht fest. Im Herkunftsstaat leben seine Eltern, Anfang und Mitte 50, sowie seine Schwester, Mitte 20. Diese leben in einer Mietwohnung in der Stadt Khouribga (Huribga, Whurigba) in der gleichnamigen Provinz in der Region Béni Mellal - Khénifra, nahe der Ostgrenze der Region Grand Casablanca - Settat. Dort hat auch der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise gewohnt.

Dieser ist dort in die Schule gegangen, seinen Angaben nach ein Jahr lang, und hat von 2013 bis 2018 als Fliesenleger und Hilfsarbeiter gearbeitet. Mit den genannten Angehörigen ist er über elektronische Medien in Kontakt.

Er flog im August 2018 in die Türkei und zog anschließend nach Serbien, wo er etwa 2 ½ Jahre wohnte. Anschließend gelangte er illegal nach Ungarn und Österreich.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig, leidet unter keiner schweren Erkrankung und nimmt keine Medikamente. Er ist strafrechtlich unbescholten, geht keiner erlaubten Arbeit nach, verfügt über keine Mittel zum Unterhalt sowie über keinen gemeldeten Wohnsitz. Er ist kein Mitglied eines Vereins, hat weder Verwandte noch ein Familienleben im Schengen-Raum und spricht kein Deutsch. Seine Unterkunft hat er seit Anfang Juli nicht mehr in Anspruch genommen und ist untergetaucht. Außer den Kontakten dort und dem Asylverfahren beschränkte sich sein Privatleben im Inland auf die Inanspruchnahme der Grundversorgung.

Er hat angegeben, dass er als einziger in seiner Familie gearbeitet habe und diese ernähren müsse. Ferner sei er seit 2018 mit einer derzeit ca. 20 Jahre alten Frau verheiratet und habe mit dieser einen derzeit ca. 1 ½ Jahre alten Sohn. Frau und Kind würden im Herkunftsstaat leben. Diese Umstände können nicht festgestellt werden.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat

Aus Berichten des Auswärtigen Amts (Deutschland) ergibt sich betreffend die Pandemie in Marokko:

Der Luftraum nach Marokko ist weiterhin grundsätzlich gesperrt, der Fährverkehr eingestellt. Die Grenzübergänge in Ceuta und Melilla sowie die Landgrenze zu Algerien und Mauretanien sind geschlossen.

Reiseverbindungen von und nach Marokko sind eingeschränkt mit Sonderflügen und –fähren möglich, wobei Fährverbindungen nur zwischen Marokko und Frankreich bzw. Italien angeboten werden. Der Fährverkehr für Reisende zwischen Marokko und Spanien ist ausgesetzt. [...]

Nationale/Öffentliche Verkehrsverbindungen (Flug-, Zug-, Bus- und Taxiangebote) stehen eingeschränkt zur Verfügung. Die Zufahrt zu den Flughäfen in allen Städten ist weiter möglich. [...]

Bis zunächst 10. August 2021 gelten der Ausnahmezustand und eine nächtliche Ausgangssperre. Seit dem 23. Juli 2021 besteht ein Reiseverbot für Personen ohne besondere Genehmigung oder ohne Impfnachweis zwischen Provinzen und Regionen. Öffentliche Einreichungen einschließlich Verkehrsbetriebe und Gastronomie dürfen nur zu höchstens 50% ausgelastet sein. Es gelten ferner weitreichende Versammlungs- und Feierverbote. Weiterhin können lokale Regelungen und Beschränkungen gelten.

Die Ein- und Ausreise aus den Präfekturen Tanger, Tétouan, Fès, Meknès, Casablanca, Berrechid, Settat und Marrakech ist nur mit besonderer Genehmigung der lokalen Behörden möglich. Ausnahmen können für Personen gelten, die einen gültigen marokkanischen digitalen Impfnachweis mit sich führen bzw. nachweisen können, dass sie einen vollständigen Impfschutz genießen. Der öffentliche Verkehr in den genannten Präfekturen ist reduziert.

Die öffentlichen Verkehrsmittel stehen eingeschränkt zur Verfügung. Zahlreiche Hotels sind geschlossen. Die Einhaltung der Maßnahmen wird durch die lokalen Sicherheitskräfte kontrolliert. [...]

Landesweit besteht die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes außerhalb der eigenen Wohnung. Dies gilt auch für Fahrten in Kraftfahrzeugen, sofern nicht nur Familienangehörige eines Hausstandes in einem Fahrzeug unterwegs sind. Verstöße werden mit Bußgeldern geahndet. (www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/marokkosicherheit/224080 - Abfrage 26.07.2021, Stand 23.07.2021)

Andererseits zeigt das Verhältnis der Zahl Infizierter (ohne Verstorbene und Geheilte), 26.080 per 25.07.2021 (www.covidmaroc.ma/pages/Accueilfr.aspx), zur Bevölkerungszahl (ca. 36 Mio., de.statista.com), einen Anteil von ca. 724 pro Million, was zwar verglichen mit Österreich und dem Anteil hier von ca. 518 pro Million (4.628 von ca. 8,9 Mio.) etwa die 1,4-fache Quote ist, allerdings dem österreichischen Wert vom 26.05.2021 entspricht.

Selbst bei einer Berücksichtigung der geringeren Testrate von rund 188 aus 1.000 Einwohnern gegenüber Österreich mit 1.596 (d. h. Faktor 8,5) ergäbe eine „Aufwertung“ des Anteils der Infizierten im Herkunftsstaat als Ergebnis (6.148 pro Million) weniger als den Anteil, der in Österreich vor etwa acht Monaten, ca. am 30.11., vorhanden war.

Daraus folgt nicht, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr zwangsläufig in eine ausweglose Situation geriete.

Im angefochtenen Bescheid wurden die aktuellen Länderinformationen zu Marokko mit Stand 17.03.2021 zitiert. Im gegebenen Zusammenhang sind davon mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 COVID-19

Die Ausbreitung von Covid-19 führt weiterhin zu Einschränkungen des internationalen Luft- und Reiseverkehr (AA 15.3.2021). Es ist mit weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben zu rechnen (BMEIA 15.3.2021). Aus Angst vor Covid-19-Mutationen hat Marokko Flüge u.a. von und nach Deutschland, der Schweiz und weiteren Ländern vorerst bis 21.3.2021 gestoppt. Ausnahmen gelten für Fracht- und medizinische Flüge. Der Ausnahmezustand wurde bis 10.4.2021 verlängert. Er beschränkt die Reisemöglichkeiten zwischen den Provinzen, bestimmt eine nächtliche Ausgangssperre sowie ein Versammlungsverbot und die Einhaltung der Hygieneregeln. Die lokalen Sicherheitskräfte kontrollieren die Einhaltung der verhängten Maßnahmen verstärkt. Laut Morocco World News wurden 3.913.615 der 33
Mio. Marokkaner bereits geimpft und 578.942 Bürger haben die zweite Impfung erhalten (BAMF 8.3.2021).

1.2.2 Grundversorgung:

Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet, Brot, Zucker und Gas werden subventioniert. Staatliche soziale Unterstützung ist kaum vorhanden, vielfach sind religiös-karitative Organisationen tätig. Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie. Staatliche und sonstige Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer gibt es nicht (AA 31.1.2021).

Formal ist Marokko eine freie Marktwirtschaft. Bedingt durch die starke Stellung der Königsfamilie und alteingesessener Eliten ist der Wettbewerb jedoch verzerrt. Seit dem Machtantritt von König Mohammed VI. hat die Vormachtstellung der Königsfamilie in Schlüsselsektoren wie Landwirtschaft, Bergbau, Einzelhandel, Transport, Telekommunikation und erneuerbaren Energien weiter zugenommen. Gleichzeitig sind immer mehr Marokkaner auf Überweisungen aus dem Ausland angewiesen, um zu überleben (GIZ 12.2020c).

Ein gravierendes Problem bildet nach wie vor die Arbeitslosigkeit 2018 (laut IMF bei 9,8%, Dunkelziffer liegt wesentlich höher), vor allem unter der Jugend (ÖB 5.2019). [...]

Laut Informationen der Weltbank steht Marokko in der MENA-Region bei der Höhe der Auslandsüberweisungen von Migranten (Remittances) an dritter Stelle. [...]

Der informelle Bereich der Wirtschaft wird statistisch nicht erfasst, entfaltet aber erhebliche Absorptionskraft für den Arbeitsmarkt. Fremdsprachenkenntnisse - wie sie z.B. Heimkehrer aufweisen - sind insbesondere in der Tourismusbranche und deren Umfeld nützlich. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung (www.anapec.org), die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mit Hilfe des OFPPT (www.ofppt.ma/) eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen. Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht. Der Mindestlohn (SMIG) liegt bei 2.570 Dirham (ca. EUR 234). Ein Monatslohn von etwa dem Doppelten dieses Betrags gilt als durchaus bürgerliches Einkommen. Statistisch beträgt der durchschnittliche Monatslohn eines Gehaltsempfängers 4.711 Dirham, wobei allerdings die Hälfte der - zur Sozialversicherung angemeldeten - Lohnempfänger nur den Mindestlohn empfängt. Ein ungelernter Hilfsarbeiter erhält für einen Arbeitstag (10 Std.) ca. 100 Dirham, Illegale aus der Subsahara erhalten weniger (ÖB 5.2019).

1.2.3 Rückkehr:

Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet (AA 31.1.2021).

Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen.

Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 5.2019).

1.3 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Erstbefragt gab der Beschwerdeführer an, in der Heimat habe er keine Arbeit, müsse aber seine Familie ernähren. Er habe die Gelegenheit genutzt, nach Europa zu reisen, wo er sich ein Leben aufbauen wolle. Ein bestimmtes Zielland habe er nicht. Im August 2018, als er den Entschluss zur Ausreise gefasst habe, sei es Italien gewesen, um dort zu arbeiten. Im Fall der Rückkehr fürchte er Armut und Arbeitslosigkeit.

Beim BFA gab er an, als Fliesenleger € 200,-- verdient zu haben, was zu wenig für die ganze Familie sei. Er habe als einziger der Familie gearbeitet. Im Rückkehrfall fürchte er Arbeitslosigkeit. Bedroht oder verfolgt sei er nie worden. Nach Rechtsberatung gab er noch an, er trage „die ganze Verantwortung“ für die Familie.

Der Beschwerdeführer hat den Herkunftsstaat aus nicht asylrelevanten Gründen verlassen. Es kann nicht festgestellt werden, dass er dort aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer auch nur unterstellten politischen Gesinnung verfolgt wurde oder nach einer Rückkehr verfolgt werden würde.

Der Beschwerdeführer erstattete kein substantiiertes Vorbringen über eine andere ihm drohende Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr. Auch sonst ergaben sich im Verfahren keine diesbezüglichen Hinweise.

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Dem Beschwerdeführer drohen nach seiner Rückkehr keine Verletzung der EMRK, keine ausweglose Lage und keine willkürliche oder strukturelle Gewalt. Entgegen seinem Beschwerdevorbringen steht ihm auch keine aussichtslose Situation bevor.

Es existieren keine Umstände, die einer Abschiebung entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Die Negativfeststellung betreffend den Familienstand und die Vaterschaft des Beschwerdeführers sowie die Beschäftigungslosigkeit der Angehörigen beruht darauf, dass Personen im Alter der Eltern und der Schwester des Beschwerdeführers der Lebenserfahrung nach zumindest dann meistens im Erwerbsleben stehen, wenn es sich um Männer handelt, sowie darauf, dass diese Angehörigen jedenfalls seit einiger Zeit ohne Unterstützung des Beschwerdeführers leben, und schließlich betreffend Frau und Kind auf dem notorischen Wissen über die Dauer einer Schwangerschaft bei Menschen.

Feststellungen zu den genannten Umständen waren aber zur Entscheidung der Beschwerdesache nicht erforderlich.

2.2 Zum Herkunftsstaat:

Die vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat entstammen dem Länderinformationsblatt mit Stand 17.03.2021 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstands, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die Länderfeststellungen wurden dem Beschwerdeführer am 16.06.2021 zur Einsicht und Stellungnahme bei der zweiten Vernehmung angeboten, was dieser mit der Bemerkung ablehnte, er kenne Marokko. (AS 81) Damit (und auch in der Beschwerde) ist er den Länderfeststellungen nicht qualifiziert entgegengetreten.

Die daraus oben in 1.2 auszugsweise zitierten Aussagen stimmen mit den Feststellungen im angefochtenen Bescheid inhaltlich gänzlich überein. Mit Blick auf Alter und Gesundheit des Beschwerdeführers ist auch kein pandemiebedingtes Risiko anzunehmen. Die österreichischen Pandemiezahlen sind die des BMSGPK mit Stand 26.07.2021. (www.derstandard.at/story/2000124389425/aktuelle-zahlen-coronavirus-oesterreich-weltweit)

2.3 Zum Fluchtvorbringen:

Der Beschwerdeführer hat nach dem Verlassen des Herkunftsstaats fast drei Jahre in anderen Staaten gelebt, nach seinen Angaben etwa 2 ½ davon in Serbien. Von dort machte er sich kürzlich nach Österreich auf. Nach seinem Fluchtgrund befragt, gab er sinngemäß an, er wolle hier in Europa leben und arbeiten, andere Gründe habe er nicht.

Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer zu dieser Zeit bereits lange in anderen Staaten gelebt hatte, ist es glaubhaft, dass er aus wirtschaftlichen Gründen weiter nach Österreich zog.

Ob es dabei, wie er weiter angab, auch um die Unterstützung der Familie ging, kann dahinstehen, weil es rechtlich nicht von Belang ist. Den Länderfeststellungen nach ist im Herkunftsstaat für Gesundheitsfürsorge, Wohnraum und Nahrung gesorgt, sodass dem BFA darin beizupflichten ist, dass dem Beschwerdeführer, der zudem arbeitsfähig ist, weder ein Entzug seiner Lebensgrundlage noch eine aussichtslose Situation droht (S. 15, 39 = AS 133, 197). Es kann demnach auch offenbleiben, ob der in 1.2.2 festgestellte Mindestlohn tatsächlich mit dem vom Beschwerdeführer behaupteten Nettoeinkommen vereinbar ist.

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegentrat, und er die Gefahr einer existenziellen Notlage geltend macht, ohne mit Blick auf seine Gesundheit und Arbeitsfähigkeit nachvollziehbare Gründe dafür darzulegen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der entscheidungsrelevanten Feststellungen des BFA.

Damit sind (wobei die vom BFA festgestellte, kaum mögliche Vaterschaft hier irrelevant ist) die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Gericht der Beweiswürdigung anschließt. Der Beschwerde ist nichts zu entnehmen, was diese infrage stellen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

Dieser Spruchpunkt wurde nicht angefochten und damit rechtskräftig.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

3.2.2 Angesichts der Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Gesundheit und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers hegt das Gericht entgegen dem Vorbringen betreffend die Rückkehrsituation keine derartigen Bedenken. Es mag sein, dass der Beschwerdeführer ohne Arbeit in Geldnöte geriete, ferner auch, dass er seit August 2018 anderswo besser leben konnte, jedoch folgt daraus nicht, dass es dem Beschwerdeführer deshalb unmöglich wäre, eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Den Länderfeststellungen ist außerdem zu entnehmen (oben 1.2.2), dass die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage wie allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse liegen nicht vor, wie auch die Feststellungen betreffend die Pandemie ergeben, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Verdacht auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

3.2.3 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 18.01.2021, Ra 2020/18/0521; 01.09.2020, Ra 2020/20/0160, je mwN). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geriete.

Das gilt auch dann, wenn eine Unterstützung durch die Angehörigen des Beschwerdeführers wider Erwarten – da er mit ihnen Kontakt und zuletzt zuhause gewohnt hat – ausbleibt, weil er arbeitsfähig ist, die dort verbreitetste Sprache Arabisch spricht und auch bereits im Herkunftsstaat gearbeitet hat. Inzwischen weist er auch Auslandszeiten auf und war in mehreren Industriestaaten unterschiedlicher Sprachen, was den Wert seiner Arbeitskraft zumindest nicht verringert hat. Seine frühere Erfahrung ging ihm dabei nicht verloren, weshalb er den vorhandenen Arbeitsmarkt nutzen kann.

Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3 Zu Nichterteilung eines Aufenthaltstitels, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte III bis V):

3.3.1 Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

Im Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“ nicht erteilt werde. Damit war das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemeint, wie die Bescheidbegründung erweist (S. 45, AS 163). Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Nach § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz in drei Fallkonstellationen zu erteilen, nämlich (jeweils unter weiteren Voraussetzungen) nach mindestens einem Jahr der Duldung (Z. 1), zur Sicherung der Strafverfolgung gerichtlich strafbarer Handlungen und zur Geltendmachung oder Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche im Zusammenhang mit solchen Handlungen (Z. 2) sowie bei Gewaltopfern, die glaubhaft machen, dass die Erteilung dieser Aufenthaltsberechtigung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z. 3).

Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

3.3.2 Rückkehrentscheidung

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, wie im bekämpften Bescheid geschehen, ist nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer hat kein Familienleben und von seinem Asylverfahren samt der dafür nötigen Unterbringung etc. abgesehen kein Privatleben im Bundesgebiet. Er kam vor kaum 1,5 Monaten hierher und hat seit drei Wochen keinen gemeldeten Wohnsitz mehr.

Nach der genannten Anwesenheitsdauer kann nicht von einer Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden. Zudem beruhte der Aufenthalt auf einem Asylantrag, der unbegründet war, weshalb sich der Beschwerdeführer des unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste.

Es liegen keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde.

Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat (über 20 Jahre), familiäre, sprachliche und kulturelle Verbindungen, speziell seine Eltern und die Schwester.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihm das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, welche die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unbegründeten Asylantrag erzwungen hat. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Marokko einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde, in seinem Leben bedroht, in seiner Unversehrtheit beeinträchtigt oder gar getötet zu werden.

Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Selbst die Beschwerde belässt es beim Zusammenfassen des Vorbringens, ohne dazu konkret auszuführen, warum das beim Beschwerdeführer im Gegensatz zu seinen Angehörigen zutreffen sollte.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Marokko zumindest notdürftig leben zu können. Er spricht Arabisch, hat lange die Schule besucht und im Herkunftsstaat auch schon Arbeitserfahrung gesammelt. So kann er vorhandene Sozialkontakte nutzen und neue knüpfen, selbst wenn wider Erwarten familiäre Unterstützung durch Eltern und Schwester ausbleibt.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsstaat, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Marokko keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass dort das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht substantiiert behauptet.

Eine der Abschiebung nach Marokko entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

Die Beschwerde war daher auch betreffend die Spruchpunkte III bis V abzuweisen.

3.4 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI)

Das BFA hat die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und dies mit der Voraussetzung des § 18 Abs. 1 BFA-VG begründet. Wie sogleich gezeigt wird (3.5), hat es diese Bestimmung zu Recht angewendet.

Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens nach § 18 BFA-VG durchführbar wird, was hier - nach dem Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides - zutrifft.

Für die freiwillige Ausreise steht daher – wenn eine Reisemöglichkeit in den Herkunftsstaat besteht (vgl. zum Ausreisehindernis der Strafhaft VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237) – keine Frist offen.

Demnach war die Beschwerde auch zum Spruchpunkt VI abzuweisen.

3.5 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VII):

Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das BFA die aufschiebende Wirkung unter anderem dann aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (§ 18 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG). Das ist der Fall.

Die Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergibt schon wegen dessen kurzen, auf den unbegründeten Asylantrag zurückzuführenden Aufenthalts, aber auch wegen seiner fehlenden sonstigen Integrationsmerkmale einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheids, sodass das BFA der Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte, zumal auch kein Grund vorlag, im Rahmen der Ermessensübung davon abzusehen.

Die Beschwerde erweist sich daher auch insoweit als unbegründet, sodass sie auch zum Spruchpunkt VII abzuweisen war.

3.6 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII):

Nach § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für bis zu fünf Jahre zu erlassen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Abs. 2). Das ist insbesondere dann anzunehmen (Z. 6), wenn der Fremde die Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag. Dies ist wie dargetan beim Beschwerdeführer der Fall.

Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert nämlich die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist. Die Zurverfügungstellung der notwendigen Unterhaltsmittel kann auch durch Dritte erfolgen, allerdings muss der Fremde einen Rechtsanspruch auf diese Leistungen haben. (VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132 mwN) Das wurde (für die Zukunft) fallbezogen weder behauptet noch festgestellt.

Die Argumentation des BFA, wonach jeder Asylantrag eines aus einem sicheren Herkunftsstaat stammenden Fremden offensichtlich missbräuchlich gestellt werde, kann nicht verfangen, weil in diesem Fall der Gesetzgeber, hätte er ein in dieser Konstellation obligatorisches Einreiseverbot gewollt, dieses (oder eine entsprechende Missbrauchs-Fiktion) auch gesetzlich festgelegt hätte. Dennoch ist es hier nicht zu Unrecht ergangen.

Während der bloße unrechtmäßige Aufenthalt nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass er immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde, ist die Kombination von Fehlen der Unterhaltsmittel und Missachten der Meldepflicht, die fallbezogen vorliegt, ein solches Fehlverhalten, das nicht zu einer bloß geringfügigen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führt, und daher als Grundlage für ein Einreiseverbot ausreicht. (Vgl. zum Zusammentreffen von fehlenden Unterhaltsmitteln und Missachten der Ausreiseverpflichtung VwGH 05.12.2018, Ra 2018/20/0390, 24.05.2018, Ra 2018/19/0125 mwN) Die Nichtmeldung führt nämlich ohne Zweifel zu einem beträchtlichen Mehraufwand der Fremden- und anderer Behörden und erschwert es, der Person des Fremden, wenn erforderlich, habhaft zu werden.

Die Dauer des Einreiseverbots hat sich an der Dauer der zu prognostizierenden vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu orientieren. Außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen. (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109)

Fallbezogen kommt auf Grund des angeführten gesetzlichen Rahmens eine Dauer bis fünf Jahre in Frage. Die Gefährdung hingegen, die vom Beschwerdeführer ausgeht, wird bei weitem nicht diese Länge erreichen, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit enden, wenn dieser sich nach seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat materiell hinreichend stabilisiert hat, um sich auch bei Aufenthalten in anderen Staaten selbst erhalten zu können. Das BFA hielt (ohne nähere Begründung für die Dauer) zwei Jahre für sachgerecht, wobei ihm im konkreten Fall auch beim Ergebnis der Bemessung nicht entgegengetreten werden kann, weil für den eben angeführten Vorgang im Herkunftsstaat zwei Jahre nach der Lebenserfahrung nötig, aber fallbezogen mit Blick auf die reaktivierbaren Kontakte während des Aufwachsens und bisherigen Lebens auch lang genug sind.

Sonstige Gesichtspunkte, die eine andere Bemessung nahegelegt hätten, waren weder ersichtlich noch wurden sie geltend gemacht. Nach all dem war die Beschwerde auch betreffend diesen Spruchpunkt VIII abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die vorliegende Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Armut als Fluchtgrund, zur Relevanz des Privat- und Familienlebens bei Rückkehrentscheidungen oder zur ganzheitlichen Verhaltensbeurteilung bei der Verhängung und Bemessung von Einreiseverboten.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht rund sechs Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der relevanten Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH). Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat subsidiärer Schutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I419.2244572.1.00

Im RIS seit

27.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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