TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/18 96/18/0576

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Veröffentlicht am 18.12.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde der F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. August 1996, Zl. SD 594/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. August 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine tunesische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei am 28. Dezember 1993 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist und habe am 10. Jänner 1994 einen Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt, der im Hinblick auf § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Beschwerdeführerin, die aufgrund ihrer sichtvermerksfreien Einreise lediglich für einen Zeitraum von drei Monaten zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen sei, halte sich demnach unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, sei zunächst festzuhalten, daß sich die Beschwerdeführerin angesichts ihres relativ kurzen und zum Großteil illegalen Aufenthaltes nicht mit Erfolg auf einen mit dieser Maßnahme verbundenen Eingriff in ihr Privatleben berufen könne. Aufgrund ihrer familiären Bindungen (Ehegatte und zwei Kinder) liege ein Eingriff in ihr Familienleben vor. Dessen ungeachtet sei die Ausweisung der Beschwerdeführerin zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit mehr als zwei Jahren unrechtmäßige Aufenthalt, vor allem aber das weitere Verbleiben der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet nach und trotz rechtskräftiger Bestrafung wegen illegalen Aufenthaltes und trotz rechtskräftiger Abweisung ihres Aufenthaltsbewilligungsantrages gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Hinzu komme, daß der Beschwerdeführerin - mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen sei - auch nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden dürfe. Bei Abstandnahme von der Ausweisung könnte sich die Beschwerdeführerin unter Umgehung der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung derselben ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 25. November 1996, B 3375/96).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die - auf unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen beruhende - Ansicht der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin (seit mehr als zwei Jahren) unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.

2.1. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid wegen unrichtiger Anwendung des § 19 FrG für rechtswidrig. Die Beschwerdeführerin sei "seit Jahren" in Österreich aufhältig und sei somit hier sozial integriert. Außerdem lebten ihr Gatte und ihre beiden mj. Kinder im Bundesgebiet. Aufgrund dieser Umstände sei die Ausweisung der Beschwerdeführerin nicht zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten.

2.2. Die belangte Behörde hat aufgrund des Umstandes, daß sich die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Gatten und ihren zwei Kindern in Österreich aufhält, zutreffend einen i.S. des § 19 FrG relevanten Eingriff in ihr Familienleben angenommen. Entgegen der von der Beschwerdeführerin aufgrund ihres Aufenthaltes "seit Jahren" ins Treffen geführten sozialen Integration in Österreich hat die belangte Behörde zu Recht auf den relativ kurzen und zum Großteil illegalen Aufenthalt der Beschwerdeführerin hingewiesen. Der im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung insgesamt lediglich zwei Jahre und acht Monate dauernde Aufenthalt - der noch dazu bloß drei Monate rechtmäßig war - steht der Annahme eines ins Gewicht fallenden Ausmaßes an Integration der Beschwerdeführerin entgegen. Im Hinblick darauf sind die persönlichen, für ein Verbleiben der Beschwerdeführerin in Österreich sprechenden Interessen nicht so stark ausgeprägt, wie dies die Beschwerde meint. Demgegenüber hat die belangte Behörde dem maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens (an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten) der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend einen hohen Stellenwert beigemessen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 96/18/0372, mwN). Die gravierende Beeinträchtigung dieses Interesses der Allgemeinheit durch den lang andauernden unerlaubten Aufenthalt der Beschwerdeführerin, den sie - von der belangten Behörde mit Recht als das besagte öffentliche Interesse verstärkend hervorgehoben - trotz deswegen erfolgter rechtskräftiger Bestrafung und trotz rechtskräftiger Abweisung ihres Aufenthaltsbewilligungsantrages fortgesetzt hat, läßt die Beendigung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin, ungeachtet der dargestellten familiären Bindung, notwendig erscheinen. Diese Notwendigkeit wird schließlich noch dadurch unterstrichen, daß die Beschwerdeführerin rechtens nicht in der Lage ist, vom Inland aus ihren Aufenthalt zu legalisieren (§ 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG).

3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996180576.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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