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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte
Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des M in P, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. März 1995, Zl. 107.520/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 24. März 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13. Mai 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen.
Begründend nahm die belangte Behörde das Vorliegen folgender rechtskräftiger gerichtlicher Verurteilung und rechtskräftiger verwaltungsrechtlicher Bestrafungen als erwiesen an:
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BG P vom 21.01.1994, AZ U nn1/93, wegen § 271 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 30 TS a öS 120,-- im NEF 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, rechtskräftig seit 14.02.1994.
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VerkR n/nn2/1991 vom 21.10.1991, wegen § 82 Abs. 8 KFG, zu einer Geldstrafe von öS 3.000,--.
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VerkR n/nn3/1992 vom 03.06.1992, wegen § 64 Abs. 1
1. Satz 1. Halbsatz KFG zu einer Geldstrafe von öS 2.000,--, wegen § 102 Abs. 10 KFG zu einer Geldstrafe von öS 400,--, wegen § 102 Abs. 1 1. Satz KFG zu einer Geldstrafe von öS 200,--.
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VerkR n/nn4/1992 vom 23.10.1992, wegen § 64 Abs. 1
1. Satz 1. Halbsatz KFG zu einer Geldstrafe von öS 2.500,--.
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VerkR n/nn5/1993 vom 29.07.1993, wegen § 42 Abs. 1 KFG zu einer Geldstrafe von öS 200,--.
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VerkR n/nn6/1993 vom 23.08.1993, wegen § 42 Abs. 1 KFG zu einer Geldstrafe von öS 3.000,--.
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VerkR n/nn7/1993 vom 07.12.1993, wegen § 64 Abs. 1
1. Satz 1. Halbsatz KFG zu einer Geldstrafe von öS 3.000,--.
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VerkR n/nn8/1993 von 09.12.1993, wegen § 20 Abs. 2 StVO zu einer Geldstrafe von öS 400,--.
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VerkR n/nn9/1993 vom 05.01.1994, wegen § 42 Abs. 1 KFG zu einer Geldstrafe von öS 500,--."
Im Hinblick auf diesen Sachverhalt würde der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gefährden. Die dreimalige rechtskräftige Bestrafung wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung habe auch tatsächlich zu einer solchen Gefährdung geführt. Überdies lasse die Verurteilung vom 21. Jänner 1994 eindeutig erkennen, daß der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, sich entsprechend den österreichischen Rechtsvorschriften zu verhalten. Fünf der insgesamt zehn Verwaltungsübertretungen sowie die der gerichtlichen Verurteilung zugrunde liegende strafbare Handlung habe der Beschwerdeführer nach Erteilung des Sichtvermerkes begangen.
Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, daß aufgrund des Aufenthaltes seiner Tochter im Bundesgebiet und seiner geregelten Beschäftigung unabsprechbare private und familiäre Beziehungen zu Österreich bestünden. Dem Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sei jedoch der Vorrang gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers einzuräumen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grund aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens - verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung des Vorlageaufwandes - vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt. Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
2.1. Die Beschwerde vertritt die Ansicht, daß die von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Verwaltungsübertretungen und die gerichtliche Verurteilung nicht ausreichten, um die im § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG umschriebene Annahme in Ansehung des Beschwerdeführers für gerechtfertigt zu erachten. Es sei festzuhalten, daß die "verwaltungsgerichtlichen Verurteilungen großteils dem Bagatellbereich angehören". Überdies sei darauf hinzuweisen, daß dem Beschwerdeführer noch im Juni 1992 ein Sichtvermerk für die Dauer von zwei Jahren erteilt worden sei, sodaß zur Begründung der bekämpften Entscheidung nur die "ab dem 23.10.1992 verhängten Geldstrafen" herausgezogen werden könnten. Im übrigen seien über den Beschwerdeführer seit Jänner 1994 keine "Gerichts- bzw. Verwaltungsstrafen" verhängt worden.
2.2. Ob die strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers, die den vor Erteilung eines Sichtvermerkes mit einer Gültigkeitsdauer vom 30. Juni 1992 bis 1. Juli 1994 ergangenen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zugrunde lagen, nicht (mehr) für die Versagung der am 13. Mai 1994 beantragten Aufenthaltsbewilligung herangezogen werden dürfen, kann dahingestellt bleiben, weil die von ihm nach diesem Zeitpunkt begangenen (teils verwaltungsbehördlich, teils gerichtlich geahndeten) Straftaten zusammengenommen zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG (in Ansehung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) ausreichen. Im Vordergrund der Betrachtung stehen hiebei die zwei Übertretungen des § 64 Abs. 1 KFG. Im Gegensatz zur Meinung des Beschwerdeführers sind diese keineswegs dem "Bagatellbereich" zuzuordnen. Vielmehr zählt das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1173, und vom 18. Jänner 1996, Zl. 94/18/1117). Die zweimalige Mißachtung der der Sicherheit des Straßenverkehrs dienenden Schutznorm des § 64 Abs. 1 KFG durch den Beschwerdeführer böte schon für sich allein - außergewöhnliche Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung gebieten würden, sind auch unter Bedachtnahme auf das diesbezügliche, den Besitz einer ausländischen Lenkerberechtigung behauptende Berufungsvorbringen nicht hervorgekommen - eine hinreichende Grundlage für die im § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG umschriebene Annahme; umso mehr gilt dies unter Berücksichtigung der weiteren, isoliert gesehen zwar nicht gewichtigen Verstöße gegen das Kraftfahrgesetz und die Straßenverkehrsordnung, die aber unter dem Gesichtspunkt des Gesamtfehlverhaltens deutlich eine Neigung des Beschwerdeführers erkennen lassen, sich über die österreichische Rechtsordnung hinwegzusetzen. Daß der Beschwerdeführer seit Jänner 1994, also im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung erst seit etwas mehr als einem Jahr, nicht mehr straffällig geworden sei, vermag daran nichts zu ändern.
3.1. Der Beschwerdeführer verweist darauf, daß er "sozial, familiär und auch wirtschaftlich integriert" und im Besitz einer "gültigen Arbeitserlaubnis bis zum Juni 1996" sei; außerdem halte sich seine Tochter im Bundesgebiet auf.
3.2. Auch diese erkennbar eine unrichtige Interessenabwägung geltend machende Rüge führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Die belangte Behörde hat in der bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gebotenen Form den privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung die dagegen sprechenden öffentlichen Interessen gegenübergestellt. Sie hat hiebei den ersteren - zutreffend - beachtliches Gewicht zugemessen. Ebenso zutreffend aber hat sie das große Gewicht hervorgekehrt, das aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Art. 8 Abs. 2 MRK) der Einhaltung des Gebotes des § 64 Abs. 1 KFG zukommt. Wenn die belangte Behörde das maßgebliche öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs vergleichsweise höher bewertet und deshalb die Versagung der Bewilligung für notwendig erachtet hat, so kann dieses Ergebnis angesichts der erheblichen Beeinträchtigung, das dieses Interesse durch das wiederholte Fehlverhalten des Beschwerdeführers erfahren hat, nicht als rechtswidrig beurteilt werden.
4. Da nach dem Gesagten der angefochtene Bescheid mit dem Gesetz in Einklang steht, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG iVm der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995180950.X00Im RIS seit
02.05.2001